TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/18 89/14/0213

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Veröffentlicht am 18.03.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1220;
ABGB §1225;
AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs3;
EStG 1972 §34;
VwGG §41 Abs1;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1992, 696;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Schubert sowie die Hofräte Dr Hnatek und Dr Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr Kirchmayr, über die Beschwerde der LG in W, vertreten durch Dr E, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 4. August 1989, Zl B 174-4/89, betreffend Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für das Kalenderjahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin begehrte unter anderem aus dem Titel der außergewöhnlichen Belastung die Eintragung eines Freibetrages von 70.000 S auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987. Diesen Betrag habe sie am 6. November 1987 ihrer Tochter, welche am 3. Oktober 1986 geheiratet habe, als Heiratsgut bar übergeben. Die Bezahlung sei deshalb erst ca ein Jahr nach der Eheschließung erfolgt, weil die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Eheschließung nicht in der Lage gewesen sei, das Heiratsgut aus ihrem laufenden Einkommen zu bezahlen. Sie habe auch über keine Ersparnisse verfügt. Die Tochter habe ihren Anspruch auf das Heiratsgut Ende 1986 geltend gemacht, aber zugestanden, daß die Übergabe desselben dann erfolgen solle, wenn die Beschwerdeführerin die Gesamtsumme aus ihren laufenden Bezügen bestreiten könne.

Das Finanzamt wies den Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, die verspätete Hingabe eines Heiratsgutes sei nur dann von steuerlicher Relevanz, wenn hiefür zwingende Gründe vorlägen; der Umstand allein, daß die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Eheschließung ihrer Tochter kein angespartes Guthaben besessen habe, stelle jedoch einen solchen zwingenden Grund nicht dar.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, zwischen Heirat und Hingabe des Heiratsgutes müsse ein enger zeitlicher Zusammenhang nur dann gegeben sein, wenn die Hingabe vor der Eheschließung erfolge, weil das Heiratsgut nicht der Verjährung unterliege und der Zeitpunkt der Hingabe zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem frei vereinbart werden könne. Da sie bei ihrer Bank lediglich über ein Girokonto verfügt habe, welches nur mit 0,5 % verzinst werde, habe sie das Heiratsgut für ihre Tochter aus dem laufenden Einkommen 1987 bar angespart, um derselben Ende 1987 einen Zuschuß zum Hausbau gewähren zu können. Die Bezahlung sei deswegen erst Ende 1987 erfolgt, weil bis zu diesem Zeitpunkt ihre Tochter und der Schwiegersohn mit Eigenmitteln die Aufwendungen zu bestreiten in der Lage gewesen seien. Weiters sei das Fehlen eines angesparten Guthabens im Zeitpunkt der Eheschließung ein Grund für die spätere Hingabe des Heiratsgutes, weil nur dann ein Heiratsgut hingegeben werden könne, wenn ein entsprechendes Kapital vorhanden sei.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin vor, die spätere Hingabe des Heiratsgutes führe nur bei Vorhandensein eines triftigen Grundes zu einer steuerlichen Begünstigung, wobei auch der zeitliche Zusammenhang mit der Eheschließung zu beachten sei. Weiters sei auch in Betracht zu ziehen, ob der Steuerpflichtige bei Eheabschluß in der Lage gewesen sei, seiner Dotationspflicht nachzukommen. Eine finanzielle Besserstellung des Dotationspflichtigen in den Folgejahren sei nicht als triftiger Grund für die spätere Hingabe des Heiratsgutes anzusehen. Auf Grund der Ausführungen in der Berufung sei anzunehmen, daß die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Verehelichung ihrer Tochter auf Grund ihrer (damaligen) finanziellen Situation nicht dazu verhalten hätte werden können, ein Heiratsgut zu leisten.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nahm die Beschwerdeführerin zu den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung nicht Stellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und unter Hinweis auf § 34 EStG 1972 sowie der zur Frage der Dotationspflicht ergangenen Lehre und Rechtsprechung im wesentlichen ausführte, im Zeitpunkt der Eheschließung der Tochter sei auf Grund der damals geltenden Gesetzeslage die Berücksichtigung eines Heiratsgutes als außergewöhnliche Belastung nicht möglich gewesen. Für die zeitliche Verschiebung der Hingabe desselben sei aber kein triftiger Grund vorgelegen.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Anerkennung und Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987 infolge einer außergewöhnlichen Belastung durch die Hingabe eines Heiratsgutes verletzt und macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde möge als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Gerichtshof hat in ähnlich gelagerten Fällen, die jeweils im Bereich der Änderung der Rechtslage durch Aufhebung des § 34 Abs 2 zweiter Satz EStG 1972 in der Fassung BGBl Nr 587/1983 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1987, G 52/87, VfSlg 11.368/1987, angesiedelt waren, bereits ausgesprochen, daß das Merkmal der Zwangsläufigkeit im Sinn des § 34 Abs 3 leg cit nicht nur dem Grund und der Höhe nach gegeben sein müsse, sondern der Aufwand auch nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden dürfe als in jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre. Nach den §§ 1220 ff ABGB wird das Heiratsgut im Zeitpunkt der Eheschließung der Tochter fällig. Ob die Tochter das Geld in diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt oder nicht, ist unmaßgeblich. Die Zahlung in einem späteren Kalenderjahr als dem der Eheschließung kann nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn für diese spätere Zahlung triftige Gründe vorliegen (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Feber 1992, 89/14/0104, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, daß das Heiratsgut am 3. Oktober 1986 zur Zahlung fällig gewesen und von ihrer Tochter erst Ende 1986 eingefordert worden sei. Im Zeitpunkt der Eheschließung sei sie jedoch, wie sich aus den in den Verwaltungsakten einliegenden Lohnsteuerbescheinigungen ergebe, nicht in der Lage gewesen, das Heiratsgut hinzugeben. Dies stelle ihrer Ansicht nach einen triftigen, jedenfalls aber keinen willkürlichen Grund dar, die Hingabe des Heiratsgutes zu verschieben. Die Auszahlung des Heiratsgutes sei daher zwangsläufig am 6. November 1987 erfolgt, zumal sie auch über keine Ersparnisse verfügt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof kann sich der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht anschließen. Wie bereits oben ausgeführt, entsteht die Verpflichtung zur Hingabe eines Heiratsgutes im Zeitpunkt der Eheschließung. Dementsprechend sind sowohl für das Bestehen als auch das Ausmaß der Dotationspflicht die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Dotationspflichtigen zur Zeit der Verehelichung des Dotationsberechtigten maßgebend (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, 90/13/0015, und die darin zitierte Vorjudikatur samt weiteren Hinweisen). Ausgehend vom Vorbringen, wonach die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Verehelichung ihrer Tochter nicht in der Lage gewesen sei, ein Heiratsgut hinzugeben, läßt dieser Umstand eine Dotationspflicht ihrerseits von vornherein nicht entstehen. Schon allein aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht rechtswidrig. Bemerkt wird, daß eine nachträgliche Änderung oder auch eine starke Schwankung der Einkommensverhältnisse von der Beschwerdeführerin nicht behauptet wurde und auch nach der Aktenlage nicht vorliegt.

