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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Juli 1993, Zl. 4.325.197/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, der am 16. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 31. Oktober 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 6. Juli 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 24. Oktober 1991 angegeben, er sei gläubiger Christ und habe in seinem Heimatland keiner politischen Partei oder Organisation angehört. Er sei nicht politisch verfolgt worden und habe seine Religion frei ausüben können. Am 2. Oktober 1991 habe er sich in Benin City in der Kirche zum Beten aufgehalten, als plötzlich Moslems in die Kirche eingedrungen seien, die Gläubigen verprügelt und die Kirche zerstört hätten. Der Beschwerdeführer und seine Glaubensbrüder hätten versucht die Aggressoren zu hindern, was zu einer Schlägerei geführt habe, bei der die Polizei eingegriffen und alle verhaftet habe. Der Beschwerdeführer sei bis 8. Oktober 1991 im Polizeigefängnis gewesen. Während der Haft habe der Pastor der Kirche des Beschwerdeführers für ihn - vermutlich gegen Schmiergeld - einen Reispaß und ein Visum für Ungarn besorgt. Ein bestochener Gefängniswärter habe dem Beschwerdeführer das Entkommen ermöglicht. Der Beschwerdeführer könne nicht in sein Heimatland zurück, weil er dort sofort wieder in Haft genommen würde.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer sein erstinstanzliches Vorbringen bekräftigt und ergänzend geltend gemacht, es sei ihm unverständlich, weshalb unter Punkt 17 der Niederschrift (über seine Einvernahme vor der Behörde erster Instanz) festgehalten worden sei, er habe seine Religion frei ausüben können, wenn doch sicherlich auch in Österreich bereits bekannt sei, daß in Nigeria Kämpfe zwischen Moslems und Christen stattgefunden hätten. Auch Regierungsmitglieder seien Moslems und es sei absehbar, daß die Christen auch in Zukunft bekämpft würden.
Die belangte Behörde hat der Berufung des Beschwerdeführers zunächst deshalb keine Folge gegeben, weil aus der auf Mißstände zwischen den beiden Religionsgemeinschaften zurückzuführenden Schlägerei und dem Einsatz der Polizei in diesem Zusammenhang konkrete, gegen den Beschwerdeführer gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende oder von diesen geduldete Verfolgung aus den in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründen nicht abgeleitet werden könne. Vielmehr sei die Verhaftung des Beschwerdeführers darauf zurückzuführen, daß er im Verdacht gestanden sei, an den Ausschreitungen in strafreschtlich relevanter Form beteiligt gewesen zu sein. Dieser Argumentation der belangten Behörde ist beizupflichten, weil die Teilnahme des Beschwerdeführers an der Schlägerei durchaus der allgemeinen Kriminalität zugerechnet werden könnte, und diese Teilnahme nicht in einem derartigen Naheverhältnis zu einer politischen Tätigkeit oder politischen Meinung bzw. religiösen Gesinnung steht, welches es rechtfertigen würde, die wegen dieser Taten drohende Strafverfolgung als Verfolgung wegen politischer oder religiöser Gesinnung (oder aus einem der anderen in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 angeführten Gründe) anzusehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0086). Der Beschwerdeführer wäre daher - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - gehalten gewesen, sich dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der von ihm gar nicht bestrittenen Teilnahme an der Schlägerei in einem ordentlichen Gerichtsverfahren zu stellen.
Die belangte Behörde hat dem Berufungsvorbringen, mit dem der Beschwerdeführer seine protokollierte Aussage über die bestandene Möglichkeit, seine Religion frei auszuüben, in Zweifel gezogen hat, entgegengehalten, daß infolge der Beiziehung eines Dolmetschers Mißverständnisse auszuschließen seien, und daß der Beschwerdeführer, nachdem ihm die Niederschrift in englischer Sprache vorgelesen worden sei, keine Einwände dagegen erhoben, sondern mit seiner eigenhändigen Unterschrift bestätigt habe, daß er die Niederschrift verstanden und nichts hinzuzufügen habe. In der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht vor, seine protokollierte Äußerung sei dahin zu verstehen, daß er damit habe zum Ausdruck bringen wollen, die Ausübung der christlichen Religion sei nicht per Gesetz verboten und es gäbe auch keine Repressalien von staatlichen Stellen, daß aber die staatlichen Behörden bei Übergriffen der Moslems gegenüber den Christen oftmals bewußt wegschauten. Mit dieser Argumentation, die die inhaltliche Richtigkeit der protokollierten Äußerung bestätigt, gelingt es dem Beschwerdeführer nicht darzutun, er hätte bereits im Verwaltungsverfahren behauptet, die Übergriffe der Moslems seien infolge ihrer Duldung den staatlichen Stellen zuzurechnen. Vielmehr konnte die belangte Behörde auf Grund der Aussagen des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren, dessen Ergebnis sie gemäß § 20 Abs. 1 VwGG ihrer Entscheidung zugrunde zu legen hatte, davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer staatliche oder dem Staat zurechenbare Verfolgung nicht geltend gemacht hat.
Soweit der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde vorbringt, Schlägereien der von ihm dargestellten Art würden als Vorwand genommen und er habe kein faires Verfahren zu erwarten, unterliegt er mit diesen Behauptungen dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, weshalb darauf nicht weiter einzugehen war.
Der Beschwerdeführer verkennt auch die Grundsätze des Verfahrens über Bescheidbeschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn er beantragt, in Stattgebung seiner Beschwerde inhaltlich über seinen Antrag auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft zu entscheiden. Dieses auf die nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Bescheiden von Verwaltungsbehörden beschränkte Verfahren läßt eine Entscheidung in der Sache selbst nicht zu.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993011046.X00Im RIS seit
20.11.2000