TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/15 93/03/0256

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Veröffentlicht am 15.12.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
92 Luftverkehr;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
LuftfahrtG 1958 §82 Abs3;
LuftfahrtG 1958 §83;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerden von 16 Beschwerdeführern, sämtliche vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Landesverteidigung vom 16. September 1993,

Zlen. 13.040/182-193, 198-200, 203-1.6/93, betreffend Einwendungen gegen die Erweiterung des Militärflugplatzes Zeltweg, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhalt mit dem Inhalt des von den Beschwerdeführern vorgelegten Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit den angefochtenen Bescheiden wies der Bundesminister für Landesverteidigung die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen gegen die beabsichtigte Erweiterung des Militärflugplatzes Zeltweg nach Westen im Gesamtausmaß von ca. 338.222 m2 zur Verlängerung des dortigen Pistenbaukörpers auf eine Länge von 2.750 m unter Anwendung der §§ 82 und 83 LFG ab. In der Begründung legte der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges und des wesentlichen Inhaltes der im Zuge des Verfahrens eingeholten Sachverständigengutachten dar, daß die in Rede stehende Erweiterung des gegenständlichen Militärflugplatzes für die Beschwerdeführer keine unbillige Härte mit sich bringe. Abgesehen davon sei gemäß § 82 Abs. 3 letzter Satz LFG die Erweiterung des gegenständlichen Militärflugplatzes auf jeden Fall zulässig, weil im Interesse der Landesverteidigung darauf nicht verzichtet werden könne. Die belangte Behörde führt hiezu im wesentlichen aus, daß - unter Bedachtnahme auf die gesamtösterreichischen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der militärgeographisch günstigen Lage des gegenständlichen Flugplatzes - die in Rede stehende Pistenverlängerung dieses Flugplatzes zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Bundesheeres auf dem Gebiete der Luftraumüberwachung und -verteidigung notwendig sei. Damit sei auch der in § 82 Abs. 3 letzter Satz LFG normierte Tatbestand erfüllt.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag (im Beschwerdeantrag wird wohl ausgeführt "den angefochtenen Bescheid" aufzuheben, aus dem Gesamtzusammenhalt der Beschwerde ist jedoch einwandfrei erkennbar, daß sich der Antrag auf sämtliche angefochtene Bescheide bezieht), die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer stützen sich primär darauf, daß in zahlreichen Sachverständigengutachten unmißverständlich klargelegt worden sei, daß die Lärmimmissionen durch die Start- und Landemanöver auf der Piste des gegenständlichen Militärflugplatzes nicht nur unzumutbar seien, sondern eine Gesundheitsbeeinträchtigung darstellten. Die belangte Behörde habe es - trotz langer Verfahrensdauer - unterlassen, zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes andere als bereits im Mai 1989 vorliegende Gutachten heranzuziehen. Weder aus der Bescheidbegründung noch aus den dem Bescheid zugrundeliegenden Gutachten sei in eindeutiger Weise ersichtlich, ob und inwieweit sich die von der belangten Behörde gewürdigten Veränderungen durch die "Erweiterung eines Militärflugplatzes" auf eine konkrete Verlängerung um 300 oder um 1100 m bezögen. Die Beschwerdeführer seien aufgefordert worden, sich zu einer Erweiterung des Militärflugplatzes durch Verlängerung der dortigen Start- und Landebahn (Piste) von derzeit 2450 m auf eine Gesamtlänge von 2750 m nach Westen zu äußern, durch die Aufnahme einer Erweiterung im Gesamtausmaß von ca. 338.222 m2 im Bescheid sei der Gegenstand verändert und seien die Beschwerdeführer nicht hiezu gehört worden. Die belangte Behörde habe den Behauptungen der Beschwerdeführer, die gegenständliche Maßnahme stelle für sie eine unbillige Härte dar, nicht hinreichend Bedeutung beigemessen. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, über die möglichen Auswirkungen eines Flugbetriebes mit SAAB 35 OE "Draken" hinaus auch die Auswirkungen eines Flugbetriebes mit anderen Militärflugzeugen auf dem erweiterten Militärflugplatz zu prüfen, die belangte Behörde hätte alle möglichen Konsequenzen der beabsichtigten Erweiterung prüfen müssen. Hätte die belangte Behörde konkrete Messungen der Lärm- und Luftschadstoffimmissionen durchgeführt, wäre hervorgekommen, daß diese für die Beschwerdeführer eine unbillige Härte darstellen. Die Beschwerdeführer bekämpfen ferner die Unverzichtbarkeit der Flugplatzerweiterung im Interesse der Landesverteidigung; schon im Hinblick auf den "derartig tiefen Eingriff in Nachbarrechte" hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob nicht eine andere Alternative in Österreich zur Verfügung stehe und nicht andere Flugplätze in Österreich bei geringerer Belastung der dort Ansässigen die verlangte Aufgabe ebenso hätten erfüllen können. Die belangte Behörde habe nicht hinreichend dargestellt, inwieweit die Lage in einem "radar-sichttoten" Raum relevant wäre, auch der Hinweis auf eine "Luftstraßenfreiheit" begründe nicht, daß die Erweiterung des Flugplatzes für die Wahrnehmung der Aufgaben unverzichtbar sei. Darüber hinaus sei das Parteiengehör der Beschwerdeführer verletzt worden, weil ihnen nur ungenügend Zeitraum für die Stellungnahme zu einem übermittelten Konvolut von Unterlagen und Sachverständigengutachten eingeräumt worden sei, um auf gleicher fachlicher und sachlicher Ebene entgegentreten zu können.

Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide darzutun.

Gemäß § 82 Abs. 3 LFG ist die Errichtung oder Erweiterung eines Militärflugplatzes unzulässig, wenn sie für Personen eine unbillige Härte darstellen würde, die an den um den geplanten Flugplatz im Bereich der vorgesehenen Sicherheitszonen gelegenen Liegenschaften dingliche Rechte oder Leitungsrechte im Sinne der elektrizitätsrechtlichen Vorschriften besitzen. Die Errichtung oder Erweiterung eines Militärflugplatzes ist auf jeden Fall zulässig, wenn im Interesse der Landesverteidigung darauf nicht verzichtet werden kann.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, Zl. 91/03/0179, ausgesprochen hat, ist die Rechtsansicht der belangten Behörde, auf die gegenständliche Erweiterung des Militärflugplatzes könne im Interesse der Landesverteidigung nicht verzichtet werden, unbedenklich. Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer vermag eine andere Beurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht herbeizuführen, zumal die belangte Behörde auch in den vorliegenden Bescheiden umfassend und unter Erwägung der Verhältnisse aller in Österreich in Frage kommender Flugplätze dargestellt hat, warum gerade der Militärflugplatz Zeltweg im Unterschied zu den anderen Flugplätzen wegen seiner militärgeographisch günstigeren Lage für die Erfüllung der im einzelnen genannten Aufgaben zum Zwecke der Luftraumverteidigung bzw. -überwachung unter Einschluß der vorliegenden Erweiterung unverzichtbar ist. Die Beschwerdeführer vermögen demgegenüber nichts Stichhältiges vorzutragen; insbesondere der Hinweis der Beschwerdeführer auf die Ereignisse anläßlich des "Golf-Krieges", in welchem vorgeführt worden sei, daß das Argument des "radar-sichttoten" Raumes nicht ziehe, ist verfehlt, weil sie mit den Erfordernissen der militärischen Luftraumverteidigung bzw. Luftraumüberwachung Österreichs nicht verglichen werden können.

Die von den Beschwerdeführern vertretenen Argumente zu der sie - ihrem Vorbringen nach - treffenden unbilligen Härte sind im Hinblick auf die Unverzichtbarkeit der Erweiterung des Militärflugplatzes im Interesse der Landesverteidigung gemäß § 82 Abs. 3 zweiter Satz LFG nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Auch die in der Verfahrensrüge dargestellten Ausführungen lassen eine zu ihrer Aufhebung führende Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide schon deshalb nicht erkennen, weil nach der Bestimmung des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht jeder Verfahrensverstoß zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen kann, sondern nur ein solcher, bei dessen Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Eine weitere Prüfung des Sachverhaltes, ob die Beschwerdeführer nicht doch eine unbillige Härte träfe, war für die belangte Behörde aus den dargestellten Gründen mangels Relevanz nicht mehr vorzunehmen. Insoweit die Beschwerdeführer schließlich die Auffassung vertreten, durch die Beiziehung "entsprechender Sachverständiger" wäre es möglich gewesen, nachzuweisen, daß die militärische Unverzichtbarkeit nicht mehr anzunehmen sei, begehren sie einen unzulässigen Erkundungsbeweis.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne Durchführung der begehrten mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beweiswürdigung Wertung der BeweismittelAblehnung eines Beweismittels

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993030256.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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