TE Vwgh Erkenntnis 1992/4/8 92/01/0016

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Veröffentlicht am 08.04.1992
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Dorner, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. September 1991, Zl. 4.321.070/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, reiste am 26. August 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf Asylgewährung. Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsbehörde am 30. August 1991 gab der Beschwerdeführer an, er sei wegen der Flucht seines Bruders ins Ausland sechsmal verhaftet und befragt sowie schließlich als Berufsunteroffizier im April 1991 vom Militärdienst entlassen worden. Da er verdächtigt worden sei, mit seinem Bruder Spionage zu betreiben, und einen anderen Arbeitsplatz nicht habe erlangen können, habe er sich, obwohl ihm trotz seines diesbezüglichen Antrages ein Reisepaß nicht ausgestellt worden sei, zur Ausreise entschlossen.

Mit Bescheid vom 30. August 1991 stellte die Sicherheitsbehörde für das Bundesland Niederösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer über seine bisherigen Angaben hinaus ergänzend vor, die fortgesetzten Repressalien seitens der Behörden hätten ein normales Leben unmöglich gemacht. Er habe auf Grund laufender Vernehmungen mit seiner Verhaftung rechnen müssen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, die belangte Behörde sei nach Prüfung der Angaben des Beschwerdeführers zu der Auffassung gelangt, daß die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge beim Beschwerdeführer nicht vorlägen. Die Verweigerung von Arbeit oder Unterkunft stelle, wenn damit nicht die Lebensgrundlage entzogen werde, nicht die Verletzung eines durch die Genfer Konvention geschützten Rechtes dar. Dies gelte umso mehr dann, "wenn der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Wohnung vom Heimatstaat nicht adäquat verursacht und daher diesem nicht zurechenbar" sei. Durch den in der Abhaltung freier Wahlen am 20. Mai 1990 zum Ausdruck kommenden Demokratisierungsprozeß im Heimatland des Beschwerdeführers seien "die für die Ära Ceausescu typischen Verfolgungshandlungen weggefallen", sodaß vom Beschwerdeführer behauptete "derartige Rechtseingriffe" unglaubwürdig seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft und auf ein gesetzmäßiges Asylverfahren verletzt. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen, sich mit seinem Vorbringen ausreichend auseinanderzusetzen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Asylgesetz), in der Fassung

BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F dieser Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Der Beschwerdeführer hat sowohl bei seiner Einvernahme am 30. August 1991 als auch in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt, wegen der Flucht seines Bruders unter dem Verdacht der Spionage zu stehen, deshalb mehrfach verhaftet und aus dem Militärdienst entlassen worden zu sein. Mit diesem Vorbringen macht der Beschwerdeführer keinen der in der Flüchtlingskonvention aufgezählten, für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Gründe geltend. Vielmehr handelt es sich bei dem vom Beschwerdeführer angeführten Delikt der Spionage, dessen er verdächtigt worden sei, um eine Form der Kriminalität, die auch in traditionsgemäß demokratischen Ländern strafrechtlich verfolgt wird, wobei sich einem diesbezüglichen Verdacht jedermann zu stellen hat. Daß aber die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Verdächtigungen etwa aus politischen Motiven bloß vorgeschützt worden wären, hat er selbst nicht behauptet.

Wohl ist die belangte Behörde auf das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht eingegangen, sondern erschöpfen sich die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid darin, die nicht näher dargestellten Angaben des Beschwerdeführers ("derartige Rechtseingriffe") im Hinblick auf den Demokratisierungsprozeß in Rumänien als unglaubwürdig zu erachten. Der sohin dem angefochtenen Bescheid anhaftende Begründungsmangel kann beim gegebenen Sachverhalt aber nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, weil die belangte Behörde auch bei Vermeidung dieses Mangels zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010016.X00

Im RIS seit

08.04.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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