TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/22 92/04/0206

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Veröffentlicht am 22.12.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §156 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §157 Abs1;
GewO 1973 §158 Abs4 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2;
GewO 1973 §367 Z60 idF 1988/399;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des A in T, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 30. Juli 1992, Zl. 12/17-1/1992, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 30. Juli 1992 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, in der Zeit vom 28. Oktober 1991 bis 31. Oktober 1991 P beauftragt zu haben, während dieses Zeitraumes die Bauaufsicht (Tätigkeit eines Baupoliers) auf seiner Baustelle in T durchzuführen, obwohl er bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte wissen können, daß P durch die Vornahme dieser Tätigkeit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 5 Z. 2 und § 156 GewO 1973 begehe, und habe sich somit von P eine Tätigkeit besorgen lassen und dadurch selbst eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 60 GewO 1973 begangen. Gemäß § 367 Einleitungssatz leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 60 GewO 1973 schuldig erkannt zu werden. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer u.a. vor, der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche insoferne nicht den gesetzlichen Anforderungen, als daraus nicht erkennbar sei, welches der vier im § 156 GewO 1973 genannten konzessionierten Gewerbe P durch die in Rede stehende Bauaufsicht rechtswidrig ausgeübt habe.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht:

Gemäß § 156 Abs. 1 GewO 1973 unterliegen die Tätigkeiten der Baumeister (§ 157 Abs. 1), Zimmermeister (§ 158 Abs. 1), Steinmetzmeister (§ 159 Abs. 1) und Brunnenmeister (§ 160 Abs. 1) der Konzessionspflicht.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

Nach § 367 Z. 60 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe zu bestrafen ist, wer ohne sein Verhalten durch triftige Gründe rechtfertigen zu können, sich durch einen anderen eine Tätigkeit besorgen läßt oder einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt, obwohl er wissen mußte, daß der andere durch die Ausübung dieser Tätigkeit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 oder 2 begeht, oder dies nach seinem Beruf oder seiner Beschäftigung bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit wissen konnte, und zwar auch dann, wenn der andere nicht strafbar ist.

Zufolge § 44a Z. 1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Im Hinblick auf diese Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß nicht nur die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht, sondern daß insbesondere auch die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Es sind somit entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A).

Ein wegen der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 60 GewO 1973 verurteilendes Straferkenntnis hat in seinem § 44a Z 1 VStG betreffenden Spruchteil sowohl jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben, die eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zu der durch seine Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen, als auch jenes konkrete Verhalten des Beschuldigten darzustellen, durch das der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 60 verwirklicht wird (vgl. das zur diesbezüglich vergleichbaren Rechtslage nach § 7 VStG ergangene hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 89/04/0184).

Wie der Beschwerdeführer zutreffend dartut, hätte es daher zur Erfüllung der im § 44a Z. 1 VStG normierten Sprucherfordernisse der Bezeichnung jenes konkreten konzessionierten Gewerbes bedurft, das P nach Ansicht der belangten Behörde in Verletzung der Bestimmung des § 36 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 durch die im Spruch genannte Tätigkeit ausübte. Der bloße Hinweis auf die Bestimmung des § 156 leg. cit. reichte schon deshalb nicht aus, weil in dieser Bestimmung vier verschiedene Gewerbe genannt sind, die der Konzessionspflicht unterliegen. Einer solche Konkretisierung hätte es umso mehr bedurft, als sowohl der Baumeister (zufolge § 157 Abs. 1 leg. cit.) als auch der Zimmermeister (zufolge § 158 Abs. 4 leg. cit.) berechtigt sind, Bauten zu leiten.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides erweist sich aber noch in einer weiteren Hinsicht als mangelhaft:

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1992, Zl. 91/04/0258) wird in § 367 Z. 60 GewO 1973 das Tatverhalten durch zwei Alternativtatbestände umschrieben, von denen der eine darauf abstellt, daß sich eine Person durch einen anderen eine Tätigkeit besorgen läßt, während die andere Tatbestandsalternative darauf abstellt, daß eine Person einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides läßt nun nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen, welcher der beiden Alternativtatbestände dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wird. Denn einerseits wird darin davon gesprochen, der Beschwerdeführer habe P "beauftragt" bestimmte Arbeiten auf einer Baustelle durchzuführen, während andererseits ausgesagt wird, der Beschwerdeführer habe sich somit von P "eine Tätigkeit besorgen lassen".

Sollte schließlich die belangte Behörde das Tatbild des "Veranlassens" im Auge gehabt haben, so ist aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides die Tatzeit nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennbar. Denn es ist undenkbar, daß, wie im Spruch bei wörtlichem Verständnis ausgedrückt, der Vorgang der Auftragserteilung vier Tage währte.

Da die belangte Behörde dies alles verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Mängel im Spruch Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Widerspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992040206.X00

Im RIS seit

22.12.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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