TE Vfgh Erkenntnis 1989/6/16 A5/88

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Veröffentlicht am 16.06.1989
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9440 Krankenanstalt, Spital

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
F-VG 1948 §2
F-VG 1948 §4
F-VG 1948 §12 Abs1
Vlbg SpitalbeitragsG §1
Vlbg SpitalbeitragsG §2
Vlbg SpitalG §7
Vlbg SpitalG §13
KAG §34
ABGB §1042

Leitsatz

Klage einer spitalerhaltenden Gemeinde gegen das Land Vorarlberg auf Zahlung von Betriebsabgängen; freiwillig von der Gemeinde übernommene Aufgabe - nur "subsidiäre" Plicht des Landes zur Sicherstellung von Krankenanstaltenpflege; Abweisung; keine Bedenken gegen die Kostentragungsregelung in §1 und §2 Vbg. SpitalbeitragsG im Hinblick auf das Gleichheitsgebot

Spruch

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Gegenstand des Rechtsstreites ist die Forderung einer Stadtgemeinde als Rechtsträger eines allgemeinen Krankenhauses an das Land Vorarlberg auf Zahlung von Betriebsabgängen. Die für die Beurteilung des Rechtsstreites maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten:

1.1. Im Spitalgesetz (SpG), Anlage der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Neukundmachung des Spitalgesetzes, Vorarlberger LGBl. 1/1979 idF LGBl. 21/1981:

"§5

Einteilung

(1) Krankenanstalten sind entweder private oder öffentliche. Öffentliche Krankenanstalten sind solche, denen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde. Alle übrigen Krankenanstalten sind private.

(2) Private Krankenanstalten, bei denen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes die Gemeinnützigkeit festgestellt wurde, sind gemeinnützige Krankenanstalten.

§7

Sicherstellung der Anstaltsbehandlung

(1) Das Land als Träger von Privatrechten ist verpflichtet, Krankenanstaltspflege für anstaltsbedürftige Personen entweder durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten oder durch Vereinbarung mit Rechtsträgern anderer Krankenanstalten sicherzustellen. Die Anstaltspflege kann für Personen, die im Grenzgebiet wohnen, auch durch Sicherstellung der Möglichkeit der Einweisung im Falle der Anstaltsbedürftigkeit in Krankenanstalten eines benachbarten Landes gewährleistet werden. Für anstaltsbedürftige Personen, insbesondere für unabweisbare Kranke, ist eine ausreichende Zahl an Betten der allgemeinen Pflegeklasse einzurichten.

(2) Je nach den örtlichen Verhältnissen ist für je 50.000 bis 90.000 Einwohner eine Standardkrankenanstalt einzurichten, wobei diese Zahlen bei Vorliegen besonderer topographischer oder verkehrsmäßiger Verhältnisse sowohl unter- als auch überschritten werden dürfen. Überdies ist im Land eine Schwerpunktkrankenanstalt einzurichten.

...

(4) Als anstaltsbedürftig gelten Personen, deren auf Grund ärztlicher Untersuchung festgestellter geistiger oder körperlicher Zustand die Aufnahme in Krankenanstaltspflege erfordert, ferner Personen, die ein Sozialversicherungsträger zum Zweck einer Begutachtung im Zusammenhang mit einem Verfahren über die Gewährung von Leistungen in die Krankenanstalt einweist.

(5) Als unabweisbar sind Personen zu betrachten, deren geistiger oder körperlicher Zustand wegen Lebensgefahr oder wegen Gefahr einer sonst nicht vermeidbaren schweren Gesundheitsschädigung sofortige Anstaltsbehandlung erfordert, sowie jedenfalls Frauen, wenn die Entbindung unmittelbar bevorsteht. Ferner sind Personen, die auf Grund besonderer Vorschriften von einer Behörde eingewiesen werden, als unabweisbar anzusehen.

§9

Errichtungsbewilligung

(1) Krankenanstalten dürfen - unbeschadet sonstiger Erfordernisse nach anderen Rechtsvorschriften - nur mit Bewilligung der Landesregierung errichtet werden (Errichtungsbewilligung). Unter Errichtung ist sowohl die Neuerstellung einer Krankenanstalt als auch die Ausgestaltung eines bisher anderen Zwecken gewidmeten Gebäudes zu einer solchen zu verstehen.

(2) Die Errichtungsbewilligung ist zu erteilen, wenn

a)

ein Bedarf besteht,

b)

...

...

(5) Der Bedarf ist nach der Anzahl und der Betriebsgröße der bestehenden Krankenanstalten mit gleichartigem Anstaltszweck, nach der Verkehrslage, nach der Einwohnerzahl und nach den Erfahrungen über die Häufigkeit der in Betracht kommenden Behandlungsfälle zu beurteilen ... Ein Bedarf ist dann nicht mehr anzunehmen, wenn die dem Anstaltszweck entsprechende Versorgung des in Betracht kommenden Personenkreises bereits ausreichend gesichert ist.

...

§13

Betriebspflicht

Die Rechtsträger von Krankenanstalten haben eine freiwillige Betriebsunterbrechung oder die Auflassung der Krankenanstalt drei Monate vorher der Landesregierung anzuzeigen. Wenn der Krankenanstalt nach den gesetzlichen Bestimmungen über Heil- und Pflegeanstalten Beiträge von Gebietskörperschaften gewährt werden, ist eine freiwillige Betriebsunterbrechung oder die Auflassung nur mit Bewilligung der Landesregierung zulässig. Die Bewilligung ist zu verweigern, wenn die beabsichtigte Maßnahme die Sicherstellung der Krankenanstaltsbehandlung gefährden würde. Sofern der Krankenanstalt Zuschüsse des Bundes gegeben wurden, hat die Landesregierung das zuständige Bundesministerium hievon in Kenntnis zu setzen."

1.2. Im Spitalbeitragsgesetz (SpBG), Vorarlberger LGBl. 18/1958 idF LGBl. 19/1986:

"§1

Allgemeines

(1) Den Rechtsträgern von Krankenanstalten sind auf Antrag Beiträge zur Deckung von Betriebsabgängen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu gewähren.

(2) Unter Betriebsabgang im Sinne des Abs1 ist der gesamte Betriebs- und Erhaltungsaufwand der Krankenanstalt sowie der Aufwand für Abschreibungen vom Wert der Liegenschaften zu verstehen, soweit diese Aufwendungen von der Landesregierung als gerechtfertigt anerkannt (§6) und durch die Einnahmen der Krankenanstalt nicht gedeckt sind. ...

