TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/15 92/04/0057

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Veröffentlicht am 15.09.1992
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Index

L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §56;
GewO 1973 §356 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §78 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §78 Abs1;
GewO 1973 §78 Abs2 idF 1988/399;
ROG OÖ 1972 §18 Abs3 Z1;
ROG OÖ 1972 §18 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Besein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der D-GmbH in L, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. Oktober 1991, Zl. 313.278/1-III-3/90, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. Oktober 1991 wurde im Verwaltungsrechtszug ausgesprochen, daß das Ansuchen um die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Automarktes mit Verkaufspavillon und Aufbereitungsraum sowie eines Waschplatzes auf den Grundstücken Nr. 525/1 und 525/2 KG K im Standort nächst W-Straße 446 gemäß § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973, in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, abgewiesen wird. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof habe bereits mehrfach (auch für den Bereich des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes - O.ö. ROG.) entschieden, daß etwa ein LKW-Abstellplatz, der mit der gegenständlichen Betriebsanlage durchaus vergleichbar sei, im Grünland durch Rechtsvorschriften im Sinne des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 verboten sei (siehe das Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 89/04/0217). In diesem Erkenntnis sei u.a. auch ausgeführt worden, daß eine "Anlage" alles sein könne, was angelegt wurde, d.h. durch die Hand des Menschen gebaut oder vorgekehrt wurde (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1933, Slg. Nr. 17.649/A); darunter falle ohne Zweifel auch die gegenständliche Betriebsanlage. In den genannten Erkenntnissen habe der Verwaltungsgerichtshof auch an dem konkret verbietenden Inhalt der Bestimmung des § 18 Abs. 5 O.ö. ROG. keinen Zweifel gelassen. Der Beschwerdeführerin sei beizupflichten, wenn sie ausführe, daß durch das O.ö. ROG. die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten nicht berührt werde. Die Verknüpfung zwischen dem O.ö. ROG. und der Gewerbeordnung 1973 biete allerdings § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973, der ausdrücklich auf verbietende Rechtsvorschriften (aus anderen Rechtsgebieten) Bezug nehme. Der Bescheid der Erstbehörde sei im Spruch insofern abzuändern gewesen, als die Gewerbebehörde als Bundesbehörde das O.ö. ROG. nicht zu vollziehen, sondern zu berücksichtigen habe und daher dieses nicht als Rechtsgrundlage der Entscheidung zu zitieren gewesen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem auf § 77 GewO 1973 gestützten Recht auf Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung verletzt. Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, der angefochtene Bescheid sei infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes rechtswidrig. Sowohl im abweisenden erstbehördlichen Bescheid als auch im bestätigenden zweitbehördlichen Bescheid sei festgestellt worden, daß die Anlage bereits zum Zeitpunkt des Ansuchens um die Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung errichtet gewesen sei. Aus dem Akteninhalt ergebe sich, daß die gewerbliche Betriebsanlage in dem bereits bestehenden Umfang seit dem Jahre 1986 von der Beschwerdeführerin genutzt werde. Der Flächenwidmungsplan mit der Widmung Grünland-Grünzug sei jedoch erst im Oktober 1988 in Kraft getreten. Daraus folge, daß es nicht um die Genehmigung der Errichtung einer Betriebsanlage gehe, sondern daß sich der Antrag und auch die Entscheidung ausschließlich auf den Betrieb einer bestehenden Betriebsanlage zu beziehen gehabt hätten. Im angefochtenen Bescheid sei zwar der Berufung gegen den zweitbehördlichen Bescheid insofern beigepflichtet worden, als das O.ö. ROG. die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten nicht berührt habe. Die daraus resultierende Konsequenz sei jedoch im angefochtenen Bescheid nicht gezogen worden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergebe sich, daß das Betreiben einer bestehenden Anlage durch das O.ö. ROG. nicht berührt werde. § 77 Abs. 1 GewO 1973 regle zwei unterschiedliche Fälle, bei denen eine Betriebsanlage für einen Standort nicht genehmigt werden dürfe, nämlich einerseits das Ansuchen um die Genehmigung der Errichtung einer Betriebsanlage und andererseits des Betriebes einer Betriebsanlage. Die vorliegende Betriebsanlage sei im angesuchten Umfang bereits vor Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes, welcher die gegenständliche Liegenschaft als Grünland im Sinne des § 18 O.ö. ROG. ausweise, errichtet worden. Zum damaligen Zeitpunkt sei die Errichtung der Betriebsanlage durch das O.ö. ROG. nicht verboten gewesen. Der Antrag auf Betrieb der Betriebsanlage sei zwar nach Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes gestellt worden, die Nutzung eines bereits bestehenden Bauwerkes oder einer bereits bestehenden Anlage werde jedoch durch das O.ö. ROG. nicht berührt oder gar verboten.

