TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/31 91/04/0295

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Veröffentlicht am 31.03.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §367 Z15;
GewO 1973 §52 Abs4;
VStG §19 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des J in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 4. März 1991, Zl. 5/01-12.225/5-1991, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er über Strafausmaß und Strafart sowie die Kosten des Strafverfahrens abspricht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 4. März 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, vom 15. September 1989 bis 22. März 1990 in W entgegen der gemäß § 52 Abs. 4 GewO 1973 ergangenen Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde W vom 12. Juli 1988 innerhalb des 100 m - Umkreises der Volksschule W und zwar an der nordwestlichen Ecke des Gartenzaunes des Objektes W (Z-Wirt) eine gewerbliche Tätigkeit mittels eines zweiboxigen Warenautomaten (ein Teil mit Kaugummikugeln und Aufsteckern, ein Teil mit Aufklebern) ausgeübt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 15 in Verbindung mit § 52 Abs. 4 GewO 1973 sowie der Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde W vom 12. Juli 1988, Zl. 37/1/88 EAP 130/2, begangen, weshalb über ihn gemäß § 367 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt wurde. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges aus, mit der Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde W vom 12. Juli 1988 werde die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten, die erfahrungsgemäß besonders auf die Inanspruchnahme durch unmündige Minderjährige ausgerichtet sind, in einem Umkreis von 100 m von der Volksschule W, gemessen vom Hauseingang, untersagt. Die Verordnung sei am 1. August 1988 in Kraft getreten. Eine Gewerbeausübung mittels Automaten entgegen dieser Bestimmung stelle gemäß § 367 Z. 15 GewO 1973 eine Verwaltungsübertretung dar. Diese Verbotsnorm richte sich gegen jedermann. Es könne daher in der Unterlassung eines Hinweises im Spruch des erstbehördlichen Bescheides, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen habe, keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Auch die Umschreibung des Tatzeitraumes sei ausreichend präzisiert. Die Berufungsbehörde habe auch keine Veranlassung, an dem Bericht der Gemeinde W vom 5. November 1990 zu zweifeln, wonach der Warenautomat des Beschwerdeführers während dieses gesamten Zeitraumes gefüllt und betriebsbereit gewesen sei, auch wenn angenommen werden könne, daß keine tägliche Kontrolle des in Rede stehenden Automaten erfolgt sei. Es gehe jedoch aus den Akten hervor, daß der Beschwerdeführer von der Gemeinde W zur Entfernung des Automaten aufgefordert worden sei und die Gemeinde die Verwaltungsübertretung bei der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg angezeigt habe. Es sei daher davon auszugehen, daß die Gemeinde den Automaten, solange er vorhanden sei, laufend beachte. Diese Beachtung richte sich sicherlich auch auf dessen Füllung und Betriebsbereitschaft. Letztere habe der Beschwerdeführer im übrigen auch nicht in Abrede gestellt. Obwohl angenommen werde könne, daß die Gemeinde W Kenntnis darüber besitze, ob sich der Automatenstandort im Verbotsbereich der gegenständlichen Verordnung befinde, habe sich die Berufungsbehörde davon auch selbst durch Einsichtnahme in einen maßstabgetreuen Lageplan überzeugt. Auch dazu habe der Beschwerdeführer lediglich dessen Beweiskraft pauschal in Abrede gestellt, ohne dies zu begründen. Für die Verwirklichung des Tatbestandes sei es nicht entscheidend, ob und in welchem Ausmaß der in Rede stehende Automat von unmündigen Minderjährigen benützt werde. Wesentlich sei vielmehr, daß der Beschwerdeführer einen Automaten, der erfahrungsgemäß besonders auf die Inanspruchnahme durch unmündige Minderjährige ausgerichtet sei, in dem von der Gemeinde festgesetzten Verbotsbereich betrieben habe. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens könne kein Zweifel darüber bestehen, daß der Käuferkreis von Kaugummikugeln, Aufklebern und Aufsteckern vor allem aus unmündigen Minderjährigen bestehe. Für die in Rede stehende Bestimmung spiele es auch keine Rolle, ob der Automat angemeldet worden sei, sich auf Privatgrund befinde und ob die Aufstellung des Automaten von der Behörde nicht abgelehnt worden sei. Der Tatvorwurf beinhalte lediglich die Gewerbeausübung mittels des Automaten, nicht aber dessen Aufstellung. Aus diesem Grund gehe auch das Vorbringen ins Leere, der Automat sei von eigenverantwortlichen Dienstnehmern aufgestellt worden. Abgesehen davon, daß die Berufungsbehörde keine Anhaltspunkte für eine Gesetzwidrigkeit der in Rede stehenden Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde W finden könne, sei das diesbezügliche Berufungsvorbringen derart unklar, daß ihm nicht entnommen werden könne, worin der Beschwerdeführer eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung erblicke. Zur Strafbemessung verwies der Landeshauptmann auf die diesbezüglichen Ausführungen im erstbehördlichen Straferkenntnis. Danach sei die Strafbemessung gemäß § 19 VStG 1950 unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer am 8. Mai 1990 gemachten Angaben erfolgt. Erschwerend sei die Fortdauer der unbefugten Ausübung dieser gewerblichen Tätigkeit gewertet worden, obwohl der Beschwerdeführer durch den Bürgermeister der Gemeinde W mit Schreiben vom 28. August 1989 von der diesbezüglichen Verordnung und der darin enthaltenen Untersagung der Ausübung der in Rede stehenden gewerblichen Tätigkeit unterrichtet und zur Entfernung der Automaten aufgefordert worden sei. Diesem Ersuchen sei der Beschwerdeführer zumindest bis zum 22. März 1990 nicht nachgekommen. Als mildernd habe kein Umstand gewertet werden können. Der Landeshauptmann wies darüber hinaus noch auf spezialpräventive Gründe hin, weil aus einem Schreiben der Gemeinde W vom 5. November 1990 hervorgehe, daß der Automat nach wie vor betrieben werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 30. September 1991, Zl. B 471/91-8, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, von der Berufungsbehörde sei unter Heranziehung der Bestimmung des § 44a VStG eine Ergänzung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vorgenommen worden. Abgesehen davon, daß dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit der Stellungnahme hiezu eingeräumt worden sei, sei die Bezugnahme auf § 44a VStG verfehlt. Mit dieser Bestimmung werde festgelegt, welchen Inhalt an sich ein Straferkenntnis haben müsse. Diese Bestimmung ermächtige aber nicht zur Richtigstellung bzw. Ergänzung eines Straferkenntnisses. Im übrigen seien auch die Voraussetzungen für eine derartige Ergänzung nicht vorgelegen, es werde vielmehr dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid faktisch ein neuer Tatvorwurf zur Last gelegt. Es sei daher davon auszugehen, daß diesbezüglich bereits Verjährung eingetreten sei. Auch der Tatzeitpunkt sei nicht entsprechend klargestellt. Aufgrund vorgenommener Erhebungen vom 15. September 1989 und 22. März 1990 sei lediglich erwiesen, daß an diesen Tagen der Automat aufgestellt gewesen sei. Das berechtige aber noch nicht zur Annahme, "daß für den gesamten Zeitraum ebenfalls derartige Voraussetzungen gegeben waren". Die Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 15 GewO 1973 könne nur ein Gewerbetreibender begehen, weshalb der fehlende Hinweis auf die Eigenschaft des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf ebenfalls eine Mangelhaftigkeit des angefochtenen Bescheides begründe. Schließlich sei die Höhe der verhängten Geldstrafe nicht ausreichend begründet. Eine entsprechende Klarstellung von Erschwerungs- und Mildungsgründen sei seitens der belangten Behörde nicht erfolgt. Milderungsgründe die an sich tatsächlich vorlägen, seien nicht berücksichtigt worden. Der Hinweis auf die gesetzliche Regelung sei sicherlich nicht ausreichend, damit erschwerende Umstände darzutun.

Gemäß § 367 Z. 15 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe mittels Automaten entgegen § 52 Abs. 2 oder entgegen den Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 52 Abs. 3 oder 4 ausübt, wenn nicht einer der Tatbestände des § 366 Abs. 1 Z. 1 und 2 gegeben ist.

Mit Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde W vom 12. Juli 1988 wurde unter Bezugnahme auf § 52 Abs. 4 GewO 1973 zum Schutze von unmündigen Minderjährigen vor unüberlegten Geldausgaben die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten, die erfahrungsgemäß besonders auf die Inanspruchnahme durch unmündige Minderjährige ausgerichtet sind, im Umkreis von 100 m von der Volksschule W, gemessen vom Hauseingang, untersagt.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es kein Tatbestandselement des § 367 Z. 15 GewO 1973, daß der Täter über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügt, weshalb auch ein entsprechender Hinweis im Spruch eines diesbezüglichen Straferkenntnisses nicht erforderlich ist.

Die belangte Behörde fügte dem Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses den aus dem eingangs wiedergegebenen Spruch des angefochtenen Bescheides ersichtlichen Klammerausdruck bei, mit welchem der Inhalt der gegenständlichen Warenautomaten näher umschrieben wurde. Es handelt sich bei dieser Ergänzung um eine der Berufungsbehörde zufolge § 66 Abs. 4 AVG (§ 24 VStG) aufgetragene Anpassung des Spruches an die hier noch anzuwendende Bestimmung des § 44a lit. a VStG. Diesem Vorgang steht auch nicht die Verjährungsbestimmung des § 31 Abs. 1 VStG entgegen, weil das fragliche Tatbestandselement Gegenstand der an die Erstbehörde gerichteten Mitteilung vom 27. September 1989 und damit Teil des dem Beschwerdeführer anläßlich seiner Vernehmung am 8. Mai 1990 mit der Aufforderung zur Rechtfertigung zur Kenntnis gebrachten Akteninhaltes war, sodaß diesbezüglich eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 leg. cit. gegeben ist.

Das weitere, die mangelnde Klarstellung des Tatzeitpunktes betreffende Beschwerdevorbringen ist insofern aktenwidrig, als die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit ausreichender Klarheit dartut, warum sie den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tatzeitraum als erwiesen annimmt. Im Lichte dieser Ausführungen kann keine Rede davon sein, es sei lediglich erwiesen, daß am Beginn und am Ende dieses Tatzeitraumes der in Rede stehende Automat aufgestellt gewesen sei.

Mit Recht bekämpft der Beschwerdeführer allerdings die Strafbemessung im angefochtenen Bescheid.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Mildungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltunsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafbemessung innhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1980, Slg. N.F. Nr. 10.077/A).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen mangelt es den Ausführungen der belangten Behörde zur Strafbemessung zwar nicht an der "entsprechenden Klarstellung von Erschwerungs- und Milderungsgründen", zumal der Beschwerdeführer nicht dartut, welche Milderungsgründe seiner Meinung nach die belangte Behörde heranzuziehen unterließ. Die belangte Behörde kam den oben dargestellten Erfordernissen jedoch insoferne nicht nach, als sie weder auf die Strafzumessungsgründe des § 19 Abs. 1 VStG einging, noch die für die Bemessung einer Geldstrafe bedeutsamen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse feststellte.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid, soweit er über Strafart und Strafausmaß sowie über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens abspricht, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der Ersatz von Stempelgebühren war nicht zuzusprechen, weil über die bereits im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof aufgelaufenen Stempelgebühren hinaus dem Beschwerdeführer ein weiterer Stempelgebührenaufwand nicht entstanden sind (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. September 1983, Zl. 83/17/0145).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991040295.X00

Im RIS seit

31.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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