TE Vwgh Erkenntnis 1992/6/29 90/04/0174

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Veröffentlicht am 29.06.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §189 Abs1 Z2;
GewO 1973 §189 Abs1;
GewO 1973 §192 Abs1;
GewO 1973 §192 Abs2;
GewO 1973 §193 Abs1 Z1;
GewO 1973 §193 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2 idF 1988/399;
GewO 1973 §367 Z21;
GewO 1973 §368 Z13;
GewO 1973 §69 Abs4;
GewO 1973 §74;
PauschV VwGH 1991 Art3 Abs2;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VwGG §49 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der A in G, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 19. April 1990, Zl. 04-25 Lu 4-1989/1, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An die Beschwerdeführerin erging das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 9. Oktober 1989, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Sie haben in Ihren Gastgewerbebetrieben in der Betriebsart Altenpflegeheim 1.) im Standort G, R-Straße 45, zumindest am 16. Februar 1989 im 1. Stock 2 Zimmer, 1 WC und 1 Badezimmer und im Keller ein weiteres Krankenzimmer und 2.) im Standort G, S-Gasse 1, zumindest am 16. Februar 1989 4 Zimmer im 1. Stock und 1 Zimmer im Keller ohne Genehmigung der Behörde betrieben und damit hinzugenommen, obwohl nur das Erdgeschoß gewerbebehördlich genehmigt ist. Außerdem haben Sie am 18. April 1989 in beiden Häusern mit insgesamt 22 Pfleglingen lediglich eine diplomierte Pflegerin von 7.00 Uhr bis 10.30 Uhr beschäftigt gehabt, obwohl 3.) gemäß Pkt. 23.) des ha. Bescheides vom 27. Mai 1987, Zl. A 4-K 730/1985/5 und 4.) gemäß Pkt. 22.) des ha. Bescheides vom 27. Mai 1987, Zl. A 4-K 730/a/1985/2, für je 5 Altenheiminsassen eine Pflegeperson in Volldienst erforderlich ist und für die Betreuung nur fachlich geeignetes Personal verwendet werden darf und eine Pflegeperson im Hause ständig während der Tag- und Nachtzeit anwesend sein muß. Schließlich haben Sie am 18. April 1989 im Kellerabteil in jedem der beiden Standorte abgelaufene Lebensmittel, verschimmelte Kompotte und unverpackte Teigwaren und sonstige Lebensmittel gelagert, obwohl Sie 5.) und 6.) nach jeweils Pkt. 3.) der zitierten Bescheide Lebens- und Genußmittel so aufzubewahren haben, daß sie vor jeder Verunreinigung und vor vorzeitiger Verderbnis bewahrt werden.

SIE HABEN DADURCH FOLGENDE RECHTSVORSCHRIFTEN VERLETZT:

Zu 1.) und 2.) § 368 Z. 13 in Verbindung mit § 201 GewO 1973

Zu 3.) bis 6.) § 367 Z. 21 in Verbindung mit § 69 Abs. 4 GewO 1973 und den zitierten Bescheiden.

WEGEN DIESER VERWALTUNGSÜBERTRETUNGEN WERDEN ÜBER SIE

FOLGENDE STRAFEN VERHÄNGT:

Zu 1.) und 2.) gemäß § 368 Einleitungssatz leg. cit. je S 5.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs. 1 und 2 VStG 1950 je 5 Tage Ersatzarrest.

Zu 3.) bis 6.) gemäß § 367 Einleitungssatz leg. cit. je S 8.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs. 1 und 2 VStG 1950 je 7 Tage Ersatzarrest.

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG 1950 zu den Kosten des Strafverfahrens 10 % der jeweiligen Strafen, das sind S 4.200,-- zu bezahlen.

Der Gesamtbetrag von

S 46.200,--

ist binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Straferkenntnisses bei sonstigen Zwangsfolgen einzuzahlen."

Der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 19. April 1990 keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis.

