TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/17 92/16/0058

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Veröffentlicht am 17.12.1992
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Index

32/06 Verkehrsteuern;

Norm

GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der H in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 5. September 1991, GZ. GA 11-393/91, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Marktgemeinde Lunz am See (Verkäuferin) hat mit Notariatsakt vom 21. November 1986 das Kaufanbot der Beschwerdeführerin betreffend die Liegenschaft EZ. 83, KG H, angenommen, wobei für die mit einem alten Schulgebäude bebaute Liegenschaft ein Kaufpreis von S 1.650.000,-- vereinbart worden ist.

Die Beschwerdeführerin hat dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (Finanzamt) am 23. April 1987 erklärt, das Rechtsgeschäft zur Schaffung von drei Arbeiterwohnstätten abgeschlossen zu haben. In der Abgabenerklärung gemäß § 18 GrEStG 1955 vom 21. November 1986 war daher der Antrag auf Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 gestellt worden.

Nach Beantwortung der Anfrage gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 hat das Finanzamt mit Bescheid vom 29. November 1990 der Beschwerdeführerin wegen Überschreitung des zulässigen Nutzflächenausmaßes von 130 m2 Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 132.000,-- vorgeschrieben.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, daß sich die Ansicht des Finanzamtes auf den ursprünglich bewilligten Bauplan stütze, obwohl sie in der Anfragebeantwortung das Ausmaß ihrer Wohnung mit 107 m2 und der weiteren Wohnung ihrer Mutter mit 54,7 m2 angegeben habe. Aus dem nachträglich erstellten Auswechslungsplan vom 6. März 1987 sei ersichtlich, daß die Wohnung der Beschwerdeführerin ein Ausmaß von 127,38 m2 und die Wohnung ihrer Mutter zunächst 125 m2 gehabt habe. Die Wohnung der Mutter sei durch "Errichtung einer Tür" in zwei Wohnungen im Ausmaß von 49,98 m2 und 72,15 m2 geteilt worden. Die Vorräume würden keinen Wohnungsbestandteil, sondern nur den Zugang zu den Wohnungseinheiten bilden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid (Berufungsentscheidung) wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte aus, daß im Wohnungsverband befindliche Arbeits- und Büroräume von der Nutzfläche nicht auszunehmen seien und unter einer Wohnung (Arbeiterwohnstätte) ein in sich "baulich" abgeschlossener Teil zu verstehen sei. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall aber nur in Bezug auf die gesamte, als Einheit zu betrachtende Wohnanlage erfüllt. Das mit einer einzigen Feuerungsanlage ausgestattete Wohnhaus habe verteilt auf zwei Geschoße insgesamt drei Wohneinheiten, wovon keine für sich eine In-sich-Abgeschlossenheit zeige. Die Räume seien im Gegenteil so angeordnet, daß allen zukünftigen Mitbewohnern (Mutter und Sohn) die Vorräume der jeweils anderen Wohnung zugänglich seien, von denen aus man wiederum ohne weiteres die anderen Räume erreiche. Im Ergebnis sei es eine Großwohnung, die baulich derart gestaltet sei, daß sie den weiteren Mitbewohnern ein möglichst störungsfreies Wohnen im Wohnungsverband biete. Werde erst durch nachträgliche Abmauerungen und Einsetzen von Türen eine In-sich-Abgeschlossenheit der einzelnen Wohneinheiten erreicht, so ändere dies an der grundsätzlich bereits eingetretenen Steuerpflicht nichts.

Die Beschwerdeführerin habe bereits in der ersten Phase (siehe Umwidmungsplan, dem die Baubewilligung vom 21. November 1986 gefolgt sei) im Parterre eine Wohnung geplant, die ohne Vorraum eine Nutzfläche von 142,2 m2 und mit Vorraum eine von 166,87 m2 gehabt habe. Die Befreiung sei allein schon aus diesem Grunde zu verwehren gewesen, weil bei einem Mehrwohnungshaus das flächenmäßige Überwiegen der Arbeiterwohnstätten Voraussetzung für die Ausnahme von der Besteuerung nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 sei. Mit den Büroräumen sei das höchstzulässige Ausmaß von 130 m2 überschritten worden (nach dem Auswechslungsplan weise die Wohnung Nr. 1 gar eine Wohnnutzfläche von 175,25 m2 aus).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich (dem Inhalt der Beschwerde nach) in ihrem Recht auf besondere Ausnahme ihres Erwerbsvorganges von der Besteuerung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 verletzt.

Die belangte Behörde beantragte die kostenpflichtige

Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 12 Abs. 2 erster Satz GrEStG 1987 sind auf vor dem 1. Juli 1987 verwirklichte Erwerbsvorgänge die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Daher ist auf den in Rede stehenden am 21. November 1986 verwirklichten Erwerbsvorgang noch § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a und Abs. 2 dritter Satz GrEStG 1955 (in der durch Abschnitt VIII des Abgabenänderungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 557, unberührt gebliebenen Fassung) anzuwenden.

Auf Grund des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 ist beim Arbeiterwohnstättenbau der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten von der Besteuerung ausgenommen.

