TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/1 92/11/0142

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Veröffentlicht am 01.12.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

AVG §59 Abs1;
WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;
WehrG 1990 §24 Abs8;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/11/0245

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des H in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen 1. den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 6. April 1992, Zl. 11413-1111/91E/92 (idF des Berichtigungsbescheides dieser Behörde vom 30. Juli 1992), betreffend Feststellung der Eignung zum Wehrdienst, 2. den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 16. September 1992, Zl. 732.114/3-2.6/92, betreffend Anordnung der neuerlichen Stellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der erstbelangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem von der Stellungskommission des Militärkommandos Wien beschlossenen, als "Stellungsbeschluß" bezeichneten Bescheid vom 6. April 1992 (das ursprünglich beigesetzte Datum 10. April 1992 wurde mit Bescheid derselben Behörde vom 30. Juli 1992 auf 6. April 1992 berichtigt) wurde gemäß § 15 Abs. 1 und § 23 Abs. 2 Wehrgesetz 1990 (WG) die Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst mit dem Beschluß "Tauglich" festgestellt. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu hg. Zl. 92/11/0142 protokollierte Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die erstbelangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 16. September 1992 wurde gemäß § 24 Abs. 8 WG von Amts wegen die neuerliche Stellung des Beschwerdeführers angeordnet. Dagegen richtet sich die zu hg. Zl. 92/11/0245 protokollierte Beschwerde mit dem Antrag, den Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung verbunden und über sie erwogen:

Zu Beschwerdezahl 92/11/0142:

Nach der Begründung dieses Bescheides wurden beim Beschwerdeführer anläßlich seiner Stellung gesundheitliche Einschränkungen festgestellt. Einerseits bestünden Kniegelenksbeschwerden auf Grund einer beidseitigen Retropatellararthrose (Chondropathie). Andererseits könnten "wegen der geringen Beinverkürzung (links 1,5 cm) bei Zustand nach Unterschenkelfraktur Beschwerden bei längerem Gehen auftreten". Diese gesundheitlichen Einschränkungen seien aber nicht so schwerwiegend, daß der Beschwerdeführer nicht ein gewisses Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit entwickeln und eine Waffe bedienen könne. Die genannten Einschränkungen würden aufgrund der militärärztlichen Empfehlung bei der Ableistung des Grundwehrdienstes in der Form berücksichtigt werden, daß der Beschwerdeführer von Gehleistungen über 10 km sowie Gewichtsleistungen über 20 kg befreit werde. Die belangte Behörde stützte ihre Beurteilung der Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst u.a. auf das Ergebnis einer Untersuchung in der Chirurgischen Ambulanz des Heeresspitales Wien/Stammersdorf am 21. August 1991, welches dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer von der belangten Behörde bekanntgegeben wurde.

Der Beschwerdeführer hält den Spruch dieses Bescheides für unklar, weil darin die Empfehlung, daß der Beschwerdeführer von Gehleistungen über 10 km und von Gewichtsleistungen über 20 kg befreit werden solle, nicht aufscheine. Damit sei nicht hinreichend klargestellt, in welcher Form der Beschwerdeführer seiner Grundwehrpflicht nachzukommen habe. Mangels Aufnahme der besagten Empfehlung in den Bescheidspruch sei dem Beschwerdeführer kein subjektives öffentliches Recht erwachsen. Damit sei ihm eine sachgerechte Entscheidung vorenthalten worden, was einer Rechtsverweigerung gleichzuhalten sei.

Gemäß § 15 Abs. 1 WG dürfen in das Bundesheer nur österreichische Staatsbürger männlichen Geschlechtes einberufen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung besitzen. Gemäß § 21 Abs. 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 2 WG haben die Militärkommanden durch die bei ihnen eingerichteten Stellungskommissionen die Eignung der Stellungspflichtigen zum Wehrdienst auf Grund der zur Feststellung dieser Eignung durchgeführten ärztlichen und psychologischen Untersuchungen mit einem der folgenden Beschlüsse festzustellen: "Tauglich", "Vorübergehend untauglich", "Untauglich".

Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet auf "Tauglich"; er entspricht damit dem Gebot des § 23 Abs. 2 WG. Eine weitergehende Präzisierung des Spruches eines solchen Beschlusses dahingehend, ob und inwieweit auf Grund des festgestellten körperlichen und geistigen Zustandes des Wehrpflichtigen seine Verwendung im Bundesheer nur in eingeschränktem Umfang in Betracht kommt, sieht das Gesetz nicht vor. Daher macht das Fehlen der vom Beschwerdeführer vermißten Empfehlung im Spruch des angefochtenen Bescheides diesen nicht rechtswidrig. Dieser Spruch ist nicht unklar. Auch wurde dem Beschwerdeführer entgegen seiner Meinung keineswegs eine Sachentscheidung vorenthalten. Bemerkt wird, daß die in Rede stehende ärztliche Empfehlung, den Beschwerdeführer nicht über die angegebenen Grenzen hinaus zu belasten, bei der Beurteilung seiner Dienstfähigkeit gemäß § 10 Abs. 2 ADV (BGBl. Nr. 43/1979), die am Beginn des Präsenzdienstes durch den Militärarzt zu erfolgen hat, entsprechend zu berücksichtigen sein wird.

