TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/26 90/16/0211

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Veröffentlicht am 26.03.1992
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Index

20/05 Wohnrecht Mietrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

BAO §21 Abs1;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §10 Abs1;
GrEStG 1955 §10;
GrEStG 1955 §11;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3;
GrEStG 1987 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4;
GrEStG 1987 §5 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §5;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;
UStG 1972 §6 Z9 lita;
WEG 1975 §1 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/16/0212

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Kramer, Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des Dr. O und

2. der Mag. A, beide in P, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom 16. Juli 1990,

1. Zl. GA 11 - 271/3/90, und 2. Zl. GA 11 - 271/4/90, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.782,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Ein Bauunternehmer hatte auf Grund des Kaufvertrages vom 27. Juni 1988 gegenüber den Ehegatten N den Anspruch auf Übereignung einer bestimmten (760 m2 großen) Liegenschaft in Niederösterreich erworben.

Am 9. Juli 1988 hatte der Bauunternehmer einen Einreichplan für den Neubau eines Doppelhauses auf dieser Liegenschaft als Bauwerber, Grundstückseigentümer und Planverfasser unterfertigt.

Auf Grund dieses Einreichplanes war dem Bauunternehmer als Bauwerber für die Hauseinheit B (in den Verwaltungsakten manchmal auch als Haus 2 oder II bezeichnet) und den Ehegatten S, die vom Bauunternehmer als in das Bauvorhaben für die Hauseinheit A (in den Verwaltungsakten manchmal auch als Haus 1 oder I bezeichnet) eingetretene weitere Bauwerber und (gemeinsam mit 102/200-stel Anteilen der Liegenschaft) außerbücherliche Grundeigentümer der zuständigen Baubehörde erster Instanz (in der Folge: Baubehörde) mit Schreiben vom 14. Oktober 1988 bekanntgegeben worden waren, mit Bescheid der Baubehörde vom 24. Oktober 1988 die Baubewilligung zum Neubau eines (aus den beiden angeführten Hauseinheiten bestehenden) Mehrfamilienhauses auf dieser Liegenschaft erteilt worden.

Mit Kaufvertrag vom 10. Februar 1989 veräußerte der Bauunternehmer, der außerbücherlicher Eigentümer von 98/200-stel Anteilen dieser Liegenschaft geblieben war, diese Anteile um den Kaufpreis von insgesamt S 770.000,-- je zur Hälfte an die Ehegatten Dr. O... und Mag. A... (in der Folge:

Beschwerdeführer bzw. Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin).

Nach Punkt VI. dieses Kaufvertrages vom 10. Februar 1989 hafte der Bauunternehmer nicht für eine bestimmte Beschaffenheit, jedoch dafür, daß auf der Liegenschaft ein Einfamilienhaus wie im Werkvertrag vom gleichen Tag näher beschrieben errichtet werden könne.

Am 15. März 1989 hatte der Bauunternehmer als Planverfasser einen je von den Beschwerdeführern und den Ehegatten S als Bauwerber und Grundstückseigentümer unterzeichneten Auswechslungsplan für den Neubau des Doppelhauses auf dieser Liegenschaft unterfertigt.

Am 6. April 1989 hatte die Baubehörde auf Antrag der Beschwerdeführer vom 15. März 1989 ihren Eintritt in das Bauverfahren als Bauwerber für das Haus 2 und Miteigentümer an der Liegenschaft zur Kenntnis genommen.

Mit am 28. April 1989 bei der Baubehörde eingelangtem Schreiben vom 25. April 1989 hatte der Bauunternehmer den Auswechslungsplan unter Bezugnahme auf den Einreichplan mit der Bemerkung eingereicht, die vorgenommenen Änderungen, Abänderungen und/oder Verbesserungen hinsichtlich des bewilligten Einreichplanes seien gemäß den Intentionen der neuen Bauwerber bei der Wohneinheit mit der Bezeichnung Haus A sowie mit der Bezeichnung Haus B erfolgt. Abschließend hatte der Bauunternehmer um Bewilligung des Auswechslungsplanes nach Möglichkeit "im kurzen Verfahren" ersucht.

Mit Schreiben vom 5. Juni 1989 hatten die Beschwerdeführer beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: FA) die Unbedenklichkeitsbescheinigung urgiert. Die Sache sei dringlich geworden, da die Beschwerdeführer das Bauwerk vorantreiben möchten, der Rohbau sei bereits relativ weit fortgeschritten.

Auf Grund des an ihn gerichteten Ersuchens des FA vom 9. Juni 1989 um Vorlage einer Kopie des Werkvertrages hatte der Erstbeschwerdeführer am 23. Juni 1989 im wesentlichen folgendes mitgeteilt:

Der vom Bauunternehmer vorgelegte Vorschlag eines Planes (siehe "Werkvertrag I") sei in wesentlichen Punkten (Stiegenhaus, Raumaufteilung, Außenflächen-Gestaltung, innere Gestaltung) nach eigenen Plänen geändert worden. Der Bauunternehmer habe sich in der Lage gesehen, einen neuen, die Wünsche der Beschwerdeführer enthaltenden Werkvertrag ("Werkvertrag II") zu ihnen günstig erscheinenden Bedingungen vorzulegen und er sei von den Beschwerdeführern mit der Errichtung des Hauses B beauftragt worden.

Dieser Mitteilung waren zahlreiche Ablichtungen - darunter eine des "Werksvertrages II", jedoch keine des "Werkvertrages I" - angeschlossen gewesen. In diesem "Werksvertrag II" werden die Beschwerdeführer als Bauwerber und Auftraggeber, der Bauunternehmer als Planverfasser, Architekt, Generalunternehmer oder kurz Auftragnehmer bezeichnet.

Nach Punkt II. dieses Vertrages erwerben die Beschwerdeführer gleichzeitig mit der Kaufvertragsunterfertigung die erwähnten Liegenschaftsanteile und beabsichtigen, "darauf" als Mitbesitzer und -eigentümer ein Einfamilienhaus errichten zu lassen. Sie beauftragen den Bauunternehmer mit der Durchführung des "gegenständlichen" Bauvorhabens und er verpflichtet sich, ein derartiges Bauwerk nach den Angaben und im Auftrag der Beschwerdeführer zu errichten.

Punkt III. dieses Vertrages betrifft Kaufvertragserstellung - Wohnungseigentumsvertrag. Der Bauunternehmer sichere zu, daß die Ehegatten S bzw. deren Rechtsnachfolger als Eigentümer von 102/200-stel Anteilen an der Liegenschaft einen Wohnungseigentumsvertrag über diese mit den darauf errichteten Häusern A und B abschließen und unterfertigen werden.

Punkt IV. dieses Vertrages betrifft Kaufpreis-Baukosten-Entgelt. Danach betrage das Baukostenentgelt für das schlüssel- und bezugsfertige Einfamilienhaus mit der Bezeichnung Haus B gemäß beigeschlossenen Planunterlagen sowie in der Ausführung und Ausstattung laut beigeschlossener Baubeschreibung

S 1,870.000,--. Darin seien schon inkludiert alle Kosten von bereits getätigten Planungsentwürfen, die Kosten für die Erstellung der Einreichpläne, die Kosten der Bauverhandllung samt aller erforderlicher Behördenwege, die Kosten für das Bodengutachten, die statischen Berechnungen, Statik- und Konstruktionspläne, Erstellung des Nutzwertgutachtens hinsichtlich der Parifizierung zwecks Begründung von Wohnungseigentum, Polierpläne, Elektro- und Sanitärinstallationspläne, sowie alle mit dem Bauprojekt im Zusammenhang stehenden Baunebenkosten, d.s.

Aufschließungskosten der Liegenschaft, Anliegerleistungen, Kosten der Gehsteigherstellung, Kanalanschlußgebühr, Strom-, Wasser-, Gasanschluß etc. Nicht inkludiert sei die Umsatzsteuer in der Höhe von 20 % der Baukosten. Der Bauunternehmer als Auftragnehmer übernehme für die Beschwerdeführer das bauwirtschaftliche Risiko. Das gegenständlich angeführte Baukostenentgelt sei daher ein unveränderlicher Endfixpreis.

