TE Vwgh Erkenntnis 1993/7/1 90/17/0116

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Veröffentlicht am 01.07.1993
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/05 Verbrauchsteuern;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BAO §198;
BAO §92;
GasölStBG §1 idF 1981/598 1987/608 1991/695;
GasölStBG §3 Abs1 idF 1976/142;
GasölStBGNov 1976;
MinStG 1981 §16 Abs1;
MinStG 1981 §16a;
MinStG 1981 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 2. Februar 1990, Zl. 157/2-GA5-DKa/89, betreffend Feststellung der Kennzeichnungsbefugnis für Gasöl nach § 3 des Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft, die nach eigener Darstellung kein Erzeugungsbetrieb im Sinne des § 3 Abs. 1 Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetzes - Gasöl-StBG, BGBl. Nr. 259/1966 in der Fassung BGBl. Nr. 142/1976, ist, sondern einen Handel mit festen und flüssigen Brennstoffen betreibt, stellte am 7. März 1989 beim Finanzamt den Antrag, das Finanzamt möge feststellen, ob und inwieweit die beschwerdeführende Partei "zur Kennzeichnung von Gasöl im Sinne des § 3 Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetz und zur steuerbegünstigten Abgabe des solcherart besonders gekennzeichneten Gasöls legitimiert ist". Die beschwerdeführende Gesellschaft sei allerdings kein Erzeugungsbetrieb, in dem Gasöl aus rohem Erdöl hergestellt werde. Sie sei auch nicht mit einem solchen Betrieb durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden. Trotzdem beabsichtige sie nunmehr, in ihrem Unternehmen zum Verheizen bestimmtes Gasöl zur besonderen Kennzeichnung zu färben und mit einem Zusatz zu versehen, der auch in starken Verdünnungen nachweisbar sei. Anschließend solle das solcherart gekennzeichnete Gasöl steuerbegünstigt im Sinne des Gasöl-StBG abgegeben werden. Es bestehe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, ob und inwieweit sie unter den gegebenen betrieblichen Voraussetzungen zur beschriebenen Vorgangsweise berechtigt sei.

1.2. Da das Finanzamt über dieses Feststellungsbegehren keine Entscheidung traf - hiezu verweist der Verwaltungsgerichtshof auf sein Erkenntnis vom 26. März 1992, Zl. 90/17/0117 - beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft mit einer als "Devolutionsantrag" bezeichneten Eingabe vom 25. September 1989 bei der belangten Behörde deren Entscheidung. Darin führte die Beschwerdeführerin aus, solange nicht bescheidmäßig festgestellt sei, ob und inwieweit sie zur Färbung von Gasöl und zu dessen steuerbegünstigter Abgabe berechtigt sei, sei für sie die Rechtslage in dieser Hinsicht ungeklärt, sodaß sie sich der Gefahr einer Bestrafung aussetze, wenn sie damit beginne, Gasöl zu kennzeichnen und steuerbegünstigt zu verkaufen.

