TE Vwgh Erkenntnis 1992/11/26 92/09/0101

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Veröffentlicht am 26.11.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
BDG 1979 §105 Z1;
BDG 1979 §109;
BDG 1979 §110;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §124 Abs1;
BDG 1979 §124 Abs2;
BDG 1979 §126;
BDG 1979 §94 Abs1 Z1;
BDG 1979 §96;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 25. Februar 1992, Zl. 233-DK/8/91, betreffend Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Spruchabschnitte I bis III des angefochtenen Bescheides werden - soweit sie sich auf den Beschwerdeführer beziehen - aufgehoben und zwar die Punkte 1 bis 3 des Spruchabschnittes I wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, die übrigen Bestimmungen der genannten Spruchabschnitte wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist als Sicherheitswachebeamter im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien und war im maßgeblichen Zeitpunkt beim Bezirkspolizeikommissariat X - Wachzimmer Y tätig.

Am 19. August 1991 befand sich der Beschwerdeführer gemeinsam mit zwei anderen Beamten (W. und St.) am Vormittag zur Sturmgewehrausbildung auf dem Schießplatz E. Nachdem die Beamten bis 15.30 Uhr dieses Tages noch nicht in ihren Wachzimmern eingerückt waren, ordnete der hievon in Kenntnis gesetzte Abteilungskommandant Oberst Sp an, das Kommissariatswachzimmer sei von der Rückkehr der Beamten zu verständigen und eine Meldung über die lange (offensichtlich unbegründete) Abwesenheit vom Dienst zu erstatten. Um ca. 15.45 Uhr dieses Tages rief W. vom Wachzimmer Y im Kommissariatswachzimmer an.

Am 22. August 1991 wurden St., W und der Beschwerdeführer sowie einige andere Beamte zu diesem Vorfall vom Abteilungskommandanten des Bezirkspolizeikommissariates X Sp. einvernommen. Im wesentlichen gaben die am Vorfall beteiligten Beamten (einschließlich des Beschwerdeführers) an, sie seien nach Beendigung des Übungsschießens im Privat-PKW des Beschwerdeführers gegen 12.00 Uhr zum Wachzimmer Y zurückgekehrt, hätten sich in der Folge - ohne vorherige Verständigung des Wachzimmers Y (bei dem sie sich auch noch nicht zurückgemeldet hatten) - über Intervention des Geschäftsmannes J in dessen Geschäftslokal (B.-Gasse) begeben und in einem Streit mit dessen (ehemaligen) Arbeitnehmer L. vermittelt. Gegenstand des Streites sei (nach Angabe von J) angeblich eine ausständige Lohnzahlung gewesen; im Zuge der Auseinandersetzung habe L. (wiederum nach Angabe von J) zu randalieren begonnen. Bei ihrem Eintreffen hätten die Beamten (zum Teil beschädigte) Gegenstände am Boden liegen gesehen. L. habe sich in der Folge bereit erklärt, für den entstandenen Schaden aufzukommen, worauf J seinerseits erklärt habe, von einer Anzeige (wegen Sachbeschädigung) abzusehen. In der Folge hätten die Beamten L. zu einem Bankomat und zurück zum Geschäftslokal begleitet. Gegen Ende der Amtshandlung (zwischen 14.00 und 14.30 Uhr) seien sie von J zu einem Mittagessen eingeladen worden und hätten sich dann in das Wachzimmer Y (ca. 15.30 Uhr) begeben.

Der am 23. August 1991 zu diesem Vorfall befragte J gab zwar als Ursache des Streites mit L. eine ausständige Lohnzahlung an. Er bestritt aber, daß L. Gegenstände beschädigt habe und er von ihm deshalb Geld erhalten habe. Im übrigen seien nur zwei Beamte (darunter auch der Beschwerdeführer) in seinem Geschäft anwesend gewesen, die er in der Folge auch zum Mittagessen eingeladen habe. L. gab laut Niederschrift vom 23. August 1991 an, er habe sich S 5.000,-- von seinem Arbeitgeber vor längerer Zeit ausgeborgt. Nachdem ihn J zur Bezahlung dieser Summe aufgefordert habe, habe er die Bezahlung zunächst verweigert, weil er der Auffassung gewesen sei, sie sei vom Lohn bereits abgezogen worden. Darüber sei ein Wortstreit entstanden; er habe aber keine Gegenstände beschädigt. J habe das Geschäftslokal verlassen und sei mit zwei oder drei Sicherheitswachebeamten zurückgekommen. Diese hätten L. in der Folge zu einem Bankomat begleitet: Dort angekommen habe er jedoch entdeckt, daß er genügend Geld bei sich habe, um S 5.000,-- an J zu bezahlen.

Am 28. August 1991 wurden der Beschwerdeführer, W. und St. mit diesen (widersprüchlichen) Angaben konfrontiert; sie blieben aber im wesentlichen bei ihren Angaben vom 22. August 1991.

Mit Schreiben vom 30. August 1991 erstattete Oberst Sp. an die Bundespolizeidirektion Wien - Generalinspektorat der Sicherheitswache über diesen Vorfall Disziplinaranzeige (wesentliche Vorwürfe: Zu lange Dauer der Amtshandlung, sofern sie überhaupt stattgefunden habe; Annahme eines Mittagessens; kein Anruf beim Wachzimmer unter Angabe des Ortes, wo die Beamten hätten erreicht werden können), wo sie am 4. September 1991 einlangte.

Nach Vornahme weiterer Ergänzungen (Klarstellung des Ablaufes der Ereignisse im Zeitraum von 12.00 bis 15.40 Uhr am 19. August 1991) im Auftrag der Bundespolizeidirektion - Generalinspektorat der Sicherheitswache erstattete die Bundespolizeidirektion mit Schreiben vom 27. November 1991 die Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres (belangte Behörde) unter Anschluß der umfangreichen Erhebungsunterlagen.

Der nunmehr angefochtene Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß der belangte Behörde vom 25. Februar 1992 lautet wie folgt:

"EINLEITUNGS- UND VERHANDLUNGSBESCHLUSS

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat am 25. Februar 1992 in der Disziplinarsache gegen Bez. Insp. W, Bez.Insp. St 1. und Rev.Insp. H gem. §§ 123 Abs. 1 u. 124 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren durchzuführen und die mündliche Verhandlung für den 31.03.1992 um 10.00 Uhr anzuberaumen beschlossen.

Bez. Insp. W, Bez. Insp. St 1. und Rev.Insp. H werden beschuldigt ihre Dienstpflichten gem. §§ 43 Abs. 1 u.2, sowie gegen § 59 Abs. 1 BDG 1979 dadurch verletzt zu haben, daß sie

I. am 18.08.1991 nachmittags gegen die Wachverhaltungsvorschrift, GI-1-1068/30/1 vom 03.06.1987, Beilage 1, Allgem. Vorschrift für den Wachzimmer- u. Außendienst verstoßen haben und zwar

1.

Pkt. 3. Außendienst, 3.1., Vornahme von Tätigkeiten oder Setzung von Verhaltensweisen die geeignet sind den SWB in der Erfüllung seiner Aufgaben und Wahrnehmungen der notwendigen Eigensicherung zu beeinträchtigen, sowie

2.

Pkt. 3. Außendienst, 3.1., da sie alles zu unterlassen hätten, was dem Standesansehen d. Sicherheitswache abträglich sein könnte, und

3.

Pkt. 5. Eigensicherung; da sie auf die geeignete Eigensicherung Bedacht zu nehmen haben.

Weiters werden sie beschuldigt ihre Dienstpflichten dadurch verletzt zu haben, daß sie nach Beendigung des vorgesehenen Außendienstes (Schießausbildung und Prüfung des aufgezeigten Sachverhaltes - Ende ca. 12.30 Uhr) nicht unverzüglich in das Wachzimmer eingerückt sind und ihre Abwesenheit unter Angabe von Ort und Zeit erst beim tatsächlichen Einrücken über Aufforderung einem Vorgesetzten mitgeteilt haben.

II. Am 19.08.1991 um die Mittagszeit im Gasthaus J ein Geschenk (Mittagessen) angenommen und dadurch gegen § 59 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen haben.