Laut Punkt V. dieses Vertrages werde bei Unterfertigung des Kauf- sowie Werkvertrages der Kaufpreis für die erworbenen Grundstücksanteile in der Höhe von S 770.000,-- sowie die bei Eintritt der Beschwerdeführer angefallenen Baukosten in der Höhe von 12 % des Fixpreises prompt zahlbar fällig. Die Bezahlung des restlichen Bauentgeltes erfolge laut beigeschlossenem Zahlungsplan, wobei vereinbarungsgemäß der jeweilige Fixkaufpreisteil nach ordnungsgemäßer Herstellung und Einforderung der im Zahlungsplan angeführten Bauetappen innerhalb von 21 Tagen zu entrichten sei.

Gemäß Punkt VII. 1) dieses Vertrages gelte der garantierte Endfertigstellungstermin für die schlüssel- und bezugsfertige Wohneinheit mit der Bezeichnung Haus B mit einschließlich 13. November 1989 vereinbart. Dem Bauunternehmer stehe allerdings die Möglichkeit zu und er behalte sich dieses Recht auch ausdrücklich vor, gemäß seinen Intentionen die Schlüsselübergabe der komplett fertiggestellten Hauseinheit auch schon zu einem früheren Zeitpunkt an die Beschwerdeführer vorzunehmen.

Mit gesondert ausgefertigten Bescheiden je vom 6. Juli 1989 setzte das FA gegenüber den Beschwerdeführern für ihre Erwerbsvorgänge vom 10. Februar 1989 je ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in der Höhe von S 1,320.000,-- Grunderwerbsteuer fest, weil sich der Gesamtkaufpreis aus dem Grundkaufpreis und dem vereinbarten Fixpreis für das Haus zusammensetze. Da den Erwerbern Bauherrneigenschaft nicht zukomme, seien die Baukosten Teil der Bemessungsgrundlage (Fixpreis, Baubewilligung dem Verkäufer erteilt).

Aus der über die Bauverhandlung am 6. Juli 1989, deren Gegenstand die erwähnten Planänderungen vom 15. März 1989 waren, aufgenommenen Niederschrift der Baubehörde ergibt sich, daß diese Planänderungen gegenüber dem Erstprojekt im wesentlichen darin bestünden, daß die Höhe des Erdgeschoßbodens von 0,5 m auf 1 m erhöht würde, da die Grundwasserverhältnisse dies erforderlich gemacht hätten. Weiter solle das Haus II "grundrißlich" geändert werden, wobei insbesondere der Windfang von der Süd- an die Ostseite verlegt werden solle. Beim Haus I solle der Balkon an der Westseite von 5 m auf 6,3 m verbreitert werden.

Gegen die angeführten erstinstanzlichen Bescheide des FA brachten die Beschwerdeführer in einem gemeinsamen Schriftsatz vom 24. Juli 1989 jeweils ihre Berufung ein. Darin führten sie im wesentlichen aus, es sei richtig, daß ihnen der Bauunternehmer angeboten habe, auf dieser Liegenschaft ein Einfamilienhaus zu errichten. Sie hätten mit ihm einen Werkvertrag abgeschlossen und sie seien gegenüber der Baubehörde als Bauwerber, die die Baubewilligung erreicht hätten, aufgetreten. Der Werkvertrag stehe in keinem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag. Der Bauunternehmer habe sich nur im Kaufvertrag verpflichten müssen, daß auf dieser Liegenschaft ein derartiges Einfamilienhaus, wie es im Werkvertrag näher umschrieben sei, tatsächlich errichtet werden könne. Es sei richtig, daß der Verkäufer auch um die Baugenehmigung angesucht gehabt habe, doch habe dies ein anderes Bauwerk betroffen. Möglicherweise werde das Bauwerk nicht in dem bedungenen Ausmaß hergestellt und die Beschwerdeführer müßten Grunderwerbsteuer für einen Werklohn zahlen, den sie gar nicht leisten.

