TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/26 90/12/0260

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Veröffentlicht am 26.02.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs1;
AVG §45 Abs2;
GehG 1956 §20b Abs6 Z2;
GehG 1956 §20b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des R in P, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 2. August 1990, Zl. 40 3100/2-III/8/90, betreffend Fahrtkostenzuschuß, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor (des Zollwachdienstes) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Zollwachabteilung A.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Fahrtkostenzuschuß nach § 20b des Gehaltsgesetzes 1956 (GG 1956) ab.

Ihrer Entscheidung legte die belangte Behörde nachstehenden Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer sei mit Wirksamkeit vom 31. Oktober 1968 in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis als Zollwachebeamter aufgenommen und nach anfänglicher Verwendung bei der Zollwachabteilung B mit Wirksamkeit vom 10. Dezember 1968 der Zollwachabteilung C zur dauernden Dienstleistung zugewiesen worden. Am 22. August 1970 habe er sich verehelicht. Mit 1. Juli 1979 sei ihm eine ausreichende Naturalwohnung in C zur Benützung überlassen worden, in der er mit seiner Ehegattin und seinem Sohn ab diesem Zeitpunkt gewohnt habe. Seine Ehegattin sei an der Volksschule D in Verwendung gestanden. Im Jahre 1986 sei seiner Ehegattin ein Erbschaftsanteil ausgezahlt und "bekundet" worden, ein Grundstück in E (Kärnten) zu erwerben. Der Beschwerdeführer habe sodann gemeinsam mit seiner Gattin noch im Jahre 1986 in E ein Baugrundstück gekauft und dort im Sommer 1987 mit der Errichtung eines Eigenheimes begonnen. Die Beweggründe für die Errichtung eines Eigenheimes in E und nicht in Tirol hätten darin bestanden, daß eine finanzielle Unterstützung durch die Schwiegereltern erfolgt, mit Arbeitsleistung und Beistellung von Bauholz (von deren Seite) zu rechnen gewesen sei und die Ehegattin des Beschwerdeführers Aussicht auf einen Arbeitsplatz an der Volksschule E gehabt habe. Für das Schuljahr 1987/88 habe der Beschwerdeführer seinen Sohn zum Besuch des Gymnasiums in F bei Klagenfurt angemeldet. Seine Ehegattin sei ab diesem Zeitpunkt zunächst in G und später in E als Lehrerin tätig gewesen. Mit Schreiben vom 27. April 1987 habe der Beschwerdeführer um Versetzung in den Bereich der Finanzlandesdirektion für Kärnten ersucht. Dieses Begehren habe er im wesentlichen mit dem in E erworbenen Baugrundstück und der bevorstehenden Errichtung eines Eigenheimes begründet. Die zu erwartende doppelte Haushaltsführung bringe für ihn eine hohe finanzielle Belastung, bei einer Verwendung in Kärnten wäre sie geringer und er hätte mehr Zeit für die Mithilfe beim Hausbau. In Anbetracht dieser Umstände sei der Beschwerdeführer, auch wenn er diese Umstände ausschließlich zu vertreten gehabt habe, mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1988 in den Bereich der Finanzlandesdirektion für Kärnten versetzt worden. Letztere habe bei der Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes auf eine dienststufengerechte Verwendung geachtet (der Beschwerdeführer sei seit 1. Juli 1987 Gruppeninspektor der Dienststufe 2 der Verwendungsgruppe W2) und ihn der Zollwachabteilung A mit Dienstverwendung beim Zollamt H als Abfertigungsgruppenführer zur dauernden Dienstleistung zugewiesen. Am 4. Jänner 1988 habe er dort den Dienst angetreten. Seine Wohnung in Tirol habe er aufgegeben und seinen Familienwohnsitz zu den Schwiegereltern verlegt. Im September 1989 habe er sein Eigenheim in E bezogen. Mit Eingaben vom 18. März und 14. November 1988 habe er seine Versetzung zur Zollwachabteilung Klagenfurt beantragt. Ein ernsthaftes Interesse an der Erlangung einer Wohnung im Dienstort oder in einem Umkreis von 20 Kilometer liege nicht vor; diesbezügliche Aktivitäten habe der Beschwerdeführer auch nicht gesetzt. Mit Antrag vom 14. März 1988 (bei der Zollwachabteilung A eingelangt am 17. März 1988) habe er erstmals die Auszahlung eines Fahrtkostenzuschusses vom 1. Jänner 1988 an begehrt, weil er die Wegstrecke zwischen seiner Dienststelle und der nächstgelegenen Wohnung an den Arbeitstagen regelmäßig zurücklege. Die Beibehaltung eines mehr als 20 Kilometer vom Dienstort entfernten Wohnsitzes habe er damit begründet, daß er vorübergehend bei den Schwiegereltern wohne und gemeinsam mit seiner Gattin in E ein Eigenheim errichte.

Diesen Sachverhalt beurteilte die belangte Behörde nach Zitierung des § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 wie folgt: Strittig sei ausschließlich die Frage, ob der Beschwerdeführer die Gründe, die ihn bewogen hätten, einen Wohnsitz in E zu begründen und keine Wohnung in A oder in einem Umkreis von 20 Kilometer anzuschaffen, selbst zu vertreten habe oder nicht. Hiebei sei zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer aus den von ihm angeführten Gründen tatsächlich die Begründung eines Wohnsitzes im Dienstort oder in dessen näherer Umgebung nicht zugemutet werden könne, wobei zu beachten sei, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Gründe, die der Beamte nicht selbst zu vertreten habe, zwingend sein müßten. Der Beschwerdeführer mache im wesentlichen zwei Gründe für die Begründung und Beibehaltung des Familienwohnsitzes in E geltend: Zum Ersten stehe es dem einzelnen Ehegatten im Hinblick auf § 90 ABGB nicht frei, den Wohnsitz nach Belieben zu wählen bzw. sich nach Gutdünken oder aus wirtschaftlichen Überlegungen für eine getrennte Wohnsitznahme zu entscheiden. Dienstort seiner Gattin sei E. Der Dienstort des Beschwerdeführers sei A. Die Entfernung zwischen beiden Orten betrage rund 80 Kilometer. Es sei demnach unmöglich, einen Wohnsitz zu nehmen, der sowohl für seine Gattin als auch für ihn weniger als 20 Kilometer vom Dienstort entfernt sei. Daraus folge, daß entweder seine Gattin oder er gezwungen sei, den Wohnsitz an einem Ort zu nehmen, der mehr als 20 Kilometer vom Dienstort entfernt liege. Der Beschwerdeführer habe den Familienwohnsitz in E begründet und auch beibehalten, um die Führung zweier Haushalte zu vermeiden. Dieser Schritt sei aber nicht aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen, sondern in erster Linie auf Grund einer gesetzlich geregelten Verpflichtung zur Wohnsitzfolge erfolgt. Zum Zweiten treffe seine Gattin eine gesetzliche Unterhalts- und Betreuungsverpflichtung gegenüber den Eltern. Durch eine Wohnsitznahme in größerer Entfernung vom Wohnort der Eltern könnte sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Die Notwendigkeit der Beibehaltung des gemeinsamen Wohnsitzes in E sei aber auch dadurch gegeben, daß seine Gattin wegen des Alters ihrer Eltern gezwungen sei, ihren schwerstbehinderten Bruder, der im Haushalt der Eltern lebe und dessen dauernde Versorgung und Pflege durch die Eltern wegen deren eigener Pflegebedürftigkeit nicht sichergestellt sei, zu betreuen. Dazu sei zu bemerken: Es sei der freie, nicht aus einer Zwangslage erwachsene Entschluß des Beschwerdeführers gewesen, sich ein Eigenheim zu schaffen. Sein Bestreben, dieses Eigenheim in E zu bauen und nicht eine Wohnung in einem grenznahen Teil des Landes Kärnten anzuschaffen, sei keineswegs eine zwingende Motivation. Als er das Baugrundstück gekauft habe, seien sowohl er als auch seine Gattin in der Nähe der Beschäftigungsstelle bestens wohnversorgt gewesen. Seine Gattin und er hätten sich im Zusammenhang mit dem Erwerb des Baugrundstückes und der beabsichtigten Errichtung eines Eigenheimes eine Verwendungnahme im Land Kärnten erhofft. Die Versetzungsvorstellungen seien auch erfüllt worden. Auf das fürsorgliche Entgegenkommen hätte der Beschwerdeführer aber mit der Forderung auf Zahlung eines Fahrtkostenzuschusses reagiert. Kein Beamter habe Anspruch darauf, in der Nähe seines Wohnsitzes verwendet zu werden. Aus der Lage seiner Wohnung könne der Beamte, soweit nicht gesetzlich anderes bestimmt sei, keinen Anspruch auf dienstliche Begünstigungen ableiten. Der Umstand, daß seine Ehegattin ihren Arbeitsplatz in E nicht aufgeben wolle und im Hinblick auf § 143 ABGB eine Wohnsitzverlegung nicht beabsichtige, sei zwar verständlich, stelle aber keinen familiären Grund für den Beschwerdeführer dar, sich keine Wohnung in A oder in der näheren Umgebung anzuschaffen. Die Führung eines gemeinsamen Haushaltes in der Nähe des Dienstortes könne ihm daher zugemutet werden. Es sei davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer, nur weil es ihm aus verschiedenen Ursachen, wie etwa günstigere Voraussetzungen für die Errichtung des Eigenheimes, bis dahin Unterbringungsmöglichkeiten bei den Schwiegereltern, Arbeitsplatzwahl seiner Ehegattin und Besitzer eines Kraftfahrzeuges, bloß günstiger erscheine, eine Übersiedlung in seinen Dienstort oder dessen nähere Umgebung unterlasse. Hiebei handle es sich nicht um einen für ihn zwingenden, sondern um einen Grund, den er im Sinne des § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 selbst zu vertreten habe. Seiner Ehegattin stehe es frei, ihrer Beschäftigung dort nachzugehen, wo sie es aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen für am zweckmäßigsten erachte. Wenn sich aber der Beschwerdeführer diese Gründe zu eigen mache und mit Rücksicht auf Umstände, die nicht wirklich als zwingend angesehen werden könnten, die Konsequenz ziehe, seinen Wohnsitz im Arbeitsort seiner Ehegattin zu begründen und nicht in seinen Dienstort zu verlegen, sei der Grund für diese Entscheidung von ihm selbst zu vertreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, nach der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Fahrtkostenzuschuß nach § 20b GG 1956 durch unrichtige Anwendung des Abs. 6 Z. 2 dieser Bestimmung verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 ist der Beamte vom Anspruch auf Fahrtkostenzuspruch ausgeschlossen, solange er aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, mehr als 20 km außerhalb seines Dienstortes wohnt.

