TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/22 92/09/0378

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Veröffentlicht am 22.04.1993
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4b idF 1990/450;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 2. November 1992, Zl. IIc/6702 B/6358, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte einen mit 27. Mai 1992 datierten, am 13. Juli 1992 beim Arbeitsamt Persönliche

Dienste - Gastgewerbe eingelangten Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die polnische Staatsangehörige B.P. als Köchin mit einer Entlohnung von monatlich brutto S 10.000,-- bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden (jeweils von 17.30 bis 1.30 h). Spezielle Kenntnisse oder Ausbildung wurden im Antrag nicht verlangt.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 9. September 1992 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab und begründete diese Abweisung damit, daß der Vermittlungsausschuß die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet habe. Darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, B.P. sei als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG anzusehen, der Beschwerdeführer habe zu ihr ein besonderes Vertrauensverhältnis, sie könne ihm daher eigenverantwortlich Tätigkeiten im Restaurantbereich abnehmen. Sie sei bis zum Schließen des Restaurants anwesend, versperre das Lokal, nehme die Tageslosungen der Kellner entgegen, besitze den zweiten Schlüssel zum Weinkeller etc. Ihre Arbeitstätigkeit sei wesentlich für den Erhalt und Fortbestand des Restaurants, vor allem auch deshalb, weil sie sich auf Grund ihrer Sprachkenntnisse mit den zahlreichen aus dem ehemaligen Ostblock kommenden Gästen unterhalten könne. Die Nichtgewährung der beantragten Beschäftigungsbewilligung könne zur Schließung des Unternehmens führen. Ferner lägen gesamtwirtschaftliche Interessen am weiteren Florieren des Restaurants des Beschwerdeführers vor, wofür aber die Beschäftigung der B.P. erforderlich wäre. Auf der anderen Seite stünden der Beschäftigung der B.P. keine Interessen entgegen. Für einen Inländer komme der Arbeitsplatz überhaupt nicht in Betracht. Das Arbeitsamt habe den Antrag ohne zureichende Begründung abgewiesen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens gab der Beschwerdeführer dem Arbeitsamt über entsprechende Anfrage am 5. Oktober 1992 bekannt, daß er "keine anderen Arbeitskräfte anstelle des(r) beantragten Ausländers/Ausländerin" wünsche.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. November 1992 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und 6 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge. Ausgehend von den genannten Bestimmungen wies die belangte Behörde begründend darauf hin, daß die Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien im Kalenderjahr 1992 weit überschritten sei. Es seien daher bei der Prüfung des Antrags auf Beschäftigungsbewilligung sowohl die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 als auch nach § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Eine Überprüfung der Lage auf dem für die beantragte Bewilligung relevanten Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgesehen seien und - anders als B.P. - gleichzeitig dem begünstigten Personenkreis nach § 4b AuslBG angehörten, zur Deckung des Bedarfes des Beschwerdeführers zur Verfügung stünden. Es sei daher seitens des Arbeitsamtes an den Beschwerdeführer die Frage gerichtet worden, ob er Interesse an der Einstellung von "vordergründig" in den Arbeitsprozeß zu integrierenden Personen anstelle der beantragten Ausländerin habe. In seinem Antwortschreiben habe der Beschwerdeführer jedoch ausdrücklich ohne Angabe von Gründen keine anderen Kräfte als B.P. gewünscht. Dadurch habe sich der Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es sei nicht auszuschließen, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Diese Beweisführung erübrige sich jedoch, wenn der Arbeitgeber die Stellung von Ersatzkräften von vornherein ohne zwingenden Grund ablehne. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, B.P. stelle für ihn eine Schlüsselkraft dar, führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, die in diesem Zusammenhang an B.P. gestellten Anforderungen entsprächen nicht dem im Antrag genannten Berufsbild einer Köchin. Die nunmehrigen gravierenden Änderungen des Anforderungsprofiles stellten eine wesentliche Modifikation und damit eine im Berufungsverfahren unzulässige "Konvertierung" des Berufsbildes dar. Im übrigen befänden sich unter den beim Arbeitsmarkt vorgemerkten, für die Vermittlung geeigneten Personen auch ausländische Arbeitskräfte mit entsprechenden Sprachkenntnissen, sodaß auch aus dieser Sicht eine Ersatzkraftstellung durch gemäß § 4b AuslBG begünstigte Kräfte nicht von vornherein als offenkundig aussichtslos angesehen werden könne. Zudem sei das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß viele Geschäftsleute aus dem ehemaligen Ostblock in der Gewißheit der Betreuung durch B.P. das Lokal des Beschwerdeführers aufsuchten, als ein Indiz für eine unerlaubte (bewilligungslose) Beschäftigung zu werten. Der Beschwerdeführer habe ferner das Vorliegen gesamtwirtschaftlicher Interessen an der beantragten Beschäftigung der B.P. (§ 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG) behauptet. Solche Interessen lägen indes nur vor, wenn der Ausländer für ein Vorhaben benötigt würde, das für den Bund oder für einzelne Länder und damit für das gesamte Bundesgebiet oder weite Landesteile von erheblicher Bedeutung sei, und das ohne den Einsatz von Ausländern nicht bewältigt werden könnte. Diese Erfordernisse seien im Fall des Beschwerdeführers nicht gegeben. Überdies könne die Anwendung des § 4 Abs. 6 erst erfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und 3 AuslBG vorlägen, was aber hier nicht der Fall sei. Insgesamt könnten die Berufungsgründe nicht zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides bzw. zur Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung führen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179, u.a.).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in seiner Mitteilung vom 5. Oktober 1992 unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er ausschließlich B.P. mit der offenen Stelle betrauen will, wie dies ja auch bereits aus seinen völlig auf dieses Ziel zugeschnittenen Berufungsausführungen geschlossen werden konnte. Mit Rücksicht darauf war die belangte Behörde nicht gehalten, vor ihrer die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers bestätigenden Entscheidung den Versuch zu unternehmen, dem Beschwerdeführer Ersatzkräfte anzubieten. Der Beschwerdeführer geht auf die diesbezügliche Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ein und legt auch in seinen Beschwerdeausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dar, daß ihm im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit geboten worden sei, die Gründe darzulegen, warum gerade B.P. in seinem Unternehmen beschäftigt werden müsse. Abgesehen davon aber, daß der Beschwerdeführer schon im Antrag spezielle Anforderungen an die gewünschte Arbeitskraft stellen konnte, und daß er dazu ohnehin umfangreiche Berufungsausführungen erstattet hat, eröffnet das AuslBG dem Arbeitgeber, wie bereits ausgeführt, grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung für den individuell von ihm gewünschten Ausländer, solange die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung aus gegenüber diesem gemäß § 4b AuslBG bevorzugt zu behandelnden Arbeitskräften besteht.

Im Rahmen seiner Ausführungen zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit legt der Beschwerdeführer ausschließlich Gründe zur Versagung der beantragten Bewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG dar, von denen er meint, sie seien zur Herbeiführung der Bewilligung geeignet. Dazu ist er jedoch darauf zu verweisen, daß aus den oben dargelegten Gründen die belangte Behörde zu Recht bereits vom Fehlen einer gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG erforderlichen Voraussetzung für die Erteilung der begehrten Beschäftigungsbewilligung ausgegangen ist, weshalb es sich erübrigte, auf die weiteren von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgründe nach § 4 Abs. 6 AuslBG und das dazu erstattete Beschwerdevorbringen einzugehen.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992090378.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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