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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1993, Zl. 4.329.762/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1993 wurde ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", der am 27. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am selben Tag einen Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 19. Dezember 1991 hinsichtlich seiner Fluchtgründe angegeben, Sympathisant einer demokratischen Bewegung mit dem Namen "Kopf der albanischen Minderheit im Kosovo" gewesen zu sein und Flugblätter verteilt zu haben. Am 2. Jänner 1990 sei er anläßlich einer Demonstration in P von der Polizei "erwischt" und für drei Monate im Gefängnis in P inhaftiert worden. Eine Anklage habe man gegen ihn nicht erhoben. Er sei aber nach der Entlassung unter ständiger Beobachtung gestanden, und die Polizei habe wiederholt nach ihm zu Hause gesucht. Er habe sich nach seiner Entlassung nicht mehr nach Hause begeben, sondern sei bei Freunden untergekommen. Er sei bis zu seiner Flucht von der Polizei nicht mehr "erwischt" worden, jedoch aus Treue zu den anderen Sympathisanten trotz bestehender Gefahr, doch von der Polizei "erwischt" zu werden, noch so lange in seiner Heimat geblieben. Nachdem er im Juni 1991 geheiratet habe und im August 1991 seine Tochter zur Welt gekommen sei, er aber keinerlei Arbeit habe finden und somit auch seine Familie nicht mehr habe versorgen können, habe er sich zur Flucht nach Österreich entschlossen.
Die belangte Behörde hat nicht zu erkennen gegeben, daß sie im Rahmen ihrer Beweiswürdigung diesen Angaben keinen Glauben schenke, sondern vielmehr auf dieser Sachverhaltsgrundlage ihre rechtliche Beurteilung vorgenommen. Der Umstand, daß sie dabei die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991, wonach der Bundesminister für Inneres seiner Entscheidung über eine zulässige Berufung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen hat, nicht beachtet, sondern sich auch mit dem Berufungsvorbringen auseinandergesetzt und dieses (auf Grund von Widersprüchen zu bzw. Steigerungen gegenüber den erstinstanzlichen Angaben) für unglaubwürdig erachtet hat, stellt keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, hätte sie doch auch bei dessen Vermeidung zu keinem anderen Bescheid kommen können. Die belangte Behörde hätte nur dann auch auf das Berufungsvorbringen - demzufolge dem Beschwerdeführer die Flucht aus dem Gefängnis gelungen und er deshalb sowie wegen seiner Einberufung, der er nicht nachgekommen sei, gesucht werde - Bedacht zu nehmen gehabt, wenn einer der Fälle des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorgelegen wäre, auf Grund dessen eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hat nach abschließender Abgabe der Erklärung, daß er "die vom Dolmetscher übersetzte Vernehmung verstanden" habe, die Niederschrift eigenhändig unterfertigt und keine Einwendungen wegen deren Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit gemäß § 15 AVG erhoben. In der Beschwerde macht er diesbezüglich nur geltend, daß "es häufig so ist, daß die Erstangaben unvollständig und kursorisch sind", "dies vor allem in meinem Fall auf die erhebliche sprachliche Barriere bzw. darauf zurückzuführen ist, daß meine Schilderungen zusammengefaßt vom Dolmetsch übersetzt und protokolliert wurden", und "ich der Tatsache, wie ich das Gefängnis verlassen habe, nicht eine derartige Bedeutung beigemessen habe, sodaß ich die Erstaufnahme trotz unvollständiger bzw. mißverständlicher Formulierungen unterzeichnet habe". Daß insbesondere im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 das (erstinstanzliche) Ermittlungsverfahren offenkundig mangelhaft gewesen wäre, ergibt sich daraus nicht. Dadurch, daß die belangte Behörde das Berufungsvorbringen nicht mitberücksichtigt hat, wurde der Beschwerdeführer daher nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerdeausführungen, die ausschließlich auf die Rüge hinauslaufen, daß die belangte Behörde ihrer Entscheidung (auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung) nicht das Berufungsvorbringen zugrunde gelegt habe, gehen demnach ins Leere.
Unter Zugrundelegung des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens erster Instanz ist aber für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen. Aus der Teilnahme an verbotenen Demonstrationen läßt sich - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründe nicht ableiten, sofern nicht weitere, ins Gewicht fallende Umstände hinzutreten (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 1990, Zl. 90/01/0136, und vom 25. November 1992, Zlen. 92/01/0585, 0586), deren Vorliegen aber der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren nicht dargetan hat. Seine Anhaltung stand - auf dieser Sachverhaltsgrundlage - nicht mehr in zeitlichem Konnex zur Ausreise aus seinem Heimatland, hat doch der Beschwerdeführer eine Begründung dahin unterlassen, weshalb er in der Zwischenzeit eine weitere Verfolgung zu befürchten gehabt und sich nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis versteckt gehalten habe. Der polizeilichen Beobachtung des Beschwerdeführers fehlte die für die Annahme einer relevanten Verfolgung erforderliche Intensität. Dafür, daß der Beschwerdeführer in anderem Zusammenhang gesucht worden sei, bestand kein Anhaltspunkt. Der eigentliche Anlaß für das Verlassen seines Heimatlandes waren auch nicht darauf zurückzuführende Umstände, sondern vielmehr, daß er in der Zwischenzeit eine Familie gegründet hat und diese mangels Arbeitsmöglichkeit nicht versorgen konnte.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993010354.X00Im RIS seit
20.11.2000