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1973 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Unter den im § 74 Abs. 2 GewO 1973 bezeichneten Voraussetzungen dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden.

Im Grunde des § 77 Abs. 2 zweiter Satz GewO 1973 darf die Betriebsanlage nicht für einen Standort genehmigt werden, in dem das Errichten oder Betreiben der Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch Rechtsvorschriften verboten ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0047, zu dieser Bestimmung des § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 dargetan hat, hat nach dieser Anordnung die Gewerbebehörde in Ansehung der konkreten vom Antrag erfaßten Betriebsanlage, und zwar bezogen auf den in Betracht kommenden Standort, zu prüfen, ob sich aus einer Rechtsvorschrift ein Verbot des Errichtens oder Betreibens dieser Anlage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag ergibt. Derartige "Rechtsvorschriften", die genereller oder individueller Art sein können, sind aber von der Verwaltungsbehörde nicht zu vollziehen, sondern von ihr - ohne daß es sich hiebei um die Beurteilung einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950 handelt - im Sachverhaltsbereich zu berücksichtigen.

Gemäß § 18 Abs. 1 O.ö. ROG. sind alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen als Grünland auszuweisen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind, und nicht zum Ödland gehören, im Flächenwidmungsplan gesondert auszuweisen. Nach Abs. 3 sind im Grünland insbesondere - je nach Erfordernis - folgende Widmungen auszuweisen: 1.) größere Erholungsflächen, das sind Flächen, die für die Einrichtungen und Anlagen der allgemeinen Erholung und des Sports bestimmt sind, wie Parkanlagen, Spiel- und Liegewiesen, Sport- und Spielflächen, Freibäder, Campingplätze, Wintersportanlagen einschließlich der Schipisten, Fremdenverkehrsbetriebe; 2.) Dauerkleingärten;

3.) Erwerbsgärtnereien; 4.) Friedhöfe. Nach Abs. 4 sind je nach Erfordernis überdies sonstige Flächen im Grünland, wie Aufschüttungsgebiete, Abgrabungsgebiete, Gebiete mit Vorkommen mineralischer Rohstoffe oder mit sonstigen Bodenvorkommen, Bruchgebiete, Ablagerungsplätze (für Müll, Altmaterial, Fahrzeugwracks und dgl.), Schießstätten und Sprengstofflager, gesondert auszuweisen. Nach Abs. 5 dürfen im Grünland nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung (Abs. 2 bis 4) dienen. Hiezu gehören im besonderen auch Bauten und Anlagen für den Nebenerwerb der Land- und Forstwirtschaft.

Ausgend vom dargestellten Regelungsinhalt ist - mangels einer eigenständigen Definition des Begriffes "Anlage" im O.ö. ROG. - davon auszugehen, daß unter einer "Anlage im Sinne des Abs. 5 leg. cit. unabhängig von der Frage einer Genehmigungspflicht nach den Bestimmungen der O.ö. Bauordnung alles zu verstehen ist, was angelegt wurde, d.h. durch die Hand des Menschen gebaut oder vorgekehrt wurde. Insofern deckt sich aber auch der Begriff der gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1973 mit dem der "Anlage" im Sinne der Bestimmung des § 18 Abs. 5 O.ö. ROG. Nach dem Regelungsinhalt dieser Gesetzesstelle dürfen im Grünland u.a. nur solche "Anlagen" errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung (Abs. 2 bis 4) dienen. Daraus ergibt sich die Unzulässigkeit der Errichtung anderen Zwecken "dienender Anlagen" (vgl. hiezu die Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 89/04/0217).