Der Beschwerdeführer hält der Bejahung des Ausschlußtatbestandes des § 20b Abs. 6 Z. 2 GG 1956 durch die belangte Behörde Nachstehendes entgegen:

Die Regelung dieser Norm sei nicht dafür bestimmt, die Lebensverhältnisse zu regeln bzw. ihre Wertung vorzunehmen, sondern die Lebensverhältnisse seien der vorausgesetzte Tatbestand, an den diese Norm anknüpfe. Die Frage könne dementsprechend nicht sein, ob der Beschwerdeführer - in aufrechter Ehe und in der Erfüllung seiner Ehepflichten - anderswo als in E wohnen könne, sondern nur, ob ihm ausgehend vom Wohnsitz E der Fahrkostenzuschuß zu gewähren sei. Die Bejahung dieser Frage ergebe sich daraus, daß seine Wohnsitznahme in E jenen zwingenden Charakter habe, der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich sei. Gemäß § 90 ABGB seien nämlich die Ehegatten zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, verpflichtet. Im Rahmen jeder rechtlichen Auseinandersetzung, in der es eine Rolle spiele, wo seine Gattin und er die gemeinsame Wohnung haben sollten, müßten jene Gründe (rechtlicher und sittlicher Art) den Ausschlag geben, die für die Wohnsitznahme in E sprechen. Dabei stehe im Vordergrund die Abwägung der Gründe, die dafür ins Gewicht fielen, daß seine Gattin in Erfüllung ihrer rechtlichen Kindespflicht gegenüber ihren Eltern einerseits (§ 143 ABGB) sowie ihrer sittlichen Pflicht andererseits sowohl in Richtung auf Unterstützung der Eltern bei der Betreuung des schwerstbehinderten Sohnes als auch gegenüber ihm selbst (zu ergänzen: in E ihren Wohnsitz begründet habe). Dabei scheide von vornherein aus, daß gleichsam die Eltern der Tocher die Wohnsitzfolge leisteten. Es bestehe die klare Alternative, daß seine Ehegattin entweder in E wohne oder den vorgenannten Pflichten nicht nachkomme. Der Standpunkt, daß ihm seine Ehegattin an irgendeinen anderen Ort als E Wohnsitzfolge zu leisten habe, bedeute daher die Negierung dieser rechtlichen und vor allem sittlichen Verpflichtungen. Im Rahmen unserer Rechtsordnung sei die Erfüllung der Pflichten seiner Gattin höher zu bewerten. Es sei daher auch dem Beschwerdeführer unvergleichbar eher zuzumuten, einen erheblichen Anreiseweg zum Dienst auf sich zu nehmen, als daß seine Ehegattin de facto ihre Eltern und ihren Bruder weitgehend im Stich lasse. Der Standpunkt der belangten Behörde müßte notwendigerweise dazu führen, daß (durch eine Wohnsitznahme am Dienstort) entweder die Ehe des Beschwerdeführers leide, weil ihm seine Ehegattin nicht folge, oder die Betreuung seiner Schwiegereltern und seines Schwagers beeinträchtigt werde, weil ihm seine Gattin folge. Keine dieser beiden Möglichkeiten könne als im Sinne der Rechtsordnung gelegen angesehen werden.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer nach seiner (von ihm selbst aus den in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten Gründen angestrebten und durchgesetzten) Versetzung von der Zollwachabteilung C zur Zollwachabteilung A seinen Wohnsitz zunächst bei seinen Schwiegereltern und sodann nach Fertigstellung des schon vor der Versetzung geplanten Eigenheimes in diesem begründete, er aber von vornherein aus den von ihm genannten Gründen nicht die Absicht hatte, im Dienstort oder in einem Umkreis von 20 Kilometer vom Dienstort zu wohnen, und deshalb auch nichts in dieser Richtung unternahm.