III. Durch Nichtinformieren von Vorgesetzten von einer Verhinderung, Intervention zu dritt bei einer Amtshandlung, die nur eine Intervention über Aufforderung war, Aufenthalt zu privaten Zwecken in einer Geschäftsräumlichkeit und unbegründetes verspätetes Einrücken am 19.08.1991 gegen

15.30 Uhr das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben schuldhaft verletzt zu haben.

IV. Bez.Insp. W wird weiters beschuldigt seine Dienstpflichten gem. § 44 Abs. 1 BDG 1979 dadurch verletzt zu haben, daß er am 19.08.1991 nachmittags durch seine ungerechtfertigte Abwesenheit vom Wachzimmer seinen dienstlichen Aufgaben als Wachkommandant gem. Pkt.2.2. der Beilage I der Wachverhaltungsvorschrift nicht nachgekommen sei, sowie, daß er eine falsche Eintragung im Wachzimmerbericht getätigt habe (beide anwesenden eingeteilten SWB als im Außendienst befindlich). Weiters habe er gegen § 44 Abs. 1 BDG 1979 dadurch verstoßen, daß er die mündliche Weisung von Abt.Insp. D, nämlich über den Vorfall eine Meldung zu legen, nicht befolgt und diesem die Amtshandlung im Gasthaus J bzw. die Abwesenheit nicht unverzüglich gemeldet habe. V. Bez.Insp. St wird zu dem noch beschuldigt seine Dienstpflichten gem. § 43 Abs. 1 u. 44 Abs. 1 BDG 1979 verletzt zu haben, daß er am 19.08.1991 nachmittags seinen 1. Wachkommandant nicht zeitgerecht informiert und seine Aufgaben gem. Pkt. 2.2. der Beilage I zur Wachverhaltungsvorschrift nicht erfüllt habe, indem er nicht unverzüglich in sein zuständiges Wachzimmer eingerückt, sondern erst gegen 18.00 Uhr dort eingetroffen sei.

Gegen diesen Beschluß ist kein Rechtsmittel zulässig (§§ 123 Abs. 2 und 124 Abs. 2 BDG 1979).

Die Zusammensetzung des zuständigen Senates wird auf der Rückseite des Beschlusses bekanntgegeben."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde.

Disziplinarbehörden sind nach § 96 BDG 1979 1. die Dienstbehörden, 2. die Disziplinarkommissionen, 3. die Disziplinaroberkommission.

Die §§ 109 und 110 BDG 1979 lauten:

"Disziplinaranzeige

§ 109. (1) Der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) hat bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Erweckt der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung, so hat sich der Dienstvorgesetzte in dieser Eigenschaft jeder Erhebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde zu berichten. Diese hat gemäß § 84 der Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631, vorzugehen.

(2) Von einer Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde ist abzusehen, wenn nach Ansicht des Dienstvorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht.

(3) Die Dienstbehörde hat, sofern es sich nicht um eine Selbstanzeige handelt, eine Abschrift der Disziplinaranzeige unverzüglich dem Beschuldigten zuzustellen.

§ 110. (1) Auf Grund der Disziplinaranzeige oder des Berichtes des Dienstvorgesetzten hat die Dienstbehörde

1.

eine Disziplinarverfügung zu erlassen oder

2.

die Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission und an den Disziplinaranwalt weiterzuleiten.

(2) Die Dienstbehörde kann von der Erlassung einer Disziplinarverfügung oder der Weiterleitung der Disziplinaranzeige absehen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Dienstpflichtverletzung unbedeutend sind. Auf Verlangen des Beamten ist dieser hievon formlos zu verständigen."

Nach § 123 Abs. 1 BDG 1979 hat der Vorsitzende der Disziplinarkommission nach Einlangen der Disziplinaranzeige die Disziplinarkommission zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag der Disziplinarkommission durchzuführen.

Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Beschluß dem beschuldigten Beamten, dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist kein Rechtsmittel zulässig (§ 123 Abs. 2 leg. cit.).

Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat die Disziplinarkommission die mündliche Verhandlung anzuberaumen (Verhandlungsbeschluß) und zu dieser die Parteien sowie die in Betracht kommenden Zeugen und Sachverständigen zu laden (§ 124 Abs. 1 erster Satz BDG 1979).

Gemäß § 124 Abs. 2 BDG 1979 sind im Verhandlungsbeschluß die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Gegen den Verhandlungsbeschluß ist kein Rechtsmittel zulässig.

Nach § 105 Z. 1 BDG 1971 ist - soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist (dies ist im Beschwerdefall nicht der Fall) - das AVG mit Ausnahme von im Beschwerdefall nicht maßgebenden Bestimmungen auf das Disziplinarverfahren anzuwenden.

Der Beschwerdeführer, der den Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß "zur Gänze" bekämpft, erachtet sich in seinem durch die §§ 94 und 123 BDG 1979 gewährleisteten Recht auf Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens nach Ablauf der Verjährungsfrist sowie in seinem Recht auf hinreichende Sachverhaltsermittlung, ausreichende Bescheidbegründung und richtige Beweiswürdigung verletzt.

