TE Vwgh Erkenntnis 1992/5/26 91/05/0203

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Veröffentlicht am 26.05.1992
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §2 Abs1;
AVG §37;
AVG §69 Abs4;
BauO OÖ 1976 §45 Abs2;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des FR in Linz, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. September 1991, Zl. BauR-010474/5-1991 See/Bi, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 30. Dezember 1987 beantragte der Beschwerdeführer beim Magistrat Linz die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines zweigeschoßigen Anbaues, eines Kühlraumes und eines Flugdaches auf den Grundstücken 998/16 und .71/2, KG X.

Mit Verfahrensanordnung vom 3. Februar 1988 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen vier Wochen nach Zustellung des Schreibens um eine Bauplatzbewilligung einzukommen, anderenfalls das Baubewilligungsansuchen gemäß § 45 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung zurückgewiesen werden müßte.

In der Folge suchte der Beschwerdeführer um eine solche Bauplatzbewilligung an und mit Bescheid vom 12. Juli 1989 erteilte der Magistrat Linz diese Bewilligung. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und zog gleichzeitig das (irrtümlich eingebrachte) Ansuchen um Bauplatzerklärung zurück, worauf der Stadtsenat Linz mit Bescheid vom 6. September 1989 der Berufung Folge gab und die erstinstanzliche Bauplatzbewilligung behob.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 1989 wies der Magistrat Linz das Bauansuchen unter Hinweis auf § 45 Abs. 2 der

O.ö. Bauordnung (BO) zurück. Die Zurückweisung wurde mit dem Fehlen einer Bauplatzbewilligung begründet.

In seiner dagegen erhobenen Berufung behauptete der Beschwerdeführer, es sei bereits früher anläßlich der Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung die Bauplatzbewilligung erfolgt. Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß unter den vorhandenen Bau- bzw. Grundakten keine Bauplatzbewilligung hätte aufgefunden werden können. Nach Äußerungen durch den Beschwerdeführer gab der Stadtsenat Linz mit Bescheid vom 12. April 1990 der Berufung keine Folge. Die Gemeindebehörde zweiter Instanz vertrat die Auffassung, daß die im § 45 Abs. 2 BO geforderte Bauplatzbewilligung nach der Aktenlage nicht erfolgt sei, und auch der Beschwerdeführer keine Daten einer Bauplatzbewilligung hätte vorlegen können. Auch im Grundbuch sei eine Bauplatzqualifikation der gegenständlichen Grundstücke nicht ersichtlich gemacht worden, wofür jedoch sowohl nach der früheren Rechtslage als auch nach den geltenden Bestimmungen ein gesetzliche Verpflichtung bestanden hätte.

Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die

O.ö. Landesregierung mit Bescheid vom 8. Oktober 1990 Folge, sie behob den Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Diese Aufhebung wurde im wesentlichen damit begründet, daß mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 2. Juli 1975 eine Grundabteilung genehmigt worden sei, von der die Baubehörde in der Folge festgestellt habe, daß sie im Hinblick auf einen tatsächlichen Baubeginn nicht mehr unwirksam werde. Wenn aber zwischen 1975 und 1977 eine Baubewilligung erteilt worden sei, wie sich aus der Amtsbestätigung ergebe, welche nun nicht mehr auffindbar sei, so könne auch nicht ausgeschlossen werden, daß diesem Bauvorhaben eine Bauplatzbewilligung zugrunde gelegen sei, die ebenfalls in Verlust geraten sein könnte. Könne eine Behörde den Sachverhalt nicht schlüssig aus den Akten ersehen bzw. habe die Behörde Grund zur Annahme, daß aus den vorhandenen Akten nicht der vollständige wahre Sachverhalt zu ersehen sei, so habe sie den vollständigen maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen durch die Aufnahme entsprechender Beweise zu erheben. Im Beschwerdefall könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Behörde bei Durchführung eines umfassenden amtswegigen Ermittlungsverfahrens zu einem anders lautenden Bescheid gelangt wäre. Es seien daher Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden.

Im fortgesetzten Verfahren auf Gemeindeebene wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. November 1990 ersucht, sämtliche in seinem Besitz befindlichen Bescheide, Einreichpläne usw. innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Schreibens in Ablichtung zu übermitteln. In seiner Äußerung vom 4. Dezember 1990 teilte der Beschwerdeführer mit, daß im abgeführten Verfahren bereits umfangreiche Unterlagen vorgelegt worden seien.

