TE Vfgh Erkenntnis 1989/6/21 A2/88

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Veröffentlicht am 21.06.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
VfGG §41
VStG 1950 §48

Leitsatz

Abweisung einer Klage auf Rückerstattung einer bezahlten Geldstrafe

Spruch

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft (BH) Feldkirch erließ gegen den Kläger eine mit 13. Mai 1987 datierte Strafverfügung, in der ihm zur Last gelegt wurde, 1. am 22. April 1987 abends und 2. am 23. April 1987 um 15,00 Uhr in Höchst Übertretungen des §2 Abs1 Grenzkontrollgesetz in der Schuldform der Beihilfe (§7 VStG 1950) begangen zu haben. In beiden Fällen wurden gemäß §15 Abs1 Grenzkontrollgesetz je S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe je 72 Stunden) Geldstrafe verhängt. In beiden Fällen wurde die als erwiesen angenommene Tat wie folgt umschrieben:

"Sie haben den türkischen Staatsangehörigen I.D., I.Ö. und O.Ö. den illegalen Grenzübertritt in die Schweiz ermöglicht und dadurch Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet."

Die Strafverfügung enthält außerdem eine Rechtsmittelbelehrung und eine Zahlungsfrist für die Geldstrafe; sie ist ferner mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen, der die Erledigung genehmigte. Die Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen am 15. Mai 1987 zugestellt.

Der Kläger erhob gegen die Strafverfügung mit einem mit 24. September 1987 datierten und am 28. September 1987 bei der Behörde erster Instanz eingelangten Schriftsatz Einspruch. Dieser wurde mit Bescheid der BH Feldkirch vom 5. Oktober 1987 gemäß §49 Abs4 VStG 1950 als verspätet zurückgewiesen.

Die dagegen vom Kläger erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 11. November 1987 gemäß §66 Abs4 AVG 1950 abgewiesen.

Der Kläger bezahlte wohl den Strafbetrag von 4.000 S, forderte ihn jedoch von der BH Feldkirch zurück, weil es sich bei der Strafverfügung um einen behördlichen Nichtakt gehandelt habe. Dem Rückforderungsantrag wurde nicht entsprochen.

2. In der vorliegenden, auf Art137 B-VG gestützten, gegen den Bund gerichteten Klage wird vorgebracht, die Strafverfügung sei formal derart fehlerhaft, daß von einem behördlichen Nichtakt gesprochen werden müsse. Der Kläger habe den Betrag von 4.000 S daher ohne Rechtsgrundlage geleistet; er habe demnach Anspruch auf Refundierung. Mangels Zahlung begehre er, den beklagten Bund urteilsmäßig zur Zahlung von 4.000S samt Kosten zu verhalten.

3. Der beklagte Bund, vertreten durch den Bundesminister für Inneres, begehrt, die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

II. Der Kläger hat gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 11. November 1987 (s.o. I.1.) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der sie mit Erkenntnis vom 1. Feber 1989, Zl. 88/01/0294, aufgrund folgender Erwägungen als unbegründet abwies:

"Gemäß §48 Abs1 VStG 1950 müssen in der Strafverfügung angegeben sein: 1. Die Behörde, die die Strafverfügung erläßt;

2.

Vor- und Zuname, Beschäftigung und Wohnort des Beschuldigten;

3.

die Tat, die als erwiesen angenommen ist, ferner die Zeit und der Ort der Begehung; 4. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; 5. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung; 6. allenfalls der Ausspruch über die vom Beschuldigten zu ersetzenden Kosten (§64 Abs3); 7. die Belehrung über den Einspruch (§49). Nach Abs2 dieser Gesetzesstelle sind Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen.

Unbestritten ist, daß der Einspruch verspätet eingebracht worden ist. Strittig ist allein, ob es sich bei der Strafverfügung vom 13. Mai 1987 um einen 'Nichtakt' handelt, wie der Beschwerdeführer meint. Diese Ansicht ist unrichtig, weil, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, die Strafverfügung von einer Behörde der staatlichen Verwaltung erlassen ist, einen Spruch enthält, nämlich daß der Beschwerdeführer das Grenzkontrollgesetz übertreten hat, und zwar in der Schuldform der Beihilfe, und deshalb über ihn eine Geldstrafe verhängt worden ist. Weil die Strafverfügung auch gehörig unterfertigt ist, sind somit alle für das Vorliegen eines Bescheides wesentlichen Erfordernisse gegeben. Sonstige Verstöße nach §48 VStG 1950 - ob solche im gegebenen Fall vorliegen, kann hier dahingestellt bleiben - haben nicht zur Folge, daß ein Nichtakt vorliegt und würden auch keinen Grund nach §68 Abs4 AVG 1950 darstellen."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (vgl. zB VfGH 16.12.1987 A6/86) - Klage erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof schließt sich der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 1. Feber 1989 (s.o. II.) vertretenen Rechtsansicht an, aus der sich ergibt, daß die Strafverfügung vom 13. Mai 1987 ein rechtswirksamer Behördenakt ist. Der Bezahlung der Geldstrafe liegt somit eine Strafverfügung zugrunde, der Bescheidcharakter zukommt. Dieser Rechtstitel steht dem Rückforderungsbegehren nach wie vor aufrecht entgegen. Die Klage war daher abzuweisen (vgl. VfGH 16.12.1987 A6/86).

2. Das vom beklagten Bund geltend gemachte Kostenbegehren war abzuweisen, weil die beklagte Partei weder durch einen Rechtsanwalt noch durch die Finanzprokuratur vertreten war (vgl. auch hiezu das soeben zitierte Erkenntnis).

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Verwaltungsstrafrecht / Strafverfügung, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:A2.1988

Dokumentnummer

JFT_10109379_88A00002_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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