TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/27 90/10/0019

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Veröffentlicht am 27.01.1992
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Index

L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;
L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;

Norm

NatSchG Bgld 1961 §19;
RPG Bgld 1969 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des A und der E J in W, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der burgenländischen Landesregierung vom 15. Dezember 1989, Zl. IV-2388/7-1989, betreffend naturschutzbehördliche Genehmigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde den Beschwerdeführern die naturschutzbehördliche Genehmigung zur Errichtung eines Wildzaunes auf dem Grundstück Nr. 1624 der Katastralgemeinde XY gemäß § 19 des Burgenländischen Naturschutzgesetzes LBGl. Nr. 23/1961 (in der Folge: NSchG), und § 20 Abs. 1 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969 (in der Folge: RaumplanungsG), versagt.

Nach der Begründung seien - unbeschadet eines Verfahrens nach den naturschutzrechtlichen Bestimmungen - Bewilligungen gemäß § 20 Abs. 1 RaumplanungsG nur zulässig, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprächen. Das Grundstück, auf dem das gegenständliche Bauvorhaben durchgeführt worden sei, werde im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Grünland - landwirtschaftlich genutzt" ausgewiesen. Die Errichtung eines Wildzaunes stehe im Widerspruch zu dieser im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde festgelegten Widmung. Die Bestimmung des § 20 Abs. 1 RaumplanungsG sei auch für die Naturschutzbehörde (Vollziehung landesgesetzlicher Vorschriften) als rechtlich verbindlich anzusehen. Da auch im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Bewilligung nach den naturschutzrechtlichen Bestimmungen diese im Sinne des Antrages der Beschwerdeführer nicht zulässig sei, habe die Behörde "mangels einer zielführenden Weiterführung des Ermittlungsverfahrens" von einem solchen abgesehen.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenvorschriften geltend gemacht werden.

1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Beschwerdeführer bringen im wesentlichen vor, sie hätten bereits in ihrem Antrag auf naturschutzbehördliche Genehmigung vom 30. Jänner 1986 darauf hingewiesen, daß ihre Liegenschaft überwiegend landwirtschaftlich genutzt werde. Sie hätten mehr als 3000 Tannen, Fichten, Lärchen und Föhren sowie etwa 100 Laubbäume ausgesetzt und damit den bestehenden Wald ergänzt. Auch Obstbaumpflanzungen seien angelegt worden. Alle diese Jungkulturen bedürften des Schutzes vor Wildverbiß. Ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht, daß die Widmung eines Grundstückes als "Grünland" eine absolute Bausperre nach sich ziehe, habe die belangte Behörde keine Feststellungen über die Nutzung der Liegenschaft getroffen. Hätte die Behörde die für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen getroffen, hätte sie im Hinblick auf § 20 Abs. 4 RaumplanungsG dem Antrag stattgeben müssen. Nach dieser Bestimmung fielen Baumaßnahmen in Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig seien, nicht unter die Beschränkung des § 20 Abs. 1. Die belangte Behörde habe ferner nicht berücksichtigt, daß die Liegenschaft der Beschwerdeführer teilweise auch als "Bauland (Dorfgebiet)" gewidmet sei. Soweit der Wildzaun auf diesen Teil der Liegenschaft zu stehen komme, habe die belangte Behörde den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt insofern aktenwidrig angenommen, als sie davon ausgehe, das Bauvorhaben werde ausschließlich im Grünland durchgeführt.

2.2. Nach § 37 AVG ist es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Bescheide sind nach § 58 Abs. 2 AVG zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage sind gemäß § 60 AVG klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht in ausreichendem Maße gerecht.

2.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer vom 30. Jänner 1986, auf ihrem Grundstück die Errichtung eines Wildzaunes nach § 19 NSchG zu genehmigen, im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dieses (ergänze: bereits teilweise) durchgeführte Bauvorhaben stehe im Widerspruch zu der im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung. Damit wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer - soweit es den bereits teiweise ERRICHTETEN Zaun betraf - unter Hinweis auf § 20 Abs. 1 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes in der Fassung der Novelle LBGl. Nr. 20/1981 abgewiesen. Die belangte Behörde hat dabei jedoch übersehen, daß das Ansuchen der Beschwerdeführer darauf gerichtet war, das GESAMTE Areal einzuzäunen: In ihrem Ansuchen vom 30. Jänner 1986 haben die Beschwerdeführer um Aufstellung eines Wildzaunes gemäß der Baubeschreibung vom 5. November 1982 ersucht, worin die Einzäunung des gesamten Areals vorgesehen ist. Insofern ist über den Antrag der Beschwerdeführer nur teilweise abgesprochen worden.

Nach § 20 Abs. 1 RaumplanungsG hat der genehmigte Flächenwidmungsplan neben der Wirkung auf den Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) auch die Folge, daß Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nach der Burgenländischen Bauordnung sowie Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen aufgrund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen. Mit der Zitierung dieser Bestimmung brachte die belangte Behörde zutreffend zum Ausdruck, daß eine Bewilligung nach § 19 NSchG überhaupt nur in Betracht kommt, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widerspricht.

Die belangte Behörde hat es jedoch unterlassen, sich in diesem Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinanderzusetzen, daß ihr Grundstück überwiegend landwirtschaftlich genutzt werde. Eine solche Auseinandersetzung wäre im Hinblick auf § 20 Abs. 4 RaumplanungsG schon deshalb erforderlich gewesen, weil danach Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, nicht unter die Beschränkungen der Abs. 1 und 2 fallen.

2.4. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf den rechtskräftigen Bescheid der Vorstellungsbehörde vom 25. April 1983 verweist, womit die Abweisung eines nachträglichen Bauansuchens der Beschwerdeführer wegen Widerspruches mit dem geltenden Raumplanungsgesetz bestätigt worden ist, ist ihr zu erwidern, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof selbst ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift fehlende Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Mai 1990, Zl. 89/15/0115). Im übrigen enthebt auch der rechtkräftige Bescheid der Baubehörde (Gemeinderat) aus dem Jahre 1983 die belangte Behörde nicht von ihrer Verpflichtung, sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinanderzusetzen, wobei diesen auch Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer rechtlichen Interessen zu geben ist. Auch die in der Gegenschrift vertretene Auffassung, daß wegen des teilweisen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan das gesamte Projekt abgewiesen werden müsse, kann nicht geteilt werden, da nicht ersichtlich ist, weshalb nicht auch eine teilweise Einzäunung möglich sein könnte.

2.5. Aufgrund dieser Erwägungen bedarf der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung und leidet überdies an Verfahrensfehlern, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

2.6. Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen.

2.7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991. Da die dem angefochtenen Bescheid angeschlossenen Beilagen nur in einer Ausfertigung vorzulegen waren, konnte für die zweite Ausfertigung kein Kostenzuspruch zuerkannt werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990100019.X00

Im RIS seit

27.01.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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