TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/9 92/10/0061

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Veröffentlicht am 09.11.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §56;
ForstG 1975 §1 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des DS und der HS in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberöstereich vom 16. Jänner 1992, Zl. ForstR-100027/4-IV/Brö-1992, betreffend Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages und Zurückweisung eines Feststellungsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 23. September 1988 beantragten die Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft G (im folgenden: Bezirkshauptmannschaft) die Rodungsbewilligung für eine Teilfläche von ca. 60 m2 auf Grundstück Nr. 714/1 der KG K zum Zwecke der Erweiterung des bereits bestehenden Getreidekastens zur Schaffung von Einstellmöglichkeiten für Werkzeuge und Maschinen zur Waldbewirtschaftung.

Im Zuge einer von der Bezirkshauptmannschaft über dieses Ansuchen durchgeführten mündlichen Verhandlung ersuchten die Beschwerdeführer, die Verhandlung für einen Zeitraum von vier Wochen zu unterbrechen; in dieser Zeit wollten sie Überlegungen dahingehend anstellen, ob sie den Rodungsantrag aufrechterhalten oder sich entschließen würden, eines der bereits bestehenden Gebäude - es handelte sich um einen "Getreidekasten" und eine Hütte - wegzuräumen und den Rodungsantrag zurückzuziehen.

Am 8. Mai 1989 richteten die Beschwerdeführer an die Bezirkshauptmannschaft ein Schreiben, in dem sie den Standpunkt vertraten, für die Errichtung und Erweiterung des sogenannten "Getreidekastens" sei keine Rodungsbewilligung notwendig. Sie machten geltend, es liege keine Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche Waldkultur vor. Ihre Gebäude dienten ausschließlich der Bewirtschaftung ihres Waldbesitzes und seien daher als Wald nach § 1 des Forstgesetzes 1975 anzusehen. Sie verfügten bei ihrem Haus in W über keine Wirtschaftsgebäude und es bestehe auch nicht die Möglichkeit, dort Wirtschaftsgebäude zum Unterbringen der forstwirtschaftlichen Maschinen und Geräte zu errichten. Überdies sei der Wald vom Haus rund 4,5 km entfernt. Sie seien daher darauf angewiesen, die notwendigen Gerätschaften (insbesondere Traktor, Anhänger, Ketten, forstwirtschaftliche Werkzeuge und Geräte etc.) auf dem Waldgrundstück zu lagern. Auch bereits geerntetes Holz müsse dort bis zum Abholen zwischengelagert werden. Es werde daher beantragt, festzustellen, daß für die Errichtung bzw. den Bestand der gegenständlichen Gebäude keine Rodungsbewilligung erforderlich sei.

Mit Bescheid vom 15. Juni 1989 erteilte die Bezirkshauptmannschaft den Beschwerdeführern den Auftrag, die auf dem Waldgrundstück 714/1 der KG K nordöstlich eines Getreidekastens befindliche Gerätehütte samt deren Inhalt bis 1. Oktober 1989 zu entfernen und die beanspruchte Waldfläche der Wiederbewaldung zuzuführen (Spruchabschnitt I). Gleichzeitig wurde der Antrag vom 8. Mai 1989 auf Feststellung, daß für die Errichtung bzw. den Bestand dieser Hütte keine Rodungsbewilligung erforderlich sei, zurückgewiesen (Spruchabschnitt II).

Die Beschwerdeführer beriefen. Sie machten geltend, die Hütte sei als forstbetriebliche Einrichtung anzusehen, weshalb das Gelände, auf dem sie errichtet sei, Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 sei.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Jänner 1992 wurde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung kam die belangte Behörde unter Berufung auf ein von ihr eingeholtes Gutachten eines forsttechnischen Amtssachverständigen sowie aufgrund der Überlegung, daß den Beschwerdeführern auch andere Alternativen der Waldbewirtschaftung zur Verfügung stünden, zu dem Ergebnis, daß die Hütte zur Waldbewirtschaftung nicht unbedingt erforderlich sei, sodaß sie nicht ohne Rodungsbewilligung hätte errichtet werden dürfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche Waldkultur (Rodung) verboten.

Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer acht lassen, hat die Behörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

a)

die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

b)

die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,

c)

die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten sowie die Wildbachräumung,

d)

die Verhindung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

e)

die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen,

dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen (§ 172 Abs. 6 des Forstgesetzes 1975).

Die Bestimmung ermöglicht auch einen Auftrag zur Beiseitigung eines auf einer Waldfläche ohne behördliche Bewilligung errichteten Bauwerkes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. September 1979, Slg. N.F. Nr. 9920/A).

Nach § 1 Abs. 3 des Forstgesetzes 1975 gelten - unbeschadet ihrer besonderen Nutzung - als Wald im Sinne des Abs. 1 auch dauernd unbestockte Grundflächen, insoweit sie in einem unmittelbaren räumlichen und forstbetrieblichen Zusammenhang mit Wald stehen und dessen Bewirtschaftung dienen (wie forstliche Bringungsanlagen, Holzlagerplätze, Waldschneisen).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. September 1979, Slg. N.F. Nr. 9920/A, zum Ausdruck gebracht hat, liegt bei Verwendung einer unbestockten Grundfläche für die Bebauung mit einer Hütte nur dann keine Rodung nach § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 vor, wenn die Hütte tatsächlich der forstlichen Bewirtschaftung dient und wenn sie dazu unbedingt notwendig ist. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ist der Verwaltungsgerichtshof in späteren Erkenntnissen nicht von dieser Auslegung abgegangen, sondern hat überdies noch die Auffassung vertreten, an das Erfordernis der unbedingten Notwendigkeit sei ein strenger Maßstab anzulegen, da ansonsten angesichts der durch eine Vielzahl von Kleinbetrieben gekennzeichneten Struktur des Waldeigentums in Österreich eine mit den Zielen des Forstgesetzes nicht vereinbare Waldverhüttelung drohen würde. Unbedingt erforderlich sei eine Hütte daher nur dann, wenn ohne sie eine forstliche Bewirtschaftung nicht möglich sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1992, Zl. 91/10/0172).

