TE Vwgh Beschluss 1992/3/4 91/03/0314

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Veröffentlicht am 04.03.1992
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Index

L10105 Stadtrecht Salzburg;
L37065 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Salzburg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art118 Abs2;
B-VG Art119 Abs2;
ParkgebührenG Salzburg 1989 §2 litd;
Statut Salzburg 1966 §39 Abs2;
Statut Salzburg 1966 §41 Abs2;
Statut Salzburg 1966 §55 Abs3;
StVO 1960 §25 Abs1;
StVO 1960 §45 Abs2;
StVO 1960 §45 Abs4;
StVO 1960 §94d Z6;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, in der Beschwerdesache der H-GmbH in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg, vertreten durch den Bürgermeister Dr. Harald Lettner, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Ausnahmebewilligungen für sämtliche Parkzonen der Salzburger Innenstadt, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Landeshauptstadt Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 5.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 17. April 1991 wurde der beschwerdeführenden Partei die beantragte straßenpolizeiliche Ausnahmebewilligung von der Parkzeitbeschränkung im Rahmen der Kurzparkzonenregelung zum Parken für 15 KFZ für den gesamten Bereich der Kurzparkzonenregelung in der Stadt Salzburg versagt. Der Bescheid enthält keinerlei Hinweis, ob er im eigenen oder im übertragenen Wirkungsbereich der Stadt erlassen wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung und, da innerhalb der Frist des § 27 VwGG keine Berufungsentscheidung erging, in weiterer Folge Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der als belangte Behörde der Gemeinderat der Stadt Salzburg bezeichnet wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof trug gemäß § 36 Abs. 2 VwGG der belangten Behörde auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten den Bescheid zu erlassen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Zurückweisung der Säumnisbeschwerde beantragt. Die Erteilung einer Ausnahme von der Kurzparkzone sei zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gefallen; dies sei erst seit der Aufhebung des Ausdruckes "nach Z. 4" im § 94d Z. 6 StVO 1960 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1991, G 190/91-6 bzw. der diesbezüglichen Kundmachung im BGBl. Nr. 615/1991 der Fall. Im gegenständlichen Fall sei den Aktenunterlagen nichts zu entnehmen, was darauf hindeuten würde, daß die erstinstanzliche Behörde hier - im Gegensatz zur bisherigen und auch von der Salzburger Landesregierung bis dahin stets anerkannten Vollzugspraxis und in gesetzwidriger Weise - im eigenen Wirkungsbereich entschieden hätte. Der erstinstanzliche Bescheid sei daher in Übereinstimmung mit der damals geltenden Rechtslage namens des Bürgermeisters als Bezirksverwaltungsbehörde erlassen worden. Über die dagegen erhobene Berufung habe daher nicht der Gemeinderat, sondern die Salzburger Landesregierung zu entscheiden gehabt. Die erstinstanzliche Behörde habe auch die Berufung samt Akt dem Amt der Salzburger Landesregierung zur Entscheidung vorgelegt. Die Landesregierung habe ihre Zuständigkeit zunächst auch wahrgenommen und die Behörde erster Instanz beauftragt, Ermittlungen durchzuführen. Erst mit Schreiben vom 6. November 1991 habe das Amt der Salzburger Landesregierung die Magistratsdirektion unter Hinweis auf die (nicht näher bezeichnete) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um Herbeiführung einer Berufungsentscheidung durch den Gemeinderat ersucht. Mittlerweile habe die Landesregierung allerdings den erstinstanzlichen Bescheid aufgehoben, weil er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 13. Februar 1991, Zl. 90/03/0184, und vom heutigen Tage, Zl. 91/03/0251, ausgesprochen hat, ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen den §§ 25, 43 und 45 sowie 94d Z. 4 und 6 StVO in Verbindung mit einer verfassungskonformen Auslegung im Sinne der Begriffsmerkmale des Art. 118 Abs. 2 B-VG, daß die Bewilligung einer Ausnahme in Ansehung von Kurzparkzonen einer Ausnahme von Verordnungen nach § 43 StVO, mit denen Beschränkungen für das Halten und Parken erlassen werden, gleichzuhalten ist, zumal es sich bei der letztgenannten Regelung auch um den umfassenderen Begriff handelt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht - auch im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1991, G 190/91-6 - keinen Anlaß, von dieser auf den besonderen Fall einer Bewilligung von Ausnahmen in Ansehung von Kurzparkzonen zugeschnittenen Rechtsprechung abzugehen, da es in dem erwähnten Verfassungsgerichtshoferkenntnis nicht um solche Ausnahmebewilligungen, sondern um Ausnahmebewilligungen von einem Fahrverbot ging, das wegen der Widmung eines Gemeindeweges als Rodelstraße gemäß § 87 StVO festgelegt wurde.