1.3. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Feststellung, ob und inwieweit die beschwerdeführende Gesellschaft zur Kennzeichnung von Gasöl im Sinne des § 3 Gasöl-StBG und zur steuerbegünstigten Abgabe des solcherart gekennzeichneten Gasöls "legitimiert" sei, ab. Begründend heißt es in diesem Bescheid, nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 3 Gasöl-StBG sei unabdingbare Voraussetzung für die steuerbegünstigte Abgabe, daß die Kennzeichnung in einem ERZEUGUNGSBETRIEB erfolge. Auf Seite 2 des Feststellungsantrages vom 7. März 1989 sei folgendes ausgeführt worden: "Die Firma X ist kein Erzeugungsbetrieb, in dem Gasöl (aus rohem Erdöl) hergestellt wird. Wir sind auch nicht mit einem solchen Betrieb durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden". Die begehrte Feststellung könnte nur den Gesetzestext wiedergeben, wonach ein in der eben genannten Weise qualifizierter Erzeugungsbetrieb gefordert sei. Da feststehe, daß diese Voraussetzungen bei der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht gegeben seien, liege keine ungeklärte oder auch nur zweifelhafte Gesetzeslage vor; es sei vielmehr außer Streit gestellt, daß hier die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlägen, weshalb der Antrag mangels Vorliegens eines Feststellungsinteresses abzuweisen gewesen sei.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die "Verletzung des gesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Feststellung, ob und inwieweit die Beschwerdeführerin zur Kennzeichnung von Gasöl im Sinne des § 3 Gasöl-StBG und zur steuerbegünstigten Abgabe des solcherart gekennzeichneten Gasöls legitimiert ist" geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Nach der Begründung dieser Beschwerde habe die beschwerdeführende Partei ein rechtliches Interesse an der Feststellung, ob und inwieweit sie zur Kennzeichnung von Gasöl und zur steuerbegünstigten Abgabe desselben "legitimiert" sei. Beginne sie mit ihrem Vorhaben, ohne dazu berechtigt zu sein, würde sie gegen Abgabenvorschriften verstoßen und sich der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen. § 3 Gasöl-StBG, demzufolge die Kennzeichnung in ganz bestimmten Erzeugungsbetrieben vorgenommen werden dürfe, widerspreche dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Erwerbsfreiheit nach Art. 6 StGG. Jedenfalls schon aus diesem Grunde sei die begehrte bescheidmäßige Feststellung als Mittel zur Rechtsverteidigung notwendig. Die beschwerdeführende Partei könne nur auf diese Weise zu einem letztinstanzlichen Bescheid der Finanzverwaltung gelangen, für dessen Rechtmäßigkeit die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des § 3 Gasöl-StBG präjudiziell sei. Es wäre auch mit keinem zusätzlichen Verfahrensaufwand verbunden, über den Feststellungsantrag materiell abzusprechen.

Auch entbinde der Umstand, daß die beschwerdeführende Partei in ihrem Feststellungsantrag vom 7. März 1989 selbst ausgeführt habe, kein Erzeugungsbetrieb zu sein, in dem Gasöl hergestellt werde, und auch nicht mit einem solchen Betrieb durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden zu sein, die Behörde nicht von ihrer Entscheidungspflicht. Über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Erzeugungsbetriebes könne man nämlich durchaus unterschiedlicher Auffassung sein, was sich auch in dem Umstand zeige, daß sich die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bereits mit dieser Frage hätten auseinandersetzen müssen (VwSlg. 1.111 F/1955, VfSlg. 4925/1965). Hiezu habe die belangte Behörde keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen.

Obwohl es sich bei der Kennzeichnung von Gasöl um keinen Vorgang handle, der produktionstechnisch und von der Sache her typischerweise nur in Raffinerien durchgeführt werden könnte, werde diese Kennzeichnung einem im § 3 Gasöl-StBG eng umschriebenen Unternehmenssektor mit monopolistischen Tendenzen zur ausschließlichen Besorgung überantwortet. Die getroffene Regelung verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in die Erwerbsausübungsfreiheit. Nach der jüngeren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sei eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsfreiheit beschränke, nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet zur Zielerreichung, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sei. Der Gesetzgeber lasse nicht erkennen, weshalb er die Kennzeichnung von Gasöl nur einer ganz bestimmten Gruppe von Erzeugungsbetrieben überantworte. Liege aber die Zielsetzung in einer Belebung der Nachfrage nach steuerbegünstigtem Gasöl, so hätte der Gesetzgeber diesen Effekt auch dadurch erzielen können, daß er die Möglichkeit zur Kennzeichnung allen Erzeugungs- und Handelsbetrieben eingeräumt hätte, die sich technisch dazu in der Lage fühlten, unabhängig davon, ob diese das Gasöl selbst aus rohem Erdöl herstellten bzw. mit einem solchen Betrieb durch eine Mineralöl-Rohrleitung verbunden seien oder das Erdöl nur von einem derartigen Betrieb bezögen.

1.5. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift. Die Vorlage der Verwaltungsakten erfolgte unter einem auch zur Zl. 90/17/0117. Der Vorlageaufwand wurde der belangten Behörde bereits mit dem jenes verwaltungsgerichtliche Verfahren abschließenden Erkenntnis vom 26. März 1993 zugesprochen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. November 1992, Zl. 86/17/0162, unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung ausgesprochen hat, sind die Verwaltungsbehörden befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zu erlassen, wenn hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlaß vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen. Was die Verfahrensinitiative anlangt, wurde dabei in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1978, Slg. N.F. Nr. 9662/A - auch der Partei die Berechtigung zuerkannt, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Der Antragsteller muß ein rechtliches Interesse daran haben, daß ein Rechtsverhältnis oder Recht durch den beantragten verwaltungsbehördlichen Bescheid festgestellt werde. Ein solches Interesse besteht dann nicht, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens oder eines gerichtlichen Verfahrens zu entscheiden ist. Im übrigen ist ein rechtliches Interesse der Partei nur dann zu bejahen, wenn der Feststellungsantrag im konkreten Fall als geeignetes Mittel zur Beseitigung der Rechtsgefährdung angesehen werden kann. Aus diesem Gesichtspunkt ergibt sich auch die Notwendigkeit, das Element der Klarstellung für die Zukunft als Voraussetzung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides anzuerkennen, weil der Feststellungsbescheid zur Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung Rechte oder Rechtsverhältnisse klarstellen soll. Nur dort, wo eine Klarstellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses eine Rechtsgefährdung des Antragstellers beseitigen kann, kommt der Klarstellung für die Zukunft rechtliche Bedeutung zu (vgl. unter Bezugnahme auf das zitierte Erkenntnis vom 18. Oktober 1978 z.B. die weiteren hg.

Erkenntnisse vom 13. September 1982, Zl. 82/12/0011 =

ZfVB 1983/4/1628, und vom 3. Juli 1990, Zl. 89/08/0287 =

ZfVB 1991/3/1164).

Für die Frage, ob ein Feststellungsbescheid notwendiges Mittel der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ist, ist somit zunächst von Bedeutung, ob der Partei zur Durchsetzung ihrer rechtlichen Interessen nicht ohnedies der Rechtsweg vor den Verwaltungsbehörden oder den Gerichten offensteht. Sodann ist zu prüfen, ob ihr darüberhinaus die Beschreitung dieses Rechtsweges auch zumutbar ist (vgl. zur Bedachtnahme auf das Moment der Zumutbarkeit nunmehr auch in der - jüngeren - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das bereits zitierte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. November 1992, Zl. 86/17/0162, und der Sache nach auch das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 88/05/0181). Diese Fragen sind im folgenden zu prüfen.

2.1.2. Ist die Erlassung eines Abgabenbescheides möglich, so ist die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides zufolge des Grundsatzes der Subsidiarität von Feststellungsbegehren und von Feststellungsbescheiden überhaupt zu verneinen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Juni 1988, Zl. 85/17/0050, und vom 14. August 1991, Zl. 89/17/0174).

Bei der Prüfung der Frage, ob im vorliegenden Fall von der beschwerdeführenden Partei ein Abgabenbescheid erlangt werden kann, durch dessen Bekämpfung sie in der Lage wäre, die behauptete Verfassungswidrigkeit der Beschränkung der Berechtigung zur Kennzeichnung von steuerbegünstigtem Gasöl auf bestimmte Unternehmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, sind folgende Rechtsnormen von Bedeutung:

2.2.1. § 1 Gasöl-StBG trägt die Überschrift "Ermäßigung der Mineralölsteuer" und lautet in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 598/1981 und 608/1987 (vor der Novelle BGBl. Nr. 695/1991):

"Die Mineralölsteuer (Mineralölsteuergesetz 1981) wird für Gasöl der Unternummer 27 10 00 D des Zolltarifs (Zolltarifgesetz 1988, BGBl. Nr. 155/1987), das besonders gekennzeichnet wurde (§ 3 Abs. 1) und aus einem Erzeugungsbetrieb (§ 16 Abs. 1 MinStG 1981) oder einem Freilager (§ 20 Abs. 1 MinStG 1981) zum Verheizen abgegeben oder in einem Erzeugungsbetrieb oder einem Freilager verheizt wird, auf S 57 für 100 kg Eigengewicht ermäßigt (steuerbegünstigtes Gasöl)."

Durch die Novelle BGBl. Nr. 695/1991 wurde der Betrag von 57,-- S durch 77,-- S ersetzt.

§ 3 Gasöl-StBG in der Fassung BGBl. Nr. 142/1976, lautet

auszugsweise:

"Kennzeichnung von Gasöl

§ 3. (1) Zur besonderen Kennzeichnung ist das zum Verheizen bestimmte Gasöl zu färben und mit einem Zusatz zu versehen, der auch in starken Verdünnungen nachweisbar ist. Die bestimmungsmäßige Verwendung dieses Gasöls darf durch die Kennzeichnung nicht beeinträchtigt werden. Die Kennzeichnung von Gasöl, das steuerbegünstigt abgegeben werden soll, muß im Zollgebiet (§ 1 des Zollgesetzes 1955, BGBl. Nr. 129), und zwar in einem Erzeugungsbetrieb vorgenommen werden, in dem Gasöl aus rohem Erdöl hergestellt wird oder der mit einem solchen Betrieb durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden ist. Durch Verordnung wird bestimmt, welche Kennzeichnungsstoffe und welche Mengen davon in dem zum Verheizen bestimmten Gasöl enthalten sein müssen.

(2)

..."

Waren der Unternummer 27 10 00 D des Zolltarifs sind gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 des Mineralölsteuergesetzes 1981 - MinStG 1981, BGBl. Nr. 597 in der Fassung vor (wie nach) der Novelle BGBl. Nr. 695/1991 Mineralöl im Sinne dieses Bundesgesetzes. Nach § 9 MinStG 1981 ist die Mineralölsteuer im Wege der Selbstbemessung zu entrichten. Die im § 1 Gasöl-StBG zitierten Bestimmungen des MinStG 1981 lauten:

"§ 16. (1) Herstellungsbetriebe im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Betriebe, in denen rohes Erdöl gewonnen wird (Erdölgewinnungsbetriebe) oder in denen durch Bearbeitung oder Verarbeitung von Rohstoffen, Halb- oder Fertigerzeugnissen aller Art Mineralöl hergestellt wird (Erzeugungsbetriebe)."

"§ 20. (1) Ein nicht zu den Erzeugungsbetrieben zählender Betrieb oder ein Teil eines solchen, der zur Lagerung von Mineralöl bestimmt ist, ist auf Antrag des Betriebsinhabers zum Freilager zu erklären (Freilagerbewilligung), wenn die im Abs. 2 geforderten Bedingungen erfüllt sind."

2.2.2. Die beschwerdeführende Partei ist nach ihrem eigenen Vorbringen ein Handelsbetrieb. Sie ist kein Erzeugungsbetrieb im Sinne des § 16 MinStG 1981 und noch viel weniger ein Erzeugungsbetrieb, der die besonderen Merkmale des § 3 Abs. 1 dritter Satz Gasöl-StBG aufweist (nämlich, daß in diesem Erzeugungsbetrieb Gasöl aus rohem Erdöl hergestellt wird oder daß dieser Erzeugungsbetrieb mit einem solchen Betrieb durch eine der Förderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden ist). Wie die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof mitgeteilt haben, verfügt die beschwerdeführende Partei auch nicht über eine Freilagerbewilligung im Sinne des § 20 MinStG 1981.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich dadurch in ihren Rechten beeinträchtigt, daß sie infolge der Regelung des § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Gasöl-StBG nicht zur Kennzeichnung und steuerbegünstigten Abgabe des solcherart besonders gekennzeichneten Gasöls berechtigt sei. Die im § 3 Abs. 1 dritter Satz Gasöl-StBG auf bestimmte Betriebe eingeschränkte Befugnis, Gasöl zu kennzeichnen, verstoße gegen die verfassungsgesetzlich gewährleistete Erwerbsausübungsfreiheit.

Bei der Prüfung der Frage, ob der beschwerdeführenden Partei der Verwaltungsrechtsweg im Abgabenverfahren offensteht und auch zumutbar ist, um die Frage der Verfassungmäßigkeit an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen - also bei der Beurteilung einer Frage, die sowohl für die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides als auch eines sogenannten Individualantrages auf Gesetzesprüfung nach Art. 140 Abs. 1 letzer Satz B-VG von entscheidender Bedeutung ist - ist der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 29. September 1992, G 166/92, davon ausgegangen, daß der Verwaltungsrechtsweg zielführend beschritten werden könne. Er hat in diesem Beschluß den auf Art. 140 Abs. 1 letzter Satz B-VG gestützten Antrag der beschwerdeführenden Partei, die Wortfolge "in dem Gasöl aus rohem Erdöl hergestellt wird oder der mit einem solchen Betrieb durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden ist" in § 3 Abs. 1 Gasöl-StBG als verfassungwidrig aufzuheben, mangels Legitimation zurückgewiesen. In der Begründung dieses Beschlusses heißt es insbesondere:

"Wie sich nämlich aus den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in den gleichfalls Selbstbemessungsabgaben betreffenden Beschlüssen VfSlg. 9571/1982, 9867/1983, 9900/1983 und Verfassungsgerichtshof 17.6.1992, G 99/92, ergibt, hätte die antragstellende Gesellschaft die Möglichkeit, einen Antrag auf Rückerstattung der von ihr im Wege der Selbstbemessung entrichteten Abgaben mit der Begründung zu stellen, die Abgabenentrichtung hätte sich im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Vorschrift als unrichtig erwiesen (§ 201 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 idF BGBl. 151/1980).

Bei Beschreitung dieses Weges befände sich die antragstellende Gesellschaft, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabenpflichtigen, die die Rechtswidrigkeit von Steuerbescheiden rügen wollen. Da dieser Wege zur Erwirkung eines Bescheides der Antragstellerin somit durchaus zumutbar wäre, mangelt es an einer Voraussetzung für die Legitimation zur Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG.

Angesichts dieser Rechtslage erübrigt es sich, darauf einzugehen, ob die antragstellende Gesellschaft durch die angefochtene Gesetzesbestimmung überhaupt in ihren Rechten aktuell verletzt werden konnte, weil sie - ihren eigenen Behauptungen zufolge - derzeit kein Erzeugungsbetrieb iSd § 16 MinStG 1981 ist."

Im Gegensatz dazu vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, inwiefern die Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges vor den Abgabenbehörden für die beschwerdeführende Partei unter den sachverhaltsmäßig gegebenen Voraussetzungen möglich bzw. im Hinblick auf die Notwendigkeit der Schaffung anderer Sachverhaltsvoraussetzungen zumutbar wäre, wie nachstehende Erwägungen zeigen.

2.2.3. Das MinStG 1981 lautet in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 695/1991, was die hier maßgebenden Bestimmungen anlangt, auszugsweise:

"§ 5. (1) Die Steuerschuld entsteht dadurch,

1. daß rohes Erdöl (Nummer 270900 des Zolltarifs) aus dem Betrieb, in dem es gewonnen wurde, weggebracht wird oder daß Mineralöl aus einem Erzeugungsbetrieb (§ 16) oder einem Freilager (§ 20) weggebracht oder in einem Erzeugungsbetrieb oder einem Freilager verbraucht wird;

...

(2) Die Steuerschuld entsteht

1. in den Fällen des Abs. 1 Z 1 im Zeitpunkt der Wegbringung oder des Verbrauches;

...

(3) Eine Wegbringung von Mineralöl liegt vor, wenn es aus einem Herstellungsbetrieb (§ 16), einem Freilager oder einem Verwendungsbetrieb entfernt oder in einem Herstellungsbetrieb oder einem Freilager in den Kraftstoffbehälter eines Fahrzeuges gefüllt wird.

...

§ 7. Von der Mineralölsteuer sind befreit:

1. Mineralöl, das in einen Erzeugungsbetrieb oder in ein Freilager aufgenommen oder zurückgenommen wurde oder auf dem Transport in einen Erzeugungsbetrieb oder in ein Freilager zugrunde gegangen ist;

...

§ 8. (1) Die Steuerbefreiungen nach § 7 können, ..., nur vom Steuerschuldner in Anspruch genommen werden. Ist die Steuerschuld für ein Mineralöl wiederholt entstanden, so hat den Anspruch, wer zuletzt Steuerschuldner war.

...

    § 9. (1) Der Steuerschuldner (§ 6) hat bis zum Ende eines

jeden Kalendermonats bei dem für die Erhebung der Minerölsteuer

zuständigen Finanzamt das Eigengewicht jener Mineralöl- und

Flüssiggasmengen schriftlich anzumelden, für die im

vorangegangenen Monat die Steuerschuld nach § 5 Abs. 1 Z 1, 2

oder 3 entstanden ist. ... Die angemeldeten Minderalölmengen

sind nach Mineralölarten getrennt auszuweisen. ... Der

Steuerschuldner hat in der Anmeldung jene im angemeldeten

Eigengewicht enthaltenen Mengen abzuziehen, die auf Mineralöl

entfallen, das gemäß § 7 von der Mineralölsteuer befreit

ist; ... Von den nach Vornahme dieser Abzüge verbleibenden

Mengen hat der Steuerschuldner in der Anmeldung die Mineralölsteuer zu berechnen (Selbstberechnung). ..."

Da die beschwerdeführende Partei als reiner Handelsbetrieb für feste und flüssige Brennstoffe, der auch keine Freilagerbewilligung besitzt, ausschließlich versteuertes Mineralöl, und zwar im besonderen Fall gekennzeichnetes, steuerbegünstigtes Gasöl, hereinnimmt, fällt bei der Abgabe dieses Gasöls aus ihrem Betrieb in Salzburg keine Mineralölsteuer an. Dies ergibt sich aus den vorstehend wiedergegebenen Gesetzesstellen in ihrem Zusammenhang und deckt sich im Tatsächlichen auch mit der dem Verwaltungsgerichtshof von der belangten Behörde diesbezüglich gemachten Mitteilung. Die beschwerdeführende Partei ist nicht Steuerschuldnerin nach § 6 MinStG 1981, dessen Z 1 zufolge Steuerschuldner in den Fällen des § 5 Abs. 1 Z 1 der Inhaber des Herstellungsbetriebes oder des Freilagers ist. § 9 MinStG, der die Anmeldung der Mineralölmengen, für die die Steuerschuld entstanden ist, und die Selbstberechnung der Mineralölsteuer durch den Steuerschuldner (§ 6) vorsieht, kommt daher auf die beschwerdeführende Partei nicht zur Anwendung.

2.2.4. Die beschwerdeführende Partei, die ja - zu Recht - die Sachlichkeit der Kennzeichnungspflicht selbst für das zum Verheizen bestimmte steuerbegünstigte Gasöl und auch die eben dargestellten Regelungen des MinStG 1981 über das Steuerschuldverhältnis und die Selbstbemessung der Mineralölsteuer nicht in Frage stellt, müßte daher in die Rolle eines möglichen Steuerschuldners (durch die Eigenschaft eines Erzeugungsbetriebes oder des Inhabers einer Freilagerbewilligung) gelangen, um steuerfrei (§ 7 Z 1, § 8 Abs. 3 MinStG) hereingenommenes Gasöl, nach durchgeführter Kennzeichnung und Abgabe an die Kunden, anzumelden und die Steuer mit dem begünstigten Satz zu berechnen. Der sodann von der Abgabenbehörde zu erlassende Abgabenbescheid, der die Steuer mangels Vorliegens der Begünstigungsvoraussetzung nach § 3 Abs. 1 dritter Satz Gasöl-StBG mit dem vollen Satz bemessen würde, könnte letzten Endes vor dem Verfassungsgerichtshof mit der Behauptung der Rechtsverletzung wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes bekämpft werden (Art. 144 Abs. 1 erster Satz B-VG).