Einer Ladung vom 1. Februar 1991 leistete der Beschwerdeführer keine Folge, doch wurde mit einem Schreiben vom 25. Februar 1991 nochmals auf bereits vorgelegte Unterlagen verwiesen. In der Folge übermittelte die Gemeindeaufsichtsbehörde im Vorstellungsverfahren vorgelegte Unterlagen des Beschwerdeführers, wobei nähere Angaben fehlen.

Mit Bescheid vom 4. April 1991 gab der Stadtsenat der Berufung neuerlich keine Folge. Die Berufungsbehörde ging zunächst davon aus, daß nach § 2 Abs. 1 BO der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden nur auf Grundflächen bewilligt werden darf, für die eine Bauplatzbewilligung nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 3 bis 5 vorliege oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt werde. In dem im Archiv der Baubehörde vorhandenen Aktenmaterial finde sich keine Bauplatzbewilligung und auch die im Vorstellungsverfahren vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden böten keine Indizien dafür, daß für das Grundstück eine rechtswirksame Bauplatzbewilligung vorliege. Das Grundstück 998/16, KG X, habe seine derzeitige Größe und Figuration erst durch den Grundteilungsbescheid des Magistrates Linz vom 2. Juli 1975 erhalten und es könnte eine allfällige, noch rechtswirksame Bauplatzbewilligung erst nach diesem Zeitpunkt erteilt worden sein. Zum Zeitpunkt der Grundteilungsbewilligung vom 2. Juli 1975 sei das gegenständliche Grundstück jedenfalls kein Bauplatz gewesen, was sich allein daraus ergebe, daß die im verwendeten Bescheidformular vorgesehenen Auflagenpunkte 7), 8), 9) und 10), die auf bewilligte Bauplätze abstellen, nicht zum Bescheidinhalt erklärt worden seien. Es finde sich nun zwar in dem Bezug habenden Grundteilungsakt ein Aktenvermerk und eine Amtsbestätigung (jeweils vom 23. Juli 1979), wo festgestellt werde, daß mit den Bauausführungen innerhalb der zweijährigen Wirksamkeitsdauer begonnen worden sei, aus dieser Feststellung könne jedoch nicht zwingend abgeleitet werden, daß dieser Bauführung, für welche keine Aktenunterlagen auffindbar seien, auch eine Bauplatzbewilligung zugrunde gelegen sei. Es scheine nämlich äußerst unüblich, daß zunächst eine Grundteilungsbewilligung ohne gleichzeitige Schaffung von Bauplätzen beantragt und mit Bescheid vom 2. Juli 1975 auch erteilt worden sei, und erst nach dieser Bewilligung eine weitere (nicht aktenkundige) Bauplatzbewilligung erlangt worden wäre. Der im Gesetz vorgesehene Normalfall wäre nämlich gemäß § 1 Abs. 2 lit. a der seinerzeit in Geltung gestandenen Linzer Bauordnungsnovelle 1976 der gewesen, daß zugleich mit der Grundteilung die neu geschaffenen Grundstücke zum Bauplatz erklärt worden