Aber auch die zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter abgeschlossene Stundungsvereinbarung stellt keinen triftigen Grund für den Zahlungsaufschub dar. Dem Begriff der Zwangsläufigkeit widerspricht es nämlich, diese aus einer Vereinbarung abzuleiten, deren Wesen in der Freiwilligkeit der Entscheidung der Vertragspartner liegt. Eine freiwillige Stundungsvereinbarung begründet nicht die Zwangsläufigkeit der dann zum vereinbarten Zeitpunkt erbrachten Leistung und bildet daher auch keinen berechtigten zwingenden Grund für die Verlagerung der Zahlung des Heiratsgutes in ein späteres Kalenderjahr (vgl das bereits erwähnte hg Erkenntnis vom 19. Feber 1992). Bei der gegebenen Sachlage kann keine Rede davon sein, der Abschluß der Stundungsvereinbarung wäre zwangsläufig gewesen, weil einerseits die Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin in den Jahren 1986 und 1987 fast gleich waren (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 132 840 S bzw von 122 220 S), andererseits das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die als triftige Gründe für den Abschluß der Stundungsvereinbarung angesehen werden könnten, von der Beschwerdeführerin nicht behauptet wurde.

Was die Ausführungen der Beschwerdeführerin in Ansehung des hg Erkenntnisses vom 26. November 1979, 571/78, Slg Nr 5431/F, betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß diese Entscheidung zur Frage zeitlicher Zwangsläufigkeit keine explizite Aussage enthält (vgl das hg Erkenntnis vom 20. November 1990, 90/14/0236).

Der Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin kann schließlich deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil schon der aus den von ihr vorgelegten Unterlagen gewonnene und unbestrittene Sachverhalt keine andere Entscheidung in der Sache zugelassen hätte.

Was die unkonkretisierten Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Beweiswürdigung betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß diese der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nur dahin unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 549). Von einem ungenügend erhobenen Sachverhalt kann jedoch dann keine Rede sein, wenn die belangte Behörde in einem auf die Gewährung einer abgabenrechtlichen Begünstigung abzielenden Verfahren ihre Entscheidung ausschließlich auf das Vorbringen des Abgabepflichtigen stützt. Daß im vorliegenden Fall die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen schlüssig sind, ergibt sich aus den obigen Ausführungen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein freie Beweiswürdigung Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989140213.X00

Im RIS seit

18.03.1992

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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