Zur Begründung wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges - im wesentlichen ausgeführt, aus dem Bericht des Sozialamtes G vom 19. April 1989 sei zu entnehmen, daß zum fraglichen Zeitpunkt die im Spruch näher bezeichneten Mißstände in den beiden Altenheimen der Beschwerdeführerin festgestellt worden seien. Mit Bescheiden "des Magistrates G vom 27. Mai 1987, GZ: A 4-K 730/85/5, betreffend den Standort G, R-Straße Nr. 85 und GZ: A 4-K 730/a/85/2, betreffend den Standort G, S-Gasse Nr. 1," sei der Beschwerdeführerin die Gastgewerbekonzession in der Betriebsart "Altenpflegeheim" verliehen worden. "Hiebei wurden lediglich die als Betriebsräumlichkeiten die Unterbringung von Pfleglingen im Erdgeschoß genehmigt." Auf Grund des Erhebungsberichtes des Sozialamtes sei jedoch die Hinzunahme von Räumlichkeiten im Keller und im 1. Stock in beiden Altenpflegeheimen festgestellt worden, ohne daß hiefür die erforderliche Genehmigung vorliege. Es sei im gegenständlichen Fall ohne Belang, daß beide Altenheime vom Finanzamt betreffend die Abgaben und Steuern als Betriebsgrundstück eingestuft worden seien. Hinsichtlich der Rechtfertigung der Beschwerdeführerin zu Punkt 3.) und 4.) des bekämpften Bescheides werde festgehalten, daß die Beschwerdeführerin selbst angegeben habe, daß es sich hiebei nicht um diplomiertes Pflegepersonal, sondern um angelernte Hilfskräfte handle. Auch hier sei es ohne Belang, ob eine Hilfskraft ein sechsjähriges Medizinstudium absolviert habe, weil dieses keine Ausbildung zum Pflegedienst beinhalte. Hinsichtlich des Tatvorwurfes zu Punkt 5.) und 6.) des bekämpften Bescheides werde ausgeführt, daß dieser durch die Feststellungen der diplomierten Sozialarbeiter anläßlich der Kontrolle am 18. April 1989 hinlänglich erwiesen sei.

Als mildernd habe nichts gewertet werden können, als erschwerend jedoch die Tatsache, daß die Gesundheit und Sicherheit der pflegebedürftigen Personen durch die mangelnde Betreuung sowie nicht ausreichende Hygiene äußerst gefährdet worden seien. "Auch im Hinblick auf die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse der Berufungswerberin konnte die verhängte Geldstrafe nicht herabgesetzt werden, schon aus diesem Grund, um sie von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten und die ihr anvertrauten Pflegepersonen von Schäden in ihrer Sicherheit und Gesundheit zu bewahren."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, "nur dann wegen Übertretung der Gewerbeordnung bestraft zu werden, wenn sie diese tatsächlich gesetzt hat". Weiters erachtet sie sich in ihrem Recht "auf gesetzesgemäße Strafbemessung, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse, des Umstandes, daß sie unbescholten ist, um Sanierung des gewerberechtlichen Zustandes angesucht hat und im tatsächlichen geständig war", verletzt.

Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, daß die beiden Häuser, welche unmittelbar benachbart seien, eine betriebswirtschaftliche Einheit darstellten. Als solche würden sie auch vom Magistrat G angesehen, wie aus der Niederschrift vom 25. April 1989 und dem anschließend abgegebenen Gutachten des Amtsarztes zu ersehen sei. Es sei daher nicht gerechtfertigt, für einheitliche Übertretungen, welche beide Teilbereiche gemeinsam beträfen, jeweils eine gesonderte Strafe zu verhängen. Dies treffe jeweils für die Punkte 1.) und 2.), 3.) und 4.) sowie 5.) und

6.) zu, wo jeweils parallele Tatbestände angenommen worden seien. Tatsächlich handle es sich jedoch jeweils um eine einheitliche Tathandlung.