Unbeschadet des Umstandes, daß der Beschwerdeführer den Bescheid zur Gänze bekämpft, zeigen der Beschwerdepunkt und dessen Ausführung in der Beschwerde unmißverständlich, daß der Beschwerdeführer sich nur insofern in seinen Rechten verletzt erachtet, als GEGEN IHN ein Disziplinarverfahren eingeleitet und durch den Verhandlungsbeschluß fortgeführt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß der Bescheid nur in diesem Umfang angefochten wird.

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes im wesentlichen vor, durch den angefochtenen Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß vom 25. Februar 1992, der als Bescheid zu werten sei, sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, obwohl die sechsmonatige Verjährungsfrist nach § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 bereits abgelaufen gewesen sei. Es sei nämlich davon auszugehen, daß die Dienstbehörde durch die Kenntnis seines Dienstvorgesetzten im Bezirkspolizeikommissariat X (Oberst Sp.), der ihn spätestens am 22. August 1991 niederschriftlich über den Gegenstand des Disziplinarverfahrens befragt habe, Kenntnis von den ihm vorgeworfenen disziplinären Verfehlungen gehabt habe. Die Erlassung des angefochtenen Bescheides sei erst nach Ablauf der (von diesem Zeitpunkt berechneten) Verjährungsfrist erfolgt.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Zutreffend geht der Beschwerdeführer davon aus, daß die von ihm angefochtene Erledigung (unbeschadet der fehlenden Bezeichnung als Bescheid) auf Grund ihres normativen Inhaltes als Bescheid zu werten ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind der Einleitungs- und der Verhandlungsbeschluß nach §§ 123 und 124 BDG 1979 (bzw. nach der früheren vergleichbaren Rechtslage) keine bloß prozessualen Verfügungen, sondern Bescheide (vgl. dazu z.B. zum Einleitungsbeschluß: VfSlg. 4327/1962, sowie 5761/1968; VwSlg. 9168/A/1976, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0094; zum Verhandlungsbeschluß: z.B. VfSlg. 7615/1975 und 7907/1976; sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1985,

Zlen. 84/09/0151, 0152).

Die Bundespolizeidirektionen sind gemäß § 2 Z. 5 lit. b DVV 1981 im Bereich des Bundesministeriums für Inneres Dienstbehörden, denen u.a. gemäß § 1 Abs. 1 Z. 22 leg. cit. auch die Aufgabe zukommt, Feststellungen und Verfügungen in Disziplinarangelegenheiten zu treffen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer bzw sein Dienstvorgesetzter Sp. der Bundespolizeidirektion Wien oder einer dieser Dienstbehörde nach den maßgebenden (internen) Organisationsvorschriften zugeordneten und ihr unterstehenden Dienststelle (iS des DVG) des Wachkörpers Bundessicherheitswache (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 3 Abs. 1 DVV 1981) (Bezirkspolizeikommissariat/ Abteilungskommandant) angehört. Selbst wenn die Genannten nämlich der Dienstbehörde (Bundespolizeidirektion Wien) angehörten, ist zur Klärung der strittigen Frage, wann die Dienstbehörde Kenntnis im Sinne des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 erlangt hat, folgendes zu beachten:

Im Beschwerdefall hat der Dienstvorgesetzte des Beschwerdeführers, Oberst Sp., nach internen Vorerhebungen Disziplinaranzeige nach § 109 BDG 1979 an die Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien erstattet, die mit den Aufgaben der Dienstbehörde über Sicherheitswachebeamte betraut ist; unbestritten kommt dem eingeschrittenen Dienstvorgesetzten des Beschwerdeführers nicht die Befugnis zu, namens der Dienstbehörde nach § 110 BDG 1979 vorzugehen. Strittig ist, ob bereits die internen Vorerhebungen des Dienstvorgesetzten, die seiner Disziplinaranzeige vorangegangen sind, die Kenntnis der Dienstbehörde begründet haben oder nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 auf die Kenntnis der Disziplinarbehörde - darunter fällt nach ständiger Rechtsprechung auch die Dienstbehörde (vgl. § 96 Z. 1 BDG 1979 sowie z.B. VwSlg. 11097/A/1983) - schlechthin abstellt, d.h. keine ausdrückliche Einschränkung auf die Kenntnis jener Abteilung (Unterorganisationseinheit) der Behörde enthält, die diese Aufgaben der Dienstbehörde nach der Geschäftseinteilung wahrzunehmen hat.

Es darf jedoch auf Grund des Regelungszusammenhanges des BDG 1979 nicht außer Betracht gelassen werden, daß die §§ 109 und 110 BDG 1979 eine Arbeitsteilung zwischen Dienstvorgesetztem und Dienstbehörde vorsehen. Erfährt demnach der Dienstvorgesetzte vom begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung eines seiner Dienstaufsicht unterstehenden Beamten, so hat er - soweit sich der Verdacht nicht schon auf dieser Ebene als offenkundig unbegründet erweist oder bei Zutreffen nicht mit einer Ermahnung nach § 109 Abs. 2 BDG 1979 das Auslangen gefunden werden kann - Disziplinaranzeige oder im Falle des Verdachtes einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung einen Bericht an die "Dienstbehörde" zu erstatten. Alle diese Verfahrensschritte des Dienstvorgesetzten gehören zu seinen Dienstpflichten, für deren schuldhafte Verletzung er selbst disziplinär einzustehen hat. Eine von ihm erstattete Disziplinaranzeige bzw. ein Bericht löst die in § 110 BDG 1979 näher geregelten Pflichten der "Dienstbehörde" aus. §§ 109 und 110 BDG 1979 unterscheiden ihrerseits nicht danach, ob der Dienstvorgesetzte der Dienstbehörde angehört oder nicht. Sie regeln - lege non distinguente - daher beide denkbaren Fälle. Trifft dies zu, dann kann die Kenntnis des Dienstvorgesetzten nach § 109 BDG 1979 auch in dem Fall, daß er der Dienstbehörde (nach dem DVG, allenfalls in Verbindung mit der DVV 1981) angehört, nicht schon allein auf Grund dieses Umstandes der Dienstbehörde zugerechnet werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn er Leiter der Dienstbehörde ist oder jener Fachabteilung/Unterorganisationseinheit der Dienstbehörde angehört, die für die Behandlung von Disziplinarangelegenheiten zuständig ist. In allen anderen Fällen kann hingegen die Kenntnis des der Dienstbehörde angehörenden Dienstvorgesetzten - nicht anders als in dem Fall, daß er einer Dienstbehörde nicht angehört (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989, Zl. 88/09/0004 = Slg. Nr. 12.920 A, bezüglich des Vorstandes eines Finanzamtes als Dienstvorgesetzten) - nicht der Dienstbehörde (im Sinne des § 110 BDG 1979) zugerechnet werden.

Dies stimmt auch mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes überein, die zwischen § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 und § 110 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 folgenden Zusammenhang hergestellt hat: Demnach erlangt die Dienstbehörde in einer die Frist des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 in Lauf setzenden Weise Kenntnis, wenn ihr - von dem später als Dienstpflichtverletzung gewürdigten Verhalten des Beamten - ausreichend Mitteilung gemacht worden ist. In Betracht kommt nur das auf sicheren Grundlagen beruhende Wissen über bestimmte Tatsachen, nicht also das bloße Erfahren eines Gerüchtes. Dagegen kommt es nicht auf die zutreffende rechtliche Subsumtion, also die Kenntnis davon an, daß die bekanntgewordenen Tatsachen einen disziplinär zu ahndenden Tatbestand erfüllen. Bei der Kenntnis von solchen Umständen kann es aber keinesfalls darauf ankommen, daß die Dienstbehörde bereits mit Sicherheit vom Vorliegen aller dieser Tatsachen ausgeht, ist doch die Dienstbehörde gar nicht zur Durchführung eines umfassenden Beweisverfahrens berufen. Es kann somit nur auf die Kenntnisnahme jener Umstände abgestellt werden, die für die Dienstbehörde GEMÄß § 110 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 die Pflicht zur Weiterleitung der Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission und an den Disziplinaranwalt begründen (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1990, Zl. 89/09/0136, und vom 23. November 1989, Zl. 89/09/0112 = Slg. Nr. 13.069 A, das Erkenntnis vom 31. Mai 1990, Zl. 86/09/0200, sowie die Erkenntnisse vom 25. Juni 1990, Zlen. 90/09/0051, 0056, und vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0121).

Daraus folgt aber auch, daß der Begriff "Dienstbehörde" im Sinne des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 verschiedene Fallkonstellationen erfaßt, darunter auch die, daß ihr der Dienstvorgesetzte angehört. Der Begriff der Dienstbehörde ist daher (unter Berücksichtigung der §§ 109 und 110 BDG 1979) auszulegen.

Für diese Auslegung spricht auch, daß eine unterschiedliche Behandlung eines Beamten in bezug auf den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist je nach dem, ob sein Dienstvorgesetzter einer Dienstbehörde angehört oder nicht, was vom Zufall abhängt, sachlich nicht gerechtfertigt erscheint (sieht man von dem Fall ab, daß der Dienstvorgesetzte zugleich Leiter der Dienstbehörde ist oder namens desselben ermächtigt ist, die in § 110 BDG 1979 geregelte Aufgabe wahrzunehmen). Die unterschiedliche Dienststellenzugehörigkeit des Dienstvorgesetzten begründet nämlich (im Regelfall) für sich allein - die gesetzmäßige Vorgangsweise des Dienstvorgesetzten nach § 109 BDG 1979, für deren schuldhafte Nichterfüllung er disziplinär einzustehen hat, jeweils vorausgesetzt - nur eine geringe zeitliche Verzögerung der Kenntnis der Dienstbehörde, die durch die unterschiedliche Dauer der Übermittlung der Disziplinaranzeige (je nachdem, ob der Dienstvorgesetzte der Dienstbehörde angehört oder nicht) bedingt ist. Diese geringe Verzögerung rechtfertigt es aber nicht, schon den Eingang der entscheidenden Information betreffend den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung beim Dienstvorgesetzten im Falle seiner Zugehörigkeit zur Dienstbehörde (jedenfalls im Regelfall) dieser zuzurechnen, während dies im Fall seiner Zugehörigkeit zu einer der Dienstbehörde nachgeordneten Dienststelle nicht der Fall ist. Der Verwaltungsgerichtshof mag auch nicht zu erkennen, daß die Anforderungen an einen Dienstvorgesetzten in bezug auf seine Aufgaben nach § 109 BDG 1979 je nach Dienststellenzugehörigkeit verschiedene wären: Für eine solche Unterscheidung bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt.

Die vom Verwaltungsgerichtshof mehrfach (beginnend mit seinem Erkenntnis vom 25. Juni 1990, Zlen. 90/09/0051, 0056) getroffene Aussage, es komme nach § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Dienstbehörde und nicht die nach der Geschäftseinteilung mit der Bearbeitung von Disziplinarverfahren befaßte Fachabteilng (Unterorganisation) einer Behörde vom Verdacht der Dienstpflichtverletzung Kenntnis erlangt hat, ist vor dem Hintergrund des im jeweiligen Beschwerdefall gegebenen Sachverhaltes zu verstehen. In diesem Sinne wurde diese Aussage bereits in der Folge dahingehend präzisiert, Voraussetzung dafür sei allerdings, daß die entscheidende Information an die Dienstbehörde und nicht bloß an eine Fachabteilung derselben (der nicht die Behandlung von Disziplinarfällen zukommt) gerichtet war; im erstgenannten Fall liege die Verantwortung dafür, daß die für die Disziplinarangelegenheiten zuständige Fachabteilung Kenntnis erlange, im Rahmen der Organisationsgewalt der Dienstbehörde (so die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0121, und vom 28. November 1991, Zl. 91/09/0029). In allen zitierten Beschwerdefällen gehörte der beschuldigte Beamte nicht der Dienstbehörde, sondern einer dieser nachgeordneten selbständigen Dienststelle (Bundesanstalt bzw. Gendarmeriepostenkommando) an und gelangte die entscheidende Information betreffend den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung bereits vor Erstattung einer Disziplinaranzeige durch den Dienstvorgesetzten nach § 109 BDG 1979 an die Dienstbehörde.

In den Fällen Zlen. 90/09/0051, 0056, und Zl. 90/09/0121, hatte der Beschwerdeführer (vor der Disziplinaranzeige nach § 109 BDG 1979) in einem an die Dienstbehörde gerichteten Schreiben (ohne Einschränkung auf eine bestimmte Fachabteilung) Tatsachen bekannt gegeben, die geeignet waren, den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung des Beamten zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof ging in diesen Fällen davon aus, daß mit dem jeweiligen Einlangen dieses Schreibens bei der Dienstbehörde die Verjährungsfrist nach § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 zu laufen begonnen habe.

Im Fall Zl. 91/09/0029 hatte hingegen der beschuldigte Beamte (vor der Disziplinaranzeige nach § 109 BDG 1979) Tatsachen seiner bei der Dienstbehörde eingerichteten Fachabteilung mitgeteilt, die geeignet waren, den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung zu begründen. In diesem Fall ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß erst die Übermittlung dieses Schreibens im Wege der Einsichtsvorschreibung an jene Sektion, die nach der Geschäftseinteilung mit der Wahrnehmung der Aufgabe der Dienstbehörde betraut war, den Beginn der Verjährung nach § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 in Gang setzte.

Diese Fallkonstellationen sind mit der im vorliegenden Beschwerdefall gegebenen nicht zu vergleichen, in dem (die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers bzw. seines Dienstvorgesetzten zur Dienstbehörde unterstellt) die entscheidende Information auf der Disziplinaranzeige des Dienstvorgesetzten nach § 109 BDG 1979 beruhte und dieser nicht zu einer Verfügung nach § 110 Abs. 1 BDG 1979 namens des Leiters der Dienstbehörde zuständig war.

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß erst mit dem Einlangen der Disziplinaranzeige des Dienstvorgesetzten des Beschwerdeführers gemäß § 109 BDG 1979 bei der zu ihrer Behandlung nach § 110 BDG 1979 zuständigen Stelle (zuständige Abteilung der Bundespolizeidirektion Wien) die Dienstbehörde im Sinn des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 Kenntnis erlangt hat und daher ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist zu laufen begann. Die Disziplinaranzeige des Dienstvorgesetzten nach § 109 BDG 1979 langte bei der zuständigen Abteilung am 4. September 1991 ein; da der angefochtene Bescheid mit der Zustellung an den Beschwerdeführer am 27. Februar 1992 innerhalb der sechsmonatigen Frist erlassen wurde (zur Relevanz der Erlassung des Einleitungsbeschlusses für die Beurteilung, ob Verjährung eingetreten ist oder nicht vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1992, Zl. 91/09/0190, und die dort zitierte Vorjudikatur) ist im Beschwerdefall entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers Verjährung nicht eingetreten.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die für die Einleitung des Disziplinarverfahrens maßgebenden Gesichtspunkte seien im Einleitungsbeschluß sowohl in sachverhaltsmäßiger als auch in rechtlicher Hinsicht so darzulegen, daß erkennbar sei, von welchem Sachverhalt die Behörde ausgegangen sei und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen werde. Dem habe die belangte Behörde nicht entsprochen. So sei im Spruchabschnitt I des angefochtenen Bescheides ein falsches Datum (nämlich der 18. August 1991) angeführt, obwohl sich aus der Disziplinaranzeige klar ergebe, daß die inkriminierten Handlungen nur an einem Vorfallstag, nämlich am 19. August 1991, begangen worden seien. Außerdem sei der angefochtene Bescheid überhaupt nicht begründet, sondern gebe lediglich die gegen den Beschwerdeführer gerichteten Anschuldigungspunkte wieder. Auch unter Berücksichtigung der Funktion des Einleitungsbeschlusses könne wegen der massiven Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Beamten durch eine solche Verfügung nicht die Begründung (zur Gänze) entfallen. Zumindest müßte eine summarische Aufzählung der Ergebnisse des behördlichen Ermittlungsverfahrens erfolgen. Die bloße Aufzählung der Anschuldigungen ohne Bekanntgabe der für die Erlassung des Bescheides sprechenden Gründe widerspreche aber der Pflicht zu einer ausreichenden Begründung. Schließlich rügt der Beschwerdeführer noch, er sei in seinem Recht auf richtige Beweiswürdigung verletzt worden. Schon aus den Akten ergebe sich klar, daß die Beschuldigungen unter Spruchabschnitt III des in Beschwerde gezogenen Bescheides dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt werden könnten, was in der Beschwerde näher ausgeführt wird.

Dieses Beschwerdevorbringen ist berechtigt.

Die dem Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 zukommende rechtliche Bedeutung ist in erster Linie darin gelegen, dem beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzungen ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, was insbesondere (aber nicht nur) für die Frage einer allfälligen Verjährung von ausschlaggebender Bedeutung ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0061, und die dort genannten Vorjudikatur).

