TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/22 93/07/0003

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Veröffentlicht am 22.06.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §8;
WRG 1959 §101 Abs3;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §38;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1) des E in X und 2) der M in W, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 23. November 1992, Zl. 411.227/01-I4/92, betreffend Parteistellung in einem Wasserrechtsverfahren (Mitbeteiligte Parteien: 1) JH in X und 2) RH, ebendort, beide vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in V), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- sowie den mitbeteiligten Parteien zu gleichen Teilen den Betrag von insgesamt S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 10. Jänner 1990 beantragten die mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Vorlage entsprechender Pläne die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Verlängerung eines bestehenden Bootssteges im X-See (Parzelle Nr. 807/1, KG X).

Der Landeshauptmann von Oberösterreich betraute gemäß § 101 Abs. 3 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) die Bezirkshauptmannschaft (im folgenden: BH) mit der Durchführung des Verfahrens und ermächtigte sie, bei im wesentlichen anstandslosem Ergebnis in seinem Namen zu entscheiden.

Die BH führte am 21. Mai 1990 eine mündliche Verhandlung durch, zu der die Beschwerdeführer nicht beigezogen wurden. Diese bemängelten in einem am 28. Mai 1990 bei der BH eingelangten Schriftsatz, daß die BH die mündliche Verhandlung anberaumt habe, ohne ihnen Parteistellung einzuräumen. Durch die Realisierung der von den mitbeteiligten Parteien zur wasserrechtlichen Genehmigung beantragten Maßnahmen würde die gesamte Hafenanlage der Beschwerdeführer erheblich verändert; ihr bewilligter Bootssteg könne nicht mehr wie bisher benützt werden; die An- und Ablegemanöver der in der Hafenanlage der Beschwerdeführer einliegenden Boote seien nicht mehr ohne Zuhilfenahme eines Motors möglich.

In der Folge fanden über das inzwischen modifizierte Projekt der mitbeteiligten Parteien weitere mündliche Verhandlungen statt, von denen die Beschwerdeführer jeweils "nachrichtlich" verständigt wurden und bei denen sie die Auffassung vertraten, durch die Änderung der Bootssteganlage der mitbeteiligten Parteien werde die Zu- und Abfahrt zu ihrem Bootshafen behindert.

Die BH holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Schiffahrtstechnik ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, es komme zu keiner Beeinträchtigung der benachbarten Steganlagen; die Zu- und Ausfahrten sämtlicher Bootstypen würden weder bei der Steganlage der Beschwerdeführer noch bei der Anlage des Yacht Club beeinträchtigt.

Die Beschwerdeführer bemängelten dieses Gutachten als unvollständig und unrichtig.

Mit Bescheid vom 31. März 1992 erteilte die BH namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich den mitbeteiligten Parteien die wasserrechtliche Bewilligung, auf dem X-Seegrundstück Nr. 807/1, KG X, den Holzsteg um 14,5 m + 5,33 m zu verlängern und seeseitig des Holzsteges einen Schwimmsteg aus Beton als Quersteg anzubringen (Spruchabschnitt I). Unter Spruchabschnitt IV wurden die Einwendungen der Beschwerdeführer mangels Parteistellung zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, wie aus den der Behörde vorliegenden Unterlagen hervorgehe, werde durch das gegenständliche Vorhaben nur das auf öffentlichem Wassergut befindliche Seegrundstück Nr. 807/1, KG X berührt und habe der Verwalter des öffentlichen Wassergutes gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung keinen Einwand erhoben. Eine Berührung anderer wasserrechtlich geschützter Rechte, insbesondere der Beschwerdeführer, habe von der Behörde nicht festgestellt werden können. Soweit die Einwendungen der Beschwerdeführer schiffahrtstechnische Belange beträfen, habe die Behörde von Amts wegen darauf einzugehen, weil es im öffentlichen Interesse gelegen sei, daß die Schiffahrt nicht beeinträchtigt werde (§ 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959). Der beigezogene schiffahrtstechnische Amtssachverständige habe festgestellt, daß es zu keiner Beeinträchtigung für die benachbarten Steganlagen komme. Er habe Auflagen vorgeschlagen, die einen klaglosen Ablauf der Schiffahrt gewährleisteten. Diese Auflagen seien in den Bescheid aufgenommen worden. Durch sie werde auch den Interessen der mitbeteiligten Parteien Rechnung getragen.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Mit Bescheid vom 23. November 1992 gab die belangte Behörde

der Berufung keine Folge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "Recht auf Durchführung eines den formellen und materiellen Verwaltungsvorschriften entsprechenden Verfahrens verletzt, insbesondere in unserem Recht auf Teilnahme am Verwaltungsverfahren als Partei von einer zuständigen Behörde."

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligten Parteien haben ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragen, der Beschwerde keine Folge zu geben und ihnen den Ersatz der Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zuzusprechen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Vorbringen der Beschwerdeführer ist zu entnehmen, daß sie der Auffassung sind, ihnen stünden, da sie Inhaber einer wasserrechtlich bewilligten Hafenanlage seien, wasserrechtlich geschützte Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 zu, die durch die Änderung bzw. Erweiterung der Bootssteganlage der mitbeteiligten Parteien beeinträchtigt würden, weil hiedurch die Zu- und Abfahrt vom und zum Bootshafen der Beschwerdeführer behindert bzw. erschwert werde.

Nach § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 sind Parteien im wasserrechtlichen Verfahren diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen, oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103.

Bei den Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG, auf die § 102 Abs. 1 lit. b leg. cit. verweist, handelt es sich um rechtmäßig geübte Wasserbenutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. Juli 1959, Slg. N.F. 5028/A, ausgeführt hat, zählt die Benützung der Gewässer für die Schiffahrt nicht zu den Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959. Aus einer behaupteten Behinderung bzw. Beeinträchtigung der Schiffahrt kann daher auch nicht die Parteistellung in einem wasserrechtlichen Verfahren abgeleitet werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Hafenanlage der Beschwerdeführer wasserrechtlich bewilligt wurde. Abgesehen davon, daß die Anlagen selbst und damit das Grundeigentum durch die Änderung und Erweiterung der Bootssteganlage der mitbeteiligten Parteien nicht berührt werden, stellen besondere Herstellungen im Sinne des § 38 WRG 1959, zu denen auch die Hafenanlage der Beschwerdeführer gehört, keine rechtmäßig geübten Wassernutzungen im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 1967, Zl. 575/67). Durch die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für eine Bootshafenanlage wird kein subjektives wasserrechtlich geschütztes Recht auf ungehinderte Ausübung des Schiffahrtsbetriebes, dem diese Anlage dient, begründet.

Die Beschwerdeführer meinen weiters, die BH sei zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht zuständig gewesen, weil von einem im wesentlichen anstandslosen Ergebnis im Sinne des § 101 Abs. 3 WRG 1959 nicht die Rede sein könne, da von den Beschwerdeführern Einwendungen gegen die Ausführung des geplanten Projektes erhoben worden seien.

Nach § 101 Abs. 3 WRG 1959 können das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft oder der Landeshauptmann, wenn sie in einer Sache in erster Instanz zuständig sind, mit der Durchführung des Verfahrens ganz oder teilweise die nachgeordnete Behörde betrauen und diese auch ermächtigen, bei im wesentlichen anstandslosen Ergebnis in ihrem Namen zu entscheiden.

Von einem "im wesentlichen anstandslosen Ergebnis" des Verfahrens kann nur dann gesprochen werden, wenn keine entscheidungsrelevanten Einwendungen erhoben werden. Eine Entscheidung durch die delegierte Behörde wird dann unzulässig, wenn Einwendungen erhoben werden, über die die Wasserrechtsbehörde wegen Berührung eines subjektiven Rechtes bescheidmäßig abzusprechen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1991, Zl. 90/07/0136 und die dort angeführte Vorjudikatur). Einwendungen, die mangels Parteistellung der sie erhebenden Personen zurückzuweisen sind, hindern nicht das Vorliegen eines im wesentlichen anstandslosen Ergebnisses (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1985, Zl. 85/07/0056). Die BH war daher zuständig, den erstinstanzlichen Bescheid zu erlassen.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Wasserrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993070003.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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