Nun ist es richtig, daß es in einem Verfahren auf Zuerkennung des Fahrtkostenzuschusses nach § 20b GG 1956 nicht darum geht, "Lebensverhältnisse zu regeln", d.h. - im vorliegenden Zusammenhang - dem Beamten vorzuschreiben, wo er - unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles - nach rechtlichen oder sittlichen Gesichtspunkten zu wohnen habe und er dementsprechend den von ihm gewählten Wohnsitz aufgeben und an einen anderen Ort übersiedeln müsse. Es steht der zu einer Entscheidung nach § 20b GG 1956 zuständigen Behörde auch nicht zu, die Gestaltung der "Lebensverhältnisse" des Beamten durch ihn von einem außerhalb der Besoldungsnorm stehenden Gesichtspunkt aus mit Konsequenzen für andere Rechtsbereiche zu werten oder auch nur die Zweckmäßigkeit oder Vorteilhaftigkeit dieser Gestaltung für den Beamten und seine Familie in sich zu beurteilen. Zu klären ist vielmehr ausschließlich, ob der Beamte "aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, mehr als 20 Kilometer außerhalb seines Dienstortes wohnt", mit der in diesem Fall allein relevanten Konsequenz, daß er im Falle einer Bejahung dieser Frage die ihm aus einem solchen Wohnen erwachsenden Fahrtkosten zur Gänze selbst ohne Anspruch auf einen Fahrtkostenzuschuß nach den Bestimmungen des § 20b GG 1956 zu tragen hat und er sie auch nicht teilweise im Wege des Fahrtkostenzuschusses auf seinen Dienstgeber überwälzen kann (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 14. Jänner 1985, Zl. 84/12/0002, vom 18. Februar 1985, Zl. 84/12/0091, und vom 31. März 1989, Zl. 87/12/0083). Nicht selbst zu vertreten hat der Beamte ein solches Wohnen aber nur dann, wenn - unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles - hiefür unabweislich notwendige Gründe vorliegen (vgl. dazu das eben zitierte Erkenntnis vom 31. März 1989, Zl. 87/12/0083, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Solche Gründe hat die belangte Behörde aber mit Recht nicht angenommen. Geht man nämlich von den festgestellten Motiven aus, die seine Ehegattin und ihn bewogen, die Verlagerung ihrer beruflichen Tätigkeit und dementsprechend die Verlegung ihres gemeinsamen Wohnsitzes von Tirol nach Kärnten - mit Erfolg - zu betreiben, so kann - unter weiterer Bedachtnahme darauf, daß der Beschwerdeführer, wie bereits ausgeführt wurde, aus eben diesen Beweggründen heraus nach der geglückten Versetzung nichts unternahm, eine Wohnung innerhalb eines Umkreises von 20 Kilometer vom Dienstort zu erlangen - sein Wohnen außerhalb dieses Umkreises nicht als unabweislich notwendig betrachtet werden. Daran vermögen die von ihm in der Beschwerde vorgetragenen familienrechtlichen und sittlichen Überlegungen schon aus folgenden Gründen nichts zu ändern: Der Beschwerdeführer hat erstmals in seiner Berufung vom 15. Februar 