seien. Hinzuweisen sei auch darauf, daß im Bereich der Baubehörde erster Instanz Bauplatzbewilligungsverfahren bzw. Grundteilungsverfahren aktenmäßig getrennt vom eigentlichen Baubewilligungsverfahren abgehandelt würden. Selbst wenn daher Aktenunterlagen über die in der Amtsbestätigung vom 13. Juli 1979 erwähnte Bauführung nicht auffindbar seien, so sei es doch äußerst unwahrscheinlich, daß neben dem Baubewilligungsakt auch ein allenfalls vorhandener Bauplatzbewilligungsakt in Verstoß geraten sei, und zugleich auch der Beschwerdeführer gerade diese Bauplatzbewilligung verloren hätte. Gegen das Vorhandensein einer Bauplatzbewilligung spreche auch der Umstand, daß im Grundbuch eine Bauplatzqualifikation der gegenständlichen Grundstücke nicht ersichtlich gemacht worden sei, wofür jedoch sowohl nach der früheren Rechtslage als auch nach den geltenden Bestimmungen eine gesetzliche Verpflichtung bestanden habe. Letztlich hätte auch der Beschwerdeführer, obwohl er in der Ladung vom 1. Februar 1991 dazu ausdrücklich aufgefordert worden sei, keine Beweisunterlagen aus den Jahren 1975 bis 1977 vorgelegt, aus denen sich nur im entferntesten ein Indiz für eine in diesem Zeitraum erteilte Bauplatzbewilligung ableiten ließe. Für die Berufungsbehörde sei demnach auch auf Grund der Ergebnisse des ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht als erwiesen anzusehen, daß hinsichtlich der Baugrundstücke eine rechtswirksame Bauplatzbewilligung vorliege. In verfahrensrechtlicher Hinsicht sei in diesem Zusammenhang zu bemerken, daß trotz der Verpflichtung der Baubehörde zur amtswegigen Durchführung eines Ermittlungsverfahrens auch die Verfahrensparteien eine Mitwirkungspflicht treffe. Gerade bei der Feststellung, ob angenommen werden könne, daß eine bestimmte Bewilligung erteilt worden sei, komme der Partei eine wesentliche Mitwirkungspflicht zu, da es die Erhebungspflicht der Behörde überspannen würde, einen (praktisch unmöglichen) Negativbeweis zu erbringen. In den Reaktionen des Beschwerdeführers auf die behördlichen Aufforderungen im ergänzenden Ermittlungsverfahren, also in der bloßen Verweisung auf die im Vorstellungsverfahren vorgelegten Unterlagen, könne aber wohl kaum eine sachdienliche Mitwirkung gesehen werden, da die im Vorstellungsverfahren vorgelegten Unterlagen keinen zielführenden Hinweis auf eine erteilte Bauplatzbewilligung bieten. Wäre Gegenteiliges der Fall gewesen, so hätte die Aufsichtsbehörde den Berufungsbescheid auch nicht wegen mangelnder Sachverhaltsdarstellung behoben, sondern den Gemeindebehörden unmittelbar die Rechtsansicht überbunden, daß vom Vorliegen einer Bauplatzbewilligung auszugehen sei.

In seiner dagegen eingebrachten Vorstellung verweist der Beschwerdeführer insbesondere darauf, daß eine erteilte Baubewilligung in den Verwaltungsakten des Magistrates Linz nicht auffindbar gewesen sei, wobei seiner Meinung nach davon auszugehen sei, daß dieser Baubewilligung bzw. diesem Bauvorhaben eine Bauplatzbewilligung zugrunde gelegen sei, deren Akt ebenfalls in Verlust geraten sei. Auch sei die Beweisführung der Berufungsbehörde nicht stichhaltig, daß erst nach der Grundteilungsbewilligung vom 2. Juli 1975 eine Bauplatzbewilligung hätte erteilt worden sein können, da im verwendeten Bescheidformular verschiedene Auflagen nicht angekreuzt worden seien. Es müßte doch sonst davon ausgegangen werden, daß der Aktenvermerk und die Amtsbestätigung vom 23. Juli 1979 eine Bauführung zum Gegenstand hätten, die gesetzwidrig ohne zugrundeliegende Bauplatzbewilligung bewilligt worden wäre. Tatsächlich habe jedenfalls die Baubehörde die angebotenen Beweise der Vernehmung von Zeugen und Beteiligten nicht aufgenommen und es sei schon aus diesem Grunde auch das Ermittlungsverfahren ergänzungsbedürftig geblieben.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 3. September 1991 gab die O.ö. Landesregierung der Vorstellung mit der Feststellung keine Folge, daß der Beschwerdeführer durch den Berufungsbescheid des Stadtsenates in seinen Rechten nicht verletzt werde. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens teilte die Gemeindeaufsichtsbehörde die Auffassung der Berufungsbehörde, daß sich das ergänzend durchgeführte Ermittlungsverfahren als ausreichend erwiesen habe. Unter diesen Umständen hätten sich auch weitere Zeugeneinvernahmen bzw. die Vernehmung von Beteiligten wohl nicht mehr als zielführend erwiesen. Das Grundstück Nr. 998/16, KG X, habe seine derzeitige Größe und Figuration erst durch den Grundteilungsbescheid des Magistrates Linz vom 2. Juli 1975 erhalten und könnte demnach die in Rede stehende Bauplatzbewilligung für dieses Grundstück, wie aus dem Bescheid der Berufungsbehörde unbestritten hervorkomme, erst nach diesem Zeitpunkt erteilt worden sein. Auch nach Auffassung der Gemeindeaufsichtsbehörde ergebe sich aus diesem Grundteilungsbescheid, daß das Grundstück bis dahin kein bewilligter Bauplatz gewesen sei, weil in diesem Bescheidformular ausdrücklich auf die Einhaltung der Punkte 3), 4), 11) und 13) hingewiesen werde, nicht aber auf solche Auflagenpunkte, die auf einen bewilligten Bauplatz abstellen. So gesehen scheine ein diesbezüglicher Irrtum aber geradezu ausgeschlossen. Was den vom Beschwerdeführer immer wieder zitierten Aktenvermerk und die Amtsbestätigung jeweils vom 23. Juli 1989 (richtig: 1979) anlange, der zufolge in Abstimmung mit der bewilligten Grundteilung innerhalb ihrer zweijährigen Wirksamkeitsdauer mit dem Bau bzw. mit Bauausführungen begonnen worden sei, sei zu bemerken, daß sich daraus jedenfalls kein bestimmtes Bauvorhaben eruieren lasse, insbesondere nicht erkennbar sei, daß dieser Bau erst nach dem 2. Juli 1975 bewilligt worden sein soll. Wie der Beschwerdeführer nach der Aktenlage selbst vorgebracht habe, seien ihm bereits vor 1975, nämlich in den Jahren 1962, 1968, 1973 und 1974 mehrfach Baubewilligungen erteilt worden, und es scheine daher nur sehr wahrscheinlich, daß sich die mit dem Aktenvermerk und der Amtsbestätigung ausgesprochene Bauführung auf eine solche Baubewilligung beziehe. Zu erwähnen wäre hier vor allem die mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 8. November 1973 erteilte Baubewilligung für einen Umbau, eine Garage und eine Ölheizung auf den Grundstücken 998/16 und .71/2 der KG X, welche der Beschwerdeführer zusammen mit dem Grundteilungsbescheid vom 2. Juli 1973 in Vorlage gebracht habe. Der Beschwerdeführer hätte bei entsprechender Mitwirkung im Rahmen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens die Möglichkeit gehabt, darzulegen, um welche Bauführung es sich seinerzeit allenfalls gehandelt habe bzw. aufzuzeigen gehabt, daß diese Bauführung mit der früher erteilten Baubewilligung in keinem Zusammenhang stünde. Daß schließlich die Baubehörde einen Baubewilligungsbescheid für dieses Grundstück aus der Zeit zwischen 1975 und 1977 nicht auffindet, lasse noch nicht den eindeutigen Schluß zu, daß diesbezügliche Aktenunterlagen verloren gegangen seien, sondern lasse durchaus auch den (näherliegenden) Schluß zu, daß eine Baubewilligung für diesen Zeitraum gar nicht erteilt worden sei. Sei es nun aber äußerst fraglich, ob ein solcher Baubewilligungsbescheid für ein nicht näher bezeichnetes Bauvorhaben überhaupt vorliege, so sei auch eine damit im Zusammenhang erteilte Bauplatzbewilligung, welche allenfalls auch mit einem gesonderten Akt in Verstoß geraten sein müßte, und welche trotz gesetzlicher Verpflichtung im Grundbuch auch nicht ersichtlich gemacht worden sei, geradezu ausgeschlossen. Aus den oben angeführten Gründen scheine sohin die Annahme des Vorliegens der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Bauplatzbewilligung nicht mehr gerechtfertigt und es sei sohin die Zurückweisung des Bauansuchens wegen Fehlens einer entsprechenden Bauplatzbewilligung bzw. auch mangels fristgerechten Ansuchens um eine solche durchaus zu Recht erfolgt.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde erstatteten Gegenschriften und beantragten die Abweisung der Beschwerde.

