TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/8 89/12/0054

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Veröffentlicht am 08.04.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §39 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs2;
BDG 1979 §40 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des NN in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Jänner 1989, Zl. 116.843/2-II/2/88, betreffend Verwendungsänderung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Bundespolizeidirektion Wien. Bis zu der von ihm bekämpften Personalmaßnahme war der Beschwerdeführer Lehrgangslehrer in der Schulabteilung der Sicherheitswache. In dieser Verwendung oblag ihm der theoretische Unterricht von Polizeischülern.

Nachdem Anfang Oktober 1988 der Verdacht geäußert worden war, der Beschwerdeführer würde bei Errichtung seines Hauses in U. in Ausnützung des Autoritätsverhältnisses Polizeischüler einsetzen, wurden hiezu weitere Ermittlungen angestellt (insbesondere Kontrolle der Baustelle am 6. Oktober 1988 durch Inspektor W., bei der zwei Schüler des Beschwerdeführers bei Schalungsarbeiten angetroffen wurden; sie gaben an, die Arbeiten völlig freiwillig und unentgeltlich zu leisten. Der Beschwerdeführer selbst wies laut Erhebungsbericht von W. darauf hin, er habe nie daran gedacht, einen seiner Schüler zu dieser Arbeit irgendwie zu überreden oder gar zu nötigen. In der Folge kam es zur Einvernahme des B., eines weiteren Schülers des Beschwerdeführers, am 7. Oktober 1988, der das gute Verhältnis zum Beschwerdeführer hervorhob und seine freiwillige Mithilfe und die anderer Mitschüler am Bau des Beschwerdeführers am 5. Oktober 1988 bestätigte. Bei einer niederschriftlichen Einvernahme am 11. Oktober 1988 bestätigten die beiden am Bau angetroffenen Polizeischüler ihre Angaben neuerlich.

Hiezu nahm der Beschwerdeführer Stellung (Niederschrift vom 14. Oktober 1988). Er brachte unter anderem vor, die von ihm betreuten Schüler seien am 1. September 1988 in das Praktikum entlassen worden. Zu Beginn der Urlaubszeit hätten seine Schüler von seinem Hausbau erfahren; einige hätten sich spontan angeboten, ihm zu helfen. Er habe den Schülern keinerlei finanzielle Leistungen erbracht, ihnen jedoch das Essen und die erforderlichen Getränke zur Verfügung gestellt. Er habe im dienstlichen Bereich keinen Unterschied zwischen den hilfsbereiten und jenen Schülern, die sich nicht zur Mitarbeit bereit erklärt hätten, gemacht. Abgesehen davon, sei ihm eine Liste der hilfsbereiten Schüler erst nach Abschlußbenotung übergeben worden. Die Schüler würden vor der Dienstprüfung neuerlich vom Beschwerdeführer im Rahmen der wiederholenden Schulung unterrichtet werden. Eine Benotung durch den Beschwerdeführer fände nicht mehr statt, vielmehr stelle die Wiederholungsschulung eine Hilfestellung (für die Dienstprüfung) dar.

Mit dem (an alle Angehörige der Schulabteilung mit Ausnahme der Polizeischüler gerichteten) Abteilungsbefehl vom 14. Oktober 1988 sprach der Schulkommandant aus, im Hinblick auf das zwischen Lehrer und Schülern bestehende Autoritäts- und Abhängigkeitsverhältnis erscheine es nicht vertretbar, daß Schüler während ihrer Ausbildungszeit von Lehrern zum Abschluß von Versicherungen, Bausparverträgen etc. (auch wenn diese Nebenbeschäftigung der Dienstbehörde gemeldet und nicht untersagt worden wäre) angesprochen oder "zu artfremden Tätigkeiten" herangezogen werden würden.

In der Folge erstattete der Beschwerdeführer wegen des ihm zur Last gelegten Vorwurfes Selbstanzeige nach § 111 Abs. 1 BDG 1979. Nach Angabe des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde - der die belangte Behörde nicht entgegengetreten ist - wurde die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen dieses Vorwurfes mit Beschluß der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 14. Dezember 1988 abgelehnt.

Nachdem die Bundespolizeidirektion Wien (Dienstbehörde erster Instanz) dem Beschwerdeführer die beabsichtigte Personalmaßnahme (Verwendungsänderung) angekündigt und der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17. November 1988 dagegen Einwendungen erhoben hatte, berief die Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 13. Dezember 1988 den Beschwerdeführer gemäß § 40 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 38 Abs. 2 BDG 1979 aus wichtigen dienstlichen Gründen von seiner Planstelle als Lehrgangslehrer in der Schulabteilung der Sicherheitswache (Verwendungsgruppe W 2 des Sicherheitswachdienstes mit einer Arbeitsplatzbewertung von 2-1) ab und wies ihm gleichzeitig eine Planstelle im Planstellenbereich des Sicherheitswachdienstes bei der Bundespolizeidirektion Wien (Verwendungsgruppe W 2) in der Verwendung als Sonderverkehrsinspektor bei der Verkehrsabteilung (Bewertung 2-3) zu. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe (wie amtsbekannt und durch Erhebungen überprüft worden sei) beim Bau seines Einfamilienhauses in U. Polizeischüler zu Arbeiten herangezogen. Diese Polizeischüler aus seiner Ausbildungsklasse seien ihm zur Ausbildung und Dienstaufsicht anvertraut gewesen. Die Ausbildung bestehe aus einem theoretischen und einem praktischen Teil und ende mit der Dienstprüfung; diese sei zum fraglichen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen. Besonders als Lehrer der Schulabteilung der Sicherheitswache habe der Beschwerdeführer seine Funktion als Vorgesetzter so zu erfüllen, daß durch nichts seine Autorität beeinträchtigt oder in Frage gestellt werde, um die Dienstaufsicht gegenüber seinen Schülern erfüllen zu können. Die Aufgabe eines Vorgesetzten, vor allem aber eines Lehrers in der Polizeischule, sei es, seine Untergebenen genau zu beaufsichtigen und ihnen mit gutem Beispiel voranzugehen. Wenngleich die Schüler in verschiedenen Niederschriften angegeben hätten, sie hätten die Arbeiten freiwillig verrichtet, bestehe ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Lehrer und Schüler; eine allfällige Freiwilligkeit hindere nicht den Unrechtsgehalt einer solchen Vorgangsweiese. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Beschwerdeführer die Schüler nicht nur zu seinem wirtschaftlichen Vorteil für sich habe arbeiten lassen, sondern sie auch der Gefahr gewerberechtlicher Verfolgung (insbesondere in Zeiten massiver Aktionen der entsprechenden Gremien gegen Pfuscharbeiten) ausgesetzt habe. Durch diese sogenannte Fraternisierung mit zumindest einem Teil seiner Schüler könne nicht angenommen werden, daß der Beschwerdeführer die unumgänglich nötige Objektivität in der Beurteilung des weiteren Ausbildungsfortschrittes bei allen Schülern besitze.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Unter Hinweis auf die durchgeführten Einvernahmen einiger Schüler sowie den Erhebungsbericht von Inspektor W. machte der Beschwerdeführer geltend, der Vorwurf, er habe ein pflichtwidriges Verhalten gesetzt, sei haltlos. Die im Bericht seines Schulkommandanten unter Berufung auf diese Erhebungen getroffene Feststellung, "dienststrafrechtliche Maßnahmen" (gegen den Beschwerdeführer) könnten nicht eingeleitet werden, weil ein derartiges Verfahren ergebnislos verlaufen würde, stünde mit der gleichfalls von ihm getroffenen Aussage, die Weiterverwendung des Beschwerdeführers als Lehrer sei "nicht tragbar, weil seine Autorität durch dieses Verhalten völlig untergraben" worden sei, in Widerspruch und sei völlig unlogisch: Wenn kein pflichtwidriges Verhalten vorliege, könne (auch) keine Untragbarkeit in der (bisherigen) Funktion bestehen. Der Beschwerdeführer wies ferner auf seine bisherigen außergewöhnlichen Leistungen als Lehrer hin, die nur durch seinen Einsatz (auch in der Freizeit) möglich gewesen seien. Schließlich brachte er vor, daß seine Schüler zu Beginn des Septembers 1988 den Bezirksabteilungen für ca. sechs bis sieben Monate zur praktischen Ausbildung zugewiesen worden und sie damit deren Dienstaufsicht unterstellt worden seien. Daß die Dienstprüfung (nach Abschluß der praktischen Ausbildung) vor einer unabhängigen Kommission abzulegen sei, sei gleichfalls amtsbekannt. Im Gegensatz zur völlig beweislosen Behauptung der Dienstbehörde sei seine Autorität nie in Frage gestellt gewesen. Die völlige Selbstlosigkeit des Angebotes seiner Schüler bzw. die Freude an der gemeinsam erlebten Leistung beweise die Richtigkeit seiner Auffassung über den Zweck der Lehrtätigkeit und Erziehung. In diesem Zusammenhang beantragte der Beschwerdeführer die Einvernahme aller Schüler seiner Lehrgänge als Zeugen sowie seine Vernehmung als Partei.

Ohne weiteres Ermittlungsverfahren wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. Jänner 1989 die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 DVG als unbegründet ab. Sie führte in der Begründung nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtslage im wesentlichen aus, der Dienstbehörde sei vorerst ein Hinweis zugegangen, der Beschwerdeführer würde beim Bau seines Hauses in U. ihm zur Ausbildung zugewiesene Polizeipraktikanten einsetzen; dies unter Ausnützung seiner Stellung und mit Andeutungen, er könnte auf die Zusammensetzung der Prüfungskommission der Schüler Einfluß nehmen. Ein am 6. Oktober 1988 durchgeführter Augenschein an der Baustelle habe ergeben, daß tatsächlich gerade zwei seiner Schüler mit Schalungsarbeiten beschäftigt gewesen seien. Die anwesenden Helfer hätten ihre Arbeit als unentgeltlich und freiwillig erbracht bezeichnet. Der Verdacht auf Zwang oder sonstigen Mißbrauch des bestehenden Autoritätsverhältnisses durch den Beschwerdeführer habe weder bei diesem Augenschein noch sonst im weiteren Ermittlungsverfahren bestätigt werden können. Nach den Angaben des Beschwerdeführers hätte eine Reihe seiner Schüler, nachdem ihnen bekannt geworden sei, der Beschwerdeführer baue ein Haus, ihre Mitarbeit angeboten; sie seien auch fallweise zu Arbeiten herangezogen worden. Finanzielle Leistungen habe der Beschwerdeführer für diese Hilfestellung nicht erbracht (sehe man davon ab, daß er den Schülern das Essen und die erforderlichen Getränke zur Verfügung gestellt habe). Der Beschwerdeführer habe im dienstlichen Bereich zwischen den Schülern, die zur Mitarbeit bereit gewesen wären, und jenen Schülern, die ihre Mithilfe nicht angeboten hätten, keinen Unterschied gemacht. Laut Erklärung des Beschwerdeführers habe die Bereitschaft zur Mitarbeit keinen Niederschlag in der Benotung gefunden. Aufgestellte Namenslisten der Hilfsbereiten seien dem Beschwerdeführer nach der Abschlußbenotung des in der Schulabteilung selbst absolvierten Ausbildungsteiles übergeben worden. Unterziehe man den dem Beschwerdeführer vorgehaltenen außer Streit stehenden Sachverhalt einer Prüfung (unter dem Gesichtspunkt des § 43 Abs. 2 BDG 1979), erfülle er den objektiven Tatbestand einer Dienstpflichtverletzung. In praktischer Ausbildung stehende Polizeischüler seien (wie dem Beschwerdeführer bereits im vorangegangenen Ermittlungsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sei) bis zum Abschluß der Grundausbildung durch Ablegung der Dienstprüfung Angehörige der Schulabteilung der Bundespolizeidirektion Wien. Sie unterstünden daher bis zu diesem Zeitpunkt primär der Dienstaufsicht durch diese Organisationseinheit der Sicherheitswache. Die Rechtsordnung habe in Kennntnis des Umstandes, daß gerade innerhalb bestehender Abhängigkeitsverhältnisse Mißbräuche bzw. Pflichtwidrigkeiten durch Außenstehende oft nur schwer in Erfahrung gebracht werden könnten, nicht nur tatsächlich erfolgte Mißbräuche verpönt (vgl. etwa §§ 212 ff, 302 ff StGB), sondern sie stelle verschiedentlich auch schon Handlungen im Vorfeld eines solchen tatsächlichen Mißbrauches teils unter Strafsanktion (z.B.§ 304 Abs. 2 StGB bzw. § 91 in Verbindung mit §§ 43 und 59 BDG 1979), teils wolle sie derartige Situationen von Haus aus vermeiden (vgl. z.B. die verschiedenen Befangenheitsregelungen wie §§ 42 und 56 Abs. 2 BDG 1979). Es sei heute "nicht mehr viel" dagegen einzuwenden, wenn ein engagierter Lehrer an einer Polizeischule fallweise verschiedene Freizeitaktivitäten mit den ihm zur Ausbildung zugewiesenen Schülern setzte, um so den Korpsgeist oder das Empfinden für Kameradschaft zu prägen. Wenn aber diese Freizeitaktivitäten darin bestünden, als Lehrer diese Schüler in ihrer Freizeit unentgeltlich für den Bau des eigenen Wohnhauses einzusetzen, lasse man sich damit Gefälligkeiten nicht unbedeutender Art erweisen, die in der Allgemeinheit - ob nun konkret berechtigt oder nicht - Zweifel an der gerade bei einem Lehrer unbedingt erforderlichen Fähigkeit zur Objektivität der dienstlichen Amtsführung entstehen lassen könnten. Dem Beschwerdeführer wäre es zweifellos freigestanden und möglich gewesen, das Angebot seiner Schüler abzulehnen oder auch den "manifestierten Tatendrang" in andere unbedenkliche Bahnen zu lenken. Die Begründung der Versetzung (bzw. sogenannten qualifizierten Verwendungsänderung) mit wichtigen dienstlichen Interessen habe unabhängig davon zu erfolgen, ob das Verhalten des Beamten auch disziplinär zu ahnden sei. Auch ein disziplinär nicht zu ahndendes Verhalten eines Beamten könne ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung begründen. Bei dieser Rechtsauffassung erscheine der belangten Behörde die vom Beschwerdeführer kritisierte Aussage des Kommandanten der Schulabteilung der Sicherheitswache (daß einerseits "dienststrafrechtliche Maßnahmen nicht eingeleitet werden könnten, weil ein derartiges Verfahren ergebnislos verlaufen würde", aber andererseits die "Weiterverwendung als Lehrer nicht tragbar sei, weil die Autorität des Lehrers durch dieses Verhalten völlig untergraben worden ist") durchaus nachvollziehbar; es sei ihr - zumindest im zweiten Punkt - vorbehaltlos beizupflichten. In Übereinstimmung mit der Dienstbehörde erster Instanz müsse das wichtige dienstliche Interesse der Behörde, nur solche Beamte sollten die Ausbildung junger Polizeibeamter als Lehrer tragen, bei denen nicht der geringste Zweifel an ihrer Objektivität und der sachlichen Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben begründet sei, als evident angesehen werden. Von der Aufnahme der vom Beschwerdeführer beantragten Beweise habe die belangte Behörde Abstand genommen, da von ihnen keine relevanten Ergebnisse hätten erwartet werden können. Die Gesamtheit der dargestellten Umstände ließe die belangte Behörde zum Schluß kommen, die Abberufung des Beschwerdeführers von seiner bisherigen und die Zuweisung einer neuen Verwendung seien aus wichtigen dienstlichen Interessen erforderlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 40 Abs. 2 BDG 1979 ist die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung unter Zuweisung einer neuen Verwendung einer Versetzung gleichzuhalten, wenn