Gegen die Beurteilung seiner Eignung zum Wehrdienst mit "Tauglich" bringt der Beschwerdeführer nichts vor. Dagegen bestehen auch beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen beim Beschwerdeführer. Hinsichtlich der notwendigen Eignung zum Dienst im Bundesheer erkennt der Verwaltungsgerichtshof seit seinem Erkenntnis vom 28. November 1989, Zl. 89/11/0105, in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa sein Erkenntnis vom 2. Juli 1991, Zl. 91/11/0022), daß dieser Dienst eine entsprechende militärische Ausbildung erfordert, was voraussetzt, daß der Betreffende jedenfalls eine Waffe bedienen und ein gewisses Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit entwickeln kann. Dies schließt es aus, Personen, die sich nur zur Ausbildung in sogenannten "systemerhaltenden" Funktionen eignen und die daher auch nur in solchen Funktionen eingesetzt werden könnten, als zum Wehrdienst geeignet anzusehen. Im vorliegenden Fall konnte die belangte Behörde - auf dem Boden des dem erstangefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Sachverhaltes - unbedenklich davon ausgehen, daß die festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen jedenfalls nicht zur Folge haben, daß deshalb beim Beschwerdeführer nur eine Eignung in dem zuletzt genannten, seine Tauglichkeit ausschließenden Sinn angenommen werden könnte.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Zu Beschwerdezahl 92/11/0245:

Nach der Begründung des zweitangefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer aus dem Grundwehrdienst am 24. Juli 1992 mit folgenden Diagnosen vorzeitig entlassen: "Minderbegabung, Persönlichkeitsstörung, Cannabismißbrauch gemäß Befund Heeresspital/Psych.Ambulanz vom 13. Juli 1992". Diese militärärztlichen Diagnosen stellten Anhaltspunkte für eine Änderung der Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst dar. Es sei daher notwendig, seine Eignung neuerlich durch die dafür zuständige Stellungskommission überprüfen zu lassen.

Der Beschwerdeführer wirft der zweitbelangten Behörde vor, sie versuche mit diesem Bescheid die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid zu unterlaufen. Weiters wolle sie den Anschein erwecken, die angeordnete neuerliche Untersuchung diene demselben Zweck wie eine nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes allenfalls erforderliche. Die Behörde benütze das Verfahren zu Anschuldigungen und Diffamierungen gegen den Beschwerdeführer, zu denen er nur in der gesetzwidrig angeordneten Untersuchung Stellung nehmen könnte. Damit unterwerfe sie den Beschwerdeführer einer erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 MRK. Durch ihr Verhalten verletze die belangte Behörde den Beschwerdeführer letztlich in seinem Recht auf Sachentscheidung.

Dieses Vorbringen läßt keine Rechtswidrigkeit des zweitangefochtenen Bescheides erkennen. Gemäß § 24 Abs. 8 WG sind Wehrpflichtige, deren Eignung zum Wehrdienst von der Stellungskommission festgestellt wurde, auf ihren begründeten Antrag, wenn sich Anhaltspunkte für eine Änderung ihrer Eignung ergeben oder - sofern dies dem zuständigen Militärkommando auf andere Weise zur Kenntnis gelangt - von Amts wegen neuerlich einer Stellung zu unterziehen. Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde nicht entgegen, er sei aus dem Grundwehrdienst auf Grund der im zweitangefochtenen Bescheid wiedergegebenen militärärztlichen Feststellungen vorzeitig entlassen worden. Die belangte Behörde hat darin zu Recht ausreichende Anhaltspunkte für eine Änderung der Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst im Sinne des § 24 Abs. 8 WG gesehen (vgl. das einen ähnlich gelagerten Fall betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Mai 1990, Zl. 90/11/0084). Ob darin, daß die belangte Behörde von der für einen solchen Fall im Gesetz vorgesehenen Möglichkeit der Anordnung einer neuerlichen Stellung von Amts wegen Gebrauch gemacht hat, eine erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 MRK zu erblicken ist und damit eine Verletzung des durch diese Verfassungsbestimmung gewährleisteten Rechtes vorliegt, ist nicht vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen. Keineswegs kann davon die Rede sein, daß der Beschwerdeführer durch die bekämpfte Maßnahme im Recht auf Sachentscheidung verletzt worden wäre.

Da bereits der Inhalt dieser Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich ein Abspruch über den mit dieser Beschwerde verbundenen (zu hg. Zl. AW 92/11/0050 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110142.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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