TE Vwgh Beschluss 1992/9/15 92/05/0157

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Veröffentlicht am 15.09.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art132;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §45 Abs1 Z5;
VwGG §45 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Degischer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über den Antrag der Stadtgemeinde Mannersdorf am Leithagebirge auf Wiederaufnahme des mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1991, Zl. 90/05/0216, abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Antrag auf Wiederaufnahme wird zurückgewiesen.

Begründung

M und A N hatten am 8. November 1990 beim Verwaltungsgerichtshof Säumnisbeschwerde gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Mannersdorf am Leithagebirge mit der Begründung erhoben, daß eine von ihnen eingebrachte Berufung gegen einen erstinstanzlichen Bescheid bisher nicht erledigt worden sei. Auf Grund dieser zur Zl. 90/05/0216 protokollierten Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 22. Jänner 1991 gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet. Gleichzeitig wurde dem Gemeinderat der Stadtgemeinde Mannersdorf am Leithagebirge als belangter Behörde die Beschwerde mit dem Auftrag zugestellt, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen. Mit Schreiben vom 23. Mai 1991 legte die belangte Behörde den Berufungsbescheid vom 24. April 1991 dem Verwaltungsgerichtshof vor, worauf dieser mit Beschluß vom 18. Juni 1991 das verwaltungsgerichtliche Verfahren einstellte.

Wie den von der Wiederaufnahmewerberin vorgelegten Verwaltungsakten entnommen werden kann, wurde der Berufungsbescheid des Gemeinderates auf Grund einer Vorstellung der M N und des A N mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 11. Juni 1992, Zl. R/1-V-91097/00, mit der Begründung aufgehoben, daß die Zustellung des Berufungsbescheides erst am 24. Mai 1991 erfolgt sei, was im Hinblick auf die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1991 bedeute, daß der Gemeinderat nach der vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten Frist von drei Monaten zur Nachholung des Bescheides zur Erlassung dieses Bescheides nicht mehr zuständig gewesen sei. Der Aktenlage nach langte dieser Vorstellungsbescheid beim Stadtamt Mannersdorf am 8. Juli 1992 ein.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. auf Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst verweist die Wiederaufnahmewerberin darauf, daß nach dem Bescheid der NÖ Landesregierung der Gemeinderat der Stadtgemeinde Mannersdorf am Leithagebirge zur Erledigung der Berufung nicht mehr zuständig sei.

Der Antrag der Wiederaufnahmewerberin erweist sich aus nachstehenden Erwägungen als unzulässig. In dem vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 18. Juni 1991, Zl. 90/05/0216, eingestellten verwaltungsgerichtlichen Verfahren waren M N und A N Beschwerdeführer und sohin Antragsteller, nicht aber die Wiederaufnahmewerberin. Nun bestimmt zwar § 45 Abs. 1 Z. 5 VwGG, daß die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen ist, wenn das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlaßten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde. Diese Rechtswohltat der Wiederaufnahme soll aber ausschließlich jenen Beschwerdeführern zukommen, die seinerzeit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben haben, nicht aber einer belangten Behörde oder deren Rechtsträger, die Anlaß für diese Beschwerdeführung waren. Einen Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme besitzt daher weder die Stadtgemeinde Mannersdorf am Leithagebirge als Rechtsträger der damals belangten Behörde noch der Gemeinderat dieser Stadtgemeinde, sodaß schon aus diesem Grunde der Antrag als unzulässig zurückgewiesen werden mußte. Tatsächlich ist ja auch die Rechtslage nicht so zu beurteilen, wie dies in dem Wiederaufnahmeantrag ausgeführt wird. Wenn seinerzeit die belangte Behörde in dem eingestellten verwaltungsgerichtlichen Verfahren die vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumte Frist von drei Monaten zur Beschlußfassung und Zustellung des versäumten Berufungsbescheides nicht nutzte, sondern erst später diesen Bescheid erließ, so bedeutet dies, daß damals der Berufungsbescheid tatsächlich zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, in dem der Gemeinderat als belangte Behörde zur Berufungserledigung nicht mehr zuständig war; hat aber sohin eine im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides unzuständige Gemeindebehörde den Berufungsbescheid erlassen, so war dieser auf Grund einer zulässigen Vorstellung von der Gemeindeaufsichtsbehörde aufzuheben. Dies bedeutet aber nicht, daß damit im Zeitpunkt der Zustellung dieses Vorstellungsbescheides der Gemeindeaufsichtsbehörde der Gemeinderat zu einer neuerlichen Entscheidung nicht zuständig ist. Das diese Unzuständigkeit auslösende verwaltungsgerichtliche Verfahren ist ja, wie schon dargetan, in der Zwischenzeit abgeschlossen worden. Der Gemeinderat könnte nur dann zu einer neuerlichen Entscheidung über die Berufung nicht zuständig sein, wenn die seinerzeitigen Beschwerdeführer rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eine Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens begehrt hätten, nämlich nach § 45 Abs. 2 VwGG binnen zwei Wochen von dem Tag an, an dem sie von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangten. Da dies jedoch nicht der Fall war, war der Gemeinderat auf Grund der Aufhebung seines Berufungsbescheides durch die Gemeindeaufsichtsbehörde zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung zuständig und diese Entscheidungspflicht kann nicht auf den Verwaltungsgerichtshof überwälzt werden. Es zeigt sich sohin, daß im Wiederaufnahmeantrag die Rechtslage nicht richtig beurteilt wurde.

Schlagworte

Instanzenzug Zuständigkeit Allgemein Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Verhältnis zu anderen Materien und Normen Gemeinderecht Vorstellung Verletzung der Entscheidungspflicht durch Gemeindebehörden und Vorstellungsbehörden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050157.X00

Im RIS seit

15.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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