TE Vwgh Erkenntnis 1991/12/18 91/01/0158

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Veröffentlicht am 18.12.1991
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1986 §17 Abs1;
WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Dorner, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des XY in Z, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 31. Juli 1991, Zl. Wa-84/91, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer - er betreibt ein Verkaufsgeschäft der Firma F in S - stellte am 7. Dezember 1990 den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses für ein Stück Faustfeuerwaffe. Er begründete den Bedarf damit, er transportiere täglich Geldbeträge von seinem Unternehmen zu seinem Wohnort und jeweils am Montag von seinem Wohnort zur Sparkassenfiliale in H. Die Geldbeträge, die er jeweils zur Bank bringe, seien sehr unterschiedlich, jedoch bewegten sie sich bis zu S 600.000,--. Beim Zählen der Tageslosung in seinem Geschäft könne er von jedermann beobachtet werden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 14. Februar 1991 wurde der Antrag gemäß § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 18 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443 (in der Folge kurz WaffG genannt), abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, die Geldtransporte vom Firmensitz zum Wohnsitz könnten vermieden werden, wenn der Beschwerdeführer sich der Hilfe der vorhandenen örtlichen Banken (Nachttresor) bedienen würde. Außerdem könnte er das Bargeld mehrmals in der Woche zur Bank bringen, spätestens jedoch am Freitag, sodaß der Bargeldbetrag am Wochenende so klein wie möglich gehalten werden könne. Werde von einer derartigen gebotenen Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht, so könne gemäß § 18 WaffG auch nicht ein Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe angenommen werden. Das Beisichhaben von Faustfeuerwaffen innerhalb von Wohn- und Geschäftsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften gelte gemäß § 5 Abs. 2 Z. 1 WaffG nicht als Führen, sohin sei der Besitz einer Waffenbesitzkarte ausreichend. Wenn die Behörde von dem gemäß § 17 Abs. 2 WaffG eingeräumten freien Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers nicht Gebrauch gemacht habe, so deshalb, da der Beschwerdeführer nicht ausreichend habe nachweisen können, warum er im Zuge seiner Berufsausübung einer solchen Gefahr ausgesetzt sei, der nur mit dem Einsatz einer Faustfeuerwaffe wirksam zu begegnen sei.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung berufen, das Argument der Behörde erster Instanz, der Beschwerdeführer könne sich einer ortsansässigen Bank bedienen, sei nicht überzeugend. Seiner Ansicht nach müsse es ihm unbenommen bleiben, seine Geschäfte mit jener Bank abzuwickeln, die die günstigsten Konditionen anböte. Bei der Überbringung der jeweiligen Tageslosungen zur Bank wäre er nicht minderen Gefahren ausgesetzt als bei nur jeweils einmal wöchentlicher Einzahlung. Dies deshalb, weil auch die Tageslosung oftmals über S 100.000,-- läge und Anreiz für einen Überfall sein könnte.

Im Berufungsverfahren legte der Beschwerdeführer Kassenberichte vor, aus denen hervorgehe, daß an bestimmten Tagen Einnahmen bis zu S 300.000,-- erfolgt seien. Weiters gab der Beschwerdeführer an, er habe viele Kunden, die bar bezahlen würden und er könne diesen nicht vorschreiben, nicht bar zu bezahlen. Außerdem wurde im Berufungsverfahren festgestellt, daß in das Elektrofachgeschäft des Beschwerdeführers in der Nacht zum 7. Juli 1990 eingebrochen worden sei, wobei ein Schaden von S 113.178,-- entstanden sei.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, für die Entscheidung der Berufungsbehörde seien auch die Gründe des Bescheides der Behörde erster Instanz maßgebend gewesen. Auch das ergänzend durchgeführte Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde habe zu keiner anderen Entscheidung führen können. Hinsichtlich des erfolgten Einbruches durch unbekannte Täter in das Geschäft des Beschwerdeführers werde auf die Ausführungen im Bescheid der Behörde erster Instanz bezüglich der Beantragung einer Waffenbesitzkarte hingewiesen. Zu den beigebrachten Einzahlungsbestätigungen sei darauf zu verweisen, "daß die genannten Beträge nicht regelmäßig täglich zur Einzahlung gebracht worden seien und sohin tägliche Einnahmen in solchen Betragshöhen, die bei vielen anderen Geschäftsinhabern in ähnlichen Situationen ebenfalls zu verzeichnen seien, vorliegen". Diese Einnahmen könnten in kleineren Beträgen durch öftere Geldtransporte zur Bank gebracht werden und sohin eine Risikominderung herbeiführen. Auch das Vorbringen, Kunden würden eher bar bezahlen bzw. "unbare Zahlungsweise" könnte diesen nicht zugemutet werden, sei nicht geeignet, den Bedarf zu begründen, da dieser Umstand eben viele andere Geschäftsleute in gleicher Weise treffe und sich die Gefahrenlage des Beschwerdeführers sohin nicht von jener vieler anderer Geschäftsleute wesentlich abheben würde. Auch bei der Ermessensübung könne die belangte Behörde zu einer anderen Entscheidung nicht gelangen, da die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe nicht so nahe an einen Bedarf herankämen und die öffentlichen Interessen, die eine möglichste Geringhaltung der Berechtigungen zum Führen von Faustfeuerwaffen gebieten würden, gewichtiger als die privaten Interessen des Beschwerdeführers seien. Ziehe man in Betracht, daß selbst bei einem rechtlich zulässigen Waffengebrauch unschuldige Personen zu Schaden kommen könnten (z.B. Abirren des Angriffes), so erscheine das große Gewicht der öffentlichen Interessen augenscheinlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem Beschwerdevorbringen in seinem Recht auf Ausstellung eines Waffenpasses verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 2 erster Satz WaffG hat die Behörde einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Nach § 18 leg. cit. ist ein Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 insbesondere als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

Dieser Umschreibung des Bedarfbegriffes ist, worauf der Verwaltungsgerichtshof schon in einer Vielzahl von Erkenntnissen hingewiesen hat, zu entnehmen, daß vom Vorliegen besonderer Gefahren nur gesprochen werden kann, wenn diese Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteigen. Daraus folgt, daß für die Annahme eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen als Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruches auf Ausstellung eines Waffenpasses ebenfalls das Vorliegen einer Gefahrenlage gefordert werden muß, die für den Anspruchswerber gleichsam zwangsläufig und von ihm unbeeinflußbar besteht und sich deutlich von dem Sicherheitsrisiko abhebt, dem jedermann, namentlich außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches oder seiner eingefriedeten Liegenschaften, ausgesetzt ist. Zudem kann kraft Gesetzes von einem den Anspruch auf die Ausstellung eines Waffenpasses begründenden Bedarf nur die Rede sein, wenn die behauptete Gefahr eine solche ist, daß ihr unter Berücksichtigung aller im Einzelfall maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten nur mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen wirksam begegnet werden kann (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 7. Mai 1986, Zl. 84/01/0182, vom 4. April 1990, Zl. 89/01/0394, und die dort zitierte Judikatur).

Davon ausgehend ist es unbeschadet des im Bereich des Verwaltungsrechtes allgemein geltenden Grundsatzes der Amtswegigkeit allein Sache des Waffenpaßwerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 18 des Gesetzes die dort geforderte besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Somit wäre es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, schon im Verwaltungsverfahren konkret und in substantieller Weise im einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet, daß diese Gefahr gleichsam zwangsläufig erwächst und daß es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe wirksam entgegengetreten werden kann. Diesem Erfordernis ist der Beschwerdeführer indes im Verwaltungsverfahren lediglich durch die Behauptung nachgekommen, daß er in Wahrung seiner kaufmännischen Interessen die Tageslosung nach Haus bringe und von dort an jeden Montag die Tageslosungen zur Bank weiterführe.

Mit diesem Vorbringen hat der Beschwerdeführer nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weder in hinreichender Weise konkret aufgezeigt, inwieweit für ihn durch die Mitnahme von Geldbeträgen bei den gegebenen Sicherheitsverhältnissen eine akute, über das Zufallsrisko hinausgehende Gefahr gegeben sei und daß diese Gefahr solcherart sei, daß ihr am zweckmäßigsten nur durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe wirksam begegnet werden könne. Hiezu kommt, daß der Beschwerdeführer im Verfahren nicht überzeugend darzulegen vermochte, daß das von ihm behauptete Risiko nicht etwa durch die Inanspruchnahme eines Geldinstitutes (Nachttresor und Überweisung auf seine Hausbank) zur Vermeidung von Bartransporten auf längere Strecken vermieden oder verringert werden könnte. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Umstand, daß höhere Bargeldbeträge transportiert werden, für sich allein noch keinen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen begründet, vermag der Gerichtshof bei der im Beschwerdefall gegebenen, im wesentlichen unbestrittenen Sachlage keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers das Fehlen eines besonderen und nur durch den Einsatz von Faustfeuerwaffen wirksam zu bekämpfenden Sicherheitsrisikos angenommen und demgemäß die Bedarfsfrage im Sinne des § 17 Waffengesetz 1986 verneint hat.

Wenn die belangte Behörde sich nicht bestimmt gesehen hat, von dem ihr in § 17 Abs. 2 zweiter Satz WaffG eingeräumten Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, so liegt hierin nach der gegebenen Sach- und Rechtslage weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensmißbrauch.

Damit aber erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 und 48 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991010158.X00

Im RIS seit

25.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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