Nach § 39 Abs. 2 des Salzburger Stadtrechtes 1966, LGBl. Nr. 47 i.d.g.F., werden die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches vom Bürgermeister besorgt.

Gemäß § 41 Abs. 2 des Salzburger Stadtrechtes 1966 obliegt dem Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Stadt die Besorgung der behördlichen Aufgaben in erster Instanz, soweit nicht gesetzlich anderes bestimmt ist.

Das Salzburger Stadtrecht beruft somit den Bürgermeister - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - zur Entscheidung in erster Instanz sowohl im eigenen als auch im übertragenen Wirkungsbereich. Die Zuständigkeit des Bürgermeisters als Behörde erster Instanz ist daher immer gegeben, gleichgültig, ob eine Angelegenheit dem eigenen oder dem übertragenen Wirkungsbereich zuzuordnen ist. Weder dem Salzburger Stadtrecht noch sonstigen Bestimmungen ist eine Anordnung des Inhaltes zu entnehmen, daß der Bürgermeister in seinen Bescheiden jeweils angeben müßte, in welchem Wirkungsbereich er seine Entscheidung getroffen hat. Der Wirkungsbereich ergibt sich vielmehr aus der der Entscheidung zugrundeliegenden Norm. Eine Unzuständigkeit des in erster Instanz einschreitenden Bürgermeisters wäre nur dann gegeben, wenn der Bescheid vom 17. April 1991 einen Hinweis darauf enthielte, daß der Wille der bescheiderlassenden Behörde darauf gerichtet gewesen wäre, im übertragenen Wirkungsbereich zu entscheiden. Dies ist aber nicht der Fall. Dem von der belangten Behörde vorgelegten Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 13. Jänner 1992 ist zu entnehmen, daß die Landesregierung den Bescheid des Bürgermeisters vom 17. April 1991 deswegen wegen Unzuständigkeit der einschreitenden erstinstanzlichen Behörde behoben hat, weil nach Mitteilung der zuständigen Stellen des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg die Behörde I. Instanz den angefochtenen Bescheid, auch wenn dies keinem Teil des Bescheides ausdrücklich zu entnehmen sei, als Bezirksverwaltungsbehörde, sohin im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde im Sinne des Stadtrechtes erlassen habe.

Da dem Bescheid des Bürgermeisters selbst nicht der Wille zu entnehmen ist, im übertragenen Wirkungsbereich zu entscheiden, ist eine nach Erlassung des Bescheides vom Magistrat als dem Hilfsorgan der bescheiderlassenden Behörde vorgenommene Interpretation, der Bescheid sei im übertragenen Wirkungsbereich erlassen worden, ebenso ohne Bedeutung wie die Tatsache, daß die Berufung samt Verwaltungsakt der Landesregierung zur Entscheidung vorgelegt wurde. Über die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 17. April 1991 hatte daher die belangte Behörde zu entscheiden. Da sie unbestritten innerhalb der Frist des § 27 VwGG keine Entscheidung getroffen hat, ist die Säumnisbeschwerde zulässig.

Aus der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift und den von ihr vorgelegten Akten geht hervor, daß die Landesregierung mit Bescheid vom 13. Jänner 1992 den Bescheid des Bürgermeisters vom 17. April 1991 aufgehoben hat. Dieser Berufungsbescheid wurde dem Vertreter der beschwerdeführenden Partei am 15. Jänner 1992 zugestellt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde auch dann wegen Klaglosstellung nach § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen, wenn eine unzuständige Behörde den versäumten Bescheid erlassen hat (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 320 und die dort zitierte Judikatur).

Schlagworte

Säumnisbeschwerde Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung Zurechnung von Bescheiden Intimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030314.X00

Im RIS seit

14.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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