Da die Verwaltungsakten unvollständig vorgelegt worden waren, ersuchte der Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 16. März 1992 die belangte Behörde, binnen dreier Wochen sämtliche Bauakten (auch Abteilungsakten) bezüglich der hier in Betracht kommenden Liegenschaften und Grundstücke, welche zum Teil im einzelnen angeführt wurden, vorzulegen. Weiters wurde ersucht, innerhalb dieser Frist bekanntzugeben, welche Raumordnungspläne (Flächenwidmungspläne, Bebauungspläne usw.) für die Grundflächen maßgeblich seien und waren (ab 1970). Diese Verfügung wurde auch der mitbeteiligten Stadt Linz und dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht.

Mit Schreiben vom 9. April 1992 legte die Mitbeteiligte ergänzend Verwaltungsakten vor und bemerkte, daß die Hausnummer "M-Straße 17" erst im Jahre 1976 vergeben worden sei, ein Hausakt M-Straße 17 sei nicht vorhanden. Weiters wurde bekanntgegeben, daß im fraglichen Bereich seit 10. Mai 1988 der Flächenwidmungsplan Linz-Teil Mitte und Süd Nr. 1 in Geltung stehe und es zuvor in diesem Bereich keinen rechtswirksamen Flächenwidmungsplan gegeben habe. An Bebauungsplänen habe seit 8. Oktober 1968 der Teilbebauungsplan S 116/II gegolten, der am 16. August 1982 in dem hier maßgebenden Bereich vom Bebauungsplan S 116/V abgelöst worden sei. Die belangte Behörde teilte mit einem Schreiben vom 23. April 1992 mit, daß die gewünschten Verwaltungsakten und geforderten Informationen von der Stadt Linz unmittelbar dem Verwaltungsgerichtshof übermittelt worden seien. Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers verwies insbesondere darauf, daß er den Bäckereibetrieb im Jahre 1958 von seinem Vater übernommen und in der Folge ausgebaut habe, insbesondere durch einen Zubau in den Jahren 1972/73, wobei 1974 um eine weitere "Zubauerweiterung", um den Einbau eines größeren Backofens und im ersten Stock um zwei Wohnungen ersucht worden sei. Dieses Ansuchen sei zunächst negativ behandelt, dann aber doch genehmigt worden. 1978 sei die Bäckerei mit Zubau kommissioniert worden, wobei der Beschwerdeführer hier Namen beteiligter Amtsorgane nennt. Nach dieser Kommissionierung sei ihm mitgeteilt worden, daß die Stadt Linz den Bebauungsplan geändert habe und der Zubau nunmehr an der Grundgrenze stehe, nach dem neuen Plan jedoch von dieser 3,50 m entfernt sein müßte. Dieses Ansuchen habe er am 29. Mai 1978 eingebracht und es sei vom Bauamt am 23. September 1982 positiv erledigt worden. 1983 sei anläßlich einer Kommissionierung erstmals erwähnt worden, daß der Bauakt nicht auffindbar sei. 1985 habe gleichfalls eine Kommissionierung stattgefunden und zwei Jahre später sei ein Bauansuchen vorgeschrieben worden, da der Zubau angeblich konsenslos errichtet worden sei. Alle baulichen Änderungen sowie Ofeneinbauten seien aber immer mit Genehmigungen durchgeführt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf Grund der vorgelegten Verwaltungsakten ist zunächst davon auszugehen, daß mit Bescheid des Magistrates Linz vom 16. Dezember 1948 gleichzeitig die gewerbepolizeiliche Genehmigung und die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung des Bäckereibetriebes auf den hier in Betracht kommenden Grundflächen erteilt worden sind, und zwar auf dem Baugrundstück .71, welches nach der Plandarstellung offensichtlich einen großen Vierkanthof betraf. Teilweise dürfte sich das Bauvorhaben auch auf das Grundstück 998/1 erstreckt haben. Mit Bescheid vom 18. Februar 1971 bewilligte der Magistrat Linz eine Grundteilung, mit welcher u.a. die hier maßgeblichen Grundstücke 998/16 und .71/2 neu geschaffen wurden. Anlaß für diese Teilung war ein Verlassenschaftsverfahren, und obwohl Grundabtretungen entsprechend dem rechtswirksamen Teilbebauungsplan erfolgten, war eine formelle Erklärung von Grundflächen zu einem Bauplatz nicht Gegenstand dieses Bescheides. Mit Bescheid vom 2. Juli 1975 bewilligte der Magistrat Linz eine weitere Grundabteilung, mit der laut Ansuchen das Grundstück 998/16 durch Einbeziehung von Grundflächen des Grundstückes 998/1 auf 1850 m2 vergrößert wurde und gleichzeitig neuerlich die Abtretung von Grundflächen ins öffentliche Gut vorgesehen war, sodaß mit dieser Grundabteilung jedenfalls de facto der nunmehr bestehende Bauplatz geschaffen worden ist, wenngleich eine Erklärung zum Bauplatz nicht erfolgte. Letzteres könnte etwa auch deshalb unterblieben sein, weil im Ansuchen nur von einer Vergrößerung "von 998/16 auf 1850 m2" die Rede ist, die Behörde also von einem bereits bewilligten Bauplatz ausgegangen sein könnte. Mit einer Amtsbestätigung vom 23. Juli 1979 wurde dem Verfasser des Teilungsplanes gemäß § 9 Abs. 1 der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 bestätigt, daß der Bescheid vom 2. Juli 1975 nicht mehr unwirksam werde, weil innerhalb der zweijährigen Wirksamkeitsdauer mit dem Bau begonnen worden sei. In einem Aktenvermerk vom gleichen Tage war festgestellt worden, daß aus dem Bauakt M-Straße 19 ersichtlich sei, daß mit den Bauausführungen innerhalb der zweijährigen Wirksamkeitsdauer begonnen worden sei, die Grundteilung daher gemäß § 9 LBO-Novelle nicht mehr unwirksam werde. Aus einem magistratsinternen Schreiben vom 14. April 1980 ergibt sich, daß die abgetretenen Grundflächen für den beabsichtigten Straßenbau in Anspruch genommen werden können und Entschädigungsverhandlungen unabhängig von der Grundinanspruchnahme durchgeführt werden. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 7. November 1980, Zl. 6429/80, wurde die Durchführung der vorgesehenen Teilungen im Grundbuch bewilligt. Für das durchgeführte Verwaltungsverfahren war nun nach (unzutreffenden) Ansicht der Verwaltungsbehörden u.a. die Frage entscheidend, ob dieser Bescheid vom 2. Juli 1975 nicht als Bauplatzbewilligung zu beurteilen ist. Der Stadtsenat und auch die belangte Behörde verneinten dies im Hinblick darauf, daß in dem verwendeten Formular nicht auf Auflagenpunkte verwiesen worden sei, die auf einen bewilligten Bauplatz abstellen. Diese Argumente scheinen dem Verwaltungsgerichtshof nicht zwingend, könnten doch die entscheidenden Amtsorgane davon ausgegangen sein, wie dies auch dem Antrag entsprechen dürfte, daß ein tatsächlich bestehender Bauplatz nur vergrößert werde. Eine Vorschreibung aber, die zum gemeinsamen Bauplatz erklärten Grundstücke in einer Einlagezahl des Grundbuches vorzutragen, war nicht erforderlich, weil hier schon auf Grund der Abteilungsbewilligung vom 18. Februar 1971 eine Vereinigung in einer Einlagezahl erfolgt ist (Formularpunkt 7). Eine Zustimmung der Straßenverwaltung (Punkt 10 des Formulars) kam schon deshalb nicht in Betracht, weil hier die Straße noch gar nicht ausgebaut war und gleichzeitig eine Grundabtretung für Verkehrsflächen erfolgte. Aus diesem Grunde kam auch eine Vorschreibung nach Punkt 9 (Herstellung der Höhenlage) nicht in Betracht. Hinsichtlich des im Bescheidformular vorgesehenen Punktes 8, nämlich die Ersichtlichmachung der baurechtlichen Qualifikation Bauplatz, hätte an sich eine Vorschreibung erfolgen müssen, weil die Grundflächen bisher nicht zum Bauplatz erklärt worden sind. Aus dem Teilungsplan selbst läßt sich zwar zu dieser Frage nichts ableiten, wohl aber ergibt sich aus einer Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Linz, daß die Kulturgattung des Grundstückes 998/16 auf Wiese lautet. Aus dem Grundabteilungsakt ergibt sich auch kein Anhaltspunkt, daß einer Bauplatzschaffung irgendwelche Hindernisse entgegengestanden wären. Die Verwaltungsbehörden gingen aber jedenfalls zu Recht davon aus, daß eine formelle Erklärung der Grundflächen zum Bauplatz nicht erfolgte. Dies muß freilich nicht dazu führen, daß eine gesonderte Bauplatzbewilligung auf jeden Fall neuerlich erforderlich ist. So kann etwa nach der Übergangsbestimmung des § 69 Abs. 4 BO eine allenfalls unterbliebene Ersichtlichmachung des Bauplatzes im Grundbuch vom Eigentümer nachträglich beantragt werden bzw. hat die Baubehörde den Grundeigentümer erforderlichenfalls mit Bescheid zur Ersichtlichmachung des Bauplatzes im Grundbuch zu veranlassen. Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob eine Anwendung dieser Gesetzesstelle in Betracht gekommen wäre oder nicht, geht es doch primär um die Frage, ob die Baubehörde im Rahmen des konkreten Baubewilligungsverfahrens eine formelle Bauplatzerklärung als erforderlich erachten mußte.

