TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/12 92/18/0414

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.1992
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §5 Abs1;
AsylG 1968 §5 Abs4;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z6;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13. August 1992, Zl. Sich-0702/5630/Gi, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (der belangten Behörde) vom 13. August 1992 wurde dem Beschwerdeführer, einem jugoslawischen Staatsangehörigen, die Erteilung eines von ihm beantragten befristeten Sichtvermerkes gemäß § 25 Abs. 1 und 3 lit. d des Paßgesetzes, BGBl. Nr. 422/1969, (PaßG) versagt.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus:

Der Beschwerdeführer sei am 15. Oktober 1990 von Jugoslawien kommend nach Österreich eingereist. Am 16. Oktober 1990 habe er einen Asylantrag gestellt. Anläßlich seiner Befragung zu diesem Antrag durch Organe der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich habe der Beschwerdeführer angegeben, unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist zu sein; ein Reisepaß sei ihm nie ausgestellt worden. Mit Bescheid der vorgenannten Behörde vom 14. Februar 1991 sei über den Asylantrag des Beschwerdeführers negativ entschieden worden. Die dagegen erhobene Berufung habe der Beschwerdeführer nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für ihn zurückgezogen und vor der belangten Behörde unter Vorlage seines jugoslawischen Reisepasses einen Sichtvermerks-Antrag gestellt. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe sich herausgestellt, daß der Beschwerdeführer bei seiner Einreise nach Österreich sehr wohl einen Reisepaß besessen habe; dieser sei ihm am 28. Dezember 1985 ausgestellt und am 20. Dezember 1990 bis 20. Dezember 1995 verlängert worden. In diesem Paß sei auch die Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich am 15. Oktober 1990 (Grenzübergang Spielfeld-Bahn) durch Anbringung eines entsprechenden Grenzkontrollstempels dokumentiert. Zudem habe der Beschwerdeführer während des anhängigen Asylverfahrens mehrere Reisen nach Jugoslawien unternommen, in das Land, in dem er seiner Behauptung nach verfolgt werde. Der Beschwerdeführer habe in dieser Zeit dreimal, und zwar am 18. November 1990, am 22. Dezember 1990 und am 5. Februar 1991 legal die Bundesgrenze von und nach Jugoslawien überschritten, und sich am 20. Dezember 1990 bei der zuständigen Behörde die Gültigkeitsdauer seines Reisepasses verlängern lassen. Dieses Verhalten laufe maßgeblichen öffentlichen Interessen zuwider. Es könne nicht geduldet werden, daß sich Fremde durch unrichtige Angaben vor österreichischen Behörden den Aufenthalt in Österreich verschafften, während des Asylverfahrens nochmals in das Land reisten, von dem sie behaupteten, dort verfolgt zu werden, und sich zudem noch den dortigen Behörden zur Vornahme einer "Paßamtshandlung" stellten. Dieser Mißbrauch des Asylgesetzes stelle ein Verhalten dar, welches die Annahme rechtfertige, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht und begehrt wird, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grund aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Regelung des § 25 Abs. 1 PaßG zufolge kann ein Sichtvermerk einem Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß § 25 Abs. 3 des Gesetzes vorliegt. Nach § 25 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde bei der Ausübung des ihr im Abs. 1 eingeräumten freien Ermessens auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers und auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die wirtschaftlichen und kulturellen Belange, auf die Lage des Arbeitsmarktes und auf die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen. Nach § 25 Abs. 3 leg. cit. ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn (lit. d) die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

