TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/19 89/14/0104

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Veröffentlicht am 19.02.1992
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §1220;
ABGB §1225;
ABGB §1231;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Schubert sowie die Hofräte Dr Hnatek und Dr Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr Kirchmayr, über die Beschwerde des Dr HS in G, vertreten durch Dr K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 21. März 1989, Zl B 267-4/88, betreffend Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für das Kalenderjahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begehrte aus dem Titel der außergewöhnlichen Belastung die Eintragung eines Freibetrages von 200.000 S auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987. Diesen Betrag habe er am 15. September 1987 seiner Tochter, welche am 23. März 1986 geheiratet habe, als Heiratsgut bar hingegeben. Die Zahlung sei deshalb erst rund eineinhalb Jahre nach der Eheschließung erfolgt, weil er im Jahr 1986 auf Grund anderer Verpflichtungen (Anschluß seines Hauses an das Fernwärmenetz mit gleichzeitigem Umbau der Zentralheizung um rund 165.000 S, möglicher Anschluß an das städtische Schwemmkanalnetz im Frühjahr 1987 mit voraussichtlichen Kosten von 120.000 S bis 180.000 S) nicht in der Lage gewesen sei, ein Heiratsgut hinzugeben und deswegen mit seiner Tochter eine Vereinbarung getroffen habe, die Hingabe desselben auf Herbst 1987 zu verschieben.

Das Finanzamt wies den Antrag mit der Begründung ab, die Bezahlung eines Heiratsgutes müsse in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung stehen, weil die Verpflichtung zur Hingabe desselben mit der Verehelichung entstehe; außerdem sei die verspätete Hingabe nicht hinreichend begründet.

In der dagegen erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, er habe die Zahlung des Heiratsgutes im Einvernehmen mit seiner Tochter um rund eineinhalb Jahre verschoben, weil zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht genau absehbare Kosten für den Anschluß an das Fernwärme- und an das städtische Schwemmkanalnetz bevorgestanden seien. Seiner Tochter habe die Verschiebung nichts ausgemacht, weil die Anschaffung ihrer neuen Kücheneinrichtung erst für Herbst 1987 vorgesehen gewesen sei und sie daher das Geld vorher nicht gebraucht habe.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, die spätere Hingabe eines Heiratsgutes könne steuerlich nur dann berücksichtigt werden, wenn die Verschiebung begründet sei. Von einer begründeten Verschiebung wegen anderer dringender finanzieller Bedürfnisse des Beschwerdeführers könne jedoch keine Rede sein. Denn im Jahr 1986 sei nur für den Anschluß des Hauses an das Fernwärmenetz mit gleichzeitigem Umbau der Zentralheizung ein Betrag von rund 23.000 S bezahlt worden, während für den Restbetrag der Arbeitgeber einen Kredit gewährt habe. Überdies habe die Tochter verschiedene Gegenstände (Möbelgarnitur, Unterwasserpumpe, Garderobewand etc) bereits vor dem 6. August 1987 und somit vor der Hingabe des Heiratsgutes erworben. Der Zeitpunkt der Hingabe des Heiratsgutes sei daher willkürlich verschoben worden, um so eine steuerliche Begünstigung in Anspruch nehmen zu können.

Im Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, es spräche zivilrechtlich nichts dagegen, die Hingabe eines Heiratsgutes für einen späteren Zeitpunkt zu vereinbaren. Er wäre im Jahr der Eheschließung seiner Tochter finanziell nicht in der Lage gewesen, ein angemessenes Heiratsgut hinzugeben, weswegen er einen Kredit aufnehmen hätte müssen. Dies wäre zwar ohne weiteres möglich gewesen, hätte jedoch zu einer Belastung an Zinsen und Spesen von 25.600 S geführt. Da seine Tochter mit der verschobenen Hingabe des Heiratsgutes einverstanden gewesen sei, habe er sich die zusätzliche Belastung ersparen können.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zur Begründung im wesentlichen ausführte, es widerspreche dem Begriff der Zwangsläufigkeit im Sinn des § 34 EStG 1972, diese aus einer Vereinbarung abzuleiten, deren Wesen in der Freiwilligkeit der Entscheidung der Vertragspartner gelegen sei. Es sei weiters einem Abgabepflichtigen nicht anheimgestellt, den Zeitpunkt der Besteuerung seines Einkommens, etwa auch durch freiwillige "Verschiebung" von Ausgaben, in selbstgewählte Besteuerungszeiträume zu verlegen.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer erkennbar in seinem Recht auf Anerkennung und Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987 infolge einer außergewöhnlichen Belastung durch die Hingabe eines Heiratsgutes verletzt und macht inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.

