TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/4 92/01/0591

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Veröffentlicht am 04.11.1992
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des T in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Mai 1992, Zl. 4.290.989/4-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Mai 1992 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer - ein äthiopischer Staatsangehöriger, der (nachdem er nach seinen Angaben im Verwaltungsverfahren im Juni 1989 sein Heimatland verlassen habe) am 29. Jänner 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ist - ungeachtet dessen, daß sie in dieser Richtung allgemeine Rechtssätze in die Begründung des angefochtenen Bescheides aufgenommen hat - nicht davon ausgegangen, daß die Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Erstbefragung im Verwaltungsverfahren am 31. Juli 1990 und in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 5. Oktober 1990 (wie im übrigen auch in seinem schriftlichen Asylantrag vom 2. Februar 1990, die die belangte Behörde gar nicht erwähnt hat) im wesentlichen voneinander abwichen und er schon aus diesem Grunde nicht das Vorliegen wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus einem der im Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründe glaubhaft gemacht habe. Ob allerdings die Beweiswürdigung der belangten Behörde, aus den von ihr angeführten Gründen - die insgesamt darauf hinauslaufen, daß der Beschwerdeführer sein Vorbringen in bestimmten Punkten nicht näher konkretisiert habe - seien die Angaben des Beschwerdeführers als unglaubwürdig anzusehen, schlüssig ist, braucht nicht erörtert zu werden. Ebensowenig ist von entscheidender Bedeutung, ob sich - entsprechend der Auffassung der belangten Behörde, die jedoch vom Beschwerdeführer gleichfalls bestritten wird - in der Zwischenzeit die politischen Verhältnisse in Äthiopien grundlegend geändert haben, weshalb eine allenfalls zum Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer sein Heimatland verlassen hat, bestehende Gefährdung nunmehr weggefallen sei. Für seinen Standpunkt ist nämlich jedenfalls nichts zu gewinnen, weil die von ihm angenommene Prämisse, er habe im Asylverfahren taugliche Asylgründe vorgebracht, die seinen Antrag rechtfertigen, nicht zutrifft. Es kommt daher den vom Beschwerdeführer (teilweise unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit) geltend gemachten Verfahrensmängeln, mögen sie auch allenfalls vorliegen, von vornherein keine Relevanz zu.

Der Beschwerdeführer hat sich im Verwaltungsverfahren primär darauf gestützt, daß ihm nach Beendigung seiner bis Jänner 1989 währenden Tätigkeit bei einer amerikanischen Fluggesellschaft in seinem Heimatland politische Spionage vorgeworfen, er deshalb auch verhört, einen Monat lang inhaftiert und mißhandelt sowie nach seiner Entlassung weiterhin überwacht worden sei. Diesbezüglich ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß es sich bei dem Delikt der Spionage, dessen er verdächtigt worden sei, um eine Form der Kriminalität handelt, die auch in traditionsgemäß demokratischen Ländern strafrechtlich verfolgt wird, wobei sich einem solchen Verdacht jedermann zu stellen hat, und er selbst nicht behauptet hat, daß der gegen ihn erhobene Verdacht etwa aus politischen Motiven bloß vorgeschützt worden wäre (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1992, Zl. 92/01/0016).

Als auslösend für das Verlassen seines Heimatlandes hat der Beschwerdeführer den Umstand angegeben, daß sein Vater infolge Teilnahme an einem Putschversuch in Äthiopien verhaftet worden sei. Daß er aber nur auf Grund dieses Umstandes - unabhängig vom Verdacht der Spionage - mit einer Verfolgung zu rechnen gehabt habe, hat der Beschwerdeführer während des Verwaltungsverfahrens nie (und im übrigen auch nicht in der Beschwerde) zum Ausdruck gebracht, sodaß der Schluß naheliegt, er habe auf Grund des genannten Umstandes eine neuerliche Festnahme lediglich im Zusammenhang mit dem noch aufrechten Verdacht der Spionage befürchtet. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer mit keinem Wort erwähnt hat, daß auf Grund einer in Äthiopien bestehenden "Sippenhaftung" seine (im Punkt 15. der Niederschrift vom 31. Juli 1990 angeführten und noch in Äthiopien lebenden) Geschwister oder seine Mutter irgendwelchen Verfolgungshandlungen in seinem Heimatland ausgesetzt wären und demnach eine solche auch ihn treffen würde; vielmehr hat er bei seiner Befragung angegeben, daß er in seinem Heimatland gesucht werde (was verschiedene Gründe, etwa den des Verdachtes der Spionage oder der unerlaubten Ausreise, haben konnte) und seine Mutter (nur) öfters zur Polizei gebracht worden sei, um sie nach seinem Aufenthalt zu befragen.

Wenn sich der Beschwerdeführer schließlich noch auf seine schriftliche Eingabe vom 9. März 1992 bezieht, so übersieht er, daß - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - der Umstand, daß sich die derzeitigen Kampfhandlungen insbesondere auf die Hauptstadt Äthiopiens, aus der er gekommen sei, erstreckten, und die von ihm behauptete Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch die belangte Behörde in einem (seiner Meinung nach) vergleichbaren Fall "ganz abgesehen von asylrechtlichen Argumenten schon aus humanitären Gründen" weder im Zusammenhang miteinander noch jeweils für sich allein geeignet sind, seiner Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Damit wurden keine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfolgungshandlungen dargetan, und der Beschwerdeführer kann aus einem anderen, nicht ihn betreffenden Verwaltungsakt ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen keinen eigenen Rechtsanspruch ableiten.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010591.X00

Im RIS seit

04.11.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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