TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/14 94/18/0159

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Veröffentlicht am 14.04.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §56;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs2;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §26;
StbG 1985 §10 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 25. November 1993, Zl. III 192-6/93, betreffend Aufhebung eines Aufenhaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 25. November 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Jänner 1993 auf Aufhebung des mit Bescheid vom 3. Februar 1992 erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, seien nicht weggefallen. Die bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes (mit Berufungsbescheid vom 9. März 1992, mit welchem der erstinstanzliche Bescheid vom 3. Februar 1992 bestätigt worden sei) dargelegte Interessenabwägung nach § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz sei auch unter Bedachtnahme auf die seit 1. Jänner 1993 geltenden §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG nach wie vor zutreffend. Der Beschwerdeführer habe keine zwischenzeitliche Änderung in seinen persönlichen Verhältnissen behauptet.

Das vom Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 20 Abs. 2 FrG allein vorgebrachte Argument, er sei im Jahr 1970 in Österreich eingereist, sodaß ihm im Jahr 1980 die österreichische Staatsbürgerschaft hätte verliehen werden können, sei nicht stichhaltig. Der Beschwerdeführer hätte zwar durch seinen ununterbrochenen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet von 1970 bis 1981 die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG erfüllt. Die österreichische Staatsbürgerschaft hätte ihm aber auf Grund seiner Straftaten im Jahr 1976 (versuchter Diebstahl durch Einbruch in einen Kaugummiautomaten) und 1979 (Diebstahl eines Fahrrades) nicht verliehen werden können, weil infolge dieser Straftaten die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht erfüllt sei. Der Beschwerdeführer habe die beiden Straftaten seinerzeit gestanden, er habe daher Gelegenheit gehabt, sich zu rechtfertigen, wenn auch - auf Grund seiner damaligen Strafunmündigkeit - nicht vor Gericht. Wenn die erstinstanzliche Behörde auf Taten, die nach dem Jahr 1980 begangen worden seien, abgestellt habe, sei dies überflüssig bzw. unzulässig gewesen, doch sei für den Beschwerdeführer dadurch aus den genannten Gründen nichts zu gewinnen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 28. Februar 1994, B 8/94-3).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 26 FrG ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

1.2. Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein relevanter Eingriff im Sinne des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und - bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/18/0621, mwN).

2. Der Beschwerdeführer bringt unter anderem vor, er sei im Jahr 1981, also als 15-jähriger, wegen des Verdachtes des Diebstahls festgenommen worden. Über ihn sei gemäß § 3 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Er habe Österreich verlassen und bei seiner Großmutter in Mostar gewohnt. Im Jahr 1987 sei ihm die Einreise gestattet worden. Das Landesgericht Innsbruck habe ihn wegen der Diebstähle im Jahr 1981 nach den §§ 127, 15, 129 Abs. 1 StGB verurteilt, jedoch gemäß § 13 JGG keine Strafe ausgesprochen. Mit Bescheid vom 22. Februar 1988 sei das im Jahr 1981 erlassene Aufenthaltsverbot aufgehoben worden.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 3. Februar 1992 sei neuerlich ein unbefristetes Aufenthaltsverbot über ihn verhängt worden, nachdem er vom Landesgericht Innsbruck am 15. Oktober 1991 wegen teils vollendeten und teils versuchten Diebstahls durch Einbruch zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten (davon 12 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren) verurteilt worden sei.

3. Bereits dieses Vorbringen zeigt, daß § 20 Abs. 2 FrG der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer nicht entgegenstünde, weshalb die Änderung der Rechtslage durch das mit 1. Jänner 1993 in Kraft getretene FrG, insbesondere § 20 Abs. 2 leg. cit., entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zur Aufhebung des Aufenthaltsverbotes führt, und zwar aus folgenden Erwägungen:

3.1. Nach § 20 Abs. 2 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 verliehen hätte werden können, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre auf § 18 Abs. 2 Z. 1 zu gründen, weil der Fremde wegen einer mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung verurteilt worden ist.

3.2. Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde, die bei der Beurteilung, ob dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 StbG hätte verliehen werden können, auf das Jahr 1980 abstellen, übersehen, daß das Aufenthaltsverbot im Jahr 1992 gegen den Beschwerdeführer deshalb erlassen wurde, weil er am 25. Oktober 1991 neuerlich wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt wurde. Die "Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" im Sinne des § 20 Abs. 2 FrG besteht demnach in dieser Verurteilung, weshalb der für die Frage, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StbG gegeben sind, entscheidende Zeitpunkt unmittelbar vor dieser Verurteilung gelegen ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0491, vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0533, und vom 3. März 1994, Zl. 93/18/0633). Vor der Verurteilung vom 25. Oktober 1991 hätte dem Beschwerdeführer aber die österreichische Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 StbG nicht verliehen werden können, weil er damals die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. nicht erfüllt hat, hat er doch nach seinem eigenen Vorbringen von 1981 bis 1987 seinen Wohnsitz in Mostar gehabt.

Die Frage, ob die vom Beschwerdeführer in den Jahren 1976 und 1979 begangenen Taten ein Verleihungshindernis gebildet hätten, wäre nur dann von entscheidender Bedeutung gewesen, wenn es im vorliegenden Verfahren um die Aufhebung des im Jahr 1981 erlassenen Aufenthaltsverbotes gegangen wäre.

4. Der Auffassung der belangten Behörde, daß die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes gemäß den §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG zulässig sei, tritt der Beschwerdeführer nicht mit konkreten Argumenten entgegen. Soweit er der belangten Behörde vorwirft, sie habe keine Interessenabwägung vorgenommen, ist ihm zu erwidern, daß die belangte Behörde ausdrücklich auf die bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes vorgenommene Interessenabwägung Bezug genommen hat. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß sich seine persönlichen und familiären Verhältnisse in der kurzen Zeit seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes in relevanter Weise geändert haben.

5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180159.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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