TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/16 93/11/0234

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Veröffentlicht am 16.12.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

ARG 1984 §3 Abs2;
ARGV 1984;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. September 1993, Zl. MA 63-H 10/92/Str, betreffend Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und den ihr angeschlossenen Unterlagen in Verbindung mit den hg. Akten Zlen. 92/18/0047 und 93/18/0195, ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer wurde als zur Vertretung einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG schuldig erkannt, es sei § 3 Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes insofern nicht eingehalten worden, als 61 Arbeitnehmer einer Kommanditgesellschaft, deren alleiniger Komplementär die erwähnte Gesellschaft m.b.H. ist, am Samstag, dem 31. März 1990, von 15.00 Uhr bis 16.15 Uhr mit Inventurarbeiten beschäftigt worden sind. Über den Beschwerdeführer wurden deshalb 61 Geldstrafen von je S 1.500,-- (je ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt; ihm wurden Verfahrenskostenbeiträge in der Höhe von insgesamt S 9.150,-- zur Entrichtung vorgeschrieben.

Der Verwaltungsgerichtshof war mit diesem Sachverhalt bereits zweimal befaßt. In seinen Erkenntnissen vom 8. Oktober 1992, Zl. 92/18/0047, und vom 20. Juli 1993, Zl. 93/18/0195, hat er jeweils den lediglich gegen die Strafbemessung gerichteten Beschwerden Folge gegeben und die angefochtenen Strafaussprüche und die entsprechenden Vorschreibungen von Verfahrenskostenbeiträgen aufgehoben.

In seiner wiederum nur gegen die Strafbemessung gerichteten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes dieses Ausspruches und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung dieses Ausspruches.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer führt ins Treffen, daß die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, daß er die Begehung der Verwaltungsübertretungen nie geleugnet habe, sodaß ihm als Milderungsgrund zuzubilligen gewesen wäre, daß er zur Wahrheitsfindung beigetragen habe.

Der Milderungsgrund nach § 34 Z. 17 StGB, auf den sich der Beschwerdeführer offenbar bezieht, liegt nur dann vor, wenn der Täter ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Die Begehung der Verwaltungsübertretungen wurde von Organen des Arbeitsinspektorates bei einer Erhebung in den Betriebsräumlichkeiten zur Tatzeit festgestellt. Das bloße Unterbleiben des Leugnens der Tat kann nicht unter diesen Milderungsgrund fallen. Ein Leugnen des Beschwerdeführers wäre geradezu mutwillig gewesen.

2. Der Beschwerdeführer führt ferner aus, daß das zur Tatzeit strafbare Verhalten in der Folge erlaubt wurde; seit 4. Juni 1993 seien Inventurarbeiten an Samstagen bis 20.00 Uhr nicht mehr strafbar (er bezieht sich dabei auf eine Änderung der Arbeitsruhegesetz-Verordnung BGBl. Nr. 149/1984 durch die Novelle BGBl. Nr. 359/1993).

Der Beschuldigte ist gemäß § 1 Abs. 2 VStG nach den Strafvorschriften zu bestrafen, die zur Zeit der Tat gegolten haben. Eine Ausnahme ist nur für den Fall statuiert, daß die Strafbestimmungen während des erstinstanzlichen Verfahrens zugunsten des Beschuldigten geändert wurden. Daß ein Wegfall der Strafbarkeit im Zuge des Berufungsverfahrens eine Auswirkung auf die Strafbemessung durch die Berufungsbehörde hat, - der Schuldspruch war schon lange vor der Änderung der Rechtslage in Rechtskraft erwachsen - läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen.

3. Daß der Beschwerdeführer die Arbeitnehmer für die inkriminierten Arbeitsleistungen höher entlohnt habe, als es ihnen nunmehr seit dem Wegfall der Strafbarkeit auf Grund eines Kollektivvertrags zustehe, kann ihm ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Der Beschwerdeführer erkennt richtig, daß das geschützte Rechtsgut des Arbeitsruhegesetzes im gegebenen Zusammenhang das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer ist. Die Gefährdung dieses Gutes kann durch die Bezahlung von Arbeitslohn grundsätzlich nicht ausgeglichen werden. Wenn nachträglich der Verordnungsgeber in einer Interessenabwägung die rechtspolitische Entscheidung getroffen hat, bestimmte bis dahin verbotene Beschäftigungen zuzulassen, so kann damit keineswegs die Auffassung gestützt werden, ein solcher Ausgleich werde anerkannt. Daß an sich gesundheitsgefährdende Beschäftigungen durchgeführt werden müssen und diesfalls entsprechend höher entgolten werden, ändert daran nichts.

4. Bei der Prüfung der Strafbemessung durch den Verwaltungsgerichtshof steht jedenfalls im Vordergrund, daß es sich um eine Ermessensentscheidung handelt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher lediglich zu prüfen, ob die Behörde im Sinne des Gesetzes vorgegangen ist. Der Beschwerdeführer hat nichts vorgebracht, was die Bemessung der einzelnen Strafen mit S 1.500,-- bei einem Strafrahmen von 500 bis 30.000 S, also im untersten Bereich, als mit einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit belastet erscheinen ließe.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den - zur hg. Zl. AW 93/11/0079 protokollierten - Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993110234.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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