TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/14 92/10/0394

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Veröffentlicht am 14.12.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

AVG §63 Abs3;
LMG 1975;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des B in P, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 6. August 1992, Zl. VwSen-240032/./Gf/Hm, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 1. Juni 1992, SanLP96/439/1990/B, wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975 bzw. der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt, er sei als Verpacker und als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. X verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, daß von dieser Firma an ein namentlich bezeichnetes Hotel gelieferte, zur Abgabe an Letztverbraucher bestimmte Lebensmittel in mehreren (näher angeführten) Punkten nicht den Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung entsprochen hätten.

Innerhalb der Berufungsfrist übermittelte der Beschwerdeführer der Bezirkshauptmannschaft ein Schreiben mit folgendem Wortlaut:

"Sehr geehrte Damen und Herren

Bescheid SANLP96/439/1990/B

Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 1.6. weise ich dieses zur Gänze zurück, da nicht ich der Verantwortliche für die Aufzeichnungen bin, sondern mein Betriebsleiter

Obendrein verweise ich noch auf die Anzeige v. 16.8.90 und bin der Meinung, daß diese bereits verjährt ist.

Ich hoffe, daß Sie für mich Verständnis haben und empfehle

mich

mit freundlichen Grüßen

B"

Mit Bescheid vom 6. August 1992 wies die belangte Behörde diese Berufung als unzulässig zurück. Begründet wird dies damit, die Berufung werde den Erfordernissen des § 63 Abs. 3 AVG insofern nicht gerecht, als es ihr an dem erforderlichen Antrag (Aufhebungsbegehren) mangle. So lasse sich aus der Berufung nicht einmal unzweideutig schließen, ob sich diese gegen die Bestrafung dem Grunde nach oder bloß gegen die Strafhöhe - eine Frage, die schon im Hinblick auf § 51e Abs. 2 VStG von Bedeutung sei - richte, wenn sich das Vorbringen bloß auf die Behauptung der Verantwortlichkeit eines Dritten und die eingetretene Verjährung beschränke und im übrigen mit der Feststellung schließe, der Beschwerdeführer hoffe, daß die Behörde für ihn Verständnis habe und empfehle sich mit freundlichen Grüßen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat Teile der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 63 Abs. 3 AVG - diese Bestimmung gilt nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren - hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Ein begründeter Berufungsantrag im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG liegt dann vor, wenn die Eingabe erkennen läßt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt (hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1990, Zl. 88/18/0361 = ZfVB 1991/1/74 und vom 15. Mai 1991, Zl. 90/10/0214 = ZfVB 1992/4/1723).

Das Fehlen eines Berufungsantrages ist dann kein relevanter Mangel, wenn sich aus der Berufungsschrift mit hinreichender Klarheit ergibt, was der Berufungswerber beabsichtigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1981, Zl. 81/06/0046). Ein formeller Berufungsantrag ist nicht erforderlich, es muß nur erkennbar sein, daß der Berufungswerber mit dem bekämpften Bescheid nicht einverstanden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Jänner 1990, Zl. 89/01/0339).

Aus dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 16. Juni 1992 ergibt sich zweifelsfrei, daß er sich gegen die Bestrafung - dem Grunde, und nicht nur der Höhe nach - wendet, wenn er geltend macht, nicht er, sondern der Betriebsleiter sei der Verantwortliche und überdies sei Verjährung eingetreten. Vor dem Hintergrund dieses Berufungsvorbringens kann der Satz, der Beschwerdeführer weise "das Schreiben vom 1.6." - daß es sich dabei um das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft handelte, geht aus der Anführung der Geschäftszahl eindeutig hervor - zur Gänze zurück, nur so verstanden werden, daß der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Straferkenntnis nicht einverstanden war, weil er sich zu Unrecht bestraft fühlte, und daher die Aufhebung dieses Straferkenntnisses begehrte. Angesichts der Deutlichkeit, mit der der Beschwerdeführer eine dem Grunde nach zu Unrecht erfolgte Bestrafung geltend macht, bleibt es unerfindlich, warum auf Grund des Satzes, er hoffe, daß die Behörde für ihn Verständnis habe und empfehle sich mit freundlichen Grüßen, unklar sein sollte, ob sich die Berufung gegen die Bestrafung dem Grunde nach oder nur gegen die Strafhöhe richte.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. An Stempelgebühren waren lediglich S 360,-- für drei Beschwerdeausfertigungen und S 30,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zu entrichten. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992100394.X00

Im RIS seit

14.12.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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