TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/26 88/05/0169

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Veröffentlicht am 26.05.1992
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Index

L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt
Niederösterreich;
L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs5 idF 1000-4;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und den Vizepräsidenten Dr. Jabloner sowie die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der I B in W, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der NÖ LReg vom 8.1.1987, Zl.II/2-V-84203/1, betreffend die Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 20. Mai 1983 wurde ein Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Erteilung der Baubewilligung zum Neubau eines Wirtschaftsgebäudes auf dem Grundstück 143/5 in EZ. 1030, KG. W, unter Berufung auf § 100 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200, abgewiesen. Die Berufung der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 19. Oktober 1984 ab, nachdem die Beschwerdeführerin Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hatte. Die Niederösterreichische Landesregierung gab der Vorstellung der Beschwerdeführerin mit dem nicht weiter bekämpften Bescheid vom 2. Mai 1985 Folge, behob den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat. Dies mit der Begründung, daß die Baubehörden den für die Entscheidung rechtlich bedeutsamen Sachverhalt nicht ausreichend erhoben hätten:

Zur Beurteilung der Erforderlichkeit eines Bauvorhabens zur Grünlandnutzung im Sinne des § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jeweils das Gutachten eines Sachverständigen für die im Flächenwidmungsplan vorgesehene Art der Grünlandnutzung einzuholen. Voraussetzung für ein solches Gutachten sei, daß der Bauwerber in umfassender Weise darstellt, ob und bejahendenfalls wie er beabsichtigt, sein als Grünland gewidmetes Grundstück zu nutzen und aus welchen Gründen die Errichtung des geplanten Wohn- oder Wirtschaftsgebäudes aus betriebswirtschaftlicher Sicht zur Nutzung dieser Grundfläche erforderlich sei. Weiters habe der Bauwerber eine eingehende Darstellung des Verwendungszweckes der zu errichtenden Räumlichkeiten und Anlagen sowie der Betriebsweise anzugeben. Ferner habe der Bauwerber der Baubehörde gegenüber betriebswirtschaftlich begründete Angaben zu machen, damit diese beurteilen könne, ob sich die im konkreten Fall geplante Tätigkeit als planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit darstellt, die der Bauwerberin einen zumindest nebenberuflichen Landwirtschaftsbetrieb ermöglicht. Die Bauwerberin sei zur Bekanntgabe dieser Angaben verpflichtet. Dadurch, daß die Baubehörden ihre Entscheidung ohne Kenntnis dieser Angaben getroffen hätten, sei der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht in ausreichendem Maß erhoben worden, weswegen das baubehördliche Verfahren an einem wesentlichen Verfahrensmangel leide. Die Bauwerberin wäre verpflichtet gewesen, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht die notwendigen Angaben vorzubringen. Im fortgesetzten Verfahren werde daher die Baubehörde II. Instanz der Bauwerberin gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufzutragen haben, binnen angemessener Frist die obigen Angaben bei der Baubehörde darzulegen. Sollten diese Angaben wiederum verweigert werden, wäre das Bauansuchen zurückzuweisen.

2. In der Folge erteilte der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde als Baubehörde II. Instanz der Beschwerdeführerin am 24. Juni 1985 einen "Verbesserungsauftrag" gemäß § 13 Abs. 3 AVG, ihr Bauansuchen durch bestimmte Angaben im Sinne der Aufsichtsbehörde zu ergänzen. Die Beschwerdeführerin habe in umfassender Weise darzustellen, wie sie beabsichtige, ihre als Grünland gewidmete Grundfläche zu nutzen und aus welchen Gründen die Errichtung des geplanten Wirtschaftsgebäudes aus betriebswirtschaftlicher Sicht zur Nutzung dieser Grundfläche erforderlich sei. Weiters habe sie eine eingehende Darstellung des Verwendungszweckes der zu errichtenden Räumlichkeiten und Anlagen sowie der Betriebsweise anzugeben. Ferner habe sie der Baubehörde gegenüber betriebswirtschaftlich begründete Angaben (Kalkulationen ...) zu machen, damit beurteilt werden könne, ob sich die im konkreten Fall geplante Tätigkeit als planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit darstellt, die zumindest einen nebenberuflichen Landwirtschaftsbetrieb ermöglichte.

3. Am 25. September 1985 übermittelte die Beschwerdeführerin dem Gemeinderat eine "Bekanntgabe", in der sie auf ihr bisheriges Vorbringen verwies und meinte, daß der Verwendungszweck der Räumlichkeiten aus den vorgelegten Plänen hervorginge. Diese Pläne könnten im Rahmen des baubehördlichen Verfahrens der jeweiligen Gegebenheit und dem jeweiligen Zeitpunkt angepaßt werden. Diese Anpassung sei deshalb notwendig, weil ihre Bemühungen um Erlangung einer Baugenehmigung schon jahrelang dauerten und daher ihre Absichten dem jeweiligen Zeitpunkt und der damit gegebenen Situation angepaßt werden müßten. Sie beabsichtige, eine Hühnerzucht aufzuziehen, bei der sowohl Küken aufgezogen als auch Legehühner gehalten werden sollten. In entsprechend adaptierten Räumen könnten bis zu 500 Legehühner gehalten werden. Es wäre auch genug Auslauf vorhanden, Futter könne zugekauft werden. Bei Legehühnern rechne sie ab dem fünften bzw. sechsten Monat mit zehn Monaten Legedauer und sohin einem Legeertrag von 75 %. Dies würde für eine Legeperiode einen Ertrag von rund 120.000 bis 150.000 Eiern bedeuten. Die Beschwerdeführerin führte dann weiter aus, daß sie den Betrieb an die jeweilige Situation anpassen und adaptieren könne. Eine nachhaltige Erwerbstätigkeit und ein Gewinn seien sehr wohl zu erwarten, der Betrieb werde planvoll auf Einnahmen gerichtet sein.

4. In weiterer Folge wurde der gesamte Bauakt von der mitbeteiligten Marktgemeinde dem agrartechnischen Sachverständigen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung mit dem Ersuchen übermittelt, "die Angaben der Bauwerberin einer ergänzenden Begutachtung zu unterziehen, ob die geplante Nutzung der Liegenschaft die Annahme eines Landwirtschaftsbetriebes rechtfertige, bejahendenfalls, ob für eine solche mögliche Nutzung die zur Genehmigung eingereichte Baulichkeit zur Hühnerzucht erforderlich bzw. ob zwischen dem Bauvorhaben und den Grundflächen ein sachlicher Zusammenhang im Hinblick auf die beabsichtigte Zweckbestimmung der Baulichkeit (für Hühnerzucht, Schafzucht etc.) herzustellen sei."

5. Am 28. Jänner 1986 richtete der landwirtschaftliche Sachverständige des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, Dipl.-Ing. M, ein Schreiben an die Beschwerdeführerin, in dem er zunächst ausführt, daß ihre Angaben in der "Bekanntgabe" vom 25. September 1985 für eine weitere Beurteilung nicht ausreichten. Sie werde daher gebeten, zu den folgenden Fragen Stellung zu nehmen:

1.

Wieviel Eigen- und eventuell Pachtgrund werden Sie in W bewirtschaften ?

Bezüglich der Eigenflächen mögen eine Kopie des letzten Einheitswertbescheides und im Falle von Pachtungen Pachtverträge vorgelegt werden.

2.

Mit welchen Maschinen und Geräten sollen diese Grundflächen bewirtschaftet werden ?

3.

Wieviele Legehühner sollen im beabsichtigten Bauobjekt gehalten werden (genaue Anzahl) ?

4.

Wieviele Küken sollen pro Jahr aufgezogen werden ?

5.

Ist bei den Legehennen eine extensive oder einer intensive Haltungsform vorgesehen ?

6.

Sollen die Legehennen auf dem Boden, in Käfigen oder in Batterien gehalten werden ?

7.

Soll die Fütterung der Tiere mit selbstproduziertem, teilweise mit selbstproduziertem oder mit zugekauftem Futter erfolgen ?

8.

Welcher Verwendung sollen die beiden Kellerräume zugeführt werden ?

9.

Welche Vorräte (Menge) sollen im Vorräteraum gelagert werden ?

10.

Welche Einrichtungen sind für die Futterküche vorgesehen ?

11.

Welche Geräte sollen im Geräteraum abgestellt werden ?

12.

Welches Lagergut bzw. welche Menge soll in den drei Scheunenabschnitten untergebracht werden ?

13.

Hat das Grundstück Nr. 143/5 einen Wasser- und einen Stromanschluß ?

              6.              Am 25. Februar 1986 richtete der Amtsachverständige ein Schreiben an die mitbeteiligte Marktgemeinde, in dem er aus.kerte, dem Ersuchen auf neuerliche Beurteilung der nachkommen zu können. Die Bauwerberin habe in ihrer "Bekanntgabe" nicht, wie dies im Vorstellungsbescheid gefordert werde,eine eingehende Darstellung der beabsichtigten Nutzung gegeben. Die zum Zweck der Konkretisierung gestellten Fragen wären innerhalb einer angemessenen Frist nicht beantwortet worden. Nach "ha. Ansicht" liege im Sinne des Vorstellungsbescheides ein Formgebrechen vor. Zugleich wurde der Bauakt der mitbeteiligten Marktgemeinde rückgemittelt.