Aus dem von der belangten Behörde eingeholten Amtssachverständigengutachten geht hervor, daß das Waldgrundstück der Beschwerdeführerin (Parzelle 714/1 KG K) ein Ausmaß von 2.6722 ha hat und von W, dem Wohnort der Beschwerdeführer, ca. 4.5 km entfernt ist. Es liegt direkt an der Landesstraße; die Zufahrt mit einem Traktor ist bei jeder Witterung problemlos möglich. Die Waldbewirtschaftung erfolgt angesicht der vorliegenden Bestandesverhältnisse und der Waldfläche von 2.6722 ha ungeachtet von Arbeitsspitzen nur aussetzend. Neben der Hütte der Beschwerdeführer befindet sich ein ebenfalls ihnen gehöriger Getreidekasten, der sowohl als Unterstandmöglichkeit als auch für die Geräteeinlagerung verwendet werden könnte. Wenn die belangte Behörde angesichts dieses Sachverhaltes zu dem Ergebnis kam, daß die Hütte zur Waldbewirtschaftung nicht unbedingt erforderlich sei, so kann darin ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden. Daß die Beschwerdeführer bei ihrem Wohnhaus ihren Behauptungen zufolge aufgrund der beengten Lage keinen entsprechenden Stellplatz für die zur Waldbewirtschaftung verwendeten Fahrzeuge (Traktor und Anhänger) haben, stellt keinen Umstand dar, der es den Beschwerdeführern unmöglich machen würde, ihren Wald ohne die Hütte rationell zu bewirtschaften. Es wäre angesichts dieser Situation Sache der Beschwerdeführer, sich um einen entsprechenden Abstellplatz an anderer Stelle zu bemühen. Überdies stünden den Beschwerdeführern, wie die belangte Behörde in ihrem Bescheid - von den Beschwerdeführern unwidersprochen - ausgeführt hat, auch andere Möglichkeiten der Waldbewirtschaftung (z.B. der Einsatz von Bauernakkordanten) zur Verfügung (vgl. hiezu neuerlich das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 13. September 1979, Slg. N. F. Nr. 9920/A).

Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren stets vorgebracht, die Fläche, auf der die Hütte errichtet sei, sei Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975. Eine Behauptung des Inhalts, es handle sich dabei nicht um Wald, weil die Hütte bereits länger als 15 Jahre dort stehe, wurde nicht aufgestellt. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen stellt daher eine gemäß § 41 VwGG unzulässige Neuerung dar.

Was Gegenstand des Feststellungsantrages der Beschwerdeführer vom 8. Mai 1989 ist, ist insofern undeutlich, als einerseits vom "Getreidespeicher", andererseits von den "gegenständlichen Gebäuden" die Rede ist, was im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Verfahren darauf hindeutet, daß sowohl der Getreidespeicher als auch die den Gegenstand des nachfolgenden forstpolizeilichen Auftrages bildende Hütte auf Parzelle 714/1 der KG K vom Feststellungsantrag umfaßt sein sollten. Dafür spricht auch, daß die Beschwerdeführer im anschließenden Verfahren, in welchem die Behörden beider Rechtsstufen den Feststellungsantrag als auf die Hütte bezogen ansahen, nichts vorbrachten, was gegen diese Auslegung des Feststellungsantrages der Beschwerdeführer sprach, sondern vielmehr die Zurückweisung dieses Antrages mit der Begründung bekämpften, diese sei zu Unrecht erfolgt. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß der Feststellungsantrag jedenfalls auch die Hütte umfaßte. Von den Beschwerdeführern wird auch in der Beschwerde nichts Gegenteiliges vorgebracht.

Die Verwaltungsbehörden sind nur dann befugt, Feststellungsbescheide im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zu erlassen, wenn hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlaß vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen.

Feststellungsbescheide sind hingegen immer dann unzulässig, wenn die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlichen Verfahrens entschieden werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. November 1992, Zl. 86/17/0162).

Das Forstgesetz 1975 enthält keine ausdrückliche Anordnung, die einen Feststellungsbescheid des von den Beschwerdeführern begehrten Inhaltes zulassen würde. Der von der belangten Behörde erteilte forstpolizeiliche Auftrag stützt sich darauf, daß für die Errichtung der Hütte eine Rodungsbewilligung erforderlich gewesen wäre, welche aber nicht eingeholt wurde. Damit wurde im Verfahren zur Erlassung des forstpolizeilichen Auftrages genau jenes Thema behandelt, das die Beschwerdeführer zum Gegenstand des Feststellungsbescheides machen wollten. Im Rahmen dieses Verfahrens, das von der Behörde auf Grund der ohne Rodungsbewilligung erfolgten Aufstellung der Hütte von Amts wegen einzuleiten war, hatten die Beschwerdeführer die Möglichkeit, alles vorzubringen, was gegen die Notwendigkeit einer Rodungsbewilligung sprach. Es ist auch kein Umstand ersichtlich, der es ihnen unzumutbar machte, ihre diesbezüglichen Einwendungen in diesem Verfahren geltend zu machen. Für ein gesondertes, parallel zum forstpolizeilichen Auftragsverfahren durchzuführendes Verfahren zur Erlassung eines Feststellungsbescheides fehlte es daher an einem im öffentlichen oder privaten Interesse begründeten Anlaß.

Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992100061.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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