In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde möge als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vom Gerichtshof wurde in ähnlich gelagerten Fällen, die jeweils im Bereich der Änderung der Rechtslage durch Aufhebung des § 34 Abs 2 zweiter Satz EStG 1972 in der Fassung BGBl Nr 587/1983 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1987, G 52/87, VfSlg 11.368/1987, angesiedelt waren, bereits ausgesprochen, daß das Merkmal der Zwangsläufigkeit im Sinn des § 34 Abs 3 leg-cit nicht nur dem Grund und der Höhe nach gegeben sein müsse, sondern der Aufwand auch nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden dürfe als in jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre (vgl das hg Erkenntnis vom 20. November 1990, 90/14/0236, und die darin zitierte Vorjudikatur sowie in jüngster Zeit das hg Erkenntnis vom 14. Jänner 1992, 89/14/0079). Nach den §§ 1220 ff ABGB wird das Heiratsgut im Zeitpunkt der Eheschließung der Tochter fällig. Ob die Tochter das Geld in diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt oder nicht, ist unmaßgeblich. Die Zahlung in einem späteren Kalenderjahr als dem der Eheschließung kann nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn für diese spätere Zahlung triftige Gründe vorliegen (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, 90/13/0015, und die darin zitierte Vorjudikatur sowie das eben erwähnte hg Erkenntnis vom 14. Jänner 1992).

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Stundungsvereinbarung mit seiner Tochter ist kein Grund zur Anerkennung des Heiratsgutes als außergewöhnliche Belastung. Denn dem Begriff der Zwangsläufigkeit widerspricht es, diese aus einer Vereinbarung abzuleiten, deren Wesen in der Freiwilligkeit der Entscheidung der Vertragspartner liegt. Eine freiwillige Stundungsvereinbarung begründet nicht die Zwangsläufigkeit der dann zum vereinbarten Zeitpunkt erbrachten Leistung und bildet daher auch keinen berechtigten zwingenden Grund für die Verlagerung der Zahlung der Heiratsausstattung in ein späteres Kalenderjahr (vgl das hg Erkenntnis vom 21. November 1991, 91/13/0016, 0031, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Bei der gegebenen Sachlage kann auch keine Rede davon sein, daß der Abschluß der Stundungsvereinbarung zwangsläufig gewesen wäre. Dem Beschwerdeführer, der im Jahr 1986 bei Sorgepflichten für die Ehegattin und ein Kind über Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von rund 700.000 S und laut Beschwerde über ein Einkommen von rund 600.000 S verfügt hat, wäre es trotz des von ihm für den Anschluß seines Hauses an das Fernwärmenetz mit gleichzeitigem Umbau der Zentralheizung bezahlten Betrages von rund 23.000 S ohne weiteres möglich gewesen, seiner Dotationspflicht im Zeitpunkt der Eheschließung der Tochter nachzukommen. Zu dem selben Schluß gelangt der Gerichthof auch bei der Abwägung des Umstandes, daß der Beschwerdeführer mit einem zwangsweisen Anschluß seines Hauses an das städtische Schwemmkanalnetz mit voraussichtlichen Kosten von 120.000 S bis 180.000 S zu rechnen hatte, weil die Begleichung dieser Kosten frühestens im Frühjahr 1987 (ein Jahr nach der Eheschließung) zu erwarten war. Wenn überdies der Beschwerdeführer noch im November 1986 in der Lage war, um 90.000 S Genußscheine anzuschaffen, anstatt diesen Betrag zur teilweisen Abstattung der Dotationsverpflichtung heranzuziehen, so ist diese Tatsache allein schon dem Erfolg der Beschwerde schädlich. Wie nämlich der Verwaltungsgerichtshof im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wiederholt ausgesprochen hat, muß der Dotationspflichtige zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit auch eine vorübergehende Einschränkung seines eigenen Lebensstandards hinnehmen (vgl nochmals das hg Erkenntnis vom 21. November 1991).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Von einer Verhandlung konnte ungeachtet des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989140104.X00

Im RIS seit

19.02.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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