TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/23 91/06/0194

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Veröffentlicht am 23.01.1992
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs3;
BauO Stmk 1968 §59 Abs1 lita;
BauO Stmk 1968 §59 Abs2;
BauO Stmk 1968 §59 Abs4;
BauRallg;
VwGG §34 Abs2 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZustG §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde

1. des GP und 2. der RP in G, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 12. September 1991, Zl. A 17 - K - 3.638/1988 -17, betreffend Zurückweisung eines Ansuchens um Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem am 28. September 1990 beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz eingelangten Ansuchen beantragten die Beschwerdeführer die Erteilung einer Planänderungsbewilligung für einen Zubau bzw. die Sanierung eines bestehenden Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. n1, EZ n2, KG G, (Göstinger Straße Nr. n3). Nach der Eingabe umfaßt die Planänderung die Ergänzung eines Einreichplanes und die Außenanlagengestaltung samt Stützmauern und Garage.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 1990 wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt, ihrem Ansuchen um Bauänderungsbewilligung seien die in den §§ 58 Abs. 1 lit. a, 59 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 sowie Abs. 4 der Steiermärkischen Bauordnung angeführten Unterlagen und Angaben beizulegen. Im einzelnen seien folgende Mängel zu beheben:

"1.)

Die Baupläne (mit Ausnahme des Lageplanes) enthalten keine Darstellung der neu zu errichtenden Bauteile in roter Farbe.

2.)

Die Darstellung des Verlaufes der neuen Stützmauer im Lageplan ist unrichtig. In Wirklichkeit erstreckt sich die neue Stützmauer im südlichen Bereich über zwei weitere im Lageplan nicht angegebene Grundstücke.

3.)

Von der zur Bewilligung eingereichten Stützmauer gibt es keine Darstellung im Schnitt samt Abmessungen. Ohne diese Darstellung ist die Beurteilung hinsichtlich der Bewilligungsfähigkeit nicht möglich.

4.)

Die Erteilung einer Bewilligung für eine Kleingarage setzt die Existenz einer rechtskräftigen Widmung voraus. Eine solche Widmung liegt bei der Baubehörde derzeit nicht vor."

Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, daß das Fehlen dieser Unterlagen ein Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstelle, den Beschwerdeführern eine Frist von vier Wochen ab Zustellung der Mitteilung, spätestens jedoch bis zum 30. November 1990 zur Vorlage der erforderlichen Unterlagen eingeräumt werde. Bei ungenutztem Ablauf der genannten Frist müßte das Ansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit den vorgenannten Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung als mangelhaft belegt zurückgewiesen werden. Diese Mitteilung war mit einer Zustellverfügung an beide Beschwerdeführer gerichtet und wurde am 18. Oktober 1990 beim Zustellpostamt hinterlegt. Mit einem am 18. Oktober 1990 beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz eingelangten Schreiben des Erstbeschwerdeführers teilte dieser mit, ein Architekt habe in seinem Auftrag einen Einreichplan für diverse Mauern und Stützmauern sowie eine Garage eingereicht. Der Erstbeschwerdeführer ersuche formlos um Anerkennung dieser Pläne als Einreichunterlagen und um Bewilligung der Umbaumaßnahmen. Gleichzeitig überbringe er ein Ansuchen um Widmungsbewilligung für die bereits eingereichte Garage. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1990 wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt, daß die seinerzeit abgegebenen Einreichunterlagen als solche anerkannt würden und über ihr Ansuchen dann abgesprochen werde, wenn die in der Mitteilung vom 16. Oktober 1990 angegebenen Formgebrechen beseitigt bzw. die Fristen abgelaufen seien. Auch diese Mitteilung wurde mit gemeinsamer Zustellverfügung an beide Beschwerdeführer gerichtet und beim Zustellpostamt mit Beginn der Abholfrist am 24. Oktober 1990 hinterlegt.

Mit Bescheid vom 26. Juni 1991 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer um baubehördliche Bewilligung zur Planänderung bezüglich des Zubaues an und zur Sanierung des bestehenden Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. n1, EZ n2, KG G, gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 als mangelhaft belegt zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Verbesserungsauftrag vom 16. Oktober 1990 sei von den Beschwerdeführern nicht befolgt worden, die Beschwerdeführer seien dem Auftrag, die fehlenden Unterlagen innerhalb einer Frist von vier Wochen, spätestens jedoch bis zum 30. November 1990 beizubringen, nicht nachgekommen, es sei daher das Ansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG als mangelhaft instruiert zurückzuweisen gewesen.

Die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 12. September 1991 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Sowohl die Mitteilung des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 16. Oktober 1990, als auch jene vom 20. Oktober 1990 war in einer einheitlichen Sendung an beide Beschwerdeführer adressiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 6. Mai 1986, Zl. 85/04/0185, ausgesprochen, daß keine ordnungsgemäße Zustellung vorliegt, wenn im Falle des Vorhandenseins mehrerer Parteien, die behördliche Erledigung in einer gemeinsamen Sendung an diese Parteien adressiert war, es sei denn, daß ihnen die Sendung nachweislich tatsächlich zugegangen ist (vgl. WALTER-MAYER, Das österreichische Zustellrecht, Anm. 9 zu § 5 ZustellG), wobei im Beschwerdefall der Zugang an den Erstbeschwerdeführer als dem gemäß § 9 Abs. 3 ZustellG als zustellungsbevollmächtigt geltenden, ausgereicht hätte. Hinweise dafür, daß die derart mangelhaft zugestellten Mitteilungen des Magistrates der Landeshauptstadt Graz einem der Beschwerdeführer tatsächlich zugekommen seien, sind den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Schon dadurch, daß die belangte Behörde diesen Mangel nicht erkannte und von einer durch Hinterlegung erfolgten Zustellung der Verbesserungsaufträge an die Beschwerdeführer ausgegangen ist, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Aus verfahrensökonomischen Gründen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu folgendem Hinweis veranlaßt:

Gegenstand der baubehördlichen Entscheidung ist, auch im Falle des Antrages auf nachträgliche Baubewilligung, das durch Bauplan und Beschreibung konkretisierte Bauvorhaben, nicht der tatsächliche Bestand (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1981, Zl. 91/05/0104 u. a., Hauer, Steiermärkisches Baurecht, erste Auflage, Seite 158). Wenn nun die Baubehörde erster Instanz der Meinung war, die Darstellung des Verlaufes der neuen Stützmauer im Lageplan sei unrichtig, in Wirklichkeit erstrecke sich die neue Stützmauer im südlichen Bereich über zwei weitere, im Lageplan nicht angegebenen Grundstücke (Punkt 2 des Mängelbehebungsauftrages vom 16. Oktober 1990), so war sie nicht berechtigt, die Behebung dieses vermeintlichen Mangels im Rahmen eines Auftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufzutragen, steht es doch dem Bauwerber grundsätzlich frei, bei einem (teilbaren) Bauvorhaben die baubehördliche Bewilligung eben nur für einen Teil dieses Vorhabens zu beantragen, dies freilich mit der Wirkung, daß der andere Teil des Bauprojektes unbewilligt bleibt. Überdies sind in materieller Beziehung fehlerhafte Eingaben ganz allgemein nicht nach den Bestimmungen des § 13 Abs. 3 AVG wie Formgebrechen zu behandeln (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1969, Zl. 272/69, vom 19. Mai 1980, Zlen. 1177, 1178, 1179, 1190/79, u.a.). Hinsichtlich der fehlenden Widmungsbewilligung (Punkt 4 des Mängelbehebungsauftrages) haben die Beschwerdeführer aber durch einen Antrag auf Erteilung eines solchen (§ 58 lit. a BO), mag dieses Ansuchen selbst nicht entsprechend belegt sein, dem Auftrag vom 16. Oktober 1990 entsprochen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführer war abzuweisen, da in der genannten Verordnung der pauschalierte Schriftsatzaufwand mit S 11.120,-- festgesetzt ist, in diesem Betrag bereits die Umsatzsteuer enthalten ist und in der Beschwerde die Zuerkennung von Stempelgebühren für eine nicht erforderliche Ausfertigung der Beschwerde und Beilagen beantragt worden war.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchBaubewilligung BauRallg6MängelbehebungFormgebrechen nicht behebbare NICHTBEHEBBARE materielle Mängel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991060194.X00

Im RIS seit

07.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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