(3) Der Beitragsberechnung ist jener Betriebsabgang des vergangenen Kalenderjahres zugrunde zu legen, der sich nach Abzug allfälliger Zweckzuschüsse des Bundes und allfälliger Mittel aus dem Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds ergibt (Berechnungsgrundlage).

(4) Zum Zwecke der Beitragsleistung zu den Betriebsabgängen von öffentlichen Krankenanstalten bildet das gesamte Landesgebiet Beitragsbezirk und Krankenanstaltensprengel.

...

§2

Beitragsleistung

(1) Die Gemeinden als Träger von Privatrechten haben zum Betriebsabgang einen Beitrag in Höhe von 40 v. H. der Berechnungsgrundlage zu leisten, der auf die einzelnen Gemeinden nach Maßgabe der ihnen zuzurechnenden Patienten aufzuteilen ist. Einer Gemeinde sind jene Patienten zuzurechnen, die unmittelbar vor der Aufnahme in die Krankenanstalt in der betreffenden Gemeinde ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. ...

(2) Der auf die einzelnen Gemeinden entfallende Beitrag ist in der Weise zu ermitteln, daß 40 v. H. der Berechnungsgrundlage durch die Summe der verrechenbaren Verpflegstage geteilt wird. Als verrechenbar gelten alle im betreffenden Kalenderjahr aufgelaufenen Verpflegstage, die auf Patienten entfallen, von denen kostendeckende Pflegeentgelte nicht erreichbar sind. Die sich ergebende Zahl ist mit der Summe der verrechenbaren Verpflegstage jener Patienten zu vervielfachen, die der betreffenden Gemeinde zuzurechnen sind. Diese Zahl in Schilling ergibt den von der betreffenden Gemeinde zu leistenden Beitrag. Sofern ein der Beitragsberechnung zugrunde zu legender Patient nach den Bestimmungen des Abs1 keiner Gemeinde des Landes zuzurechnen ist, ist der entsprechende Beitrag vom Land zu leisten.

(3) Das Land als Träger von Privatrechten gewährt zum Betriebsabgang einen weiteren Beitrag in Höhe von 40 v. H. der Berechnungsgrundlage."

1.3. Die wiedergegebenen Bestimmungen des Spitalgesetzes und des Spitalbeitragsgesetzes sind ausführungsgesetzliche Regelungen folgender grundsatzgesetzlicher Bestimmungen des Krankenanstaltengesetzes (KAG), BGBl. 1/1957, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. 565/1985:

"Sicherstellung öffentlicher Krankenanstaltspflege

§18. (1) Jedes Land ist verpflichtet, unter Bedachtnahme auf den Landes-Krankenanstaltenplan (§10 a) Krankenanstaltspflege für anstaltsbedürftige Personen (§22 Abs3) im eigenen Land entweder durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten oder durch Vereinbarung mit Rechtsträgern anderer Krankenanstalten sicherzustellen. Für Personen, die im Grenzgebiet zweier oder mehrerer Länder wohnen, kann die Anstaltspflege auch dadurch sichergestellt werden, daß diese Personen im Falle der Anstaltsbedürftigkeit in Krankenanstalten eines benachbarten Landes eingewiesen werden.

(2) Je nach den örtlichen Verhältnissen ist für 50.000 bis 90.000 Bewohner eine Standardkrankenanstalt und für 250.000 bis 300.000 Bewohner eine Schwerpunktkrankenanstalt einzurichten; in jedem Land, dessen Einwohnerzahl eine Million übersteigt, soll ferner eine Zentralkrankenanstalt eingerichtet werden. Die Landesgesetzgebung kann bestimmen, daß bei Vorliegen besonderer topographischer oder verkehrsmäßiger Verhältnisse diese Zahlen sowohl unter- als auch überschritten werden dürfen, jedoch ist in jedem Land mindestens eine Schwerpunktkrankenanstalt einzurichten.

...

Beitragsbezirk und Krankenanstaltensprengel

§33. (1) Für Zwecke der Beitragsleistung zum Betriebsabgang öffentlicher Krankenanstalten ist durch die Landesgesetzgebung anzuordnen, daß für solche Krankenanstalten jenes Gebiet, für dessen Bevölkerung sie zunächst bestimmt sind, als Beitragsbezirk und das darüberhinausreichende Einzugsgebiet als Krankenanstaltensprengel gebildet wird.

(2) Den Beitragsbezirk und den Krankenanstaltensprengel bilden die zu ihrem Gebiet gehörenden Gemeinden.

(3) Die Landesgesetzgebung kann auch bestimmen, daß das Landesgebiet Beitragsbezirk und Krankenanstaltensprengel für alle öffentlichen Krankenanstalten ist.

Deckung des Betriebsabganges

§34. Durch die Landesgesetzgebung ist anzuordnen, daß bei der Bildung von Beitragsbezirken und Krankenanstaltensprengeln gemäß §33 der gesamte sich durch die Betriebs- und Erhaltungskosten gegenüber den Einnahmen ergebende Betriebsabgang, vermindert um die Zweckzuschüsse des Bundes (§§57 und 58), in einem bestimmten Verhältnis vom Rechtsträger der Krankenanstalt, vom Beitragsbezirk, vom Krankenanstaltensprengel und vom Bundesland zu decken ist. Hiebei sind die Anteile des Beitragsbezirkes, des Krankenanstaltensprengels und des Bundeslandes so festzusetzen, daß sie zusammen mindestens die Hälfte des Betriebsabganges decken. Bei Krankenanstalten, die von einem Bundesland betrieben werden, kann im Einvernehmen mit der Gemeinde, in deren Gebiet die Krankenanstalt liegt (Sitzgemeinde), bestimmt werden, daß anstelle des Rechtsträgers diese Gemeinde tritt.

Betriebsunterbrechung und Auflassung

§35. (1) Die Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten sind verpflichtet, den Betrieb der Krankenanstalt ohne Unterbrechung aufrecht zu erhalten.

(2) Der Verzicht auf das Öffentlichkeitsrecht und bei Krankenanstalten, die der Wirtschaftsaufsicht (§11 Abs2) unterliegen, auch die freiwillige Betriebsunterbrechung oder die Auflassung bedürfen der Genehmigung der Landesregierung. Die Landesregierung hat in dem Falle, daß die Krankenanstalt Zuschüsse des Bundes erhalten hat, das Bundesministerium für soziale Verwaltung von der Sachlage in Kenntnis zu setzen.