Anläßlich einer Verhandlung betreffend die Überprüfung des Betriebes am 10. Jänner 1985 war festgestellt worden, daß der Bäckereibetrieb gegenüber der bau- und gewerbebehördlichen Bewilligung vom 16. Dezember 1948 wesentlich erweitert worden sei. So seien im Westbereich des Objektes ein zweigeschoßiger Zubau in der Größe von ca. 8 x 18 m und ein Flugdach errichtet worden, und zwar nach den Angaben des Grundeigentümers im Jahre 1975, für die jedoch im Hausakt keine Genehmigung vorhanden sei. Für diese und weitere Bauführungen erteilte daraufhin der Magistrat Linz mit Bescheid vom 23. Oktober 1987 einen Beseitigungsauftrag, wobei die Möglichkeit eingeräumt wurde, um die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung anzusuchen. Dieser Bescheid war auslösend für das in der Sachverhaltsdarstellung erwähnte Bauansuchen vom Dezember 1987. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat nun ergeben, daß der baupolizeiliche Beseitigungsauftrag hinsichtlich einer Reihe von Baumaßnahmen nicht gerechtfertigt sein dürfte, weil zumindest eine baubehördliche Bewilligung mit einem Bescheid vom 8. November 1973 für eine Betriebserweiterung, einen Geschäftsanbau und einen Garagenneubau erteilt worden ist, für welche Verwaltungsakten nicht auffindbar waren. Unter diesen Umständen hätte die Baubehörde eingehend prüfen müssen, ob das neuerliche Bauansuchen überhaupt erforderlich war, hat doch der Beschwerdeführer stets behauptet, daß er sämtliche Bauführungen nur mit baubehördlicher Bewilligung vorgenommen habe, ein Standpunkt, der im Hinblick auf die von ihm vorgelegten Unterlagen durchaus berechtigt sein dürfte, zumal sich aus den Verwaltungsakten selbst ergibt, nämlich aus dem Verwaltungsakt über das 1975 eingeleitete Grundabteilungsverfahren, daß damals baubehördlich bewilligte Bauführungen erfolgten. Hat aber der Beschwerdeführer durch Vorlage eines baubehördlich bewilligten Planes und sonstiger Unterlagen beweisen können, daß die Archivunterlagen der Baubehörde unvollständig sind, kann auch seine Behauptung, daß der baupolizeiliche Beseitigungsauftrag zur Gänze rechtswidrig war, voraussichtlich nicht widerlegt werden; gerade aus diesem Grunde wäre es aber erforderlich gewesen, die vom Beschwerdeführer beantragten Einvernahmen durchzuführen, kann doch nicht ausgeschlossen werden, daß bei der gegebenen Aktenlage auch eine baubehördliche Bewilligung erteilt worden ist, in deren Rahmen der jedenfalls de facto bestehende Bauplatz auch ausreichend zum Bauplatz erklärt wurde, zumal eine weitere Grundteilung jedenfalls für die Dauer des Bestandes des Teilbebauungsplanes S 116/II nicht erforderlich war.

Zusammenfassend war daher nach den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen davon auszugehen, daß im Hinblick auf den damit gegebenen Sachverhalt der baupolizeiliche Beseitigungsauftrag vom 23. Oktober 1987 zur Gänze oder zumindest teilweise überholt sein dürfte, und damit dann auch nicht die Notwendigkeit bestand, entsprechend diesem baupolizeilichen Auftrag um eine (schon erwirkte) baubehördliche Bewilligung anzusuchen. In dem, dem Beschwerdeführer von den Gemeindebehörden aufgezwungenen Baubewilligungsverfahren war bei diesem Sachverhalt zunächst überhaupt die Frage zu prüfen, ob nicht das Bauansuchen nach § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, weil ja ohnehin bereits eine baubehördliche Bewilligung vorgelegen ist. Für einen Verbesserungsauftrag, wie er in der Folge Gegenstand des Berufungsverfahrens und des Vorstellungsverfahrens war, wäre aber bei einer solchen Sach- und Rechtslage kein Raum geblieben, sodaß die Gemeindebehörden und auch die belangte Behörde die Rechtslage verkannten. Der angefochtene Bescheid war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung einer den pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Umsatzsteuer sowie nicht erforderliche Stempelgebühren.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Parteienvernehmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991050203.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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