TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/16 92/01/1034

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.1992
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
25/01 Strafprozess;
25/02 Strafvollzug;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs3;
B-VG Art131a impl;
StPO 1975 §183 Abs1;
StPO 1975 §188 Abs1;
StPO 1975 §45 Abs4;
StVG;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der VwGH hat über die Beschwerde des B in G, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des UVS für die Stmk vom 6. 10. 1992, Zl. UVS 20.3-54/92-4, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Angelegenheiten des Strafvollzuges, und zwar durch Nichtübernahme eines verschlossenen Verteidigerbriefes bzw. Nichtübernahme eines vor dem Justizwachebeamten "gefüllten" und dann verschlossenen Verteidigerbriefes am 9. 7. 1992 und durch Ausfolgung eines Verteidigerbriefes nach dessen Öffnung am 19. 7. 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer (ein Untersuchungshäftling, auf den gemäß § 183 Abs. 1 StPO die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes über den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit ein Jahr nicht übersteigt, dem Sinne nach anzuwenden sind, es sei denn, daß in der Strafprozeßordnung etwas anderes bestimmt ist) mit der von ihm an die belangte Behörde erhobenen Maßnahmenbeschwerde zwei Vorfälle bekämpft: Zum einen die am 9. Juli 1992 erfolgte Weigerung eines Justizwachebeamten, einen verschlossenen Brief bzw. einen vor dem Beamten "gefüllten" und dann verschlossenen Brief an den Verteidiger des Beschwerdeführers zu übernehmen, zum anderen, die am 19. Juli 1992 erfolgte Ausfolgung eines Briefes des Verteidigers des Beschwerdeführers nach Öffnung.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 1992 wies die belangte Behörde die Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig zurück, und zwar mit der Begründung, für den Beschwerdeführer hätte die Möglichkeit einer Beschwerdeführung gemäß § 188 Abs. 1 StPO bestanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf materielle Behandlung seiner Maßnahmenbeschwerde verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeausführungen gehen an der geltenden Rechtslage vollkommen vorbei. Für den Verkehr eines verhafteten Beschuldigten mit seinem Verteidiger enthält § 45 StPO besondere Regelungen. In dessen Abs. 4 ist normiert, daß der Untersuchungsrichter den Briefverkehr des verhafteten Beschuldigten mit seinem Verteidiger nur unter den in Abs. 3 normierten Voraussetzungen überwachen darf.

Gemäß § 188 Abs. 1 StPO steht u.a. die Entscheidung darüber, mit welchen Personen Untersuchungshäftlinge schriftlich verkehren dürfen, dem Untersuchungsrichter zu. Von der Überwachung des Briefverkehres darf nur insoweit abgesehen werden, als davon keine Beeinträchtigung des Haftzweckes zu befürchten ist.

Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG (der im wesentlichen dem früheren Art. 131a B-VG entspricht) entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Da die jetzt in Streit stehenden Maßnahmen zum Bereich des brieflichen Verkehrs des Beschwerdeführers als Untersuchungshäftling mit seinem Verteidiger gehören und für die Entscheidung dort auftretender Streitfragen der Untersuchungsrichter zuständig ist, hat die belangte Behörde die Maßnahmenbeschwerden zu Recht zurückgewiesen, weil es sich dabei nicht um eine unter das Strafvollzugsgesetz fallende Angelegenheit sondern um eine des Strafverfahrens handelt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. September 1992, Zl. 92/01/0714 auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Verfassungsrechtliche Bedenken betreffend § 183 StPO bestehen - anders als dies der Beschwerdeführer sieht - nicht (vgl. z.B. Foregger-Skrini, MKK StPO3 Anm. III zu § 183 StPO; Ermacora, Handbuch der Grundfreiheiten und Menschenrechte 221).

Da somit der Beschwerdeinhalt erkennen ließ, daß die behauptete Rechtswidrigkeit dem angefochtenen Bescheid nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Die Entscheidung konnte mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtsfrage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Gerichtliche oder schiedsgerichtliche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992011034.X00

Im RIS seit

05.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten