TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/25 93/04/0011

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Veröffentlicht am 25.02.1993
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Index

26/01 Wettbewerbsrecht;
50/02 Sonstiges Gewerberecht;

Norm

AusverkaufsV 1933;
UWG 1984 §33b Z4 idF 1992/147;
UWG 1984 §33c Abs3 idF 1992/147;
WettbewerbsderegulierungsG 1992;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der A-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 9. Dezember 1992, Zl. IIa-38.003/2-92, betreffend Verweigerung der Bewilligung zur Ankündigung eines Ausverkaufes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides betreibt die Beschwerdeführerin das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 beschränkt auf den Handel mit orientalischen Teppichen im Standort I, M-Straße 5. Am 27. Oktober 1992 beantragte sie die Erteilung der Bewilligung zur Ankündigung eines Ausverkaufes im Zeitraum vom 16. November 1992 bis zum 15. Mai 1993. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. Dezember 1992 verweigerte der Landeshauptmann von Tirol diese Bewilligung unter Berufung auf § 33c Abs. 3 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984, BGBl. Nr. 448, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 147/1992 (in der Folge kurz: UWG). Zur Begründung führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe die Notwendigkeit des Ausverkaufes damit begründet, daß ihre wirtschaftliche Situation so schlecht sei, daß diese einem Elementarereignis bzw. dem Tod des Gewerbetreibenden gleichzuhalten sei, weil diese beiden im Gesetz ausdrücklich erwähnten Fälle in sich das Element der "höheren Gewalt" als von außen kommendes Ereignis hätten. Die wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin sei ebenfalls mit dem Einwirken von höherer Gewalt vergleichbar, weil sie mit einer negativen Entwicklung der Importpreise für handgeknüpfte Orientteppiche in der Zeit von 1980 bis Mitte 1992 verbunden seien. Weiters sei die Auflösung der juristischen Person infolge eines Insolvenzverfahrens dem Tod einer physischen Person gleichzuhalten. Auch wäre eine finanzielle Krise eines Unternehmens einer ernsten Erkrankung einer physischen Person gleichzuhalten und damit wohl auch ein rücksichtswürdiger Fall.

Diesem Vorbringen tritt der Landeshauptmann von Tirol mit der Begründung entgegen, nach § 33b Z. 4 UWG seien als Gründe für einen Ausverkauf abgesehen von Tod und Elementarereignis auch die Einstellung des Betriebes, die Auflassung einer Warengattung oder eine Übersiedlung angeführt. Diese zusätzlichen Gründe beträfen eindeutig aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten vom Betrieb zu treffende Maßnahmen, da niemand ohne zwingenden Grund seinen Betrieb einstellen oder übersiedeln oder eine Warengattung auflassen werde. Damit sei aber auch die Schlußfolgerung gerechtfertigt, daß die wesentlich eingeschränkten Tatbestände des § 33c Abs. 3 UWG die Berücksichtigung wirtschaftlicher Umstände nicht zuließen. Darüber hinaus sei der Vergleich der wirtschaftlichen Entwicklung im Handel mit Orientteppichen mit einem Elementarereignis sehr weit hergeholt. Wie sich aus dem vorgelegten Gutachten ergebe, sei die Entwicklung der Importpreise für handgeknüpfte Orientteppiche in der Zeit von 1980 bis Mitte 1992 derart, daß sowohl für wollgeknüpfte Teppiche als auch für Seidenteppiche zu Beginn der 80er Jahre eine Preissteigerung, dann aber etwa ab 1984 bei iranischen und indischen und ab 1987 bei türkischen Teppichen ein rasanter Preisverfall festzustellen sei. Bis 1990 seien Preisrückgänge von über 60 %, danach von 1990 auf 1991 ein solcher von über 20 % und von 1991 bis Mitte 1992 ein solcher von über 11 % feststellbar. Bei einer Entwicklung über mehr als acht Jahre hinweg könne nicht von höherer Gewalt bzw. einem Elementarereignis gesprochen werden. Zum Zeitpunkt der Gründung der gegenständlichen Betriebsstätte am 11. Februar 1991 seien diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten jedenfalls bekannt gewesen. Wenn damals dieses Risiko in Kauf genommen worden sei, könne nicht heute mit einer unabsehbaren Entwicklung argumentiert werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Erteilung der in Rede stehenden Bewilligung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt sie vor, die Aufzählung der die Bewilligung der Ankündigung eines Ausverkaufes rechtfertigenden Gründe im Gesetz sei nicht vollständig, sondern demonstrativ. Sie habe ihren Antrag darauf gestützt, daß sie ihre eigene finanzielle Lage auf Grund von Umständen, die sie nicht habe beeinflussen können und die einem Elementarereignis gleichzuhalten seien, derart prekär sei, daß nur die Durchführung des zur Bewilligung beantragten Ausverkaufes sie in die Lage versetze, in relativ kurzer Frist so viele liquide Mittel zu erlangen, um die mit Jahresbeginn 1993 fällig werdenden Kreditrückzahlungsraten leisten zu können und auf diese Art und Weise ein etwa drohendes Insolvenzverfahren abzuwenden. Sie habe mittels Gutachtens dargelegt, daß sich die allgemeine Situation für den Orientteppichhandel auf Grund der politischen und wirtschaftlichen Situation in den jeweiligen Herkunftsländern drastisch verschlechtert habe. Die Folge dieser Marktentwicklung sei, daß bei der Kalkulation in Österreich für den einzelnen Händler kein Spielraum mehr bestehe und gerade für länger lagernde Teppiche, die noch zu hohen Preisen eingekauft worden seien, entsprechende Abwertungen vorzunehmen seien. Von dieser Situation sei auch die Beschwerdeführerin getroffen. Ihre eigene finanzielle Situation mache es erforderlich, in allernächster Zukunft entsprechende liquide Mittel zu erlangen, um eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Auf Grund des hohen Lagerbestandes möge wohl eine Überschuldung nicht drohen, es sei jedoch die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit gegeben, wenn nicht genügend Ware abgesetzt werden könne. Als eine Lösung dieses Problems stelle sich die Durchführung eines entsprechenden Ausverkaufes dar. Entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde stellten diese Umstände einen Grund zur Bewilligung der Ankündigung eines Ausverkaufes dar. Vom Gesetzgeber werde die Begründung für einen solchen Ausverkauf in besonderen Umständen gesehen, durch die der Gewerbetreibende genötigt sei, beschleunigt zu verkaufen. Aus der lediglich demonstrativen Aufzählung der Gründe im Gesetz ergebe sich, daß es sich immer um solche Gründe handeln müsse, die sich auf die wirtschaftliche Situation des Gewerbetreibenden, der den Ausverkauf durchführen möchte, auswirkten. Zwar reiche nicht jeder beliebige Grund zur angeführten Bewilligung aus, sondern es bedürfe solcher Gründe, die mit dem Tod des Gewerbetreibenden bzw. einem Elementarereignis vergleichbar seien. Der Tod des Gewerbetreibenden und das Elementarergeignis beinhalteten das Element der "höheren Gewalt". Beides seien Ereignisse, die von außen kämen und auf die der einzelne keinen Einfluß habe. Beides seien aber zweifellos auch Ereignisse, die sich für die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens als wesentlich erwiesen. Die Beschwerdeführerin stehe nun auf dem Standpunkt, die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage auf dem Gebiet des Orientteppichhandels im allgemeinen und die Verschlechterung ihrer eigenen finanziellen Situation sei unter den Begriff der "höheren Gewalt" zu subsumieren. Die Ursache für den Fall der Preise für Orientteppiche liege nachgewiesenermaßen in den seinerzeitigen kriegerischen Ereignissen zwischen dem Iran und dem Irak, den darauf folgenden staatlichen Maßnahmen des Iran, dem Verfall des Dollarkurses und dem daraus resultierenden Überangebot an Orientteppichen. Dies alles seien Ereignisse, die von außen kämen, also nicht der Sphäre des Unternehmens der Beschwerdeführerin angehörten und von dieser auch nicht beeinflußbar seien. Schon allein aus diesem Grund müßten diese Umstände unter den Begriff des Elementarereignisses subsumiert werden und daher eine ausreichende Begründung für die Bewilligung der Ankündigung des beabsichtigten Ausverkaufes darstellen.

Der ausdrücklich genannte Bewilligungsgrund des Todes des Gewerbetreibenden müßte sich bei wörtlicher Auslegung dieser Gesetzesstelle nur auf einzelne Unternehmen beziehen, da nur physische Personen den Tod erleiden könnten. Bei juristischen Personen komme ein physischer Tod ja nicht in Frage. Dem gleichzuhalten wäre allerdings deren Ende durch Auflösung bzw. Löschung im Firmenbuch. Die Löschung wäre eine Folge eines Insolvenzverfahrens. Es müßte daher dem Tod des Gewerbetreibenden eine ernste finanzielle Krise eines Unternehmens bei einer juristischen Person gleichgehalten werden.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Gemäß § 33b UWG ist die Ankündigung eines Ausverkaufes nur mit Bewilligung der nach dem Standort des Ausverkaufes zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zulässig. Das Ansuchen um die Bewilligung ist schriftlich einzubringen und hat u.a.

nachstehende Angaben zu enthalten: ... Z. 4 die Gründe, aus

denen der Ausverkauf stattfinden soll, wie Ableben des Geschäftsinhabers, Einstellung des Gewerbebetriebes oder Auflassung einer bestimmten Warengattung, Übersiedlung des Geschäftes, Elementarereignisse und dergleichen; ...

Nach § 33c Abs. 3 leg. cit. ist die Bewilligung u.a. zu verweigern, wenn keine Gründe im Sinne des § 33b Z. 4 vorliegen oder wenn der Verkauf nicht für einen durchgehenden Zeitraum angekündigt werden soll.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zur vergleichbaren Rechtslage nach der Ausverkaufsverordnung, BGBl. Nr. 508/1933, dargelegt hat, dienen die Bestimmungen zur Regelung der Ausverkäufe dem Schutz einerseits der Gewerbetreibenden vor unlauterem Wettbewerb und andererseits des Käuferpublikums vor psychischer Beeinflussung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1977, Slg. N.F. Nr. 9318/A). An dieser Zielsetzung hat sich mit der Aufnahme der diesbezüglichen Regelungen in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb durch das Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz, BGBl. Nr. 147/1992, nichts geändert (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage dieses Gesetzes, 338 der Beilagen der XVIII. GP, zu Z. 11).

Daraus ergibt sich aber, daß als Gründe für die Bewilligung der Ankündigung eines Ausverkaufes im Sinne des § 33b Z. 4 UWG nur solche den dort demonstrativ genannten Tatbeständen vergleichbare Umstände in Betracht kommen, die für den Antragsteller eine gegenüber der Wettbewerbslage seiner Konkurrenten abweichende Sondersituation schaffen. Umstände hingegen, die alle Mitanbieter des Antragstellers in gleicher Weise treffen, vermögen, auch wenn es sich um Ereignisse handelt, die das Merkmal einer "höheren Gewalt" in sich tragen, die Bewilligung der Ankündigung eines Ausverkaufes für einen einzelnen Antragsteller nicht zu rechtfertigen.

Bei dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht der belangten Behörde, die nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin in der allgemeinen Entwicklung am Markt für Orientteppiche wurzelnde schlechte Geschäftslage der Beschwerdeführerin bilde keinen Grund im Sinne des § 33b Z. 4 UWG, auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993040011.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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