TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/13 88/17/0130

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Veröffentlicht am 13.11.1992
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Index

L37301 Aufenthaltsabgabe Fremdenverkehrsabgabe Nächtigungsabgabe
Ortsabgabe Gästeabgabe Burgenland;
L74001 Fremdenverkehr Tourismus Burgenland;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §46 impl;
BAO §166;
FinStrG §254 Abs1;
FremdenverkehrsG Bgld 1967 §19 Abs6;
VStG §24;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. M in N, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 12. Jänner 1988, Zl. VI/3-3673-1987, betreffend Übertretung des Burgenländischen Fremdenverkehrsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 31. August 1987 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als Unterkunftgeber die Ortstaxe von 110 Gästen für Übernachtungen in den Monaten April und Mai 1987 nicht bis 10. des nächstfolgenden Monates an die Gemeinde abgeführt zu haben. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Sachverhalt sei vom Beschwerdeführer insoweit zugegeben worden, als dieser sich auf geänderte Zahlungsmodalitäten bei der Einhebung berufen habe. Dieses Argument könne nur so verstanden werden, daß der Beschwerdeführer aus diesem Grund die Abgabe verspätet eingezahlt habe. Die Behauptung, er hätte die Abrechnung für die Übernachtungen erst im Juni/Juli bekommen, stehe dazu im Widerspruch und sei nicht glaubwürdig. Es sei nicht anzunehmen, daß er als Unterkunftgeber in den Monaten April und Mai kein Entgelt für Übernachtungen erhalten habe.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Darin wird u.a. ausgeführt, er habe in den Monaten April und Mai 1987 überhaupt nur insgesamt 34 Gäste "einlogiert" gehabt und hiefür "die Abrechnungsbeträge (Logie + Ortstaxe) von den Gästevermittlern auch wirklich erst im Juni und Juli 1987" bekommen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die Bgld. Landesregierung der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Zur Begründung wird - "ergänzend zu den erstinstanzlichen Erwägungen sowie zu den Berufungsausführungen" - ausgeführt, der Beschwerdeführer bekämpfe zwar das angefochtene Straferkenntnis dem Grunde nach, er gebe jedoch nicht an, aus welchen Gründen ein strafbares Verhalten nicht vorliegen solle. Entgegen den durchaus schlüssigen Ausführungen der erhebenden Organe des Gendarmeriepostenkommandos, an deren Glaubwürdigkeit keineswegs zu zweifeln sei, führe er selbst aus, daß in den Monaten April und Mai 1987 lediglich insgesamt 34 und nicht, wie auf Grund der Eintragungen im Gästehaus zu ersehen gewesen sei, 110 Nächtigungen, erfolgt seien. Es sei daher aus dem Berufungsvorbringen nicht zu erkennen, aus welchen Gründen die angelastete Verwaltungsübertretung bekämpft werde, zumal der Beschwerdeführer zumindest einen Teil an Nächtigungen, für welche bis zum jeweils 10. des folgenden Monates die Ortstaxe an die Gemeinde abzuführen gewesen wäre, eingestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Es werden "als wesentliche Beschwerdepunkte die Verletzung des Rechtes auf Erlangung eines verfahrensmängelfreien Bescheides, meines Rechtes auf Abhaltung eines mängelfreien Verfahrens, meines Rechtes auf Erlangung eines inhaltlich rechtmäßigen Bescheides, meines Rechtes auf Wahrung der persönlichen Integrität, sowie Verletzung des Rechtes auf Einstellung des Strafverfahrens bei Vorliegen rechtmäßigen Verhaltens bzw. Nichtvorliegen von schuldhaftem Verhalten, sowie meines Rechtes auf Freiheit von behördl. Verfolgung bzw. Bestrafung bei rechtmäßigem bzw. schuldlosem Verhalten" geltend gemacht. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 3 erster Satz des im Beschwerdefall anzuwendenden Bgld. Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1967, sind Unterkunftgeber verpflichtet, die Ortstaxe von den abgabenpflichtigen Personen spätestens bei der Begleichung der Rechnung für die Nächtigung einzuheben. Im Abs. 4 dieser Gesetzesstelle wird u.a. bestimmt, daß die Einhebungspflichtigen die eingehobenen Beträge bis 10. des nächstfolgenden Monates an die Gemeinde abzuführen haben.

