TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/27 92/02/0095

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Veröffentlicht am 27.02.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
VStG §19;
VStG §20;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des J in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. November 1991, Zl. VerkR-15.193/1-1991-II/M, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen in Verbindung mit der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 18. April 1991 wegen Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO für schuldig befunden und hiefür mit einer Geldstrafe von S 12.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) bestraft, weil er am 22. November 1989 einen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

Der gegen die Strafbemessung erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. November 1991 insoweit Folge, als sie die Geldstrafe auf S 10.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zehn Tage herabsetzte.

In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Erstbehörde habe bei der Bemessung der Strafe die mit der Tat verbundene Schädigung bzw. Gefährdung der Rechtschutzinteressen und die sonstigen nachteiligen Folgen als Grundlage richtig angenommen, da eine erhebliche Alkoholisierung (0,87 mg/l Atemluftalkoholgehalt) vorgelegen sei. Bei der Überprüfung der Strafhöhe seien das Ausmaß des Verschuldens und auch der Umstand, daß dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute komme, gewertet und somit die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abgewogen sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und die Sorgepflicht für ein Kind berücksichtigt worden. Unter Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse (Monatsnettoeinkommen ca. S 13.000,--, kein Vermögen) sei eine Herabsetzung der Strafe zu vertreten, weil auf Grund des bisherigen Wohlverhaltens des Beschwerdeführers im Straßenverkehr angenommen werden könne, daß ihn diese Entscheidung künftig anhalten werde, der Beachtung der straßenverkehrs- und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen erhöhtes Augenmerk zu schenken. Die Anwendung des § 20 VStG habe nicht erfolgen können, da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen würden, zumal einem Geständnis bei Vorliegen eines Alkomatergebnisses keine besondere Bedeutung zukomme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe zu Unrecht die Vorschrift des § 20 VStG, betreffend die außerordentliche Milderung der Strafe, nicht herangezogen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder wenn der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 23. Mai 1991, Zl. 91/19/0037) kommt es für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG nicht bloß auf das Vorliegen von Milderungsgründen an, vielmehr allein darauf, daß solche Gründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen, und zwar nicht der Zahl, sondern dem Gewicht nach. Es kommt sohin nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0100).

Ausgehend von dieser Rechtsprechung war die belangte Behörde nicht verpflichtet, von der Vorschrift des § 20 VStG Gebrauch zu machen. Entscheidend scheint dem Gerichtshof im Beschwerdefall, daß gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO bereits bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt gilt. Der vom Beschwerdeführer gemessene Wert betrug allerdings mehr als das Doppelte des erwähnten Wertes von 0,4 mg/l, sodaß davon auszugehen ist, daß das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers den in der Strafdrohung des § 99 Abs. 1 lit. a StVO typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt beträchtlich überstieg. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1990, Zl. 89/03/0027, geht fehl, weil sich auch daraus entnehmen läßt, daß die Berücksichtigung näherer Begleitumstände einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO ein für die Strafbemessung im Einzelfall geeignetes Kriterium darstellt.

Aufgrund der obigen Darlegungen konnte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe keine Rede sein kann: Was den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Strafmilderungsgrund des § 34 Z. 18 StGB anlangt, so kam dem im Hinblick auf den verstrichenen Zeitraum selbst zutreffendenfalls nicht das vom Beschwerdeführer beigemessene Gewicht zu. Auch pflichtet der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde insoweit bei, als ein Geständnis im Rahmen der Feststellung des Alkoholgehaltes der Atemluft mit einem Gerät nach § 5 Abs. 2a lit. b StVO keine maßgebliche Bedeutung hat. Weshalb die belangte Behörde die Strafmilderungsgründe des § 34 Z. 7 und 8 StGB zu berücksichtigen gehabt hätte, wird in der Beschwerde ebensowenig dargestellt wie die vom Beschwerdeführer vermißte Bedachtnahme auf die "mittlerweile eingetretene Änderung" seiner Sorgepflichten. Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde ohnedies berücksichtigt. Im übrigen ist eine Überschreitung des der Behörde eingeräumten Ermessenspielraumes nicht erkennbar.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände AllgemeinFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung AlkomatBeweismittel Beschuldigtenverantwortung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992020095.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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