1990 für seinen Standpunkt, er habe sein Wohnen mehr als 20 km außerhalb seines Dienstortes nicht selbst zu vertreten, hilfsweise ins Treffen geführt, daß gemäß § 143 ABGB Kinder gegenüber den Eltern eine Unterhaltspflicht hätten, welche auch die nötige Betreuung mitumfasse, ohne allerdings ausdrücklich zu behaupten, daß die Eltern seiner Ehegattin schon derzeit einer Betreuung und bejahendenfalls in welchem Ausmaß bedürften; von einer Pflegebedürftigkeit des Bruders der Ehegattin ist in der Berufung nicht die Rede. Noch in der vom Beschwerdeführer vorgelegten Erklärung des Vaters seiner Gattin vom 30. Oktober 1989 hieß es: "Außerdem war es meinem Sohn und mir möglich, immer bei der Errichtung des Rohbaues mitzuhelfen, trotz unserer täglichen Arbeiten auf dem Bauernhof, da die Entfernung nur 3 km betrug. Ich wollte meine Tochter in unserer Nähe haben, da sie im Krankheitsfalle eine große Hilfe WÄRE."

In der Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vom 11. April 1990 gab der Beschwerdeführer "ergänzend ... noch bekannt, daß sich die Notwendigkeit der Beibehaltung des gemeinsamen Wohnsitzes in E auch dadurch ergibt, daß meine Gattin infolge des Alters ihrer Eltern gezwungen ist, ihren 20-jährigen, schwerstbehinderten Bruder (Down-Syndrom), der im Hause der Eltern lebt und dessen dauernde Versorgung und Pflege durch dessen Eltern wegen deren eigener Pflegebedürftigkeit nicht sichergestellt ist, zu betreuen". Daß die Eltern der Gattin, die immerhin sie und den Beschwerdeführer bei der Errichtung des Eigenheimes finanziell unterstützt hatten, nicht in der Lage wären, die entsprechenden finanziellen Mittel für die notwendige Pflege ihres Sohnes durch familienfremde Personen aufzubringen, wurde nicht vorgebracht. Schon im Hinblick darauf ist es vor dem Hintergrund, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers keine Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Bruder trifft und auch jene nach § 143 ABGB - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht die Pflicht zur Pflege einschließt, ist es nicht als rechtswidrig zu erachten, daß die belangte Behörde diesen familiären (offensichtlich erst nach der Errichtung des Eigenheimes eingetretenen) Umständen keine maßgebende Bedeutung für die Beurteilung des Ausschlusses des Beschwerdeführers vom Anspruch auf Fahrtkostenzuschuß nach § 20 Abs. 6 GG beigemessen hat (vgl. in ähnlichen Zusammenhängen die Erkenntnisse vom 14. September 1984, Zl. 83/12/0244, vom 18. Februar 1985, Zl. 84/12/0091, und vom 31. März 1989, Zl. 87/12/0083).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärter Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990120260.X00

Im RIS seit

06.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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