Hinsichtlich der Punkte 1.) und 2.) sei es richtig, daß formell der Tatbestand gesetzt worden sei. Allerdings sei bereits mit der Sanierung des gewerberechtlichen Zustandes begonnen und es sei um Ausweitung des Konzessionsrahmens angesucht worden. An sich seien ja die Normen für einen Gastgewerbebetrieb nur mühsam auf ein Alten- und Pflegeheim anzuwenden und ergäben sich rechtliche Zweifelsfragen auf Grund der schwierigen Einordnung des Gewerbebetriebes. Zu 3.) und 4.) sei auszuführen, daß hier keine Norm verletzt worden sei. Was ein fachlich geeignetes Personal sei, sei im Bescheid nicht festgelegt. Normen hiefür gebe es ebenfalls nicht. In klarer Erkenntnis dieser Lage habe auch der "Magistrat G" anläßlich der Bescheiderlassung festgelegt, daß ein Gutachten über die Eignung des Personals zu erstatten sei. Es sei also die Strafnorm ein unbestimmter Gesetzesbegriff, welcher nicht genügend konkretisiert sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Entscheidungen zu § 367 GewO 1973 ausgesprochen habe, sei es wohl möglich, einzelne Bedingungen der Gewerbeausübung in den Bescheid als individuelle Norm zu verlagern, jedoch müsse auch diese individuelle Norm dann so konkretisiert sein, daß dem Normunterworfenen "die Erkennung" möglich sei. Die Bezeichnung "fachlich geeignetes Personal" sei unbestimmt. Warum z.B. die Gewerbeinhaberin fachlich nicht geeignet sein solle, wenn sie selbst den Speziallehrgang für Altenpflege absolviert habe, sei im bekämpften Bescheid nicht begründet. Im Straferkenntnis erster Instanz sei nicht näher ausgeführt worden, warum sie nicht der zitierten Auflage entsprochen habe. Das Straferkenntnis erster Instanz gehe davon aus, daß diplomierte Pflegerinnen beschäftigt werden müßten. Dies sei jedoch in den Auflagen nicht enthalten. Offensichtlich folge hier das Straferkenntnis erster Instanz und damit der bekämpfte Bescheid der Wertung des Amtsachverständigen, welcher in seinem Gutachten, nach den Tatvorwürfen, eine Konkretisierung der Auflagen versuche. Diese sei jedoch nicht Bescheidinhalt geworden und könne daher nicht zur Umschreibung des Tatbestandes herangezogen werden. Auch der Amtsachverständige gehe von einem einheitlichen Betrieb aus, und es wäre daher allenfalls nur einmal der Tatbestand erfüllt worden.

Zu Punkt 5.) und 6.) fehle dem Tatvorwurf die nötige Konkretisierung, wo am 18. April 1989 im Kellerabteil in jedem der beiden Standorte abgelaufene Lebensmittel, verschimmelte Kompotte und unverpackte Teigwaren und sonstige Lebensmittel gelagert worden seien. Aus der Niederschrift der untersuchenden Beamtinnen des Sozialamtes, nicht des Lebensmittelamtes, gehe nicht hervor, wo die Lebensmittel gelagert worden seien. Im Bericht vom 19. April 1989 sei jedoch ausdrücklich enthalten:

"Die Lebensmittel werden in einem kleinen Kellerabteil aufbewahrt." Aus diesem Bericht gehe ausdrücklich hervor, daß nur in einem Keller Lebensmittel gelagert worden seien. Diesbezüglich sei der bekämpfte Bescheid also aktenwidrig. Darüber hinaus sei durch die vorgefundenen schimmligen Kompotte nicht die Verletzung der Auflage des Punktes 3.) bewiesen. Warum das Lagern von Teigwaren in offenen Säcken der Auflage

3.) widersprechen solle, sei nicht begründet worden. Ob die Kompotte nun vorzeitig verdorben seien oder der natürliche Zeitablauf für die Aufbewahrung von Kompotten abgelaufen gewesen sei, sei ebenfalls nicht tatbestandsmäßig begründet. Offensichtlich seien die vorgefundenen Übelstände allenfalls dem Lebensmittelgesetz zu unterstellen, nicht jedoch § 367 Z. 21 GewO 1973. Diesbezüglich habe die belangte Behörde die Subsumtion falsch vorgenommen. Im übrigen sei die Verurteilung wegen der Fakten 5.) und 6.) im Straferkenntnis kaum begründet worden. Das Lagern von abgelaufenen Lebensmitteln könne nicht der Auflage 3.) widersprechen. Eine Feststellung, daß die unverpackten Teigwaren verunreinigt gewesen seien, sei nicht getroffen worden. Eine Auflage, daß Teigwaren verpackt gelagert werden müßten, sei nicht vorhanden. Die verschimmelten Kompotte seien nach Angaben der Beschwerdeführerin zum Wegwerfen bestimmt und sei auf diese Rechtfertigung nicht eingegangen worden. Ob die Kompotte nun vorzeitig verschimmelt seien oder nicht, sei ebenfalls nicht festgestellt worden.

Selbst wenn man von der Verwirklichung der Tatbestände ausgehe, sei die Strafbemessung unrichtig erfolgt. Es sei auf die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin nicht Rücksicht genommen worden. Die Beschwerdeführerin habe ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse offengelegt. Sie habe ein monatliches Einkommen von S 10.000,-- angegeben. Die Bemessung einer Geldstrafe von insgesamt S 38.000,--, also nahezu vier Monatseinkommen, bei einer unbescholtenen Beschuldigten, welche noch dazu im Tatsächlichen geständig sei, welche die Sanierung der Zustände zugesagt, darum auch schon angesucht habe, sei bei weitem überhöht. Ausdrücklich sei im Straferkenntnis erster Instanz angeführt worden, daß das Geständnis als mildernd gewertet worden sei. Im bekämpften Bescheid sei überhaupt kein Milderungsgrund angeführt worden, obwohl drei gravierende Milderungsgründe, nämlich Unbescholtenheit, Geständnis und Einleitung der Sanierungsmaßnahmen, auf der Hand lägen. Da diese Umstände überhaupt nicht in Betracht gezogen worden seien, sei der Bescheid in dieser Hinsicht nicht überprüfbar.

Vorweg ist auf den Beschwerdeeinwand einzugehen, die beiden Häuser, welche unmittelbar benachbart seien, stellten eine betriebswirtschaftliche Einheit dar, weshalb es nicht gerechtfertigt sei, für einheitliche (beide Teilbereiche betreffende) Übertretungen eine gesonderte Strafe zu verhängen.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß nach § 22 Abs. 1 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen sind, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt.

Im Verwaltungsstrafverfahren gilt somit das sogenannte Kumulationsprinzip (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1966, Slg. N.F. Nr. 6932/A). Das bedeutet, daß für jedes Delikt eine eigene Strafe, somit nebeneinander mehrere Strafen zu verhängen sind. Hiebei macht es keinen Unterschied, ob der Täter durch verschiedene Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat - sei es solche gleicher oder verschiedener Art - (gleichartige oder ungleichartige Realkonkurrenz) oder durch ein und dieselbe Tat mehrere verschiedene Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz).

Das Beschwerdevorbringen ist auch insofern nicht berechtigt, wenn es darauf abzielen sollte, es läge ein Fall der sogenannten Konsumtion vor. Konsumtion zweier Deliktstatbestände liegt dann vor, wenn eine wertende Beurteilung ergibt, daß der Unwert des einen Deliktes von der Strafdrohung gegen das andere Delikt miterfaßt wird, wie dies insbesondere im Falle der Verletzung desselben Rechtsgutes anzunehmen ist. Dies trifft aber dann nicht zu, wenn die Delikte in keinem typischen Zusammenhang stehen, mit anderen Worten, wenn das eine Delikt nicht notwendig oder doch nicht in der Regel mit dem anderen verbunden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. September 1970, Zl. 678/68, und vom 30. Juni 1977, Zl. 1049/76).

Die in Frage stehenden Handlungen und Unterlassungen beziehen sich auf zwei von einander verschiedene Objekte, für die auch getrennt, auf den jeweiligen Standort bezogen, die Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Altenpflegeheim" erteilt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Rahmen der ihm gestellten Prüfungsaufgabe nicht zu erkennen, daß die hier in Frage stehenden Handlungen und Unterlassungen derart sind, daß sie (bezogen auf die beiden Objekte) notwendig oder doch in der Regel miteinander verbunden sind, zumal selbst in der Beschwerde derartiges nicht behauptet wird.

Gemäß § 201 erster Satz GewO 1973 bedarf die Hinzunahme von Betriebsräumen oder von sonstigen Betriebsflächen zu den genehmigten Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen ohne eine Erweiterung der Berechtigungen gemäß § 189 Abs. 1 einer Genehmigung der Behörde.

Gemäß § 368 Z. 13 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, wer ohne die gemäß § 201 erforderliche Genehmigung das Gastgewerbe in hinzugenommenen Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen ausübt.

Von der Beschwerdeführerin unbestritten geht die belangte Behörde davon aus, daß mit Bescheiden vom 27. Mai 1987, Zl. A 4-K 730/a/85/2, bzw. A 4-K 730/85/5, der Beschwerdeführerin die Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Altenpflegeheim" mit den Berechtigungen gemäß § 189 Abs. 1 Z. 1 bis 4 GewO 1973 für den Standort G, S-Gasse 1, bzw. G, R-Straße 45, unter Vorschreibung von Aufträgen gemäß § 69 Abs. 4 und § 199 Abs. 2 GewO 1973 erteilt wurde, wobei die Konzessionen nach dem Spruch der beiden Bescheide nur für jene Räumlichkeiten gelten, die in den dem Verhandlungsakt beigeschlossenen Planskizzen bezeichnet sind, und jeweils ein bestätigtes Gleichstück der Planskizze einen Bestandteil des Konzessionserteilungsbescheides bildet.

Nach dem spruchmäßigen Vorwurf hat die Beschwerdeführerin über den Umfang der Konzessionserteilungsbescheide hinaus in ihren "Gastgewerbebetrieben in der Betriebsart Altenpflegeheim" die näher bezeichneten Räumlichkeiten "ohne Genehmigung der Behörde betrieben und damit hinzugenommen".

Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört es zu den Grundsätzen jedes Strafverfahrens, daß die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist, und daß die Möglichkeit ausgeschlossen wird, er könnte etwa wegen derselben Handlung noch einmal zur Verantwortung gezogen werden (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1990, Zl. 88/04/0247).

Nach der dargestellten Rechtslage muß ein Schuldspruch nach § 368 Z. 13 GewO 1973, um das Erfordernis des § 44a lit. a VStG 1950 zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob in hinzugenommenen Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen "das Gastgewerbe" ausgeübt wurde. Diesem Erfordernis kommt der Spruch des von der belangten Behörde zur Gänze übernommenen erstbehördlichen Straferkenntnisses nicht nach. Ein derartiger Hinweis kann hiebei auch nicht aus dem Verweis auf die "Betriebsart Altenpflegeheim" abgeleitet werden. Dem Konkretisierungsgebot des § 44 a lit. a VStG 1950 wird in Ansehung des Vorwurfes des Betreibens eines Gastgewerbes zwar "im Regelfall" durch einen Hinweis auf die Betriebsart Rechnung getragen (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1990, Zl. 88/04/0247, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Unter Betriebsart ist gemäß § 192 Abs. 2 GewO 1973 die durch eine bestimmte Anlage, Einrichtung und Ausstattung der Betriebsräume und allfälligen sonstigen Betriebsflächen und durch eine bestimmte Betriebsführung gekennzeichnete Gestaltung des jeweiligen GASTGEWERBEBETRIEBES zu verstehen;

Verschiedenheiten lediglich in der Benennung begründen keine besondere Betriebsart. Der Begriff der Betriebsart eines Gastgewerbes ist nun kein starr vorgegebener, sondern erfaßt den wirtschaftlichen Gegebenheiten und der Verkehrsauffassung folgend im tatsächlichen Bereich unterschiedliche Erscheinungsformen innerhalb eines bestimmten Gewerbezweiges (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/04/0153, und die dort zitierte Vorjudikatur). Mit der Betriebsart werden aber eben nur unterschiedliche Erscheinungsformen INNERHALB eines bestimmten Gewerbezweiges - nämlich des Gastgewerbes - umschrieben.

Eine Umschreibung "Altenpflegeheim" indiziert aber nicht schlüssig eine Erscheinungsform des Gastgewerbes. Wird doch damit - jedenfalls im Vordergrund - nicht die Ausübung des Gastgewerbes (sei es auch für eine bestimmte Personengruppe), sondern eine solche der - vom möglichen Konzessionsinhalt des Gastgewerbes im Grunde des § 189 Abs. 1 GewO 1973 losgelösten - (Alten-)Pflege erfaßt.

Ausgehend davon unterließ es die belangte Behörde, im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale das konkrete Tatverhalten darzustellen, durch welches der Tatbestand der Ausübung des Gastgewerbes (in den näher bezeichneten Räumlichkeiten) verwirklicht wird.

Da diesem Erfordernis der Spruch des von der belangten Behörde zur Gänze übernommenen erstbehördlichen Straferkenntnisses nicht nachkommt, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid in Hinsicht auf die Punkte 1 und 2 mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Weiters ist die Beschwerde auch hinsichtlich des Schuldspruches zu den Spruchpunkten 3 und 4 begründet:

Die unter Bezugnahme auf § 69 Abs. 4 GewO 1973 erlassenen Aufträge 22 bzw. 23 der Konzessionserteilungsbescheide vom 27. Mai 1987 lauten:

"Für je 5 Altenheiminsassen ist eine Pflegeperson (Pflegerin) im Volldienst erforderlich.

a) Für die Betreuung darf nur fachlich geeignetes Personal verwendet werden.

b) Eine Pflegeperson muß im Haus ständig während der Tag- und Nachtzeit anwesend sein."