(3) Durch die Landesgesetzgebung kann vorgesehen werden, daß Krankenanstalten, die der Wirtschaftsaufsicht (§11 Abs2) nicht unterliegen, eine freiwillige Betriebsunterbrechung oder ihre Auflassung eine bestimmte Zeit vorher der Landesregierung anzuzeigen haben."

2. Mit einer auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt die Stadt Bludenz als klagende Partei das beklagte Land Vorarlberg zur Zahlung von S 10,829.255,15 - später eingeschränkt auf

S 10,643.150,75 - samt 4 % Zinsen seit dem Tag der Klagszustellung sowie zum Ersatz der Prozeßkosten zu verurteilen.

Hiezu bringt die Klägerin im wesentlichen vor, sie sei Rechtsträger des allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Stadt Bludenz, das sie bereits seit Jahrzehnten betreibe. Diesem Krankenhaus sei das Öffentlichkeitsrecht verliehen worden, sodaß Betriebspflicht bestehe. Da einerseits die Pflege- und Sondergebühren, die als Entgelt für die Leistungen der Krankenanstalt eingehoben werden dürfen und gemäß §49 Abs2 des Spitalgesetzes (SpG) von der Landesregierung festgesetzt werden, andererseits Auslagen für die Errichtung und Umgestaltung oder Erweiterung der Krankenanstalt sowie Abschreibungen für den Wert der Liegenschaften, Pensionen und der klinische Mehraufwand im Sinne der bundesrechtlichen Bestimmungen der Berechnung des Pflegeentgelts nicht zugrunde gelegt werden dürfen, aber auch die von den Trägern der Sozialversicherung zu entrichtenden Pflegegebührenersätze nur einen Bruchteil der tatsächlich aufgelaufenen Pflegegebühren abdeckten, führe dies zwangsläufig zu Betriebsabgängen, die durch Zweckzuschüsse des Bundes iS der §§57 ff. Krankenanstaltengesetz (KAG) idgF bzw. durch den Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds (KRAZAF) nur gemildert würden. Da nach dem Spitalbeitragsgesetz (SpBG) idgF das Land Vorarlberg und die Patientenwohnsitzgemeinden nur je 40 %, gemeinsam also 80 % des Betriebsabganges zu tragen hätten, treffe die Klägerin als Krankenhausunternehmer das verbleibende Defizit, also 20 % des Betriebsabganges, das sie aus eigenen Mitteln, somit aus nicht zweckgebundenen Steuereinnahmen abdecken müsse. Die Klägerin habe daher im Jahre 1986 die Klagsforderung aus Mitteln abdecken müssen, die von keiner Seite ersetzt würden. Da nach §7 SpG jedoch das Land als Träger von Privatrechten verpflichtet sei, Krankenanstaltspflege für anstaltsbedürftige Personen durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten sicherzustellen, sei das Land zur Zahlung dieses Betrages an die Klägerin verpflichtet.

Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes ergebe sich aus Art137 B-VG: Es werde ein vermögensrechtlicher Anspruch öffentlich-rechtlicher Natur gegen das Land geltend gemacht. Nach §2 F-VG 1948 sei das Land zur Kostentragung verpflichtet, da keine vom Kostentragungsgrundsatz dieser Regelung abweichende Bestimmung bestehe. Die Klägerin habe daher mit der Abdeckung des Betriebsabganges Leistungen in Erfüllung einer Verpflichtung des Landes erbracht; die klagende Stadt Bludenz sei daher nach §1042 ABGB berechtigt, den Ersatz dieses Aufwandes zu begehren.

Die Berechtigung der Forderung ergebe sich schon daraus, daß das Land Vorarlberg (§7 Abs1 SpG; §18 Abs1 KAG) als Träger von Privatrechten verpflichtet sei, die Krankenanstaltspflege durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten sicherzustellen, womit der beklagten Partei die Besorgung von Aufgaben im Sinne des §2 F-VG 1948 übertragen worden sei.

Die Stadt Bludenz bestreitet entschieden, mit dem Land Vorarlberg je eine Vereinbarung über die Besorgung der Krankenanstaltspflege getroffen zu haben, was der ausdrücklichen Beschlußfassung der Gemeindevertretung bedurft hätte; ein solcher Beschluß sei niemals gefaßt worden.

Maßgeblich sei daher ausschließlich §2 F-VG 1948, wonach der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt, zu tragen hätten, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimme. Da sich auch aus dem SpBG keine Verpflichtung der Klägerin ergebe, den Betriebsabgang des Krankenhauses zu tragen - §2 Abs3 SpBG enthalte nur Regelungen darüber, daß die Patientenwohnsitzgemeinden und das Land je 40 % des Betriebsabganges zu tragen hätten, darüber wer den verbleibenden Betriebsabgang von 20 % zu zahlen habe, werde im SpBG nichts gesagt -, bleibe es bei der alleine maßgeblichen Regelung des §7 SpG, sodaß das Land Vorarlberg zur Zahlung dieses restlichen Betriebsabganges verpflichtet sei.

Sollten aber das SpG und das SpBG als gesetzliche Anordnungen des Inhaltes auszulegen sein, daß der 20 %ige Abgang, für den §2 Abs3 SpBG keine Aussage enthalte, vom Rechtsträger der Krankenanstalt - und damit, was den Klagsbetrag betreffe, von der Stadt Bludenz - zu tragen sei, dann sei §1 Abs1 SpBG verfassungswidrig.

Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitssatz, da spitalerhaltende Gemeinden gegenüber anderen Gemeinden ohne sachliche Rechtfertigung benachteiligt würden. Eine spitalerhaltende Gemeinde müßte erheblich mehr zur Spitalsfinanzierung beitragen als andere Gemeinden. Spitalerhaltende Gemeinden hätten nämlich nicht nur wie andere Patientenwohnsitzgemeinden (anteilsmäßig) 40 % des Betriebsabganges der öffentlichen Krankenanstalten abzudecken, sondern zusätzlich als Rechtsträger einer Krankenanstalt weitere 20 % des Betriebsabganges zu tragen. Für diese Doppelbelastung finde sich keine sachliche Rechtfertigung. Die Schlechterstellung der spitalerhaltenden Gemeinden stünde nur dann nicht im Widerspruch zum Gleichheitsgebot, wenn es sich um geringfügige Belastungen handelte, was aber keineswegs der Fall sei, wie der klagsweise geltend gemachte Betriebsabgang für das Jahr 1986 in Höhe von S 10,8 Mio. zeige. Bei der Beurteilung der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken sei zu berücksichtigen, daß die Krankenanstaltspflege eine öffentliche Aufgabe darstelle, die der Allgemeinheit zugute komme. Die Kostenabwälzung in Höhe von 20 % des Betriebsabganges auf die spitalerhaltenden Gemeinden bilde eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den Gemeinden, die nicht Rechtsträger von Krankenanstalten seien. Daß die Schlechterstellung der spitalerhaltenden Gemeinden heute keineswegs mehr als unwesentlich betrachtet werden könne, zeige sich schon daran, daß im Zeitpunkt des Inkrafttretens des geltenden SpBG im Jahre 1963 aus den Einnahmen des Krankenhauses der Stadt Bludenz noch 71 % der Ausgaben gedeckt werden konnten, daß dieses Verhältnis sich aber bis zum Jahre 1985 auf 58 % verschlechtert habe. Im selben Zeitraum habe sich der Betriebsabgang von rund S 2 Mio. auf rund S 55 Mio. ausgeweitet.