              7.              Am 15. Mai 1986 erließ der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde einen Bescheid, in dem das Bauansuchen der Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen wurde. Begründend heißt es, daß die Bauwerberin dem Verbesserungsauftrag nicht vollständig entsprochen hätte. Ihre Stellungnahme weise keine konkreten Angaben auf. Trotzdem habe die Gemeinde versucht, beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung eine ergänzende Beurteilung des Bauvorhabens zu erwirken. Die Beschwerdeführerin habe aber die ergänzenden Fragen des landwirtschaftlichen Sachverständigen nicht beantwortet, sodaß im Sinne des Vorstellungsbescheides ein Formgebrechen vorliege.

              8.              Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die Niederösterreichische Landesregierung. Die Begründung dieser Vorstellung entspricht - soweit dies für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof noch von Bedeutung ist - im wesentlichen der Begründung der vorliegenden Beschwerde.

              9.              Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. In der Begründung weist die belangte Behörde darauf hin, daß die Gemeinde gemäß § 61 Abs. 1 der NÖ Gemeindeordnung 1973 bei einer neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden sei. Im nunmehrigen Verfahren sei zu prüfen, ob durch den angefochtenen Bescheid die Bindungswirkung verletzt worden sei. Gemäß § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 dürften im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten nur vorgesehen werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind. Nach § 19 Abs. 2 desselben Gesetzes wären im Flächenwidmungsplan die - in dieser Gesetzesstelle bezeichneten - Gründlandnutzungen auszuweisen. Unter Berufung auf eine einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes führt die belangte Behörde aus, daß die Baubehörde bei der Frage der Zulässigkeit eines Bauvorhabens nach § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 zunächst zu prüfen habe, ob eine geplante landwirtschaftliche Nutzung zumindest die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbes rechtfertige. Erst bei Bejahung dieser Frage sei dem Grunde nach die weitere Frage des Größenverhältnisses zwischen der landwirtschaftlich zu nutzenden Fläche des Grundstückes (Betriebsflächen) und der geplanten Baulichkeit zu prüfen. Die Frage, ob ein bestimmtes Gebäude für eine bestimmte Nutzung erforderlich sei, könne nur anhand eines konkreten Bauprojektes beantwortet werden. Da die in der Bekanntgabe der Beschwerdeführerin vom 25. Dezember 1985 enthaltenen Angaben für die Beurteilung des eingereichten Projektes ungenau und somit nicht nachvollziehbar gewesen wären, habe der agrartechnische Amtssachverständige die zusätzlichen Fragen gestellt. In der weiteren Folge führte die belangte Behörde aus, aus welchen Erwägungen sich im einzelnen die Fragen des Sachverständigen ergeben hätten. Diese konkreten Fragen habe die Beschwerdeführerin nicht beantwortet. Der agrartechnische Amtssachverständige habe aus verwaltungsökonomischen Gründen diese Fragen direkt an die Beschwerdeführerin gestellt. Ihrer Ansicht, den Auftrag zur Beantwortung dieser Fragen hätte sie vom Gemeinderat und nicht vom agrartechnischen Amtssachverständigen erhalten müssen, hält die belangte Behörde entgegen, daß dem Verbesserungsauftrag des Gemeinderates vom 24. Juni 1984 nicht entsprochen worden sei und daher bereits der Gemeinderat im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG einen zurückweisenden Bescheid hätte erlassen können. Daraus, daß er aber den agrartechnischen Amtssachverständigen um eine ergänzende Begutachtung ersucht und dieser zusätzliche Fragen an die Beschwerdeführerin gestellt habe, könne kein Verfahrensmangel abgeleitet werden. Die Aufsichtsbehörde kommt zusammenfassend zum Schluß, daß der Gemeinderat nicht rechtswidrig gehandelt habe, wenn er das Bauansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG abgewiesen (gemeint ist: zurückgewiesen) habe.

              10.              Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, in der sie die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung sowie die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend machte. Mit Erkenntnis vom 13. Juni 1988, B 156/87-14, hat der Verfassungsgerichtshof diese Beschwerde abgewiesen. Im Hinblick auf den Eventualantrag der Beschwerdeführerin nach Art. 144 Abs. 3 B-VG hat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde war im fortgesetzten Verfahren gemäß § 61 Abs. 5 erster Satz NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-0, in der Fassung der 3. Novelle LGBl. 1000-4, an die im (ersten) Vorstellungsbescheid vom 2. Mai 1985 geäußerte Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden, wobei sich diese Bindung sowohl auf Fragen des materiellen Rechts wie auch des Verfahrensrechtes bezog (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1972, Zl. 801/72). Auch für die belangte Behörde als (Aufsichts- und damit) Vorstellungsbehörde bestand im zweiten Rechtsgang eine Bindung an die in ihrem ersten Vorstellungsbescheid geäußerte Rechtsansicht (VwSlg. 7912/A), wonach der Gemeinderat als Baubehörde II. Instanz auf Grund entsprechender von der Beschwerdeführerin gemäß § 97 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0, in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-3, zu machender Angaben unter Heranziehung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben werde, ob das geplante Gebäude im Sinne des § 19 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976, LGBl. 8000-1, in der Fassung der Novelle LGBl. 8000-2, für eine Grünlandnutzung nach § 19 Abs. 2 dieses Gesetzes erforderlich ist. Zur Erstellung des erforderlichen Sachverständigengutachtens bedürfe es, wie die belangte Behörde in den den Spruch ihres (ersten) Vorstellungsbescheides tragenden Gründen weiters zum Ausdruck brachte, einer umfassenden Darstellung der Beschwerdeführerin, wie sie ihre als Grünland gewidmete Grundfläche zu nutzen beabsichtige und aus welchen Gründen die Errichtung des geplanten Gebäudes aus betriebswirtschaftlicher Sicht für diese Nutzung erforderlich sei.

2. An den Spruch und die ihn tragenden Gründe des (ersten) Vorstellungsbescheides vom 2. Mai 1985 sind nicht nur die belangte Behörde und der Verfassungsgerichtshof (vgl. dessen Erkenntnis vom 13. Juni 1988, B 156/87-14), sondern auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden.

3. Die Beschwerdeführerin begründet ihre Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof damit, daß ihr Antrag von der Baubehörde

II. Instanz nicht zurückzuweisen gewesen wäre, weil tatsächlich kein Formmangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vorgelegen wäre. Die Baubehörde II. Instanz habe auf Grund des Akteninhaltes genügend Informationen gehabt und hätte ihre Zurückweisung daher nicht nur auf die Nichtbeantwortung der gestellten Fragen durch die Beschwerdeführerin stützen dürfen.

Rechtswidrigerweise sei der Beschwerdeführerin die Verpflichtung auferlegt, im Bauansuchen in umfassender Weise darzustellen, wie sie beabsichtige, ihre als Grünland gewidmete Grundfläche zu nutzen und aus welchen Gründen die Errichtung des geplanten Wohn- oder Wirtschaftsgebäudes aus betriebswirtschaftlicher Sicht zur Nutzung dieser Grundfläche erforderlich sei. Die belangte Behörde könne sich nach beinahe zehn Jahren Verfahrensdauer nicht auf den Standpunkt zurückziehen, daß der von der Beschwerdeführerin eingebrachte Antrag deshalb mit einem Formmangel behaftet wäre, weil sie diverse Fragen des Amtssachverständigen nicht beantwortet hätte.

4. Im nunmehrigen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Baubehörde

II. Instanz bindungsgemäß und daher zu Recht von der Erforderlichkeit jener Sachverhaltsangaben ausgegangen ist, die der Beschwerdeführerin mit "Verbesserungsauftrag" gemäß § 13 Abs. 3 AVG vom 24. Juni 1985 aufgetragen wurden. Die Beschwerdeführerin hat darauf in ihrer "Bekanntgabe" vom 25. September 1985 Antworten gegeben, die von der mitbeteiligten Marktgemeinde dahingehend zu qualifizieren waren, ob der im Sinne des Vorstellungsbescheides gegebene Formmangel des Antrages nunmehr behoben sei oder nicht. Wenn die mitbeteiligte Marktgemeinde dabei zum Ergebnis gekommen ist, daß die Angaben der Beschwerdeführerin nicht ausreichten, so hätte sie bereits zu diesem Zeitpunkt den Antrag bescheidmäßig zurückweisen müssen. Die Einschaltung des landwirtschaftlichen Sachverständigen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung erweist sich aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes als ein Verfahrensvorgang, der - in inhaltlicher Betrachtung - nicht mehr auf die Behebung eines Formmangels, sondern bereits auf die Erstellung des nach § 19 Abs. 2 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 erforderlichen Sachverständigengutachtens zielte. Damit ist die Berufungsbehörde aber implicite davon ausgegangen, daß dem erwähnten "Verbesserungsauftrag" durch die Beschwerdeführerin entsprochen worden ist, weshalb sie nicht - mehr - berechtigt war, das Ansuchen der Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen.

Dadurch, daß die belangte Behörde den vor ihr bekämpften Berufungsbescheid trotz der aufgezeigten Rechtswidrigkeit nicht aufhob, hat sie damit ihren eigenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet; der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1988050169.X00

Im RIS seit

26.05.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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