Gemäß § 4 Abs. 2 dritter Satz GrEStG 1955 unterliegen die im Abs. 1 Z. 1 bis 4 und Z. 7 bezeichneten Erwerbsvorgänge der Steuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die besondere Ausnahme von der Besteuerung auf Grund des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit.a GrEStG 1955 schon dann nicht mehr anwendbar, wenn durch die Einreichung der Baupläne manifestiert wird, keine Arbeiterwohnstätte zu errichten. Daran vermag auch eine Aufgabe des befreiungsschädlichen Bauvorhabens nichts zu ändern. Denn die Absicht, auf einem Grundstück eine Arbeiterwohnstätte zu errichten oder nicht, ist ein Willensentschluß, der dann zu einer steuerlich erheblichen Tatsache wird, wenn er durch seine Manifestation in die Außenwelt tritt (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. März 1992, Zl. 90/16/0201, mit weiterem Hinweis).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung weiter ausgeführt hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1992, Zl. 90/16/0181, mit weiterem Hinweis), darf eine Arbeiterwohnstätte im Sinn des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 eine Nutzfläche von 130 m2 nicht übersteigen.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, durch die Einreichung der ersten Baupläne sei manifestiert worden, daß gesonderte Wohn- und Büroeinheiten von jeweils weniger als 130 m2 errichtet werden sollten, übersieht sie, daß auch Büroräume unter bestimmten Voraussetzungen zur Wohnnutzfläche einer Wohnung zählen. Die Beschwerdeführerin war - nach ihren (entgegen dem Neuerungsverbot des § 4 Abs. 1 erster Satz VwGG überdies unzulässig erstmals in der Beschwerde gemachten) Angaben - Alleingesellschafterin der H Gesellschaft mbH und wollte dieses mit der Verwaltung und Vermittlung von Realitäten beschäftige Unternehmen fortführen. Die für eine solche Unternehmertätigkeit benutzten Räume zählen aber, wenn sie im Wohnungsverband liegen und nicht für gewerbliche Zwecke spezifisch ausgestattet sind, zur Wohnnutzfläche der Wohnung (vgl. hg. Erkenntnisse vom 21. November 1985, Zlen. 83/16/0143, 0165 und 28. Juni 1989, Zlen. 89/16/0095, 0096). Daß die Räume für gewerbliche Zwecke spezifisch ausgestattet sind, hat weder die Beschwerdeführerin behauptet noch liegen nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens Anhaltspunkte dafür vor. Der Einwand der Beschwerdeführerin, es könne keine Rede davon sein, daß sich das geplante Büro im Wohnungsverband befunden habe, sondern dieses sei baulich völlig in sich abgeschlossen gewesen, trifft nicht zu. Der im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses vorliegende und dem baubehördlichen Bescheid vom 21. November 1986 zugrundeliegende Plan hat im Parterre "1 Wohnung 126,3 m2 und 1 Büro" vorgesehen. Dieses Büro bestehend aus zwei Räumen zu 15,9 m2 und 18,5 m2 befand sich neben den Wohnräumen und hatte, wie diese, Türen in den Vorraum vorgesehen. Die Büroräume liegen daher nach diesem im Bauakt der Marktgemeinde und im Abgabenakt - in Kopie - befindlichen Plan im Wohnungsverband. Nach dem - für das Verfahren betreffend Grunderwerbsteuer nicht mehr maßgebenden - Auswechslungsplan aus dem Jahre 1987 ergibt sich zwar eine andere Raumverteilung jedoch keine Änderung im Wohnungsverband.

Da die als Wohnungseinheit 1 und "Büro" bezeichneten Räume im Parterre (Obergeschoß) einen Wohnungsverband bilden und - auch ohne Vorraum - schon nach dem Planungsstadium vom 21. November 1986 insgesamt mehr als 130 m2 Wohnnutzfläche aufweisen, kann der belangten Behörde insofern nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Voraussetzungen der Befreiung von der Grunderwerbsteuer für diesen Bereich nicht als gegeben erachtete.

Die Beschwerdeführerin hat beabsichtigt, insgesamt drei Arbeiterwohnstätten zu errichten. Neben den im Parterre gelegenen Räumen befinden sich weitere zwei Wohnungen im Ausmaß von 49,98 m2 (54,7 m2) und 72,15 m2 (70,1 m2) im Dachgeschoß. Diese Wohnungen übersteigen das Ausmaß von jeweils 130 m2 nicht. Ob ein Grundstückserwerb der Errichtung von Arbeiterwohnstätten im Sinne des Gesetzes dient, hängt bei einem Mehrwohnungshaus unter anderem auch davon ab, ob auf dem betreffenden Grundstück entweder zur Gänze oder doch zum überwiegenden Teil Arbeiterwohnstätten errichtet werden. Ein Erwerbsvorgang kann nicht in einen steuerfreien und steuerpflichtigen Teil aufgespalten werden (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1986, Zl. 86/16/0066, mit weiterem Hinweis). Die Wohneinheit 1 samt den als Büro bezeichneten Räumen mit mehr als 130 m2 ist im Ausmaß größer als die beiden Wohneinheiten im Dachgeschoß insgesamt. Somit überwiegt der nicht begünstigte Teil der Wohnnutzfläche.

Der Beschwerdeführerin ist es daher nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Da die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht näher ausgeführt ist und der Verwaltungsgerichtshof auch nach amtswegiger Überprüfung des angefochtenen Bescheides eine derartige Verletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nicht zu erkennen vermag, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese Behauptung.

Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992160058.X00

Im RIS seit

17.12.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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