Nach § 19 Abs. 6 leg. cit. ist das Amt der Bgld. Landesregierung berechtigt, durch behördlich legitimierte Organe die ordnungsgemäße und vollständige Einhebung der Fremdenverkehrsabgabe durch die Einhebungspflichtigen zu überprüfen und die Mitwirkung der Gemeinden zu überwachen. Die Einhebungspflichtigen haben den Organen des Landes und der Gemeinden auf Verlangen die der Bemessung der Abgabe dienlichen Nachweise vorzulegen und alle bezüglichen Auskünfte zu erteilen.

Nach § 26 Abs. 1 lit. a des Bgld. Fremdenverkehrsgesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 3/1985 ist mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- oder mit Arrest bis zu einem Monat von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer auf Grund dieses Gesetzes vorgeschriebene Abgaben bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß die Überprüfung seines Gästebuches durch Sicherheitsorgane, die hiezu gemäß § 19 Abs. 6 leg. cit. nicht berechtigt gewesen seien, erfolgt sei, vermag schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, weil auch ein Beweismittel, welches durch eine allfällige Rechtsverletzung, wie sie in der Beschwerde gerügt wird, in den Besitz der Abgabenbehörde gelangt ist, zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes herangezogen werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1978, Slg. N.F. Nr. 5262/F).

Der Beschwerdeführer ist aber schon deswegen im Recht, wenn er sich dagegen wendet, es seien keine Feststellungen darüber getroffen worden, ob überhaupt in den Monaten April und Mai der Beschwerdeführer Beträge für Übernachtungen eingehoben habe, bzw. es sei das dahingehende Vorbringen unbeachtet geblieben.

Gemäß § 254 Abs. 1 erster Satz FinStrG gilt für den Bereich des landesgesetzlichen Abgabenstrafrechtes das Verwaltungsstrafgesetz. Nach dem § 24 erster Satz VStG gelten u. a. auch die Vorschriften der §§ 37 und 39 AVG. Nach § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Im Grunde des § 39 Abs. 2 erster Satz, erster Satzteil, AVG hat die Behörde, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil des Gesetzes enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Nach § 25 Abs. 2 VStG sind die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht hätte daher - wie in der Beschwerde zutreffend gerügt wird - die Behörde zunächst Feststellungen darüber zu treffen gehabt, ob überhaupt vom Beschwerdeführer als Einhebungspflichtigen Beträge für die Ortstaxe von abgabenpflichtigen Personen eingehoben wurden und insofern EINGEHOBENE Beträge im Grunde des § 19 Abs. 4 leg. cit. abzuführen gewesen wären. Auch auf das dahingehende Berufungsvorbringen, daß nämlich der Beschwerdeführer die Abrechnungsbeträge von den Gästevermittlern erst im Juni und Juli 1987 bekommen hätte, ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in keiner Weise eingegangen.

Daran vermag insbesondere auch nichts zu ändern, wenn in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Ausführungen der erhebenden Organe des Gendarmeriepostenkommandos verwiesen wird; ist doch die (strittige) Frage der Zahl der Nächtigungen davon zu trennen, ob und in welchem Ausmaß im Bemessungszeitraum der Beschwerdeführer als Einhebungspflichtiger von den Abgabepflichtigen die Ortstaxe eingehoben und diese eingehobenen Beträge abzuführen hat.

Diese Feststellungsmängel hindern den Verwaltungsgerichtshof daran, die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Bescheides im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes zu überprüfen. Daraus ergibt sich, daß einerseits infolge fehlender Sachverhaltsfeststellungen der angefochtene Bescheid ergänzungsbedürftig geblieben ist, andererseits die belangte Behörde Verfahrensvorschriften über die Begründungspflicht außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch eine Wiedergabe und Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den - im Hinblick auf die gesetzliche Kostenpauschalierung nicht zuzuerkennenden - für Umsatzsteuer geltend gemachten Betrag.

Schlagworte

rechtswidrig gewonnener BeweisGrundsatz der UnbeschränktheitBeweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1988170130.X00

Im RIS seit

13.11.1992

Zuletzt aktualisiert am

12.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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