1. durch die Verwendung in der Laufbahn des Beamten eine Verschlechterung zu erwarten ist,

2. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder

3. die neue Verwendung des Beamten einer langdauernden und umfangreichen Einarbeitung bedarf.

Nach § 38 Abs. 2 erster Satz BDG 1979 ist eine Versetzung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht.

Nach Abs. 5 dieser Bestimmung ist die Versetzung mit Bescheid zu verfügen; eine Berufung gegen diesen Bescheid hat aufschiebende Wirkung.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, daß nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 erster Satz BDG 1979 eine Änderung seiner Verwendung von Amts wegen verfügt werde, die im Sinne des § 40 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. einer Versetzung gleichzuhalten sei, durch unrichtige Anwendung der erstzitierten Vorschrift sowie der Bestimmungen über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, Tatbestände der vorliegenden Art könnten sich trotz äußerlicher Ähnlichkeiten inhaltlich ganz wesentlich voneinander unterscheiden. Gerade der Lehrberuf gehöre offensichtlich zu jenen menschlichen Betätigungen, in denen es im besonders hohem Maße zu Engagement und Identifikation komme; dies führe nicht selten zur ehrlichen Dankbarkeit und Anhänglichkeit der Schüler. Andererseits seien auch die (möglicherweise bei der belangten Behörde nicht entsprechend bekannten) Gegebenheiten des ländliches Raumes zu berücksichtigten, aus dem ein Großteil der Polizeischüler komme. Dort sei die Nachbarschaftshilfe vor allem beim Hausbauen noch immer eine alltägliche Erscheinung, bei der niemand auf die Idee komme, dem Nachbarn etwas zu schenken. Im vorliegenden Fall sei es keinem der Beteiligten und auch nicht dem Beschwerdeführer um den materiellen Aspekt gegangen, sondern um den Ausdruck der persönlichen Verbundenheit. Die Schüler hätten gewußt, daß der Beschwerdeführer sie einerseits nicht mehr zu benoten oder zu bewerten und daß er keinen (auch keinen mittelbaren) Einfluß auf ihren Abschluß gehabt hätte und er ihnen andererseits wegen individueller Auskünfte und Hilfestellungen (sowie bisher) auch in Zukunft zur Verfügung stehen würde, ohne daß sie sich das durch irgendeine Gegenleistung hätten zu erkaufen brauchen. Der Beschwerdeführer habe ihre Hilfsbereitschaft als Ausdruck von Anerkennung und Dankbarkeit für seine Unterrichtstätigkeit und seinen persönlichen Einsatz sowie als Zeichen eines daraus hervorgegangenen kameradschaftlichen bis freundschaftlichen Verhältnisses angenommen und verstanden. Die Hilfsdienste der Schüler hätten nicht fremde Lohnarbeit, sondern Arbeiten, die ansonst der Beschwerdeführer, seine Geschwister oder andere unentgeltliche Helfer geleistet hätten, betroffen. Darin seien Dankbarkeit, Hilfsbereitschaft und kameradschaftlicher Zusammenhalt zum Ausdruck gekommen, Eigenschaften, die ganz besonders für künftige Polizeibeamte wertvoll seien. Trotz des subjektiven Charakters vieler dieser Umstände wäre durch geeignete Erhebungen eine völlige Klarstellung möglich gewesen. Im übrigen habe die belangte Behröde seine Darstellung und Charakterisierung der Angelegenheit nicht angezweifelt; sie argumentierte vor allem mit dem nach außen hin möglichen Eindruck der Tätigkeit seiner Schüler beim Hausbau. Dabei habe sie jedoch außer acht gelassen, daß auf Grund der feststehenden Ausbildungsorganisation die Schüler vom Beschwerdeführer nichts mehr zu erwarten oder zu befürchten gehabt hätten, was von einem zu erkaufenden Wohlwollen hätte abhängig sein können. Selbstverständlich habe er nach der Beanstandung keinen Schüler mehr bei sich arbeiten lassen. Auf Grund seines bisherigen dienstlichen Verhaltens sei auch nachprüfbar, daß eine Weisung ausgereicht habe bzw. hätte, den unerwünschten Vorgang abzustellen. Eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung sei ihm - wie sich aus dem Einstellungsbescheid der Disziplinarkommission vom 14. Dezember 1988 ergebe - nicht vorwerfbar. Der Vorfall habe (allenfalls) eine Untersagung der betreffenden Hilfsdienste durch Polizeischüler, keineswegs aber seine Abberufung von seiner Verwendung als Lehrer gerechtfertigt. Gerade im Interesse des Dienstes wären auch die positiven Merkmale seiner Leistung zu berücksichtigen gewesen.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob für die getroffene Personalmaßnahme (Verwendungsänderung im Sinn des § 40 Abs. 2 BDG 1979) wichtige dienstliche Interessen vorliegen oder nicht.

Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß auch ein disziplinär nicht zu ahndendes Verhalten eines Beamten ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung begründen kann (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1978, B 294/77 und B 462/77 = Slg. 8450 und die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1982, Zl. 82/12/0080 = Slg. 10.922/A sowie vom 27. Februar 1989, Zl. 88/12/0203). Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Umstand, auf Grund der Ablehnung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens stünde verbindlich fest, es sei ihm eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung nicht vorzuwerfen, geht deshalb ins Leere, zumal nach der ständigen Rechtsprechung das wichtige dienstliche Interesse im Sinn des § 38 Abs. 2 BDG 1979 ausschließlich nach objektiven Merkmalen und nicht danach zu beurteilen ist, inwieweit der Beamte diese Momente schuldhaft herbeigeführt hat (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1992, Zl. 91/12/0073 mit weiteren Judikaturhinweisen).

Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch die Auffassung der belangten Behörde, daß im Verhältnis Lehrer - Schüler ein strenger Maßstab in Bezug auf die Anforderungen der objektiven Besorgung der dienstlichen Aufgaben, zu denen vor allem eine sachgerechte Leistungsbeurteilung des Schülers gehört, anzulegen ist, der sich auch auf den außerdienstlichen Kontakt auswirkt. Leistungsbeurteilungen sind nur eingeschränkt einer inhaltlichen Kontrolle zugänglich. Umso wichtiger ist es, im Bereich der persönlichen Beziehung Lehrer - Schüler eine korrekte Ausgangssituation zu schaffen bzw. zu erhalten, die eine wichtige Voraussetzung einer weitgehend objektiven Beurteilung darstellt. Daher hat der Lehrer ein Verhalten zu vermeiden bzw. hintanzuhalten, das - unter Zugrundelegung einer typischen Durchschnittsbetrachtung - geeignet erscheint, den Anschein einer persönlichen Voreingenommenheit hervorzurufen. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der Lehrer zu einem Zeitpunkt das Angebot eines Schülers zur Erbringung einer nicht bloß ganz geringfügigen Leistung ausdrücklich oder stillschweigend annimmt, zu dem ihm in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht Einfluß auf den Abschluß der Schulausbildung (der Grundausbildung einschließlich der Dienstprüfung) dieses Schülers zukommt und daher dieses Leistungsangebot gleichsam den Eindruck einer Gegenleistung für eine bestimmte Art der Ausübung des Amtes bzw. der damit verbundenen Einflußmöglichkeiten durch den Lehrer erweckt. Zu welchem Zeitpunkt diese zugesagten und angenommenen Leistungen dann tatsächlich erbracht werden, ist in diesem Fall ohne Bedeutung.

Unter diesen Voraussetzungen sind die in der Freizeit unentgeltlich unf freiwillig von Schülern beim Bau des Hauses ihrers Lehrers erbrachten Hilfen grundsätzlich geeignet, den Anschein einer persönlichen Beeinflußung, hervorzurufen, deren Abstellen als wichtiges dienstliches Interesse im Sinne des § 38 Abs. 2 BDG 1979 zu bewerten ist.

Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt, der weitgehend den Angaben des Beschwerdeführers folgt, läßt jedoch eine nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu. Einerseits beruft sich die belangte Behörde auf das Ermittlungsergebnis eines am 6. Oktober 1988 durchgeführten Augenscheines (Einsatz von 2 Schülern bei Schalungsarbeiten), andererseits werden die Angaben des Beschwerdeführers, er habe seine Schüler fallweise zu Arbeiten herangezogen, von der belangten Behörde dem als erwiesen angeommenen Sachverhalt zugrunde gelegt. Ungeklärt bleibt damit, ob es sich um einen einmaligen Einsatz gehandelt hat oder ob öfters Schüler (bejahendenfalls wie viele, wie oft und zu welchen Arbeiten) eingesetzt wurden. Völlig offen bleibt auch, wann die Abschlußbenotung durch den Beschwerdeführer stattgefunden hat und zu welchem Zeitpunkt er vom Angebot einiger seiner Schüler erstmals erfahren hat, ihn beim Hausbau zu unterstützen. Die von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen (kein Einfluß der Bereitschaft zur bzw. der Ablehnung der Mitarbeit von Schülern auf deren Abschlußbenotung durch den Beschwerdeführer einerseits; Übergabe von Namenslisten hilfsbereiter Schüler an den Beschwerdeführer erst nach Abschluß des theoretischen Ausbildungsteils andererseits) beantworten nicht die entscheidende Frage, ob der Beschwerdeführer bereits vor der Abschlußbenotung das Angebot einiger seiner Schüler, ihm zu helfen, zumindest stillschweigend angenommen hat und sich diese Hilfsbereitschaft (allenfalls unter Gewinnung weiterer Mitschüler) erst zu einem späteren Zeitpunkt (zu dem die für das Verhältnis Lehrer - Schüler ganz wesentliche und typische Abhängigkeitssituation nicht mehr bestand und - auch hiezu fehlen konkrete Feststellungen - nicht mehr entstehen konnte) organisatorisch (durch Erstellung einer Liste) verfestigte.

Es bleibt auch völlig offen, welcher Einfluß dem Beschwerdeführer überhaupt in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht auf den Abschluß der Grundausbildung (einschließlich der Dienstprüfung) vor bzw. nach der Abschlußbenotung in den von ihm unterrichteten theoretischen Fächern zukam, insbesondere ob z.B. der negative Abschluß oder ein bestimmtes Leistungskalkül in den vom Beschwerdeführer unterrichteten Fächern im Rahmen des theoretischen Ausbildungsteiles der Grundausbildung etwa zur Aufhebung der Zulassung zur Grundausbildung führen konnte oder von Einfluß für die Durchführung der Dienstprüfung sein konnte.

Da der Sachverhalt, von dem die belangte Behörde ausgegangen ist, insbesondere was die Häufigkeit und die Art der von Schülern des Beschwerdeführers bei Hausbau erbrachten Leistungen, die im Rahmen der Grundausbildung dem Beschwerdeführer zukommenden Einflußmöglichkeiten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht sowie die zeitliche Abfolge des tatsächlichen Geschehens (vor allem Zeitpunkt der Annahme eines konkreten Hilfsangebotes bestimmter Schüler in Verbindung mit den dem Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt zustehenden Einflußmöglichkeiten) betrifft, nicht ausreichend geklärt wurde, ist es dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich zu beurteilen, ob bei einer verständigen Gesamtwürdigung aller im Beschwerdefall maßgebenden Umstände ein wichtiges dienstliches Interesse am Abzug des Beschwerdeführers aus seiner bisherigen Verwendung als Lehrer zu Recht bejaht werden konnte oder nicht.

Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 in Verbindung mit der nach ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989120054.X00

Im RIS seit

08.04.1992

Zuletzt aktualisiert am

02.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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