TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/15 90/10/0214

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Veröffentlicht am 15.05.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Mag. Onder und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der OÖ Landesregierung vom 15. Oktober 1990, Zl. N-101289/3-I/Vie-1990, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. eines naturschutzrechtlichen Entfernungsauftrages, Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. Juni 1990 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 39 Abs. 1 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 aufgetragen, zwei Hütten von einem näher bezeichneten Grundstück bis spätestens 31. Juli 1990 zu entfernen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid in offener

Frist Berufung mit folgendem Wortlaut:

"Betr.: N-450502/Gt

Aufgrund eines Auslandsaufenthaltes vom 6.7.1990 bis 2.9.1990 ist es mir unmöglich, die von Ihnen auferlegte Verpflichtung einzuhalten und berufe ich hiemit gegen Ihren Bescheid vom 25.6.1990."

Mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 15. Oktober 1990 wurde die Berufung mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, sie enthalte keinen begründeten Berufungsantrag. Aus der Berufung sei zwar das Berufungsbegehren, nicht jedoch die Begründung hiefür ersichtlich.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer im Recht auf Sachentscheidung über seine Berufung verletzt. Aus der Berufung gehe eindeutig hervor, daß sich der Beschwerdeführer gegen die festgelegte Herstellungsfrist wende und diese als unangemessen ansehe. Letzteres habe er mit dem Hinweis auf seinen Auslandsaufenthalt auch begründet. Da er den erstinstanzlichen Bescheid auch bezeichnet habe, sei den Vorschriften des § 63 Abs. 3 AVG 1950 entsprochen worden. Der Beschwerdeführer beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Begehren auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG 1950 hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

§ 63 Abs. 3 AVG will, daß die Berufungsbehörde aus der Eingabe erkennen kann, was mit dem Verfahrensschritt nach Absicht der Partei bezweckt wird. Der Berufung muß zumindest entnehmbar sein, aus welchen - wenn auch vielleicht nicht stichhältigen - Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Jänner 1990, Zl. 88/18/0361).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann die Meinung der belangten Behörde, die Berufung enthalte keinen begründeten Berufungsantrag, nicht geteilt werden. Der Berufung ist hinreichend deutlich zu entnehmen, daß sie sich gegen die Herstellungsfrist im erstinstanzlichen Bescheid wendet, und daß mit dem Hinweis auf die zeitliche Lagerung und die Dauer des Auslandsaufenthaltes des Beschwerdeführers der Sache nach die Unangemessenheit dieser Frist geltend gemacht wird. Die Berufung enthält daher die für einen begründeten Berufungsantrag wesentlichen Elemente; es ist nicht erforderlich, daß die einzelnen Bestandteile als solche bezeichnet und entsprechend getrennt sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1987, Zl. 87/04/0020). Insbesondere ergibt sich auch aus den in der Gegenschrift dazu angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nicht das Erfordernis eines formellen Antrages. Auch in dem dem vorhin erwähnten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Jänner 1990 zugrundeliegenden Fall enthielt die Berufung keinen formellen Antrag; der Gerichtshof erblickte darin gleichwohl nicht den Mangel eines begründeten Berufungsantrages. Der Standpunkt der belangten Behörde, wie er aus dem angefochtenen Bescheid und der Gegenschrift insgesamt hervorleuchtet, läuft im Ergebnis auf eine allzu formalistische Auslegung des § 63 Abs. 3 AVG hinaus.

Da die belangte Behörde zu Unrecht vom Fehlen eines begründeten Berufungsantrages ausgegangen ist, entspricht die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers nicht dem Gesetz. Der angefochtene Bescheid ist somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, die gemäß ihrem Art. III Abs. 2 hier anzuwenden ist. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war.

Schlagworte

Anwendungsbereich des AVG §66 Abs4 Verbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren Verbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren Fehlen des begründeten Rechtsmittelantrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990100214.X00

Im RIS seit

15.05.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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