TE Vwgh Erkenntnis 1993/3/18 92/01/0234

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Veröffentlicht am 18.03.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AVG §37;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des W in X, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 17. Jänner 1992, Zl. Wa-199/91, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 2 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443 (WaffG), der ihm am 15. März 1977 ausgestellte Waffenpaß entzogen. In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 6. Mai 1991 einer Gendarmeriedienststelle den Verlust seines Revolvers gemeldet. Er habe angegeben, am 5. Mai 1991 ab ca. 5.30 Uhr zu Fuß und mit dem PKW "als Fischer" unterwegs gewesen zu sein. Seinen Revolver habe er im Gürtelhalfter getragen. Gegen 7.00 Uhr habe er das Fehlen seines Revolvers bemerkt. Er habe alle Stellen abgesucht, wo er gegangen und gefahren sei, habe die Waffe jedoch nicht mehr finden können. Im Verwaltungsverfahren habe der Beschwerdeführer die nicht sorgfältige Verwahrung der Waffe bestritten und im wesentlichen folgendes angegeben: Er habe die Waffe in einem Gürtelhalfter durch eine Lasche gesichert getragen. Diese sei nicht etwa in "urbaner Landschaft", sondern in einer "Naturlandschaft in Form eines Wildbaches" verlorengegangen. Er sei beim Fischen im Bereich des Wildbaches von Stein zu Stein gesprungen. Im Zuge dieser Bewegungen müsse die Waffe aus dem Halfter gefallen und an einer unzugänglichen Stelle versunken sein. Selbst wenn er das Herausfallen sofort bemerkt hätte, wäre unter Umständen eine Bergung der Waffe wegen der örtlichen Gegebenheiten gar nicht möglich gewesen. Die Waffe dürfte ihm unmittelbar bevor er das leere Halfter bemerkt habe, abhanden gekommen sein. Es sei möglich, daß ein Materialfehler des Halfters die Ursache für das Verlieren der Waffe gewesen sein könne. Die belangte Behörde führte weiters aus, der Beschwerdeführer sei einer Aufforderung, einen Materialfehler am Halfter näher darzulegen, nicht nachgekommen. Er habe die Auffassung vertreten, es sei möglich, daß der Druckverschluß des Halfters durch einen "zurückschnellenden Ast" getroffen und dadurch geöffnet worden sei; in weiterer Folge habe die Waffe aus dem ungesicherten Halfter gleiten können. Bei der Besichtigung des Halfters habe die belangte Behörde keinen Materialfehler erkennen können. Die Verwahrung einer Faustfeuerwaffe in einem mit einem Druckknopf gesicherten Gürtelhalfter am Körper sei grundsätzlich als sorgfältige Verwahrung der Waffe anzusehen. Im vorliegenden Fall rechtfertige jedoch allein die Tatsache, daß die Waffe verloren und dies offensichtlich nicht sofort bemerkt worden sei, den Schluß, daß der Beschwerdeführer sie nicht sorgfältig verwahrt habe. Bei ordnungsgemäßer Verwahrung wäre ein Verlust der Waffe nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer habe auch nicht dartun können, daß die Waffe trotz sachgemäßen Umganges und sorgfältiger Verwahrung, etwa auf Grund höherer Gewalt, ohne sein Verschulden verlorengegangen sei. Seine Angaben über die möglichen Umstände beim Verlust der Waffe erwiesen sich als reine Spekulationen, die lediglich belegten, daß er den Verlust nicht sofort bemerkt habe. Die mangelhafte Verwahrung der Schußwaffe reiche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründung der Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 20 Abs. 1 WaffG hat die Behörde mit der Entziehung vorzugehen, wenn sich anläßlich der Vornahme einer Überprüfung oder aus anderem Anlaß ergibt, daß der Inhaber der waffenrechtlichen Urkunde nicht mehr verläßlich ist. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde hiebei vom Fortbestehen der Verläßlichkeit ausgehen kann und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 6 WaffG. Danach ist dem Erfordernis der Verläßlichkeit des zum Führen einer Faustfeuerwaffe Berechtigten - wie aus § 6 Abs. 1 Z. 2 des Gesetzes hervorgeht - insbesondere dann nicht entsprochen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß mit den Waffen unvorsichtig und unsachgemäß umgegangen werde und diese nicht sorgfältig verwahrt würden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes bei der Beurteilung, ob Tatsachen im oben angeführten Sinn vorliegen, ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0994). Mit der Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der in § 6 Abs. 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Ist ein solcher Schluß zu ziehen, so hat die Behörde die ausgestellte Urkunde zu entziehen (vgl. z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1992, Zl. 92/01/0485).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß mit der Entziehung des Waffenpasses insbesondere dann vorzugehen ist, wenn festgestellt wurde, daß der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 26. Februar 1992, Zl. 91/01/0191, vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0015, vom 8. Juli 1992, Zl. 92/01/0593, und vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0994).

Gerät eine Waffe in Verlust, so ist es Sache des Berechtigten, einen konkreten Sachverhalt betreffend die Art und Weise des Umganges bzw. der Verwahrung und den Vorgang, der zum Verlust der Waffe führte, darzutun. Ergibt sich aus dem Vorbringen des Berechtigten nicht, daß der Verlust der Waffe trotz sorgfältigen - d.h. insbesondere alle in der konkreten Situation zumutbaren Vorkehrungen gegen einen Verlust umfassenden - Umgangs bzw. sorgfältiger Verwahrung eingetreten ist, ist die Behörde schon auf Grund der Tatsache des Verlustes zur Annahme berechtigt, daß der Berechtigte die beim Umgang mit bzw. der Verwahrung von Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten habe.

Von diesen Grundsätzen ausgehend erweist sich der von der belangten Behörde aus dem Verlust der Waffe und dem Umstand, daß der Beschwerdeführer über den Hergang nur Mutmaßungen aufstellen konnte, gezogene Schluß, der Beschwerdeführer habe die gebotene Sorgfalt nicht eingehalten, nicht als rechtswidrig. Der Hinweis des Beschwerdeführers, er habe eine denkbare Möglichkeit aufgezeigt, wonach die Waffe trotz sorgfältiger Verwahrung habe in Verlust geraten können, nämlich durch das Aufsprengen des Druckknopfes durch einen "zurückschnellenden Ast" bei Bewegung im unwegsamen Gelände, wobei anschließend die Waffe aus dem Halfter geglitten sein könnte, zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde dieses Vorbringen zu Recht als Mutmaßungen angesehen hat, hat der Beschwerdeführer damit nicht dargetan, daß er eine den tatsächlichen Umständen angemessene (und somit sorgfältige) Art und Weise des Umganges bzw. der Verwahrung gewählt hätte; denn diesen Ausführungen läßt sich weder entnehmen, daß der Beschwerdeführer mit einem Vorgang wie dem von ihm beschriebenen nicht habe rechnen können, noch, daß er entsprechende Vorkehrungen gegen einen Verlust der Waffe auf die von ihm vermutete Art und Weise getroffen hätte.

Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage waren auch die vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen, "wie es zum Verlust der Waffe kam", entbehrlich. Dem ist hinzuzufügen, daß der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen ist, auf welcher Grundlage die belangte Behörde welche Feststellungen hätte treffen können; war doch der Beschwerdeführer selbst nicht in der Lage, über den Hergang des Verlustes der Waffe - über bloße Mutmaßungen hinaus - Angaben zu machen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992010234.X00

Im RIS seit

25.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

13.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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