TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/25 92/18/0467

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Veröffentlicht am 25.02.1993
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Index

60/02 Arbeitnehmerschutz;
60/03 Kollektives Arbeitsrecht;

Norm

ArbVG §34 Abs1;
ASchG 1972 §21 Abs1;
ASchG 1972 §22 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):92/18/0468

Betreff

Der VwGH hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerden der X-Gesellschaft m.b.H. & Co KG in S, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in S, gegen die Bescheide des BM für Arbeit und Soziales vom 30. September 1992, Zl. 61.021/19-3/92, betreffend betriebsärztliche Betreuung (hg. Zl. 92/18/0467), und vom 2. Oktober 1992, Zl. 61.021/18-3/92, betreffend sicherheitstechnischen Dienst (hg. Zl. 92/18/0468), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden in den Spruchteilen 2. wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von je S 11.420,--, insgesamt daher S 22.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen Punkt 2. des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides vom 30. September 1992 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 18. September 1991 hinsichtlich des Begehrens auf Zulassung, daß erst bei einer Arbeitnehmerzahl von 500 Beschäftigten eine betriebsärztliche Betreuung einzurichten sei, gemäß § 22 Abs. 2 zweiter Satz Arbeitnehmerschutzgesetz ab.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Punkt 2. des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides vom 2. Oktober 1992 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 18. September 1991 hinsichtlich des Begehrens auf Zulassung, daß erst bei einer Arbeitnehmerzahl von 500 Beschäftigten ein sicherheitstechnischer Dienst einzurichten sei, gemäß § 21 Abs. 2 zweiter Satz Arbeitnehmerschutzgesetz abgewiesen.

In den Begründungen dieser Bescheide ging die belangte Behörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin einen Reinigungsbetrieb mit insgesamt 390 Arbeitnehmern

(6 Büroangestellte, 17 technische Angestellte und 367 Arbeiter) betreibe. Von den Arbeitern würden ca. 350 im Bereich Unterhaltsreinigung (Innenreinigung) und 15 bis 20 für Sonderreinigungen (Baufeinreinigung, Bodengrundreinigung, Glas- und Teppichreinigung) eingesetzt. Gemäß § 1 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz seien dem Betrieb auch die auswärtigen Arbeitsstellen, an denen Reinigungsarbeiten durchgeführt würden, zuzurechnen. In Betrieben, in denen regelmäßig mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt seien, sei gemäß § 21 Abs. 1 erster Satz Arbeitnehmerschutzgesetz ein sicherheitstechnischer Dienst bzw. gemäß § 22 Abs. 1 erster Satz leg. cit. eine betriebsärztliche Betreuung einzurichten. Das Vorliegen einer besonderen Gefährdung sei nicht Voraussetzung dieser Verpflichtungen. Dem Satzteil "oder die mehrere getrennte Arbeitsstellen aufweisen" im § 21 Abs. 1 zweiter Satz Arbeitnehmerschutzgesetz bzw. § 22 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. fehle die normative Bedeutung. Im gegenständlichen Betrieb werde die gesetzliche Schlüsselzahl von 250 beschäftigten Arbeitnehmern um mehr als die Hälfte überschritten. Eine solche Überschreitung sei als derart erheblich zu beurteilen, daß die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 21 Abs. 2 zweiter Satz Arbeitnehmerschutzgesetz bzw. § 22 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. aufgrund der betrieblichen Verhältnisse unabhängig vom Ausmaß der Gefährdung der Arbeitnehmer nicht in Betracht komme.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in den Rechten auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gemäß § 22 Abs. 2 zweiter Satz bzw. § 21 Abs. 2 zweiter Satz Arbeitnehmerschutzgesetz verletzt. Aus diesen Erklärungen ergibt sich, daß die Bescheide der belangten Behörde nur in Ansehung der Abweisung der entsprechenden Anträge der Beschwerdeführerin auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen, somit nur hinsichtlich ihrer Spruchpunkte 2., angefochten werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und erwogen:

Bereits im hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0287, wurde ausgesprochen, daß der Begriff des "Betriebes" im ersten Satz des § 22 Abs. 1 Arbeitnehmerschutzgesetz einschränkend dahin zu verstehen ist, daß Betriebe mit mehreren getrennten Arbeitsstellen, bei denen die Zahl der Arbeitnehmer von 250 nur unter Einrechnung der auf getrennten Arbeitsstellen Beschäftigten überschritten wird, nicht unter diese Regelung fallen. Die Anwendbarkeit des Teiles des zweiten Satzes des § 22 Abs. 1 leg. cit. "oder die mehrere getrennte Arbeitsstellen aufweisen" kann daher nicht von vornherein verneint werden. Dies gilt auch für die Parallelbestimmung des § 21 Abs. 1 leg. cit. Diese Rechtslage verkannte die belangte Behörde, sodaß ihre Bescheide im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das auf den Ersatz von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten ist; die mit der zur Zl. 92/18/0468 protokollierten Beschwerde vorgelegte Beilage (Aufstellung der größten Betriebe) war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich, sodaß hiefür kein Stempelgebührenersatz zugesprochen werden konnte.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992180467.X00

Im RIS seit

01.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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