2.1. In der Beschwerde wird nicht bestritten, daß der Beschwerdeführer, wie im bekämpften Bescheid dargetan, im Rahmen des durch seinen Antrag in Gang gesetzten Asylverfahrens wahrheitswidrig angegeben habe, unter Umgehung der Grenzkontrolle in Österreich eingereist zu sein und zu diesem Zeitpunkt (15. Oktober 1990) keinen Reisepaß besessen zu haben. Des weiteren blieben vom Beschwerdeführer die Feststellungen der belangten Behörde unbestritten, er sei während der Anhängigkeit des Asylverfahrens insgesamt dreimal unter Benützung seines Reisepasses nach Jugoslawien gereist und habe darüber hinaus anläßlich eines dieser Aufenthalte von der zuständigen Behörde die Gültigkeitsdauer seines Passes (bis 20. Dezember 1995) verlängern lassen.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die aus diesem Verhalten des Beschwerdeführers gezogene Schlußfolgerung der belangten Behörde, es habe sich hiebei um eine rechtsmißbräuchliche Stellung eines Antrages auf Asylgewährung gehandelt, nicht als unzutreffend zu erkennen. Abgesehen davon, daß im Asylverfahren das Vorbringen des Flüchtlings als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen ist und daher unwahre Angaben über die näheren Umstände seiner Einreise in das Bundesgebiet, vor allem solche über den (Nicht-)Besitz eines Reisepasses, in der Regel der Behörde die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes, insbesondere der Identität des Flüchtlings, erschweren (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0242), zeigt die Vorgangsweise des Beschwerdeführers bei objektiver Betrachtungsweise, daß ihm die mißbräuchliche Antragstellung zum Zweck der Erlangung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung (§ 5 Abs. 1 des Asylgesetzes) bewußt war. Insbesondere die dreimalige unter Benützung seines Reisepasses vorgenommene Einreise des Beschwerdeführers nach Jugoslawien während des anhängigen Asylverfahrens und die bei einer dieser Gelegenheiten erwirkte Verlängerung der Gültigkeitsdauer dieses Dokumentes machen deutlich, daß der Beschwerdeführer nicht ernsthaft davon ausging, es lägen bei ihm Gründe für eine Asylgewährung vor, konnte doch gerade die beschriebene Aufrechterhaltung seiner (intensiven) Kontakte mit seinem Heimatland auch aus der Sicht des Beschwerdeführers am Fehlen jeglicher Gefahr einer Verfolgung aus einem der nach der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. Nr. 55/1955) relevanten Gründe keinen Zweifel aufkommen lassen. Die gegenteilige Ansicht der Beschwerde, der "anfangs widersprüchlich erscheinende Umstand der jeweiligen Ausreise nach Jugoslawien und Wiedereinreise nach Österreich während des Asylverfahrens zeigt völlig klar, daß dem Beschwerdeführer keinesfalls Irreführung der Behörden vorzuwerfen ist", ist nicht nachvollziehbar.

Kam demnach die belangte Behörde in unbedenklicher Weise zu dem Ergebnis, der Beschwerdeführer habe zum Zweck der Erlangung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung und in der Folge einer Beschäftigungsbewilligung unwahre Angaben vor einer österreichischen Behörde gemacht, so begegnet der daraus gezogene rechtliche Schluß, es sei die Annahme gerechtfertigt, daß der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährden würde, keinen Bedenken. Die belangte Behörde hat damit zu Recht die Verwirklichung des Versagungstatbestandes des § 25 Abs. 3 lit. d PaßG angenommen.

2.3. Darauf, daß die Gattin und zwei minderjährige Kinder des Beschwerdeführers bei ihm in Österreich wohnten, für die er sorgepflichtig sei, brauchte die belangte Behörde ebensowenig Bedacht zu nehmen, wie auf den Umstand, daß er die von ihm gefundene Beschäftigung "zur vollsten Zufriedenheit des Arbeitgebers" ausübe, da bei Vorliegen eines Versagungsgrundes gemäß § 25 Abs. 3 lit. d PaßG für die - nur bei einer Ermessensentscheidung nach § 25 Abs. 1 und 2 leg. cit. zu berücksichtigenden - persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers kein Raum bleibt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. April 1992, Zl. 91/19/0355, und vom 4. September 1992, Zl. 92/18/0347).

3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beweismittel Urkunden Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Parteienvernehmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180414.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten