TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/16 88/14/0069

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.03.1993
beobachten
merken

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BAO §276 Abs1;
ZustG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde 1. der G,

2. des DK, 3. der IK, 4. der OK und 5. des Dr. KH, alle vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 27. Jänner 1988, Zl. B 343-3/86, betreffend Erklärung der Zurücknahme einer Berufung (Umsatzsteuer 1981 sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften 1981 und 1982), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die fünf Beschwerdeführer erzielen als sogenannte Hausgemeinschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie haben einen Hausverwalter bevollmächtigt, "sie in allen steuerlichen Angelegenheiten" der im Miteigentum stehenden Grundstücke zu vertreten.

Die Steuererklärungen für die Hausgemeinschaft (Umsatzsteuer und einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften) wurden stets vom Hausverwalter unterfertigt und beim Finanzamt eingereicht. Die betreffenden Abgaben- und Feststellungsbescheide wurden dem Hausverwalter zugestellt.

Im Zuge abgabenbehördlicher Prüfungen für die Jahre 1980 und 1981 erteilte der Hausverwalter einem Steuerberater Vollmacht, ihn "in der Angelegenheit des Miteigentümers Dr. K.H. laut StBp 199/82 v. 29.11.82" in allen steuerlichen Angelegenheiten zu vertreten. Diese Untervollmacht umfaßt auch eine Vollmacht für die Zustellung von Schriftstücken. Die Ziffernfolge "199/82" betraf offensichtlich die Nummer des Auftragsbuches betreffend die erwähnten Prüfungen. Die beiden Niederschriften über die Prüfungen wurden vom Steuerberater unterzeichnet. Nach Abschluß der Prüfungen wurden unter anderem folgende Bescheide an den Hausverwalter zugestellt:

Umsatzsteuerbescheid 1981 vom 21. Jänner 1983, zugestellt am 12. April 1984;

Bescheid betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften 1981 vom 6. April 1984, zugestellt (laut späterer Auskunft des Hausverwalters) am 10. April 1984.

Der Steuerberater erhob gegen beide Bescheide Berufung, in der er im wesentlichen Sonderwerbungskosten des Miteigentümers Dr. K.H. geltend machte.

Das Finanzamt erließ Berufungsvorentscheidungen, mit denen die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1981 abgewiesen und der Bescheid geringfügig "verbösert" wurde; der Berufung gegen den Feststellungsbescheid 1981 wurde teilweise stattgegeben. Beide Bescheide wurden dem Hausverwalter zugestellt, und zwar am 21. November 1984 bzw. am 27. November 1984.

Am 9. Mai 1984 war dem Hausverwalter der Feststellungsbescheid 1982 zugestellt worden. Auch gegen diesen Bescheid hatte der Steuerberater Berufung erhoben, die mit Berufungsvorentscheidung vom 22. Jänner 1985, zugestellt an den Hausverwalter am 24. Jänner 1985, abgewiesen wurde.

Am 18. April 1985 langte beim Finanzamt ein mit 17. April 1985 datiertes Schreiben des Steuerberaters ein, das im wesentlichen folgenden Wortlaut hatte:

"Auf Grund der Einkommensteuerbescheide 1981 und 1982 für meinen Klienten Dr. K.H. entnehme ich, daß bei der Grundstücksgemeinschaft ... abweichende Bescheide bezüglich der einheitlichen und gesonderten Feststellung für 1981 und 1982 ergangen sind. Da mit eingereichter Steuervollmacht vom 27.1.1983 in Angelegenheit des gegenständlichen Rechtsmittelverfahrens die Zustellungsvollmacht für Schriftstücke bei mir liegt, können rechtswirksam Bescheide, die einheitlich und gesondert bei der genannten Grundstücksgemeinschaft ergehen, nur an meine Adresse zugestellt werden. Ich ersuche daher, allfällige Änderungsbescheide zu den eingereichten Steuererklärungen zu meinen Handen zustellen zu wollen. ..."

Das Finanzamt kopierte die Berufungsvorentscheidungen betreffend Umsatzsteuer 1981 sowie Feststellung von Einkünften 1981 und 1982 und stellte diese dem Steuerberater zu.

Mit Schriftsatz vom 30. Mai 1985 (aktenkundig als Kopie ab "Ende August 1986") beantragte der Steuerberater die Entscheidung über die oben genannten Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Das Finanzamt ersuchte den Hausverwalter mit Vorhalt vom 30. September 1986, er möge den Nachweis erbringen, daß "der Vorlageantrag" fristgerecht eingebracht worden sei. Die Berufungsvorentscheidungen seien ihm ordnungsgemäß zugestellt worden. Die spätere nochmalige Zustellung an den Steuerberater habe nur "informativen Charakter" gehabt.

Der Hausverwalter wies auf die "Substitutionsvollmacht" hin, mit der dem Steuerberater "in der Angelegenheit des Miteigentümers Dr. K.H." auch Zustellvollmacht erteilt worden sei. Das Finanzamt möge sich daher an den Steuerberater wenden.