Die Beschreitung dieses Rechtsweges erscheint

- jedenfalls - nicht schon deswegen als unzumutbar, weil die Kennzeichnung des Gasöls durch einen anderen als durch den im § 3 Abs. 1 dritter Satz Gasöl-StBG definierten qualifizierten Erzeugungsbetrieb gegen strafrechtliche Normen verstieße. Ein solches Verhalten stellt nämlich seit der Gasöl-StBG-Novelle BGBl. Nr. 142/1976 keinen Verwaltungsstraftatbestand mehr dar. Die Kennzeichnung von Gasöl durch einen nicht dazu Berechtigten ist durch die Strafbestimmungen des Gesetzes (§ 6 leg. cit.) nicht mehr sanktioniert. Solcherart gekennzeichnetes Gasöl ist lediglich von der Begünstigung nach § 1 Gasöl-StBG ausgeschlossen. In den Erläuterungen zur zitierten Novelle, 81 BlgNR 14. GP, 3, heißt es dazu:

"Der bisherige Abs. 2 ist in den Abs. 1 eingebaut. Hiebei wurde durch eine sprachliche Verbesserung ("Die Kennzeichnung

muß ... vorgenommen werden" statt "Die Kennzeichnung darf

nur .... vorgenommen werden") klargestellt, daß die

Kennzeichnung in einem Erzeugungsbetrieb der angeführten Art zu den Voraussetzungen für den Eintritt der im § 1 vorgesehenen Steuerermäßigung gehört, sodaß auch auf die bisherige Strafandrohung verzichtet werden kann (siehe § 6 Abs. 2, wonach vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen § 3 Abs. 2 und 3 Finanzordnungswidrigkeiten sind)."

Der Verwaltungsgerichtshof ist allerdings der Auffassung, daß die Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges aus einem anderen Grund einen solchen wirtschaftlichen und organisatorischen Aufwand voraussetzt, daß ein Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides nicht verneint werden kann. Der Gerichtshof ist nämlich der Meinung, daß sowohl die Schaffung der Voraussetzungen für die Qualifikation als Erzeugungsbetrieb im Sinne des § 16 MinStG 1981 (vgl. darüberhinaus auch den im Beschwerdefall noch nicht anzuwendenden § 16a MinStG 1991 in der Fassung BGBl. Nr. 695/1991) als auch jener für die Erlangung einer Freilagerbewilligung nach § 20 Abs. 1 leg. cit. einen so erheblichen wirtschaftlichen und organisatorischen, im Fall des Nichterreichens des Prozeßzieles frustrierten Aufwand sowie eine solche zeitliche Dauer beanspruchen, daß von einem zumutbaren Rechtsweg, der die Erlassung eines Feststellungsbescheides als eines notwendigen, subsidiären Mittels der Rechtsverteidigung ausschlösse, nicht gesprochen werden kann.

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen betreffend den Inhalt des Vorhabens der in diesem Geschäftszweig bereits tätigen beschwerdeführenden Partei und vor dem Hintergrund ihres Bemühens um die Erlangung der Voraussetzungen für die Qualifikation als Erzeugungsbetrieb (vgl. hiezu das mit Erkenntnis vom 28. Jänner 1992, Zl. 91/04/0125, beendete Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof) und die Erteilung einer Freilagerbewilligung kann dem Feststellungsbegehren auch nicht ein aktuelles, konkretes Interessse abgesprochen werden. Es ist diesem Begehren mehr als ein nur theoretisches Interesse zuzubilligen.

2.3. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei zu Unrecht kein rechtliches Interesse an der Erlassung des Feststellungsbescheides zugebilligt und dadurch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Der Schriftsatzaufwand war nur im begehrten Ausmaß zuzusprechen. Da die beschwerdeführende Partei das zur Zeit der Beschwerdeeinbringung geltende Aufwandpauschale nicht ausgeschöpft hat, kam auch Art. III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 nicht zur Anwendung.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1990170116.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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