TE Vwgh Erkenntnis 1993/5/3 93/18/0202

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Veröffentlicht am 03.05.1993
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §21 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Z in Kroatien, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 22. Februar 1993, Zl. St 120-5/92, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 22. Februar 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen Kroatiens, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit den §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes (FrG) ein bis zum 17. September 2002 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei nach seinen Angaben am 12. Februar 1989 erstmals nach Österreich eingereist, habe hier vom 11. Mai 1989 bis ca. April 1990 gearbeitet, sei vom Dezember 1990 bis März 1991 arbeitslos gewesen, im März 1991 nach Deutschland ausgereist und im September 1991 nach Österreich zurückgekehrt. Vom 21. Februar 1992 bis 5. Juni 1992 sei er in Untersuchungshaft gewesen, habe nach seiner Entlassung etwa sechs Wochen gearbeitet, sei am 17. September 1992 in Schubhaft genommen und in weiterer Folge auf Grund des erstinstanzlichen Bescheides, der einen Ausspruch gemäß § 64 Abs. 2 AVG enthalten habe, in sein Heimatland abgeschoben worden. Der Vater des Beschwerdeführers befinde sich seit 1966 in Österreich; auch die Mutter des Beschwerdeführers lebe hier. Die Eltern des Beschwerdeführers seien nach dessen Angaben kränklich. In Österreich befinde sich auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, die sich verpflichtet habe, für seinen Unterhalt und alle übrigen durch seinen Aufenthalt verursachten Kosten aufzukommen. Der Beschwerdeführer sei mit dem rechtskräftigen Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 23. Juli 1992 wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 zweiter und vierter Fall und Abs. 2 erster Fall Suchtgiftgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden, wobei 15 Monate dieser Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden seien. Der Verurteilung liege zugrunde, daß der Beschwerdeführer in Frankfurt mindestens 10 Gramm Heroin gekauft und gemeinsam mit einem Mitangeklagten in der Nacht zum 30. Jänner 1992 nach Österreich gebracht habe. Er habe in der Absicht, sich durch den wiederholten Verkauf eine fortlaufende Einnahmenquelle zu verschaffen, das Suchtgift im Verhältnis 1 : 3 mit Milchzucker gestreckt und über den Mitangeklagten verkauft. Überdies habe er auch Kokain Dritten überlassen bzw. teilweise verkauft. Der Beschwerdeführer habe durch den Suchtgiftverkauf zu Geld kommen wollen. Er selbst nehme kein Suchtgift. Er sei außerdem mit rechtskräftigem Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 7. November 1991 wegen des Vergehens des Raufhandels nach § 91 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden. Ferner weise er Verwaltungsübertretungen nach dem Meldegesetz, je eine nach dem Paßgesetz und nach dem Fremdenpolizeigesetz sowie fünf Bestrafungen nach dem Kraftfahrgesetz auf, davon eine wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne in Österreich gültige Lenkerberechtigung (§ 64 Abs. 5 KFG).

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die Verurteilung durch das Kreisgericht Wels vom 23. Juli 1992 erfülle den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG, weshalb die Annahme gerechtfertigt sei, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Sicherheit gefährde, zumal die in dieser Gesetzesstelle genannten Strafgrenzen erheblich überschritten worden seien. In diesem Zusammenhang seien auch die angeführten Verwaltungsübertretungen zu berücksichtigen gewesen. Im Hinblick darauf, daß die Eltern des Beschwerdeführers in Österreich leben, werde zwar durch das Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen, doch sei angesichts der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftat die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten. Der Beschwerdeführer sei erst als Erwachsener erstmals nach Österreich gekommen und habe sich hier nicht durchgehend aufgehalten. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, vor allem wenn man die Art des vom Beschwerdeführer begangenen Deliktes (gemeint ist damit offenbar das Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz) bedenke. Das Aufenthaltsverbot sei demnach im Sinne des § 20 Abs. 1 FrG zulässig. Die Gültigkeitsdauer sei mit 10 Jahren festgesetzt worden, weil erst nach Verstreichen dieser Frist - im Falle des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers im Ausland - angenommen werden könne, daß die Gründe für seine Erlassung weggefallen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die (zutreffende) Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt, die Annahme im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 leg. cit. dringend geboten sei, er meint jedoch, das Aufenthaltsverbot sei im Grunde des § 20 Abs. 1 leg. cit. unzulässig.

Diese Bestimmung lautet wie folgt:

§ 20. (1) Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden, wenn seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen.

Gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung bestehen keine Bedenken. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang mit Recht betont, daß dem dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz entscheidende Bedeutung zukommt. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig ist (siehe dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 20. Juli 1992, Zl. 92/18/0290, und vom 30. Juli 1992, Zl. 92/18/0319, mwN). Dies gilt auch im Falle des Beschwerdeführers, der erst als Erwachsener erstmals nach Österreich gekommen ist und sich hier bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (mit Unterbrechungen) rund drei Jahre aufgehalten hat. Im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität vermag an der Richtigkeit des Ergebnisses der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Integration seiner Eltern und die Intensität seiner Bindung an seine in Österreich lebende Verlobte nichts zu ändern.

Der Beschwerdeführer meint, es hätte genügt, ein Aufenthaltsverbot mit einer Gültigkeitsdauer von nur zwei Jahren zu verhängen. Dieser (nicht näher begründeten) Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen, weil nicht erkennbar ist, warum die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes bereits nach so kurzer Zeit weggefallen sein sollen. Die belangte Behörde hat mit Recht darauf hingewiesen, daß gemäß § 21 Abs. 1 FrG das Aufenthaltsverbot auch unbefristet hätte erlassen werden können. Wenn sie dennoch die Auffassung vertreten hat, nach zehn Jahren würden die Gründe für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes wegfallen, kann darin schon im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers erblickt werden.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180202.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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