TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/4 92/11/0023

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Veröffentlicht am 04.02.1992
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Index

L64053 Fleischuntersuchung Geflügelhygiene Lebensmittelkontrolle
Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
86/01 Veterinärrecht allgemein;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
FleischkontrolluntersuchungsV Sankt Pölten 1983;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde der E R in E, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. September 1989, Zl. VI/4-Vet.-55, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Veterinärwesens, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Vorstellungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt St. Pölten vom 9. August 1989 (zugestellt am 10. August 1989) wurde der Beschwerdeführerin "gemäß §§ 76 - 78 AVG 1950 .... in Verbindung mit § 3 der NÖ Fleischuntersuchungsgebührenverordnung" die Entrichtung von Fleischuntersuchungsgebühren in einer näher genannten Höhe vorgeschrieben.

In einem mit "Berufung" bezeichneten, mit "11.8.1989" datierten und am selben Tag zur Post gegeben Schriftsatz, der in einem an den Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten adressierten Kuvert eingebracht wurde und der auch an diese Behörde gerichtet war, wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die Vorschreibung von Fleischuntersuchungsgebühren in dem im Vorstellungsbescheid vom 9. August 1989 genannten Ausmaß.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung vom 11. August 1989 gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 63 Abs. 3 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Beschluß vom 26. Februar 1990, B 1448/89, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid darauf, daß in der Berufung vom 11. August 1989 der "Abgabenbescheid Nr. 326 GZ 07/555/12/3-1989/St. des Bürgermeisters der Landeshauptstadt St. Pölten vom 6.7.1989" als angefochten bezeichnet wurde. Damit sei der mit der Berufung angefochtene erstinstanzliche Bescheid nicht eindeutig bestimmt. Während die Geschäftszahl 07/555/12/3-1989/St auf den Bescheid der Erstbehörde vom 9. August 1989 Bezug nehme, würden die Angabe "Abgabenbescheid Nr. 326" und das Datum "6.7.1989" auf die Bekämpfung des dem Vorstellungsbescheid vom 9. August 1989 vorausgegangenen Mandatsbescheides der Erstbehörde vom 6. Juli 1989 (mit dem der Beschwerdeführerin Fleischuntersuchungsgebühren in derselben Höhe wie mit dem Vorstellungsbescheid vorgeschrieben worden waren), somit auf die Bekämpfung eines anderen Bescheides, hindeuten. Damit werde dem Erfordernis des § 63 Abs. 3 AVG 1950, in der Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, nicht Genüge getan. Es fehle ein wesentlicher Bestandteil einer dem Gesetz entsprechenden Berufung. Dies könne nicht als Formgebrechen angesehen und nachträglich behoben werden, sondern führe zur sofortigen Zurückweisung der Berufung.

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Zwar liegt in der völlig unrichtigen Bezeichnung des bekämpften unterinstanzlichen Bescheides in der Berufung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein inhaltlicher Mangel dieses Rechtsmittels, der nicht durch einen Mängelbehebungsauftrag im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG behoben werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 16. März 1978, Slg. Nr. 9506/A). Eine solche völlig unrichtige Bezeichnung liegt aber hier nicht vor. Der Bescheid der Erstbehörde, der mit der Berufung bekämpft werden soll, wurde in Ansehung der Geschäftszahl sowohl mit "Abgabenbescheid Nr. 326" als auch mit "07/555/12/3-1989/St" bezeichnet. Der Mandatsbescheid vom 6. Juli 1989 trug die Geschäftszahl "07/555/12-1989/Dr. Wa./Bö." und unter der Rubrik "Betrifft:" die Bezeichnung "Kostenbescheid Nr. 326". Der Vorstellungsbescheid vom 9. August 1989 führt als Geschäftszahl "07/555/12/3-1989/St" und sodann - unter der Rubrik "Betr.:" neben der Bezeichnung der Beschwerdeführerin die Wortfolge "Kostenbescheid des Magistrates der Stadt St. Pölten - Veterinärverwaltung, Nr. 326 v. 6.7.1989" an. Das Datum des bekämpften Erstbescheides ist in der Berufung mit "6.7.1989" angegeben.

Bei der Prüfung der Frage, gegen welchen Bescheid sich die Berufung richtet, ist zunächst davon auszugehen, daß sich die Beschwerdeführerin darin (aus näher ausgeführten Gründen) gegen die Vorschreibung von Fleischuntersuchungsgebühren in der in Rede stehenden Höhe wendet. Rechtsgrund dieser Verpflichtung war im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung der - den Mandatsbescheid vom 6. Juli 1989 ersetzende - Vorstellungsbescheid vom 9. August 1989. Wenn die Beschwerdeführerin in der - nach ihrer Behauptung "fristgerecht" erhobenen Berufung - unter Zitierung der Geschäftszahl des Vorstellungsbescheides die Vorschreibung der Gebühren bekämpft, dann ergibt eine verständige Würdigung ihres Vorbringens, daß die zusätzliche Angabe eines im Mandatsbescheid aufscheinenden Ordnungsbegriffes sowie die Angabe des Datums des Mandatsbescheides auf einen offensichtlichen Irrtum der Beschwerdeführerin zurückzuführen ist. Es kann ihr doch nicht ernstlich unterstellt werden, daß sie den von ihr bereits mit Vorstellung angefochtenen Mandatsbescheid neuerlich und verspätet mit Berufung bekämpfen wollte. Für begründete Zweifel daran, gegen welchen Bescheid sich die Berufung vom 11. August 1989 richtet, besteht angesichts des Inhaltes dieses Rechtsmittels in Wahrheit gar kein Anlaß.

Dies hat die belangte Behörde verkannt. Sie hat den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 59 Abs. 3, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Verbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110023.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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