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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Juni 1993, Zl. 4.319.503/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge, den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 7. November 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 4. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer im Sachverhaltsbereich nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich am 25. Oktober 1991 angegeben, er habe am 2. Juni 1991 mit dem Flugzeug Nigeria verlassen und sei über Sofia nach Belgrad geflogen. Dort hätte er sich zwei Tage aufgehalten und einen amerikanischen Missionar kennengelernt, der sich bereitgefunden habe, ihm bei der Einreise nach Österreich behilflich zu sein. Dieser Missionar habe ihm einen Fremdenpaß gegeben, wobei der Beschwerdeführer keine Ahnung gehabt habe, auf welchen Namen dieser ausgestellt gewesen sei. Nach seiner Ankunft in Österreich habe der Beschwerdeführer diesen Paß wieder an den Missionar zurückgeschickt. Der Beschwerdeführer habe Nigeria aus religiösen Gründen verlassen. Die Moslems würden in seinem Land die Mehrheit bilden und dies stelle eine "äußerst fanatische Situation für Nigeria" dar. Der Beschwerdeführer habe in seinem Heimatort ehrenamtlich als Missionar gearbeitet. Diese Tätigkeit sei für ihn lebensgefährlich gewesen, weil er bei offiziellen religiösen Treffen damit habe rechnen müssen, von fanatischen Moslems getötet zu werden. Da der religiöse Fanatismus in Nigeria immer ärger geworden sei, habe er sich entschlossen, sein Heimatland zu verlassen.
In der gegen den erstinstanzlichen abweislichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, im erstinstanzlichen Bescheid sei keine Beweiswürdigung vorgenommen worden, die in der Niederschrift angeführten Fluchtgründe seien nur unvollständig und zum Teil nicht korrekt wiedergegeben worden. Der Beschwerdeführer stamme aus einer Provinz im Süden Nigerias, wobei in den südlichen Provinzen die christliche Religion weit verbreitet sei. Er sei seit seiner Taufe im Jahr 1982 aktiver Angehöriger der Penticostalkirche. Anfang Februar 1991 sei er von der Kirche als Missionar in den Norden des Landes entsandt worden, wo er den Glauben hätte verbreiten müssen. Solange er im Süden des Landes gelebt habe, hätten sich die Verfolgungsmaßnahmen der Moslems in Grenzen gehalten. Wenn ein Vertreter der Christen zum Zwecke der Christianisierung in den Norden des Landes geschickt worden sei, habe dieser jedoch mit ernsten Repressalien durch die Moslems zu rechnen gehabt. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch dieser Herausforderung gestellt und zusammen mit anderen Männern in B in einem Pfarrhaus gelebt. Die Moslems hätten das Pfarrhaus unter Beschuß genommen und der Beschwerdeführer sei nach zwei Tagen mit anderen nach Lagos geflüchtet. Nach seiner Rückkehr habe er mit den dort ansässigen Moslems Probleme gehabt, weil sich herumgesprochen habe, daß er im Norden Nigerias gepredigt habe. Die Moslems hätten daraufhin die Personen, die im Norden Nigerias gewesen seien, ausforschen wollen. Mitglieder aus der Gemeinschaft des Beschwerdeführers hätten diesen jedoch gewarnt, weshalb er in der Folge aus Furcht nach C gegangen sei, wo er sich bis Mai 1991 aufgehalten habe. Einige Mitglieder der Glaubensgemeinschaft des Beschwerdeführers hätten ihm jedoch mitgeteilt, daß die Moslems noch immer nach ihm und seinen Kollegen suchen würden. Er habe Angst gehabt, auch in C verfolgt zu werden und sich deshalb zur Flucht entschlossen.
Die belangte Behörde hat der Berufung des Beschwerdeführers auf der Grundlage der Ergebnisse seiner niederschriftlichen Einvernahme im erstinstanzlichen Verfahren (§ 20 Abs. 1 AsylG 1991), welches von der belangten Behörde gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 bereits anzuwenden war) deshalb keine Folge gegeben, weil aus den vom Beschwerdeführer beschriebenen Unruhen zwischen Mitgliedern zweier Religionsgemeinschaften nicht abgeleitet habe werden können, daß diese von Verfolgungshandlungen von staatlichen Stellen ausgingen bzw. von diesen geduldet würden und daher eine Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 (übereinstimmend mit Artikel 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) abgeleitet werden könne. Dem kann aber mit Erfolg nicht entgegengetreten werden, zumal der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht hat, er habe vergeblich staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen versucht. Eine offenkundige Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens erster Instanz hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt und ist eine solche auch für Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Daraus ist bereits ersichtlich, daß der belangten Behörde darin zuzustimmen ist, wenn sie vom Vorliegen einer asylrechtlich relevanten Verfolgung im Sinn des § 1 Z. 1 AsylG 1991 deshalb nicht ausgegangen ist, weil die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfolgungshandlungen nicht von staatlichen Stellen seines Heimatlandes ausgegangen und diesem auch deshalb nicht zurechenbar sind, weil der Heimatstaat des Beschwerdeführers nicht willens oder in der Lage gewesen wäre, die Verfolgung durch Andere, z.B. fanatische Moslemgruppierungen, hintanzuhalten. Bei diesem, durch die Angaben des Beschwerdeführers bestimmten Sachverhalt war die belangte Behörde daher entgegen der in der Beschwerde dargelegten Auffassung auch nicht verpflichtet, weitere Ermittlungen über die spezielle Situation der christlichen Minderheit in Nigeria zu pflegen. Die Ausführungen zur Lage im Heimatstaat des Beschwerdeführers in der Beschwerde sind als Neuerungen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu beachten.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich aber auch ein Abspruch des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190933.X00Im RIS seit
20.11.2000