In einer Niederschrift vom 11. November 1986 über die Einvernahme des Hausverwalters wurde festgehalten, daß dieser sämtliche Bescheide unmittelbar nach deren Zustellung an ihn an den Steuerberater weitergeleitet hatte (meist noch am selben Tag, höchstens 2 bis 3 Tage später).

Das Finanzamt wies den Antrag auf Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz als verspätet zurück. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte an den Steuerberater. Dieser erhob Berufung. Sämtliche Berufungen und Anträge auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz seien namens der Miteigentümergemeinschaft eingebracht worden. Sollte das Finanzamt Zweifel bezüglich der Zustellvollmacht gehabt haben, so hätte es diese aufklären müssen. Durch die Weiterleitung der an den Hausverwalter zugestellten Bescheide an den Steuerberater sei keine "ordnungsmäßige Zustellung" an ihn als Bevollmächtigten erfolgt.

Die belangte Behörde forderte den Steuerberater unter Bezugnahme auf die §§ 83 Abs. 2 und 85 Abs. 2 BAO auf, schriftliche Erklärungen sämtlicher Miteigentümer vorzulegen, daß er ab dem Tag der seinerzeitigen Unterbevollmächtigung in Angelegenheiten des Dr. K.H. nicht nur für diesen, sondern für alle Miteigentümer vertretungsbefugt gewesen sei. Sollte diesem Mängelbehebungsauftrag nicht bis zum 27. November 1987 entsprochen werden, so gelte die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen. Der Steuerberater ersuchte um Verlängerung der eben genannten Frist bis 31. Dezember 1987.

Innerhalb der erbetenen Frist langte bei der belangten Behörde ein Schreiben des Steuerberaters ein, in dem abermals ausgeführt wurde, daß die dem Steuerberater vom Hausverwalter erteilte Untervollmacht im "Rechtsmittelverfahren der Miteigentümergemeinschaft betreffend den Miteigentümer Dr. K.H." erteilt worden sei, im übrigen bestätigte der Steuerberater die Aussage des Hausverwalters, daß dieser "im allgemeinen die Schriftstücke 2 bis 3 Tage nach Eingang" an die Kanzlei des Steuerberaters übermittelt habe. Auszuschließen sei jedoch ein menschlicher Fehler bei der Übermittlung niemals.

Am 28. Jänner 1988, also vier Wochen nach Ablauf der erbetenen Mängelbehebungsfrist, übermittelte der Steuerberater der belangten Behörde eine Bestätigung der Miteigentümer, "daß im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren, in das der Miteigentümer Dr. H. im Rahmen einer Miteigentümergemeinschaft verwickelt ist, die Kanzlei ... (des Steuerberaters) zustellungsbevollmächtigt und vertretungsbefugt ist. Dies gilt ohne zeitliche Beschränkung". Die Bestätigung war von vier Miteigentümern unterzeichnet. Die Unterschrift des Zweitbeschwerdeführers fehlte.

Die belangte Behörde erklärte mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen, weil der Aufforderung zur Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nicht entsprochen worden sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob die drei Berufungsvorentscheidungen zu Recht an den Hausverwalter zugestellt wurden, ob sie an den Steuerberater zuzustellen gewesen wären, oder ob gemäß § 9 Abs. 2 zweiter Satz ZustG. die Zustellung an einen der beiden genügte. Die vom Steuerberater mit Schriftsatz vom 30. Mai 1985 gestellten Anträge auf Entscheidungen über die streitgegenständlichen Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz waren nämlich jedenfalls als verspätet zurückzuweisen. Dies aus folgenden Gründen:

Wie den Verwaltungsakten zu entnehmen ist, wurden alle drei an den Hausverwalter zugestellten Berufungsvorentscheidungen nachweislich an den Steuerberater weitergeleitet, zwei davon noch am selben Tag. Die letzte der drei Berufungsvorentscheidungen langte beim Steuerberater am 24. Jänner 1985 ein. Selbst wenn - der Beschwerde folgend - davon auszugehen wäre, daß die Berufungsvorentscheidungen nicht an den Hausverwalter, sondern an den Steuerberater zugestellt hätten werden müssen, wäre der damit behauptete Zustellmangel gemäß § 9 Abs. 1 ZustG durch die nachweisliche Weiterleitung an den Steuerberater geheilt worden. Die einmonatige Frist für eine Antragstellung gemäß § 276 Abs. 1 BAO auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz war somit im Zeitpunkt dieser Antragstellung, nämlich am 30. Mai 1985, jedenfalls abgelaufen, sodaß der Antrag zu Recht von der Abgabenbehörde erster Instanz gemäß § 276 Abs. 1 letzter Satz BAO zurückgewiesen wurde. Die Beschwerdeführer wurden daher durch den angefochtenen Bescheid in keinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt, was gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zur Abweisung der Beschwerde als unbegründet führen mußte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1988140069.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten