TE Vwgh Erkenntnis 1993/10/29 92/01/0955

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Veröffentlicht am 29.10.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 1992, Zl. 4.284.088/2-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger "der früheren SFRJ", reiste am 15. Oktober 1989 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 16. Oktober 1989, ihm Asyl zu gewähren.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 18. Oktober 1989 gab er an, im März 1989 habe er als Mitglied einer Gruppe von fünf Personen an einer Demonstration für eine freie Republik Kosovo teilgenommen. Sie hätten Parolen an die Wände geschrieben und Transparente an öffentlichen Gebäuden angebracht. Vier Personen dieser Gruppe seien von der Miliz festgenommen worden, er selbst sei einer Verhaftung entgangen. Von seinen Eltern habe er erfahren, daß aber auch er von der Miliz gesucht würde. Er sei nie Parteimitglied gewesen. Ein weiterer Grund für seine Ausreise sei die schlechte wirtschaftliche Lage in seinem Heimatland gewesen; man bekomme keine Arbeit und auch nichts zu kaufen.

Mit Bescheid vom 6. Februar 1990 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark fest, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Artikels 1 Abschnitt A, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 unter Bedachtnahme auf das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/74, nicht erfülle.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er ausführte, er habe seine Heimat aus politischen und religiösen Gründen verlassen und wegen der Schikanen, die er bereits habe erleiden müssen; aus Angst vor weiterer Verfolgung könne er in seine Heimat nicht mehr zurückkehren.

In dem daraufhin von der belangten Behörde durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahren führte der Beschwerdeführer bei seiner am 14. Februar 1991 erfolgten neuerlichen Einvernahme an, wegen einer Demonstrationsteilnahme am 23. März 1989 sei gegen ihn in seinen Heimatstaat bis dato kein Strafverfahren eingeleitet worden, während seiner Abwesenheit sei kein Urteil gegen ihn ergangen. Wegen solcher politischer Delikte werde man in seinem Heimatstaat von der Polizei eingesperrt und erst danach werde ein Strafverfahren eingeleitet. Aus diesem Grunde könne er auch keine Unterlagen über ein eingeleitetes Strafverfahren beibringen. Es habe aber bei ihm zu Hause eine durch die Polizei vorgenommene Hausdurchsuchung stattgefunden, bei der nach illegalen Dokumenten (Flugblätter, Stempel etc.) gesucht worden sei.

Anläßlich einer weiteren Vernehmung am 6. Dezember 1991 ergänzte der Beschwerdeführer, er habe seinen Heimatstaat im Jahre 1989 aus politischen Gründen verlassen. Es sei nicht richtig, daß wirtschaftliche Gründe für das Verlassen seiner Heimat ausschlaggebend gewesen seien. Er sei in der Zeit von 1978 bis 1989 Vertragsspieler bei den Fußballvereinen X, Y und Z in M gewesen und habe zuletzt monatlich 1 Million alte Dinar bezahlt bekommen. Die Demonstrationen zwischen 23. und 25. März 1989 seien nicht genehmigt gewesen, weshalb die Polizei Festnahmen durchgeführt habe. Er sei von der Polizei nicht erwischt worden, habe aber von seinem Bruder erfahren, daß die Polizei nach der Demonstration auch ihn gesucht hätte. Aus diesem Grunde habe er angenommen, daß auch er mit der Festnahme habe rechnen müssen. Die in der Berufung angeführten religiösen Gründe hätten seinen moslemischen Glauben betroffen. Die Stadtverwaltung von Skopje (Mazedonien), wo er wohnhaft gewesen sei, habe für die Moslems bzw. ihre Probleme nichts übrig gehabt. Als er sich bei der Stadtverwaltung einmal wegen der Diskriminierung der Moslems beschwert habe, sei ihm mitgeteilt worden, er solle verschwinden, Moslems hätten in Mazedonien nichts verloren. Die in seiner Berufung gegen den negativen Asylbescheid angeführten Schikanen habe es nicht gegeben. Der Freund, der die Berufung geschrieben habe, dürfte dieses mißverstanden haben. An den Demonstrationen zwischen 23. und 25. März 1989 hätten jeweils 3.000 bis 5.000 Personen teilgenommen. Er selbst habe jeden Tag Transparente getragen, auf denen "Kosovo Republik" gestanden sei, er habe auch solche Parolen mehrmals auf Hauswände geschrieben. Was mit seinen festgenommenen Freunden passiert sei, wisse er nicht, weil er weder einen von ihnen gesehen noch etwas von ihnen gehört habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, daß Österreich ihm kein Asyl gewähre. Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer sei eine Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht aufgrund seiner relativierten, zum Teil widersprechenden Aussagen nicht gelungen. Auch das Vorbringen, aufgrund der Teilnahme an einer verbotenen Demonstration von Festnahme bedroht zu sein, sei nicht geeignet, zur Asylgewährung zu führen, da es sich einerseits um eine rein subjektiv empfundene Furcht handle, die durch keine Beweise objektiviert worden sei, andererseits "Beschränkungen des Versammlungsrechtes oder der Abhaltung von Demonstrationen sowie das Verteilen von Flugblättern und das Schreiben von Parolen keinen im Asylgesetz genannten Grund darstellen, den Bewohnern jenes Landes deshalb die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen". Solche Beschränkungen träfen alle Bewohner im gleichen Ausmaß. Polizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Teilnahme an verbotenen Demonstrationen erwiesen sich nicht als Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetzes. Auch Hausdurchsuchungen durch die Behörde, die keine weiteren Konsequenzen nach sich gezogen hätten, ließen nicht die Annahme zu, daß gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des Asylgesetzes zu befürchten wären. Die schlechte wirtschaftliche Lage im Heimatland des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, die Flüchtlingseigenschaft zu indizieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, Beschränkungen des Versammlungs- und Demonstrationsrechtes wie auch die Festnahme oder Anhaltung von Teilnehmern an verbotenen Demonstrationen könnten nicht als Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetz 1991 gewertet werden, sodaß auch die dem Beschwerdeführer aus der Teilnahme an Demonstrationen allenfalls erwachsenden Konsequenzen nicht als Verfolgung qualifiziert werden könnten. Mit dieser Rechtsansicht befindet sich die belangte Behörde im Einklang mit der ständigen hg. Judikatur, derzufolge aus der Teilnahme an einer verbotenen Demonstration und der im Anschluß daran erfolgenden Festnahme und Anhaltung für sich allein Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention nicht abgeleitet werden kann (vgl. für viele andere z.B. die hg. Erkenntnisse vom 23. September 1992, Zl. 92/01/0102 und vom 17. Juni 1993, Zl. 93/01/0348, 0349). Daß der Beschwerdeführer aber über eine kurzfristige Anhaltung und Befragung hinausgehende Sanktionen wegen seiner Teilnahme an Demonstrationen zu gewärtigen hätte, hat er aber nicht vorgebracht.

Darüber hinaus ist der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegenzutreten, wenn sie die vom Beschwerdeführer anläßlich seiner Vernehmung am 6. Dezember 1991 dargestellten Schwierigkeiten der moslemischen Bevölkerung in Skopje nicht als Umstand gewertet hat, der für sich allein auf eine konkrete, gegen den Beschwerdeführer selbst gerichtete Verfolgung schließen ließe (vgl. u.a. auch hg. Erkenntnis vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0167), zumal der Beschwerdeführer den in der Berufung verwendeten Ausdruck der "Schikane" selbst als Mißverständnis relativiert.

Auch der Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 1989, Zl. 88/01/0192, kann zu keinem anderen Ergebnis führen, da dieses Erkenntnis auf einem gänzlich anders gelagerten Sachverhalt (der dortige Beschwerdeführer war nach Teilnahme an einer verbotenen Demonstration von der Miliz festgenommen, verhört und geschlagen sowie in der Folge durch immer wiederkehrende Vorladungen und Verhöre schikaniert worden, wobei er eine Vorladung vor das zuständige Organ für innere Anlegenheiten seines damaligen Heimatstaates vorgelegt hat, wonach ihm "die Freiheit entzogen werden sollte") beruht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992010955.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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