Für den Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 kommen - wie sich aus § 105 Z. 1 BDG 1979 ergibt - die §§ 58 und 59 Abs. 1 AVG insofern zur Anwendung, als er neben der Rechtsmittelbelehrung einen Spruch und eine Begründung zu enthalten hat. Im Spruch des Einleitungsbeschlusses ist das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen zu beschreiben. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d. h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten bestimmt werden. Da jedoch der Prozeßgegenstand durch die Bezeichnung des Beschuldigten und die Schilderung der Tat, die dem Beschuldigten zur Last gelegt werden soll, bestimmt wird, muß im Rahmen der Umgrenzungsfunktion die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat im Einleitungsbeschluß so beschrieben werden, daß praktisch unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang Gegenstand des Disziplinarverfahrens sein soll. Die umschriebene konkrete Tat muß nicht nur nach Ort und Zeit, sondern durch bestimmte Tatumstände so genau gekennzeichnet werden, daß keine Unklarheit darüber möglich ist, welche Handlungen dem Beschuldigten zur Last gelegt werden und was im anschließenden Disziplinarverfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses behandelt werden darf. Sie muß sich von anderen gleichartigen Handlungen, die der Beschuldigte begangen haben kann, genügend unterscheiden lassen (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 1991, Zlen. 91/09/0138, 0139).

In der Begründung des Einleitungsbeschlusses ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung ergibt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1992, Zlen. 91/09/0109, AW 91/09/0017, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid nicht.

Spruchabschnitt I Punkt 1 bis 3 des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses enthält nämlich - abgesehen von der Tatzeit (die offenkundig irrtümlich mit 18. August 1991 angegeben wird) ausschließlich die rechtliche Würdigung eines lediglich abstrakt umschriebenen Verhaltens des Beschwerdeführers, ohne auch nur ansatzweise darzulegen, durch welches konkrete Verhalten die jeweils vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen begangen worden sein sollen. Die genannten Punkte des Spruchabschnittes I können auch nicht als rechtliche Würdigung der im übrigen Teil des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses dargelegten konkreten Verhaltensweisen des Beschwerdeführers gedeutet werden, sondern enthalten einen selbständigen, davon unabhängigen Disziplinarvorwurf. Dies ergibt sich unmißverständlich aus dem oben wörtlich wiedergegebenen Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß. Mangels einer hinreichenden Umschreibung der Tat durch Angabe der konkreten Umstände (Tatsachen), durch die sie begangen worden sein soll, genügt der Einleitungsbeschluß den vom Gesetz verlangten Anforderungen nicht und ist in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet (vgl. dazu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 1991, Zlen. 91/09/0138 und 0139, sowie Zl. 91/09/0121).

Was die übrigen dem Beschwerdeführer in den Spruchabschnitten I bis III des angefochtenen Bescheides zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen betrifft, sind zwar die Tathandlungen mit Angabe von Ort, Zeit sowie näheren Umständen der einzelnen Fakten hinreichend beschrieben. Es fehlt aber JEGLICHE Begründung dafür, worauf die belangte Behörde diese Sachverhaltsannahme (im Verdachtsbereich) stützt. Der angefochtene Bescheid beruft sich nicht einmal ausdrücklich auf die Disziplinaranzeige der Dienstbehörde, sodaß der Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu prüfen hatte, ob dies im Beschwerdefall den Begründungsanforderungen entsprochen hätte oder nicht. Diese Teile des angefochtenen Bescheides sind daher mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Steht aber der Einleitungsbeschluß (soweit er den Beschwerdeführer betrifft) mit der Rechtslage nicht im Einklang und ist demzufolge ein Disziplinarverfahren nicht rechtmäßig eingeleitet worden, so muß auf Grund seiner "ex tunc" Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof den (nach der Systematik des Gesetzes nachgeordneten, weil den Einleitungsbeschluß voraussetzenden) Verhandlungsbeschluß dasselbe rechtliche Schicksal treffen: Es ist nämlich rechtlich nicht möglich, im fortgesetzten Verfahren einen Einleitungsbeschluß mit rückwirkender Kraft zu erlassen (so bereits das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 1991,

Zlen. 91/09/0138, 0139, zur Fallkonstellation, daß Einleitungsbeschluß und Verhandlungsbeschluß in getrennten Bescheiden erlassen wurden; dies gilt aber auch für den Beschwerdefall, in dem Einleitungsbeschluß und Verhandlungsbeschluß uno actu gefällt wurden und in einem Bescheid enthalten sind).

Aus diesen Gründen waren daher die Spruchabschnitte I bis III des angefochtenen Bescheides, soweit sie sich auf den Beschwerdeführer bezogen, und zwar die Punkte 1 bis 3 des Spruchabschnittes I wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, die übrigen Teile jedoch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Umsatzsteuer, die neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht zuerkannt werden kann (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 687, angeführte Rechtsprechung).

Schlagworte

Begründung Allgemein Einhaltung der Formvorschriften Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992090101.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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