Eine Ungleichbehandlung liege aber auch bei einem Vergleich der spitalerhaltenden Gemeinden im Verhältnis zu den anderen (privaten) Rechtsträgern von Krankenanstalten vor. Während diese nur 20 % des Betriebsabganges zu tragen hätten, hätten spitalerhaltende Gemeinden zusätzlich als Patientenwohnsitzgemeinden gemäß §2 SpBG einen weiteren Beitrag zum Betriebsabgang zu tragen. Soweit zur Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung vorgebracht würde, daß den Spitalsitzgemeinden durch die Krankenanstalten auch Vorteile zukämen (sog. Umwegrentabilität), seien diese so gering zu veranschlagen, daß sie eine sachliche Rechtfertigung für die in Rede stehende Ungleichbehandlung nicht zu liefern vermögen.

Darüber hinaus verstoße die Regelung aber auch gegen §4 F-VG 1948, nach dem die in den §§2 und 3 F-VG 1948 vorgesehene Regelung in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen habe, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden. Die Stadt Bludenz habe im Jahre 1986 bereits 10,2 % der Finanzkraft im Sinne des §73 Abs3 Vorarlberger Gemeindegesetz zur Bedeckung des Selbstbehaltes des Krankenhauses der Stadt Bludenz aufwenden müssen. Damit würden aber die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Klägerin als Gebietskörperschaft überschritten. Wenn das SpBG eine Kostenabwälzung in Höhe von 20 % des Betriebsabganges auf die spitalerhaltenden Gemeinden zusätzlich zur regulären Beitragspflicht für die der Gemeinde zuzurechnenden Patienten tatsächlich vorsehe, wäre es daher auch wegen Verstoßes gegen §4 F-VG 1948 als verfassungswidrig anzusehen.

Die Klägerin regt daher - eventualiter - an, der Verfassungsgerichtshof möge von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren gemäß Art140 Abs1 B-VG einleiten.

3. Das beklagte Land Vorarlberg erstattete eine Gegenschrift, in der es die kostenpflichtige Abweisung der Klage begehrt.

Die Klägerin stütze ihre Ausführungen auf eine unrichtige Auslegung des §7 SpG und des §18 Abs1 KAG. Nach §18 Abs1 KAG in der Stammfassung sei jedes Bundesland verpflichtet gewesen, Krankenanstaltspflege für anstaltsbedürftige unbemittelte Personen im eigenen Bundesland entweder durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten oder durch Vereinbarung mit nichtöffentlichen Krankenanstalten sicherzustellen. Laut den Ausführungen zu dieser grundsatzgesetzlichen Regelung im Bericht und Antrag des Ausschusses für soziale Verwaltung (164 Blg.NR VIII. GP) sei Ziel dieser Vorschrift, die Länder zu verpflichten, für die Landesgebiete, in denen Spitalspflege in öffentlichen Krankenanstalten nicht gesichert sei, die nötige Vorsorge zu treffen. Auch aus den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, VIII. GP, zur 22. Sitzung am 18.12.1956 (1018 bis 1028) ergebe sich diese Absicht des Gesetzgebers. Sowohl durch die objektiv-historische als auch durch die subjektiv-historische Interpretation des §18 Abs1 KAG erweise sich, daß die Verpflichtung zur Sicherstellung von Krankenanstaltspflege nur subsidiär gelte, nämlich dort, wo die Krankenanstaltspflege nicht bereits durch Rechtsträger anderer Krankenanstalten gesichert sei. Laut den grundsatzgesetzlichen Bestimmungen des §34 KAG sei durch den Landesgesetzgeber anzuordnen, daß bei der Bildung von Beitragsbezirken und Krankenanstaltensprengeln gemäß §33 leg.cit. der gesamte, um die Zweckzuschüsse des Bundes verminderte Betriebsabgang in einem bestimmten Verhältnis vom Rechtsträger der Krankenanstalt, vom Beitragsbezirk, vom Krankenanstaltensprengel und vom Bundesland zu decken sei. Dabei müssen die Anteile des Beitragsbezirkes, des Krankenanstaltensprengels und des Bundeslandes zusammen mindestens die Hälfte des Betriebsabganges decken. Auf Grund des KAG habe der Vorarlberger Landesgesetzgeber zunächst das Spitalbeitragsgesetz beschlossen, da sich die Krankenanstalten in Vorarlberg schon seit längerem in einer finanziell sehr bedrängten Lage befunden hätten. Nach §2 leg.cit. hätten damals die Beitragsgemeinden 45 %, das Land 25 % und die spitalerhaltenden Gemeinden 30 % vom Betriebsabgang zu tragen gehabt. Da nicht alle Gemeinden Spitäler errichten hätten können, habe diese Lösung einen interkommunalen Lastenausgleich dargestellt. Die unterschiedliche Belastung spitalerhaltender Gemeinden gegenüber den übrigen Gemeinden habe in den Vorteilen, die Standortgemeinden durch Krankenanstalten zugekommen seien, ihre Rechtfertigung gefunden. Durch §6 Abs1 des nachfolgend erlassenen Spitalgesetzes sei das Land als Träger von Privatrechten verpflichtet worden, für anstaltsbedürftige unbemittelte Personen die Anstaltsbehandlung durch Vereinbarung mit nichtöffentlichen Krankenanstalten sicherzustellen, soweit hiefür nicht bereits durch Abs2 oder in anderer Weise Vorsorge getroffen gewesen sei. Der Abschluß von Vereinbarungen mit Gebietskörperschaften als Rechtsträgern von Krankenanstalten sei also keineswegs erforderlich gewesen, weshalb auch mit der Stadt Bludenz niemals eine solche Vereinbarung abgeschlossen worden sei. Mit der 1. Spitalbeitragsgesetz-Novelle, Vorarlberger LGBl. 17/1963, seien die Anteile an den Betriebsabgängen dermaßen neu geregelt worden, daß einerseits die Gemeinden für die ihnen zuzurechnenden Patienten und andererseits das Land verpflichtet worden seien, je 40 % des Betriebsabganges zu decken, sodaß den spitalerhaltenden Gemeinden nur mehr ein Anteil von 20 % des Abganges zur Selbstzahlung verblieb. Mit den folgenden Novellierungen des Spitalgesetzes sei der 2. KAG-Novelle (Wegfall der Beschränkung auf unbemittelte Personen) und der KAG-Novelle 1985 (Einführung eines Landes-Krankenanstaltenplanes) Rechnung getragen worden, ohne daß hinsichtlich der Finanzierung des Betriebsabganges neue Gesichtspunkte zum Tragen gekommen seien. Das beklagte Land Vorarlberg ist der Auffassung, aus §2 F-VG 1948 iVm §2 SpBG ergebe sich somit, daß die Stadt Bludenz als Rechtsträger des von ihr betriebenen allgemeinen öffentlichen Krankenhauses den nicht von den Beitragsgemeinden und vom Land zu zahlenden verbleibenden Betriebsabgang von 20 % zu zahlen habe.

§2 SpBG verstoße nach Meinung des Landes Vorarlberg aber auch weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen §4 F-VG 1948. Das Vorhandensein von Spitälern, nämlich des Heiliggeist-Spitals und des Sondersiechenhauses im Töbele sei in Bludenz bereits seit dem 15. Jahrhundert nachweisbar. Das Heiliggeist-Spital habe im 19. Jahrhundert nach den damals geltenden Bestimmungen des Heimatrechtes die Versorgung der Region Bludenz übernommen. Nach dem zweiten Weltkrieg hätte das Krankenhaus Bludenz zunächst keine Abgänge aufgewiesen. Solche seien ab 1951 aufgetreten und vom Rechtsträger des Krankenhauses ebenso wie bei den sechs anderen Vorarlberger Gemeindespitälern getragen worden. Der Landesgesetzgeber habe daher im Jahre 1958 das SpBG unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§2 und 4 F-VG 1948 erlassen. Durch das KAG seien auch Zweckzuschüsse des Bundes vorgesehen worden. Selbst diese Bundesbeiträge für die öffentlichen Krankenanstalten hätten weder das Land noch die Gemeinden bewogen, auf das bisher bewährte System der Führung eines Krankenhauses zu verzichten, da die Beibehaltung der bisherigen Privatautonomie den Anstaltsträgern mehr freie Hand gegenüber den Sozialversicherungsträgern, der Ärzteschaft und dem Pflegepersonal gesichert habe.

Hinsichtlich der zusätzlichen Belastung spitalerhaltender Gemeinden mit derzeit 20 % des Betriebsabganges müsse bedacht werden, daß Krankenanstalten wie das Krankenhaus der Stadt Bludenz mit rund 240 Beschäftigten einem mittleren Wirtschaftsunternehmen vergleichbar seien. Die spitalerhaltende Gemeinde erziele daher aus dem Betrieb eines solchen Krankenhauses beträchtliche Einnahmen an direkten Steuern und partizipiere durch Auftragsvergaben an Unternehmen in der Gemeinde indirekt durch ein höheres Steueraufkommen. Die Führung eines eigenen Krankenhauses biete für die Bürger der Gemeinde auch eine wesentlich bessere Möglichkeit des Besuches der Patienten, bewirke einen Zuzug durch die Anstellung von Personal und größere Einnahmen an Ertragsanteilen. Durch den Betrieb einer Krankenanstalt ergäben sich sowohl positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt als auch kräftige Impulse für die gewerbliche Wirtschaft. Der medizinische Versorgungsvorteil erhöhe auch die Attraktivität der Standortgemeinde als zentralen Ort für gewerbliche und industrielle Ansiedlungen und fördere den Ausbau von schulischen Ausbildungszentren. Aus einer Untersuchung des Institutes für Finanzwissenschaften an der Universität Innsbruck von Univ.Prof. Dr. Smekal und Dr. Gottfried Feurstein ergebe sich, daß die Netto-Belastung der Gemeinden aus dem 20 %igen Selbstbehalt sich dadurch auf 13 bis 15 % reduziere.

Bei der Abwägung der Zumutbarkeit des 20 %igen Selbstbehaltes müßten auch die Investitionszuschüsse aus Bedarfszuweisungsmitteln und aus dem Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds, ein Selbstbehalt des Landes für die Ausbildung der Krankenpflegeschülerinnen zugunsten des Stadthaushaltes, des weiteren der Umstand, daß die Stadt Bludenz als Rechtsträger 50 % des Krankenhausausbaues im Wege von Darlehen finanziere, deren Zinsen zu 80 % auf andere Kostenträger verumlagt würden, und steuerliche Vorteile berücksichtigt werden.

Unter Berücksichtigung einer Berichtigung des von der klagenden Partei behaupteten Ansteigens des Selbstbehaltes ergebe sich, daß eine Verdoppelung des Abganges gegenüber der Finanzkraftentwicklung erst nach Inbetriebnahme des Neubaues eingetreten sei. Bei der Prüfung der Finanzkraft der Stadt Bludenz müsse aber auch der Entwicklung eigener Steuern, wie zB der Gewerbe- und Lohnsummensteuer, entsprechende Beachtung geschenkt werden; gerade im Jahr 1986 sei ein größerer Einbruch bei der Gewerbesteuer, nämlich ein Absinken von S 22 Mio. im Jahr 1985 auf S 13,7 Mio. zu verzeichnen gewesen; dem stehe aber ein Ansteigen des Gewerbesteueraufkommens auf ca. S 22,6 Mio. im Jahre 1987 gegenüber.

Die beklagte Partei verweist schließlich darauf, daß sie der Stadt Bludenz angeboten habe, das Krankenhaus zu übernehmen, daß die Stadt Bludenz aber von diesem Angebot keinen Gebrauch gemacht habe. Die Stadt Bludenz habe vielmehr am 25. Juni 1984 um die Bewilligung für die Errichtung einer Alters- und Chronischkranken-Station sowie für die Generalsanierung des Krankenhausaltbaues angesucht, nachdem sie bereits am 8. August 1978 einen Antrag gestellt habe, das allgemein-öffentliche Krankenhaus durch Schaffung zeitgemäßer Behandlungs- und Pflegeeinrichtungen und die Errichtung einer Alters- und Chronischkranken-Station räumlich zu erweitern. Wenn ein Rechtsträger einen Antrag auf einen Neubau eines Krankenhauses bzw. auf Erweiterung eines Krankenhauses stelle, müsse aber angenommen werden, daß sich der Rechtsträger auch über die Finanzierung und insbesondere über die Folgekosten im Klaren sei. Daß sich die Inbetriebnahme des Erweiterungsbaues kostenerhöhend ausgewirkt habe, sei vorhersehbar gewesen und werde durch die Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben verifiziert. Die Steigerung des Betriebsabganges sei somit nicht nur durch allgemeine Kostensteigerungen, sondern auch durch den Erweiterungsbau verursacht worden.

Soweit die klagende Stadt Bludenz es als gleichheitswidrig erachte, daß nur sie, nicht aber auch Orden als Rechtsträger von Krankenanstalten zu Beitragszahlungen für Gemeindepatienten verpflichtet seien, übersehe sie, daß Orden und sonstige Private zur gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung nicht verpflichtet seien. Jene Gemeinden, die selbst ein Krankenhaus führen, müßten hingegen bei Schließung des eigenen Krankenhauses die Patienten in anderen Krankenhäusern stationär unterbringen und ohne eigene Rechtsträgerschaft auf Grund des SpBG den auf sie entfallenden Anteil des 40 %igen Beitrags für die in der Gemeinde ansässigen Patienten tragen.

Aus diesen Überlegungen erweise sich, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Stadthaushaltes nicht erreicht und nicht überschritten würden. Nachdem die Stadt Bludenz vom Angebot der Übernahme durch das Land keinen Gebrauch gemacht habe und zur Finanzierung der Errichtung und Erweiterung des Krankenhauses hohe Investitionszuschüsse aus dem Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds erhalten habe, dazu keinen Selbstbehalt bei der Anstellung von Krankenpflegeschülerinnen zahlen müsse, könne von einer durchaus zumutbaren Finanzierbarkeit des laufenden Betriebes des Krankenhauses gesprochen werden.

4. Auf diese Gegenschrift hat die Klägerin mit einem umfangreichen Schriftsatz repliziert und dabei insbesondere die Umwegrentabilität der Führung eines Krankenhauses bestritten, da eine Krankenanstalt spezifische zusätzliche Aufwendungen für Straßenbauten und andere Anlagen auslöse. Darauf hat die beklagte Partei wieder mit einer umfangreichen Äußerung geantwortet.

5. Zur Untermauerung ihrer Vorbringen haben beide Prozeßparteien eine Vielzahl von Unterlagen vorgelegt.

6. Der Verfassungsgerichtshof hat zu den Prozeßvoraussetzungen erwogen:

Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Die Klägerin macht als Rechtsträger des "allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Stadt Bludenz" einen vermögensrechtlichen Anspruch des öffentlichen Rechts gegen das Land Vorarlberg geltend. Mit der vorliegenden Klage begehrt sie, gestützt auf §2 F-VG 1948, allenfalls in sinngemäßer Anwendung des §1042 ABGB, die Bezahlung dieser Forderung.

Über diesen - öffentlich-rechtlichen - Anspruch ist im ordentlichen Rechtsweg nicht zu entscheiden; es existiert auch keine Norm, nach der dieser Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen wäre (vgl. zB VfSlg. 9507/1982, 10933/1986). Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Klage zulässig.

7. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache selbst erwogen:

7.1. Die Gebietskörperschaften haben, wie sich aus §12 Abs1 F-VG 1948 ergibt, Pflichtaufgaben zu erfüllen, sie können aber auch freiwillig Aufgaben übernehmen (vgl. Wenger/Höss, Juristische Grundlagen der Verwaltungsorganisation und Aufgabenverteilung, in:

Matzner (Hrsg.), Öffentliche Aufgaben und Finanzausgleich (Wien 1977), 53 (60 f)). Beim Betrieb der öffentlichen Krankenanstalt der Stadt Bludenz handelt es sich um die freiwillige Übernahme dieser Aufgabe durch die klagende Gebietskörperschaft. Daran ändert es auch nichts, daß §13 SpG von einer Pflicht der Rechtsträger zum Betrieb von Krankenanstalten ausgeht und die Rechtsträger verpflichtet, der Landesregierung freiwillige Betriebsunterbrechungen oder die Auflassung der Krankenanstalt anzuzeigen, und sowohl eine Betriebsunterbrechung als auch die Auflassung nur mit Bewilligung der Landesregierung zuläßt. Diese Beschränkungen der Entschlußfreiheit liegen nämlich im öffentlichen Interesse und sind durch die Verpflichtung, die Krankenanstaltspflege sicherzustellen, gerechtfertigt. Die (Betriebs-)Pflicht findet jedoch dort ihre Grenze, wo die Pflichtaufgabe des Landes einsetzt, die sich aus §18 KAG und §7 SpG ergibt. Eine verfassungskonforme, an Art7 B-VG und §4 F-VG 1948 orientierte Auslegung gebietet, §13 SpG dahin zu verstehen, daß dem Land der Eintritt in diese Verpflichtung in angemessener Frist möglich ist, verbietet es aber, §13 SpG einen Inhalt beizumessen, nach dem das Recht der Gemeinden zur Auflassung einer Krankenanstalt über die insoferne bedingte Befugnis hinaus eingeschränkt wird. Dies trifft auch für die klagende Stadt Bludenz als Rechtsträger des allgemeinen Krankenhauses der Stadt Bludenz zu.

Auszugehen ist also davon, daß der Betrieb der öffentlichen Krankenanstalt durch die Stadt Bludenz als deren Rechtsträger auf eigenem Entschluß beruht, es sich also um eine freiwillig übernommene Aufgabe handelt, und daß es der Stadt Bludenz daher grundsätzlich freisteht, von der Erfüllung dieser Aufgabe wieder zurückzutreten. Damit hat aber die klagende Stadtgemeinde auch den Aufwand der von ihr betriebenen Krankenanstalt selbst zu tragen, soweit sich aus gesetzlichen Bestimmungen oder aus vertraglichen Vereinbarungen mit dem Land (deren Bestehen im Beschwerdefall gar nicht behauptet wird) nicht ergibt, daß von anderer Seite Beiträge zu den Aufwendungen zu leisten sind.

7.2. Die klagende Partei vermeint nun, §2 SpBG enthalte nur eine Regelung über Beiträge, die an Gemeinden als Rechtsträger einer Krankenanstalt vom Land und von Beitragsgemeinden in Höhe von 80 % des jeweiligen Betriebsabganges zu leisten seien. Hinsichtlich des restlichen Betriebsabganges lasse sich aus dem SpBG jedoch nichts entnehmen; da der Rechtsträger einer Krankenanstalt insoferne also selbst belastet bleibe, sei für diesen restlichen Abgang §2 F-VG 1948 - als maßgebliche gesetzliche Regelung - unmittelbar anzuwenden; das Land, das nach §7 SpG zur Sicherstellung der Krankenanstaltspflege verpflichtet sei, habe dementsprechend diesen Betriebsabgang zu ersetzen. Teile man die Meinung nicht, daß sich die Zahlungspflicht des Landes hinsichtlich des restlichen Betriebsabganges bereits aus §2 F-VG 1948 unmittelbar ergebe, dann sei das Land zum Ersatz dieser Aufwendungen nach §1042 ABGB verpflichtet, weil vom jeweiligen Rechtsträger einer Krankenanstalt eine Aufgabe erfüllt werde, die das Land nach §7 SpG zu erfüllen gehabt hätte.

Diese Auffassung geht jedoch in zweifacher Richtung von verfehlten Prämissen aus:

Die Verpflichtung der Stadt Bludenz als Rechtsträger der Krankenanstalt zur Tragung von Betriebsabgängen ergibt sich nämlich, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, bereits aus dem Umstand, daß sie die Krankenanstalt aus eigenem Entschluß führt und dementsprechend die damit verbundenen Aufwendungen selbst zu zahlen hat, auch wenn ihr das Gesetz eine solche Pflicht nicht verbis auferlegt.

Verfehlt ist aber auch die Ansicht der klagenden Partei, daß das Land ohne Rücksicht darauf, ob der Bedarf nach Krankenanstaltspflege durch öffentliche Krankenanstalten, die von Gebietskörperschaften oder Privaten freiwillig betrieben werden, bereits sichergestellt ist, nach §2 F-VG 1948 zur Zahlung von Betriebsabgängen solcher Krankenanstalten verpflichtet wäre; §2 F-VG 1948 verpflichtet nämlich das Land nur zur Tragung des Aufwandes für Krankenanstalten, die vom Land selbst betrieben werden; §1042 ABGB kommt ebenfalls nur insoweit in Frage, als das Land der aus §7 SpG erfließenden Pflicht zur Besorgung solcher Aufgaben nicht nachkommt. Nach §7 SpG obliegt dem Land jedoch lediglich die Pflicht, die Krankenanstaltspflege "sicherzustellen", also dafür durch Errichtung und Betrieb von Landeskrankenanstalten und durch Vereinbarungen mit Rechtsträgern anderer Krankenanstalten zu sorgen, soweit eine hinreichende Versorgung durch die von anderer Seite freiwillig betriebenen öffentlichen Krankenanstalten nicht ohnedies bereits gesichert ist.

Dies bestätigt zunächst eine systematische Betrachtung der Rechtslage:

Nach §34 KAG ist durch die Landesgesetzgebung anzuordnen, daß bei der Bildung von Beitragsbezirken und Anstaltensprengeln gemäß §33 KAG der gesamte sich durch die Betriebs- und Erhaltungskosten gegenüber den Einnahmen ergebende Betriebsabgang, vermindert um die Zweckzuschüsse des Bundes (§§57 und 58 leg.cit.), in einem bestimmten Verhältnis vom Rechtsträger der Krankenanstalt, vom Beitragsbezirk, vom Krankenanstaltensprengel und vom Bundesland zu decken ist. Hiebei sind die Anteile des Beitragsbezirkes, des Krankenanstaltensprengels und des Bundeslandes so festzusetzen, daß sie zusammen mindestens die Hälfte dieses Betriebsabganges decken. Schon eine an §34 KAG orientierte Auslegung des §2 SpBG verbietet es anzunehmen, daß der Vorarlberger Landesgesetzgeber nur eine (Teil-)Regelung hinsichtlich 80 % des Betriebsabganges vorsehen wollte, hinsichtlich der restlichen 20 % von einer Regelung jedoch Abstand genommen hätte. §1 SpBG ordnet weiters an - und dies ist bei der Auslegung des §2 leg.cit. mitzubedenken -, daß den Rechtsträgern von Krankenanstalten auf Antrag Beiträge zur Deckung von Betriebsabgängen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen, also insbesondere des §2 SpBG, zu gewähren sind, was voraussetzt, daß von den Rechtsträgern von Krankenanstalten an sich Betriebsabgänge zu tragen sind. Dies und ein am Grundsatzgesetz orientiertes Verständnis der Regelung führt zu dem Ergebnis, daß der - unter Berücksichtigung der Beitragsleistungen - verbleibende Betriebsabgang von 20 % von den Rechtsträgern selbst zu tragen ist. Die Verpflichtung jedes Bundeslandes zur Sicherstellung der Krankenanstaltspflege im eigenen Bundesland kann daher sinnvoll nur dahin verstanden werden, daß sie das Land erst dann zu Handlungen zwingt, wenn sich keine anderen Rechtsträger für die Errichtung und den Betrieb einer Krankenanstalt gefunden haben, oder wenn diese eine Krankenanstalt wieder auflassen.

Diese systematischen Überlegungen werden durch eine historische Betrachtung zusätzlich gestützt:

Schon das Krankenanstaltengesetz 1920, StGBl. 327/1920, sah in §9 vor, daß "öffentliche Heil- und Pflegeanstalten ... je nach dem örtlichen Bedarf" entweder für ein Land oder für einen Teil eines Landes zu errichten sind. Ein Bedarf im Sinne des bereits zitierten §9 lag gemäß §10 leg.cit. vor, wenn die vorhandenen gemeinnützigen Heil- und Pflegeanstalten dem Bedarf nicht genügten; nur für diesen Fall traf die Pflicht zur Errichtung einer Anstalt entweder das Land oder jene Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, die sich innerhalb des Beitragsbezirkes befanden. Über die Notwendigkeit der Errichtung einer öffentlichen Heil- oder Pflegeanstalt, über die Festsetzung des Beitragsbezirkes und über die Sicherung der für die Errichtung und Erhaltung der Anstalt erforderlichen Mittel hatte gemäß §11 leg.cit. die Landesregierung zu erkennen.

§18 KAG in der Stammfassung sah vor, daß jedes Bundesland verpflichtet war, die Krankenanstaltspflege durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten oder durch Vereinbarungen mit nichtöffentlichen Krankenanstalten für anstaltsbedürftige unbemittelte Personen sicherzustellen.

Auch das SpG sah in seiner Stammfassung (LGBl. 18/1959) im §6 lediglich vor, daß das Land als Träger von Privatrechten verpflichtet ist, die Anstaltsbehandlung für anstaltsbedürftige unbemittelte Personen durch Vereinbarung mit nichtöffentlichen Krankenanstalten sicherzustellen, soweit hiefür nicht bereits durch Abs2 oder in anderer Weise Vorsorge getroffen ist.

Eine historische Betrachtung zeigt somit, daß sowohl nach den Vorläuferbestimmungen des KAG als auch des SpG und SpBG eine Verpflichtung des Landes, die Krankenanstaltspflege sicherzustellen, immer nur soweit bestand, als dies mangels anderweitiger Vorsorge notwendig war.

Es ist offenkundig, daß die geltenden Regelungen als intrasystematische Fortentwicklung dieses Konzepts zu verstehen sind.

Die rechtliche Beurteilung des Landes Vorarlberg, daß nur eine "subsidiäre" Pflicht des Landes zur Sicherstellung von Krankenanstaltspflege bestehe, trifft daher tatsächlich zu.

Bei diesem Ergebnis steht der Klägerin gegen das Land Vorarlberg hinsichtlich des eingeklagten 20 %igen Betriebsabganges weder nach §2 F-VG 1948 noch - sinngemäß - nach §1042 ABGB ein Anspruch zu.

7.3. Für den Fall des nunmehr festgestellten Ergebnisses macht die klagende Partei Normbedenken gegen die Kostentragungsregelung des SpBG wegen Verfassungswidrigkeit aus der Sicht des Gleichheitssatzes und des §4 F-VG 1948 geltend.

7.3.1. Die Gleichheitswidrigkeit der Kostentragungsregelung begründet die Stadt Bludenz damit, daß sie für Patienten, die in Bludenz ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, beitragspflichtig sei, als spitalerhaltende Gemeinde aber zusätzlich für den 20 %igen Betriebsabgang aufzukommen habe. Spitalerhaltende Gemeinden würden also durch §2 SpBG in einer den Gleichheitssatz verletzenden Weise im Verhältnis zu nicht spitalerhaltenden Gemeinden doppelt belastet. Eine Gleichheitswidrigkeit ergebe sich zusätzlich gegenüber Rechtsträgern von Krankenanstalten, die nicht Gemeinden seien, weil diese nur als Rechtsträger, nicht aber auch als Beitragspflichtige bei der Abdeckung von Betriebsabgängen zu partizipieren hätten.

Die Regelung verstoße aber auch gegen §4 F-VG 1948, weil die Leistungsfähigkeit der Klägerin durch die sie treffenden (Doppel-)Belastungen überschritten werde.

7.3.2. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich auf Grund dieser Ausführungen zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gegen die §§1 und 2 SpBG nicht veranlaßt. Eine Gleichheitswidrigkeit der Regelung, die darin begründet wäre, daß spitalerhaltende Gemeinden durch ihre Beitragspflicht für Patienten, die in der Gemeinde ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, und zusätzlich durch Betriebsabgänge als Rechtsträger einer Krankenanstalt belastet sind, während nicht spitalerhaltende Gemeinden mit solchen Betriebsabgängen nicht belastet sind, kann schon deshalb nicht vorliegen, weil - was die Klägerin unberücksichtigt läßt - der Betrieb von Krankenanstalten durch spitalerhaltende Gemeinden auf eigenem Entschluß beruht; die aus der Rechtsträgerschaft erwachsenden Zahlungspflichten können daher mit den gesetzlichen Beitragspflichten für Patienten aus der Gemeinde nicht addiert werden und folglich auch nicht als Doppelbelastung im Vergleich zu den Aufwendungen nicht spitalerhaltender Gemeinden gesehen werden. Eine Gleichheitswidrigkeit des §2 SpBG läßt sich hieraus jedenfalls nicht ableiten. Im Ergebnis Gleiches gilt im Verhältnis spitalerhaltender Gemeinden zu Rechtsträgern, die nicht Gebietskörperschaften sind, da letztere für Gemeindeangehörige iS des §2 Abs1 SpBG nicht beitragspflichtig werden können; weil es sich bei ihnen eben nicht um Gemeinden handelt, können auf §2 SpBG beruhende Belastungen spitalerhaltender Gemeinden für Patientenbeiträge in einen Vergleich nicht einbezogen werden.

Verfassungsrechtliche Bedenken aus der Sicht des §4 F-VG 1948 könnten hier generell nur insoweit auftreten, als Gemeinden für Patienten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Gemeinde haben, anteilsmäßig zu Beitragsleistungen durch §2 Abs1 SpBG verpflichtet sind. Bedenken aus dieser Sicht hat die klagende Stadt Bludenz aber nicht vorgebracht. Soweit aber spitalerhaltende Gemeinden als freiwillige Rechtsträger einer Krankenanstalt mit deren Betriebsabgängen belastet sind, kommt ein Verstoß gegen §4 F-VG 1948 gar nicht in Frage, weil es ihnen freisteht (zur verfassungskonformen Auslegung des §13 SpG s. Pkt. 7.1.), eine von ihnen betriebene Krankenanstalt - wenn auch unter Beachtung einer durch öffentliche Interessen gerechtfertigten begrenzten Pflicht zur Aufrechterhaltung des Betriebes - wieder aufzulassen.

Im Verfassungsgerichtshof ist auch nicht das Bedenken entstanden, daß in Anbetracht der Gesamtregelung (insbesondere der Betriebs- und Erhaltungspflicht von Rechtsträgern sowie der Regelung über die Spitalsgebühren) dem Gesetzgeber im Hinblick auf die im vorliegenden Rechtsstreit präjudiziellen Bestimmungen ein Exzeß vorzuwerfen wäre.

Aus diesen Gründen sieht sich der Verfassungsgerichtshof aus der Sicht des vorliegenden Rechtsstreites zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nicht veranlaßt.

7.4. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß das Klagebegehren nicht begründet ist. Es war daher abzuweisen.

Kosten waren nicht zuzusprechen (vgl. VfSlg. 9280/1981 und 10968/1986).

7.5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Krankenanstalten, VfGH / Klagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:A5.1988

Dokumentnummer

JFT_10109384_88A00005_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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