Mit Bescheid vom 20. September 1989 erteilte die Baubehörde die Baubewilligung für die erwähnten Planänderungen.

In dem ihre Anträge auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz betreffenden gemeinsamen Schriftsatz vom 9. Oktober 1989 führten die Beschwerdeführer im wesentlichen aus, sie seien mit dem seinerzeit vom Unternehmer angesuchten Bauwerk nicht einverstanden gewesen, sie hätten den Grundriß in vielen Punkten geändert und das Erdgeschoß erhöht. Die Bauarbeiten seien erst nach Fertigstellung des Kaufvertrages in Angriff genommen worden. Die Beschwerdeführer hätten die erste Rechnung für das aufgehende Kellermauerwerk am 9. März 1989 bezahlt. Alle weiteren Rechnungen würden nach Baufortschritt bezahlt. Sie trügen sehr wohl das Risiko des mangelhaften Bauwerkes bzw. der nicht zeitgerechten Fertigstellung. Der Abschluß eines Fixpreises sei bei Einfamilienhäusern ortsüblich und gängig. Sie hätten ein dringendes Interesse, das Haus im Herbst 1989 zu beziehen, da sie bereits ihre Wohnung aufgegeben hätten. Der Fixpreis resultiere aus der zwingenden terminlichen Vereinbarung. Zu dem Fixpreis komme noch die Umsatzsteuer. Der von der Abgabenbehörde gewählte Weg, den Nettowerklohn und den Kaufpreis für das Grundstück zu versteuern, sei gesetzwidrig.

Mit Vorhalt vom 25. April 1990 gab die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (in der Folge: belangte Behörde) den Beschwerdeführern die beabsichtigten Berufungsentscheidungen bekannt.

Dazu nahmen die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Juni 1990 Stellung und brachten im wesentlichen folgendes ergänzend vor:

Im Zeitpunkt der Errichtung des Kauf- bzw. des Werkvertrages sei kein Gebäude errichtet gewesen. Auf dem Grundstück habe sich zu diesem Zeitpunkt eine in keiner Weise befestigte Baugrube befunden, die für alle möglichen Zwecke denkbar gewesen sei. Es sei richtig, daß die Beschwerdeführer mit dem Entwurf des Bauunternehmers in manchen Dingen übereinstimmten. Nicht hätten sie übereingestimmt, was die Fassade, die Gestaltung der Innenräume und des Stiegenaufganges sowie den Ausgangspunkt des Niveaus betroffen habe. In der Endbauphase sei der Bauunternehmer seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Es habe ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren durchgeführt werden müssen und nun werde offensichtlich ein anderer Professionist mit der Fertigstellung des Bauwerkes beauftragt.

Hinsichtlich des Auftrages zur Errichtung des Wohnhauses sei kein gemeinsamer Beschluß gefaßt worden, die Beschwerdeführer hätten die Ehegatten S nicht gekannt. Welche Aufträge diese wem immer gegeben hätten, sei den Beschwerdeführern völlig unbekannt gewesen. Erst nach Fertigstellung des Hauses sei beabsichtigt gewesen, einen Wohnungseigentumsvertrag über die dann zu parifizierenden Anteile zu schließen. Dieser Wohnungseigentumsvertrag sei von der Errichtung des Wohnhauses völlig unabhängig gewesen. Als Beweis beantragten die Beschwerdeführer die Einvernahme der Ehegatten S.

Wenn die belangte Behörde auf Punkt VI. des Kaufvertrages Bezug nehme, so sei es richtig, der Bauunternehmer habe die Haftung dafür zu übernehmen gehabt, daß auf der Liegenschaft ein Einfamilienhaus, wie im Werkvertrag beschrieben, errichtet werden könne. Es sei für die Beschwerdeführer wichtig gewesen, zu wissen, daß die Liegenschaft baureif sei. Der Bauunternehmer habe ein Haus geplant gehabt, das in seiner Gesamtheit durch die Beschwerdeführer abänderbar gewesen sei.

Unrichtig sei es auch, einen Miteigentümerbeschluß aller Miteigentümer zu verlangen. Sämtliche Miteigentümer der Liegenschaft hätten natürlich bei gegenseitiger Rücksichtnahme aufeinander Häuser nach ihren Vorstellungen planen können. Eine Bauherrneigenschaft als Hälfte- oder prozentuelle Eigentümer der Liegenschaft sei durch die Bauherrneigenschaft der anderen Miteigentümer nicht eingeschränkt gewesen. Die Initiative zur Errichtung des Mehrfamilienhauses sei bei jedem Miteigentümer gelegen. Theoretisch sei es durchaus möglich gewesen, daß einer der Miteigentümer nicht sein Haus während der gleichen Zeit vorangeführt hätte.

Mit gesondert ausgefertigten, im wesentlichen gleichlautenden Berufungsentscheidungen vom 16. Juli 1990 wies die belangte Behörde jeweils die betreffende Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab und änderte die angefochtenen erstinstanzlichen Bescheide gemäß § 289 Abs. 2 BAO je durch Erhöhung der Bemessungsgrundlage (und dementsprechend des festgesetzten Grunderwerbsteuerbetrages) um 20 % Umsatzsteuer für Baukosten ab. Dies unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1 Z. 1, 2 Abs. 1 erster Satz, 4 Abs. 1 sowie 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 (in der Folge: GrEStG) und die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1971, Zl. 1271/69 (verstärkter Senat = Slg. Nr. 4234/F), vom 17. Februar 1983, Zlen 82/16/0143-0150 (ÖStZB 3/1984, S. 35), vom 15. Dezember 1988,

Zlen 88/16/0056-0059 (ÖStZB 15/16/1989, S. 259), und je vom 26. Jänner 1989, 1. Zl. 88/16/0097 (ÖStZB 17/1989, S. 294), und

2. Zlen 88/16/0132-0137 (ÖStZB 17/1989, S. 291), im wesentlichen mit folgenden Begründungen:

Bei Überprüfung der Frage, wer im Berufungsfall als Bauherr des zu errichtenden Gebäudes in Betracht komme, habe sich auf Grund der (anschließend zitierten) Punkte VI. des Kaufvertrages, III. Abs. 4 und V. des Werkvertrages folgendes Bild ergeben:

Der Erwerb des Grundstücksanteiles durch die Beschwerdeführer habe am 10. Februar 1989 stattgefunden. Jedoch bereits mit Bescheid der Baubehörde vom 24. Oktober 1988 sei die Baubewilligung für ein Mehrfamilienhaus dem Bauunternehmer als Bauwerber gemäß dem Bauplan vom 9. Juli 1988 erteilt worden.

Die Tatsache, daß der Bauunternehmer das in Rede stehende Haus in seiner Gesamtheit im wesentlichen nicht mehr abänderbar geplant gehabt habe, führe dazu, die Bauherrneigenschaft der Beschwerdeführer zu verneinen. Auch die von ihnen eingebrachte Planänderung vermöge daran nichts zu ändern, denn dadurch sei nichts an der Gesamtkonstruktion verändert worden. Die Planänderung sei nur erfolgt, da die Grundwasserverhältnisse eine Erhöhung des Erdgeschoßbodens um einen halben Meter erforderlich gemacht hätten. Auch der der Baubehörde angezeigte "Bauherrnwechsel" nehme dem Bauunternehmer nicht die Bauherrneigenschaft.

Weiters fehle auch der für die Bauherrneigenschaft der Beschwerdeführer unabdingbar notwendige Miteigentümerbeschluß aller Miteigentümer. Die Initiative zur Errichtung des Mehrfamilienhauses könne, nachdem der Bauunternehmer schon vorher die Initiative ergriffen gehabt habe, nicht mehr bei den Miteigentümern gelegen sein.

Zum Einwand der Beschwerdeführer, der im Werkvertrag genannte Fixpreis sei nur der Nettopreis, zu dem noch die von ihnen zu tragende Umsatzsteuer käme, sei zu sagen, daß diese vom Bauunternehmer separat in Rechnung gestellte Steuer einen Teil des Kaufpreises darstelle.

Gegen diese Berufungsentscheidungen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit (ihres Inhaltes) bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Der Bundesminister für Finanzen legte die erstinstanzlichen Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die Beschwerdeführer erstatteten unaufgefordert eine schriftliche Äußerung zur Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Beischaffung der zweitinstanzlichen und der den erwähnten Erwerbsvorgang der Ehegatten S vom 29. Juli 1988 betreffenden Verwaltungsakten - erwogen:

Den Beschwerdeführern, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im wesentlichen ihre oben dargestellte Argumentation im Abgabenverfahren wiederholen, ist folgendes zu erwidern:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Nach § 2 Abs. 1 erster Satz GrEStG sind unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen.

Auf Grund des § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Nach § 5 Abs. 2 Z. 1 GrEStG gehören Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt, zur Gegenleistung.

Der Begriff der Gegenleistung ist im wirtschaftlichen Sinne (§ 21 Abs. 1 BAO) zu verstehen (siehe z.B. das - in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse - gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1992, Zl. 90/16/0154, mit weiterem Hinweis). Nach § 21 Abs. 1 BAO ist aber für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Wenn die Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, der Werkvertrag stehe mit dem Kaufvertrag nicht in Zusammenhang, dann überlesen sie nicht nur Punkt VI. des Kaufvertrages, der jedenfalls auf den Werkvertrag VOM GLEICHEN TAG verweist, sondern u.a. auch Punkt V. des Werkvertrages, wonach BEI UNTERFERTIGUNG BEIDER VERTRÄGE sowohl der Kaufpreis für die erworbenen Liegenschaftsanteile als auch die bei Eintritt der Beschwerdeführer angefallenen Baukosten in der Höhe von 12 % des Fixpreises fällig waren. Nach dem - in diesem Punkt V. des Werkvertrages ausdrücklich als maßgebend bezeichneten - Zahlungsplan entsprachen aber 12 % des Fixpreises bereits angefallen gewesenen Kosten für Bauverhandlung, Baubewilligung, Baustelleneinrichtung und Erdaushub. Das ist wohl schon mehr als "nur eine Baugrube".

Im übrigen kommt es auch im Falle der Beschwerdeführer in bezug auf die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage nicht auf die bei Abschluß des Kaufvertrages vorhandene Bausubstanz an. Die Beschwerdeführer reißen nämlich bei ihrem Zitat aus dem (z.B. in der Sammlung Nr. 6020/F veröffentlichten) Erkenntnis vom 5. September 1985, Zl. 85/16/0023, den auf den damals konkreten Fall, in dem das Gebäude im Zeitpunkt des Kaufvertrages nahezu fertiggestellt war und die gesamten auf den damaligen Liegenschaftsanteil des Beschwerdeführers entfallenden Errichtungskosten in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage rite einbezogen wurden, abgestellten Satz "Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist demgemäß das Entgelt, das auf den Grund und Boden sowie die bei Abschluß des Kaufvertrages vorhandene Bausubstanz entfällt" aus dem Zusammenhang, weil es in diesem Erkenntnis u.a. heißt:

    "... Den - der Höhe nach unbestrittenen - Betrag von

898.845 S mußte der Beschwerdeführer neben dem Entgelt für die

ideellen Miteigentumsanteile an dem genannten Grundstück

zusätzlich aufwenden, um die Eigentumswohnung SCHLÜSSELFERTIG

zu bekommen ... Somit ergibt sich, daß der Beschwerdeführer

zusammen mit den ideellen Miteigentumsanteilen an der streitverfangenen Liegenschaft AUF JEDEN FALL AUCH den Anteil an derjenigen Bausubstanz gekauft hat, die bei Abschluß des Kaufvertrages am 10. 6. 1977 vorhanden war ..."

Aber auch die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Erkenntnisse vom 3. Juni 1982, Zl. 81/16/0059, ÖStZB 6/1983, S. 141, vom 18. November 1982, Zl. 82/16/0094, ÖStZB 23/1983, S. 404, und das bereits in den Berufungsentscheidungen von der belangten Behörde als Begründung zitierte vom 17. Februar 1983, vermögen die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen. Mit diesen Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof nämlich in dem hier wesentlichen Zusammenhang mit weiteren Hinweisen folgendes dargetan:

"Daß im Zeitpunkt des Kaufvertrages auf dem Grundstück noch kein Gebäude gestanden war, steht der Annahme, daß die Vorstellungen der Vertragspartner auf den Verkauf bzw. Kauf eines Anteiles eines Grundstückes mit Gebäude gerichtet waren, nicht entgegen. Denn Gegenstand eines Kaufvertrages kann auch eine künftige Sache oder eine Sache sein, hinsichtlich welcher zur Erfüllung des Vertrages bestimmte Eigenschaften durch den Verkäufer erst geschaffen werden müssen. Die Frage, ob das Grundstück bebaut oder unbebaut verkauft worden war, kann auch hier nur nach den Umständen des einzelnen Falles beurteilt werden.

Ist im Falle des Kaufes eines Grundstückes ausdrücklich zum Zwecke der Erlangung einer Eigentumswohnung DER EINHEITLICHE VERTRAGSWILLE auf die Verschaffung einer Eigentumswohnung samt Grundstücksanteil gerichtet, so ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht rechtswidrig, sowohl die Grund- als auch die Baukosten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Die strittige Frage lautet, wer das Gebäude und damit die Eigentumswohnungen errichtet bzw. geschaffen hat. Die Begriffe Schaffung bzw. geschaffen hat können dabei nicht anders verstanden werden als in dem § 4 GrEStG 1955. Denn wenn der Wohnungswerber NICHT als Bauherr angesehen werden kann, so folgt daraus, daß ein einheitlicher, auf den Erwerb einer FERTIGEN Wohnung samt ideellem Grundstücksanteil gerichteter Vertragswille vorgelegen sein muß".

Ganz abgesehen davon, daß die erwähnte Veränderung der Höhe des Erdgeschoßfußbodens durch die Grundwasserverhältnisse - ohne Zutun der Beschwerdeführer - erforderlich geworden war, vermag der Verwaltungsgerichtshof weder darin noch in den anderen angeführten Planänderungen (in gleicher Weise wie z.B. in dem, dem bereits angeführten Erkenntnis vom 23. Jänner 1992 zugrunde gelegenen Beschwerdefall) eine wesentliche (oder "tiefgreifende") Einflußnahme auf die Gestaltung DER GESAMTKONSTRUKTION DES DOPPELHAUSES zu erblicken. Darauf kommt es aber auch in den nunmehrigen Beschwerdefällen an (siehe z.B. das Erkenntnis vom 20. Februar 1992, Zlen 90/16/0160, 0161). Im übrigen räumen die Beschwerdeführer selbst ein, eine "Anlehnung" an den Plan des Bauunternehmers sei auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht zu vermeiden gewesen.

Beim Erwerb von Liegenschaftsanteilen, mit denen Wohnungseigentum verbunden werden soll, ist der Auftrag zur Errichtung eines Doppelhauses nicht anders als der zur Errichtung eines Wohnhauses, einer Reihenhausanlage oder von Zweifamilienhäusern zu erteilende von der Eigentümergemeinschaft zu erteilen, wofür die Fassung eines gemeinsam darauf abzielenden Beschlusses erforderlich ist. Selbst inhaltsgleiche Erklärungen der Miteigentümer vermögen den gemeinsamen Beschluß nicht zu ersetzen (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis vom 20. Februar 1992).

Wenn die Beschwerdeführer betonen, ein gemeinsamer Beschluß für einen Auftrag zur Errichtung des Doppelhauses habe gar nicht gefaßt werden können, da ihnen im Zeitpunkt der Auftragserteilung an den Bauunternehmer die Ehegatten S nicht bekannt gewesen seien, dann ist darauf zu erwidern, daß die Richtigkeit dieser Behauptung für einen - oben näher dargestellten - einheitlichen Vertragswillen spräche, d.h. daß sie mit den Liegenschaftsanteilen auch die entsprechenden "ideellen Anteile" an dem auf der Liegenschaft im wesentlichen nach dem Einreichplan zu errichtenden Doppelhaus erwarben. Daher stellt die in diesem Zusammenhang von den Beschwerdeführern vermißte Einvernahme der Ehegatten S jedenfalls keine zur Aufhebung der angefochtenen Berufungsentscheidungen führende Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.

So wie das Fehlen der Eigenschaft eines Bauwerbers im Verhältnis zur Baubehörde ein INDIZ gegen die Annahme der Bauherrneigenschaft ist (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis vom 17. Februar 1983), kann auch im umgekehrten Fall (gegebene Eigenschaft eines Bauwerbers im Verhältnis zur Baubehörde) nur von einem INDIZ für die Annahme der Bauherrneigenschaft die Rede sein. Das durch die Baubehörde zur Kenntnis genommene Auftreten der Beschwerdeführer als Bauwerber vermag daher die Abgabenbehörde bei der von ihr zu beantwortenden Frage der Bauherrneigenschaft jedenfalls nicht zu binden.

Die von den Beschwerdeführern behauptete Üblichkeit der Vereinbarung von Fixpreisen ändert nichts an der Tatsache, daß sie im vorliegenden Fall im Sachzusammenhang gegen die Annahme spricht, die Beschwerdeführer hätten das wirtschaftliche oder finanzielle Risiko der Bauführung getragen (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis vom 18. November 1982).

Bei ihrem Vorbringen, bei gegenseitiger Rücksichtnahme hätten natürlich sämtliche Miteigentümer der Liegenschaft ihre Häuser nach ihren eigenen Vorstellungen planen können, eine Bauherrnschaft als Hälfte- oder prozentuelle Eigentümer der Liegenschaft sei durch die Bauherrneigenschaft der anderen Miteigentümer nicht eingeschränkt gewesen, scheinen die Beschwerdeführer vor allem zu übersehen, daß die Miteigentümer Eigentum nach "ideellen Anteilen" haben. In allen Fällen des Miteigentums ist nämlich das Recht und nicht die Sache geteilt. Dem Einzelnen gehört daher kein realer Teil, vielmehr bezieht sich sein Anteilsrecht immer auf die ganze Sache (siehe z.B. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, Band II9, Wien 1991, S. 50). Wohnungseigentum ist gemäß § 1 Abs. 1 WEG das den Miteigentümern einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht, eine selbständige Wohnung oder eine sonstige selbständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen. Es ist also kein Eigentumsrecht an Teilen des Hauses, kein real geteiltes Eigentum (siehe z.B. Koziol-Welser, a.a.O., S. 56).

An dieser Stelle ist zu bemerken, daß der Verwaltungsgerichtshof seit seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. Oktober 1977, Zl. 1891/74, Slg. Nr. 5182/F, davon ausgeht, daß auch an zu einem Wohnzentrum zusammengefaßten Einfamilienhäusern Wohnungseigentum begründet werden kann.

Abschließend ist noch zu bemerken, daß das gesamte - oben im einzelnen dargestellte - Vorgehen des Bauunternehmers offensichtlich sicherstellen sollte, daß nur solche Interessenten Grundstückseigentum erwerben konnten, die sich an sein im wesentlichen vorgegebenes Baukonzept banden, weshalb auch aus diesem Grund die Einbeziehung der Baukosten - einschließlich der Umsatzsteuer - bzw. des Werkvertrages in die grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbsvorgänge der Beschwerdeführer nicht rechtswidrig erscheint (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1992, mit weiterem Hinweis).

Die vorliegende Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof kann ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführer auf Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von einer Verhandlung absehen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Mit der Gegenschrift wurden nur gemeinsam für beide Beschwerdeführer geführte Verwaltungsakten vorgelegt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990160211.X00

Im RIS seit

13.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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