TE Vwgh Beschluss 1993/1/12 92/11/0277

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Veröffentlicht am 12.01.1993
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
KFG 1967 §123 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs5;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache des V in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Landeshauptmann von Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Kraftfahrgesetzes 1967, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Beschwerdevorbringens und der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergibt sich, daß die Bundespolizeidirektion Wien-Verkehrsamt mit Bescheid vom 18. Dezember 1991 feststellte, daß gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 ein Recht des nunmehrigen Beschwerdeführers, von seinem jugoslawischen Führerschein auf dem Gebiet der Republik Österreich Gebrauch zu machen, nicht besteht. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 31. Dezember 1991 zugestellt.

Mit der vorliegenden, auf Art. 132 B-VG und § 27 VwGG gestützten Beschwerde wird die Verletzung der Entscheidungspflicht des Landeshauptmannes von Wien geltend gemacht. Über die am 13. Jänner 1992 beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 70, eingebrachte Berufung sei bisher nicht entschieden worden.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Nach der Anordnung des § 27 VwGG in der Fassung BGBl. Nr. 330/1990 kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, bzw. der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Die Bestimmung des § 73 Abs. 2 AVG sieht vor, daß auf schriftliches Verlangen der Partei, der innerhalb der sechsmonatigen Frist des Abs. 1 dieser Gesetzesstelle der Bescheid nicht zugestellt wurde, die Zuständigkeit auf die zur Entscheidung sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen übergeht. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Frist mit dem Tag des Einlangens des Antrages zu laufen (§ 73 Abs. 3 AVG). Eine Säumnisbeschwerde kann daher im Anwendungsbereich dieser Norm erst erhoben werden, wenn die sachlich in Betracht kommende oberste Behörde ihre Entscheidungspflicht verletzt hat (vgl. u.a. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 1992, Zl. 92/03/0224, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Gemäß § 123 Abs. 1 KFG 1967 ist für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen, sofern darin nichts anderes bestimmt ist, in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, und in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig. Bei Bescheiden, mit denen für die Dauer von mindestens fünf Jahren eine Lenkerberechtigung entzogen oder das Recht, von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, aberkannt wird, entscheiden über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern. Entscheidet der Landeshauptmann in erster Instanz, haben über dagegen eingebrachte Berufungen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern zu entscheiden.

Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist nicht die Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich der Aberkennung des Rechtes, von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen (§ 86 Abs. 1a KFG 1967), sondern es hat die Behörde erster Instanz die Feststellung getroffen, daß gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 ein Recht des Beschwerdeführers, von seinem ausländischen Führerschein auf dem Gebiet der Republik Österreich Gebrauch zu machen, nicht besteht. Damit liegt jedoch kein Fall des § 123 Abs. 1 zweiter Satz KFG 1967 vor, ebenso ist ein Anwendungsfall des dritten Satzes dieser Gesetzesstelle nicht gegeben, weil hier der Landeshauptmann von Wien nicht in erster Instanz entschieden hat, sondern eine Berufungsentscheidung zu fällen hatte. Es konnte daher im vorliegenden Fall der unabhängige Verwaltungssenat nicht angerufen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt jedoch bei Entscheidungen, die eine Behörde in einer Angelegenheit des Kraftfahrwesens zu treffen hat, als oberste Behörde, die jedenfalls im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG angerufen werden konnte, der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr in Betracht (vgl. u.a. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Februar 1992, Zl. 92/11/0005, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Da der Beschwerdeführer, wie sich aus seiner Beschwerde ergibt, noch nicht den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr im Wege eines Devolutionsantrages nach § 73 Abs. 2 AVG angerufen hat, war die vorliegende Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992110277.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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