Im vorliegenden Fall hatte die Beschwerdeführerin mit Anbringen vom 31. Jänner 1989 an die Erstbehörde mittels eines ausgefüllten Vordruckes das "Ansuchen um Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung" gerichtet. Diesem Ansuchen war folgende Betriebsbeschreibung angeschlossen:

"Bei diesem Betrieb handelt es sich um einen Automarkt mit Verkaufspavillon und Aufbereitungsraum. Das Gebäude hat zwei Geschoße, Kellergeschoß und Erdgeschoß. Im Kellergeschoß befindet sich der Aufbereitungsraum (96,60 m2) mit Hauptverteiler und Gashaupthahn. Dieser befindet sich an der Außenwand außerhalb des Gebäudes. Außerdem sind hier eine Hebebühne und ein Dampfstrahler untergebracht. Beides sind handelsübliche steckerfertige Geräte. Im Erdgeschoß befinden sich die Geschäftsräume (75,90 m2), ein Büro (13,80 m2), ein Abstellraum (4,30 m2). Vom Gesuchsteller ... werden nur der Aufbereitungsraum im Kellergeschoß und das Büro im Erdgeschoß bezogen. Die Heizung wird mit Ferngas betrieben.

Betriebszeiten: Mo - Fr 8 - 12 und 13 - 18 Uhr, Sa 9 - 12 Uhr."

Die belangte Behörde qualifizierte dieses Ansuchen als ein solches "um die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb...".

Die Beschwerdeführerin vertritt in ihrer vorliegenden Beschwerde zu Unrecht die Ansicht, daß es im vorliegenden Fall nicht um die Genehmigung der Errichtung der Betriebsanlage gegangen wäre.

Der vorstehend zitierte § 74 GewO 1973 legt die Voraussetzungen fest, unter denen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden dürfen. Wie sich weiters aus § 78 Abs. 2 leg. cit. ergibt, kann die Behörde bei Vorliegen der in dieser Gesetzesstelle normierten Voraussetzungen im Genehmigungsbescheid anordnen, daß die Betriebsanlage oder Teile dieser Anlage erst auf Grund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden dürfen. Im übrigen ist der Bescheid, mit dem die Betriebsanlage - nach Maßgabe eines entsprechenden Ansuchens - im Grunde des § 77 Abs. 1 leg. cit. genehmigt wird, so zu fassen, daß sich aus diesem Genehmigungsbescheid die Befugnis zur Errichtung und zum Betrieb der Betriebsanlage ergibt (vgl. in diesem Sinn auch die Regelung des in § 78 Abs. 1 leg. cit. vorgesehenen Falles und ferner die Regelung des § 356 Abs. 1 erster Satz leg. cit.).

Auf dem Boden dieser Rechtslage und im Hinblick auf den Wortlaut des Ansuchens der Beschwerdeführerin vom 31. Jänner 1989 war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde dieses Ansuchen als ein nicht nur auf die Genehmigung des Betriebes, sondern insbesondere auch auf die - wenn auch nachträgliche - Genehmigung der Errichtung der Betriebsanlage gerichtetes Ansuchen qualifizierte.

Es war, was von der Beschwerdeführerin auch gar nicht in Zweifel gesetzt wird, auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die gewerbliche Betriebsanlage der Beschwerdeführerin als eine solche Anlage beurteilte, die nach § 18 O.ö. ROG. im Grünland nicht errichtet werden darf. Es war sohin im Hinblick auf die auf den "Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag" abgestellte Regelung des § 77 Abs. 2 GewO 1973 auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Grunde dieser Bestimmung unter Berücksichtigung des § 18 O.ö. ROG. zur Abweisung des Genehmigungsansuchens der Beschwerdeführerin gelangte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Maßgebender Bescheidinhalt Fassung die der Partei zugekommen ist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992040057.X00

Im RIS seit

15.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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