Nach § 367 Z. 21 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer u.a. die gemäß § 69 Abs. 4 erlassenen Aufträge eines Bescheides nicht einhält.

Indem § 367 Z. 21 auf die gemäß § 69 Abs. 4 erlassenen Aufträge eines Bescheides verweist, wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes, was voraussetzt, daß derartige Aufträge so klar gefaßt sein müssen, daß sie den Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Aufträge zweifelsfrei erkennen lassen (vgl. zur diesbezüglich inhaltsgleichen Bestimmung des § 367 Z. 26 GewO 1973 sinngemäß u. a. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1989, Zl. 89/04/0050).

Diesen Erfordernissen entsprechen die zitierten Aufträge in den genannten Konzessionserteilungsbescheiden nicht, weil eindeutige und schlüssige Anhaltspunkte für das Tatbestandsmerkmal "fachlich geeignetes Personal" fehlen; dies schon deshalb, weil aus dem objektiv zu betrachtenden Wortlaut dieser Aufträge (vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles) nicht in hinreichender Weise erschlossen werden kann, ob nur solche Pflegepersonen verwendet werden dürfen, die (tatsächlich) die erforderliche fachliche Befähigung zur selbständigen oder bloß hilfsweisen Ausübung der Altenpflege besitzen. Insbesondere sind auch die in Frage stehenden Aufträge - wovon die belangte Behörde rechtsirrig ausging - nicht derart bestimmt, daß ein - formaler - Nachweis der Befähigung (diplomiertes Pflegepersonal) erforderlich wäre.

Die Beschwerde ist aber schließlich auch hinsichtlich des Schuldspruches zu den Spruchpunkten 5.) und 6.) begründet:

Die beiden Konzessionserteilungsbescheide vom 27. Mai 1987 bestimmen jeweils als Punkt 3.) folgendes:

"Lebens- und Genußmittel sind so aufzubewahren, daß sie vor jeder Verunreinigung und vor vorzeitiger Verderbnis bewahrt werden. Die Leistungsfähigkeit der Kühleinrichtungen hat in angemessenem Verhältnis zur Art und Menge des Angebots und zum Umfang des Betriebs zu stehen."

Nach § 367 Z. 21 GewO 1973 in Verbindung mit den zitierten Aufträgen ist somit nicht (schon) Tatbestandselement, ob - wie der spruchmäßige Vorwurf lautet - "abgelaufene Lebensmittel, verschimmelte Kompotte und unverpackte Teigwaren und sonstige Lebensmittel gelagert" wurden, sondern daß Lebens- und Genußmittel "so aufzubewahren" sind, daß sie vor jeder Verunreinigung und vor vorzeitiger Verderbnis bewahrt werden. Dieses Tatbestandselement stellt somit auf die Art der Lagerung ab und nicht darauf, daß nur bestimmte Waren gelagert werden dürften. Durchaus zutreffend weist daher etwa die Beschwerdeführerin darauf hin, daß das Lagern von abgelaufenen Lebensmitteln nicht dem Punkt 3.) der Konzessionserteilungsbescheide widersprechen könne.

Hinsichtlich des Schuldspruches zu den Spruchpunkten 3.) bis 6.) ist noch zu bemerken, daß es in Ansehung der (rechtskräftigen) Konzessionserteilungsbescheide dahingestellt zu bleiben hat, ob eine Gastgewerbekonzession überhaupt in der "Betriebsart Altenpflegeheim" den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen würde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. März 1989, Zl. 88/04/0226).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher zur Gänze mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte. Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen war daher entbehrlich.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Da der Kostenersatzantrag den im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Pauschbetrag nicht ausgeschöpft hat, war der Aufwandersatz nur im begehrten Ausmaß zuzusprechen. Art. III Abs. 2 der zitierten Pauschalierungsverordnung kam daher nicht zur Anwendung (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 5. April 1991, Zl. 89/17/0185).

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen TatbestandsmerkmalenSchriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Aufgliederung des Pauschbetrages in mehrere Teilbeträge Nichtausschöpfung des Pauschbetrages"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990040174.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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