TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/29 93/02/0116

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Veröffentlicht am 29.09.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §47 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 2. April 1993, Zl. UVS-03/16/00625/93, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 11. Jänner 1993 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach der StVO für schuldig befunden und hiefür bestraft. Die dagegen von ihm erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. April 1993 als verspätet zurückgewiesen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das erwähnte Straferkenntnis sei nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 18. Jänner 1993 beim Postamt hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten worden. Die Berufung sei jedoch erst am 10. Februar 1993 zur Post gegeben worden. Nachdem dem Beschwerdeführer die verspätete Einbringung der Berufung vorgehalten worden sei, habe er nach entsprechender telefonischer Ankündigung ein mit 18. März 1993 datiertes Schreiben mit folgendem Wortlaut eingebracht:

"Da ich mich in der Zeit vom 2. bis 10. Jänner 1993 in der Schweiz und anschließend vom 12. Jänner bis einschließlich 4. Februar 1993 in Deutschland aufhielt, konnte ich erst am 8. Februar 1993 das für mich beim Postamt W hinterlegte Schriftstück abholen. Für meine Abwesenheit steht Ihnen Frau C als Zeuge zur Verfügung."

Dieses Schreiben des Beschwerdeführers - so die belangte Behörde weiter - lasse eine Überprüfung der dort gemachten Angaben auf ihre Richtigkeit nicht zu; weder teile der Beschwerdeführer mit, wo er in der Schweiz, noch wo er in Deutschland gewohnt habe, auch die Einvernahme der erwähnten Zeugin sei nicht möglich, da der Beschwerdeführer ihre Adresse nicht bekanntgegeben habe. Da es aber seine Aufgabe sei, seine Ortsabwesenheit initiativ darzulegen, sei die Behörde nicht gehalten gewesen, ihm neuerlich dazu Gelegenheit zu geben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Wohl kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa den Beschluß vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/02/0158) mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden. Vielmehr hat jemand, der Zustellmängel behauptet, diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einen vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zlen. 92/02/0021, 0022). Anders als in dem dem soeben zitierten hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992 zugrundeliegenden Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer durch die namentliche Nennung einer Zeugin im erwähnten Schreiben vom 18. März 1993 für seine Ortsabwesenheit ein entsprechendes Beweisanbot gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag zwar die in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vertretene Ansicht, aus dem Wortlaut dieses Schreibens lasse sich entnehmen, daß die erwähnte Person unter der Adresse des Beschwerdeführers wohnhaft sei, nicht zu teilen. Damit ist für die belangte Behörde allerdings nichts gewonnen, wäre es ihr doch oblegen, zur Bekanntgabe der Anschrift dieser Zeugin an den Beschwerdeführer heranzutreten und ihm Gelegenheit zu bieten, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht die Adresse der Behörde mitzuteilen (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 12. November 1992, Zl. 92/18/0208). Im Falle der Beschwerdeführer dieser Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen wäre, wäre die belangte Behörde berechtigt gewesen, ohne weitere Ermittlungsschritte die Berufung als verspätet zurückzuweisen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Stempelgebühren war abzuweisen, da neben der Vorlage des angefochtenen Bescheides (in einfacher Ausfertigung) der Anschluß weiterer Beilagen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Zeugenbeweis Beweismittel Urkunden Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Beweismittel Zeugenbeweis Ablehnung eines Beweismittels

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993020116.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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