TE Vwgh Erkenntnis 1992/1/28 90/07/0099

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Veröffentlicht am 28.01.1992
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §121 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der WL, geb. T in I, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 2. Jänner 1990, Zl. 512.474/02-I5/89, betreffend wasserrechtliche Überprüfung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 14. Jänner 1974 erteilte der Landeshauptmann von Tirol der mitbeteiligten Partei (mP) die wasserrechtliche Bewilligung für den I. Bauabschnitt der Ortskanalisation. Als projektsgemäß berührte Grundstücke wurden u.a. die Gp. Nr. 332/1 (damaliger Eigentümer FT, in der Folge AT) und die Gp. Nr. 332/3 (Eigentümer die Beschwerdeführerin), KG S, genannt.

Anläßlich der wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung am 17. Oktober 1973 war FT als berührter Grundeigentümer anwesend und unterfertigte eine Erklärung, daß er gegen die geplante Baumaßnahmen keinen Einwand erhebe.

Noch vor Erlassung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides machte die Beschwerdeführerin die Behörde erster Instanz schriftlich darauf aufmerksam, daß sie aus der Kundmachung zur wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung ersehen habe, daß die geplante Trasse die Südseite ihrer Gp. 332/3 KG S berühre und die Gefahr bestehe, daß ein neu errichteter Zaun beschädigt werde. Sie ersuchte daher, den Kanal etwas südlicher in die Mitte des Weges außerhalb ihres Grundstückes zu führen, um Beschädigungen ihres Zaunes zu vermeiden.

Auf Grund des Antrages der mitbeteiligten Partei vom 3. September 1985 um Durchführung der wasserrechtlichen Überprüfung beraumte der Landeshauptmann von Tirol mit Kundmachung vom 30. Juli 1986 gemäß § 121 WRG 1959 eine mündliche Verhandlung für den 26. August 1986 an; in dieser Kundmachung scheinen als berührte Grundstücke u.a. wieder die Grundparzellen Nr. 332/1 und 332/3 auf.

Noch vor der wasserrechtlichen Überprüfungsverhandlung brachte die Beschwerdeführerin bei der Behörde erster Instanz vor, daß sie seit 12. Februar 1986 Eigentümerin des von der Gp. Nr. 332/1 abgetrennten Grundstücks Nr. 332/4 sei und habe feststellen müssen, daß im nördlichen Bereich ihres Grundstücks ein Abwasserkanal (im Ausführungsoperat als "Strang 4.1." bezeichnet) verlaufe. Dieser hätte ursprünglich weiter nördlich ohne Berührung ihres Grundstückes verlegt werden sollen. Für diesen Strang 4.1 sei auch keine wasserrechtliche Bewilligung, insbesondere auch nicht durch den Bescheid vom 14. Jänner 1974, erteilt worden. Es sei auch niemand hinsichtlich der endgültigen Aussteckung des Kanalverlaufes an sie herangetreten. Sie sei mit dem Verlauf des Kanalstranges nicht einverstanden und habe die mP mit Schreiben vom 2. Juli 1986 aufgefordert, diesen Kanalstrang wieder zu entfernen. Demgegenüber habe die mP erklärt, daß dieser Strang vom seinerzeit erteilten wasserrechtlichen Konsens mitumfaßt sei.

Bei der wasserrechtlichen Kollaudierungsverhandlung am 26. August 1986 hielt die Beschwerdeführerin ihre Einwendungen aufrecht. AT als Voreigentümerin der Gp. 332/1 (von der - wie oben ausgeführt - im Frühjahr 1986 die Gp. 332/4 zugunsten der Beschwerdeführerin abgetrennt worden und in ihr Eigentum übergegangen sei) gab als Zeugin vernommen an, daß die "Feintrassierung" des Stranges 4.1 mit ihr abgesprochen worden sei und zwar zu der Zeit, als sie Eigentümerin des noch ungeteilten Grundstückes gewesen sei.

Mit Bescheid vom 1. Juni 1988 erließ der Landeshauptmann von Tirol nachstehenden (in den wesentlichen Spruchpunkten wiedergegebenen) Kollaudierungsbescheid:

"I. Die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die im Befund näher beschriebenen Änderungen und Ergänzungen in der Bauausführung gegenüber dem bewilligten Projekt wird nach Maßgabe der Ausführungspläne erteilt.

II. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin werden ABGEWIESEN.

III. Die ausgeführte Anlage wird wasserrechtlich für überprüft erklärt.

IV. Hinsichtlich der durch die ausgeführte Anlage zusätzlch berührten fremden Grundstücke gelten nach § 111 Abs. 4 WR 1959 die erforderlichen Dienstbarkeiten für den Bau, Bestand, Betrieb und die Instandhaltung der Anlage sowie zum Betreten der Grundstücke zu Betriebs- und Instandhaltungszwecken als eingeräumt.

Allfällige Entschädigungsansprüche aus diesem Grunde können in Ermangelung einer Übereinkunft binnen Jahresfrist nach Fertigstellung der Anlage bei der Wasserrechtsbehörde geltend gemacht werden.

V. Zur Ausführung und Instandhaltung der zusätzlich ausgeführten Anlagen müssen nach § 72 WRG 1959 auch die Eigentümer der benachbarten Grundstücke gegen Ersatz der ihnen hiedurch verursachen vermögensrechtlichen Nachteile das Betreten und die Benutzung ihrer Grundstücke im unbedingt nötigen Ausmaß gestatten.

Diesbezügliche Ersatzansprüche sind bei sonstigem Verluste binnen drei Monaten nach dem Tag, an dem der Betroffene von dem Schaden Kenntnis erlangt hat, bei der Wasserrechtsbehörde

geltend zu machen .... "

Auf Grund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerin behob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG die Entscheidung des Landeshauptmannes von Tirol insoweit, als sie sich auf die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung und Überprüfung der Trassenänderung des Stranges 4.1 bezog und verwies diesbezüglich die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Bescheiderlassung an die erstinstanzliche Behörde zurück; im übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der Strang 4.1 vom seinerzeitigen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid aus 1974 mitumfaßt gewesen und daher auch wasserrechtlich bewilligt worden sei. Soweit der ausgeführte Verlauf des Stranges 4.1 allerdings vom wasserrechtlich bewilligten Projekt abweiche, hätte mangels Zustimmung der Beschwerdeführerin als von dieser Abweichung Betroffenen ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren unter allfälliger Einräumung von Zwangsrechten durchgeführt werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde.

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat die Beschwerdeführerin (unter gleichzeitiger Vorlage eines Schreibens der mP vom 20. November 1991) mitgeteilt, daß die mP den Strang 4.1 so verlegt habe, daß ihre Gp. 332/4 KG S nur mehr durch funktionslose Rohre berührt werde und der im Betrieb stehende Strang 4.1 nunmehr zur Gänze auf dem benachbarten Weg auf Gp. 332/1 liege. Falls dieser Vorgang als Klaglosstellung angesehen werde, beantrage sie den Zuspruch der Kosten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde bekämpft den Bescheid der belangten Behörde insoweit, als "er der Berufung einen Erfolg versagt". Aus dem Gesamtkontext der Beschwerde, insbesondere den Ausführungen, daß der Strang 4.1 nie wasserrechtlich bewilligt worden und daher auch keiner nachträglichen Bewilligung fähig sei, ist zu schließen, daß von der Anfechtung nicht nur der abweisende Spruchteil ("Im übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben") sondern auch die Entscheidung nach § 66 Abs. 2 AVG insofern mitumfaßt ist, als diese davon ausgeht, daß seinerzeit auch der Strang 4.1 wasserrechtlich bewilligt worden sei.

Gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 hat sich unmittelbar nach erfolgter Ausführung einer nach diesem Bundesgesetz bewilligungspflichtigen Wasseranlage die zur Erteilung der Bewilligung in erster Instanz zuständige Wasserrechtsbehörde in einem nach den Bestimmungen der §§ 40 bis 44 AVG 1950 auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung zu überzeugen, das Ergebnis dieser Überprüfungsverhandlung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen zu veranlassen, wobei geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden können.

Da Gegenstand des Überprüfungsverfahrens und des dieses abschließenden Bescheides demnach die Feststellung der Übereinstimmung der ausgeführten Anlage mit der erteilten Bewilligung ist, kann mit Einwendungen in diesem Verfahren nur die Nichtübereinstimmung der ausführten Anlage mit dem bewilligten Projekt geltend gemacht werden (zur insofern ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes siehe zuletzt des hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1991, Zl. 89/07/0167).

Im vorliegenden Fall enthält das dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid aus 1974 zugrunde liegende Projekt (vgl. "Parzellenplan") im Bereich des Stranges 4 eine nach Osten und sodann nach Norden weisende Trassenführung, die u.a. die Gp. 332/1, 332/2 und 332/3 berührt. Weiters werden ausdrücklich sowohl in der Kundmachung für die wasserrechtliche Bewilligungsverhandlung als auch im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid u.a. auch diese Grundparzellen als vom gegenständlich bewilligten Projekt berührt angeführt. Daraus ergibt sich, daß die im Projekt dargestellte Trassenführung (wenngleich noch nicht ausdrücklich als Strang 4.1 bezeichnet) auch wasserrechtlich bewilligt wurde. Die Beschwerdeausführungen, wonach der Strang 4.1 seinerzeit nicht wasserrechtlich bewilligt wurde, sind daher nicht berechtigt.

Soweit die Beschwerde die unklare Formulierung der Auflage A. 02 des Bewilligungsbescheides bekämpft ("Die endgültige Aussteckung der Kanäle und Schächte (= Feintrassierung) in fremden Privatgrundstücken hat auf Verlangen der Grundstückseigentümer noch VOR Beginn der Bauarbeiten im Einvernehmen mit den Grundeigentümern zu erfolgen.") ist ihr entgegenzuhalten, daß im Kollaudierungsverfahren weder das Konsensprojekt bekämpft noch Einwendungen, die sich gegen den Bewilligungsbescheid richten, mit Aussicht auf Erfolg vorgebracht werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 87/07/0105 mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. September 1987, Zl. 83/07/0131).

Es bleibt somit zu prüfen, ob der von der bewilligten Trassenführung abweichend ausgeführte Strang 4.1. nachträglich bewilligbar ist.

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, daß dieser Strang teilweise auf der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Gp. 332/4 verläuft (dabei kann die von der mP im Zuge des hg. Beschwerdeverfahrens vorgenommenen Stillegung des Stranges 4.1, soweit er die Gp. 332/4 betrifft, deswegen außer Betracht bleiben, weil die seinerzeit verlegten - und nunmehr funktionslos gewordenen - Rohre weiterhin auf im Eigentum der Beschwerdeführerin liegenden Grundflächen situiert sind).

Gleichfalls unbestritten ist, daß die Beschwerdeführerin im Kollaudierungsverfahren dieser Trassenführung nicht zugestimmt hat. Eine nachträgliche Genehmigung des Stranges 4.1 im Kollaudierungsverfahren ist daher - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - nicht möglich. Mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung der geänderten Kanaltrassenführung hätte die belangte Behörde den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 1. Juni 1988 insoweit gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos aufheben müssen.

Darin aber, daß die belangte Behörde die Angelegenheit unter Behebung des erstinstanzlichen Bescheides im spruchgemäß umschriebenen Ausmaß zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz gemäß § 66 Abs. 2 AVG zurückverwiesen hat, kann bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eine - im übrigen in diesem Zusammenhang auch gar nicht gerügte - Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin nicht erblickt werden.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990070099.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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