TE Vfgh Erkenntnis 1991/11/26 B418/91

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Veröffentlicht am 26.11.1991
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
DSt 1872 §2
RAO §10 Abs2

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Berufspflichtenverletzung und Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen durch auftragswidriges Vorgehen zum Nachteil von Klienten in Ausführung von Treuhandaufträgen und als Vertragsverfasser

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird daher abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Dezember 1987, Zl. D 8/84, 82/84 und 226/84, wurde der beschwerdeführende Rechtsanwalt für schuldig befunden, die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes durch nachfolgend angeführte Umstände begangen zu haben: Er habe

"1) ab Juli 1980 als Treuhänder der A Bank und des Dr. R entgegen den von ihm übernommenen Treuhandaufträgen auftragswidrig und zum Nachteil der A Bank und des Dr. R gehandelt, indem er

a) einen Teilbetrag von S 2,5 Mio der von ihm treuhändig zu verwaltenden Beträge statt zu einer Teillöschung eines Pfandrechtes der R hinsichtlich dieses Betrages zu einer Teileinlösung dieses Pfandrechtes durch ihn persönlich verwendete,

b) nicht für genügende grundbücherliche Besicherung der Treugeber gemäß Treuhandauftrag vom 18.7.1980 vorsorgte,

c) durch von ihm verschuldete Verzögerungen in der Abwicklung der grundbücherlichen Durchführung ab Juli 1980 seinen Mandanten Dr. E R und der Dr. E R Ges.m.b.H. Schaden zugefügt, da die bedungene und in der Folge einvernehmlich geänderte Grundbuchordnung erst im September 1983 hergestellt werden konnte, weswegen gegen ihn seitens der A Bank beim Landesgericht für ZRS Wien zu 39 f Cg 192/83 eine Klage auf Rückzahlung von

S 2,650.000,--, von Dr. R beim Handelsgericht Wien zu 10 Cg 35/85 eine Klage auf Zahlung von S 3,164.047,15 und Feststellung aus dem Titel des Schadenersatzes erhoben wurde sowie von der Dr. E R Ges.m.b.H. eine Klage gegen die R reg. Gen.m.b.H. wegen

S 9,361.428,07 s.A. aus dem Titel des Schadenersatzes beim Handelsgericht Wien zu 17 Cg 80/84 erhoben wurde, welchem Verfahren er auf Seiten der beklagten Partei als Nebenintervenient beigetreten ist;

2) mit Schreiben vom 15.11.1981 gegenüber Dr. R die Weitergabe der ihm als Treuhänder zugekommenen Besicherung (Urkunde über Pfandrechtseinlösung) zur Besicherung seiner eigenen Honorarforderung angedroht, nach erfolgter Vollmachtskündigung des Dr. R mit Schreiben vom 15.2.1982 an Notar Dr. B die Freigabe dieser Urkunde von der Bezahlung eines Honorarbetrages von

S 273.690,-- abhängig gemacht, endlich im Juni 1982 der A Bank vorgeschlagen, auf Grund dieser Urkunde seine Honorarforderung im Betrag von S 500.000,-- mehr oder weniger grundbücherlich eintragen zu lassen, wenngleich unter dem Anbot einer Vorrangeinräumungserklärung zugunsten der A Bank;

3)

a) als Vertragsverfasser des Kaufvertrages vom 29. März/8. April 1982 zwischen der Firma B ges.m.b.H.i.L. und G M in Kenntnis des für die Käuferin G M wesentlichen Übergabstermines per 30.6.1982 weder einen solchen Übergabstermin noch Säumnisfolgen als Vertragspunkte in den von ihm errichteten Kaufvertrag aufgenommen, noch die Käuferin darauf hingewiesen, daß die Zuhaltung dieses vom Verkäufer in seiner Gegenwart zugesagten Übergabstermines in Hinblick auf die Insolvenz des zunächst beauftragten Generalunternehmens Fa. B sowie der ihm bekannten finanziellen Schwierigkeit der hienach beauftragten Baufirma F KG zumindest in Zweifel zu ziehen sei, endlich die von ihm übernommene Treuhandfunktion hinsichtlich eines Kaufpreisteilbetrages von

S 200.000,-- nicht genügend umschrieben,

b) G M anläßlich einer Vorsprache am 23.2.1983 zugesagt, aus dem bei ihm von ihr erlegten Treuhanddepot von S 200.000,-- Zahlungen an Professionisten für Ersatzvornahmen der G M zur Fertigstellung des Hauses zu leisten, ohne hiezu durch den zweiten Treuhandauftrag im Zusammenhang mit der Finanzierung der Fertigstellungsarbeiten durch das Bankhaus D oder durch die Zustimmung des Bankhauses D als Treugeber ermächtigt zu sein;

4) als einvernehmlich von der F Ges.m.b.H. und der D ges.m.b.H. bestellter Treuhänder aus den ihm in der Zeit vom 12.11.1981 bis 25.2.1982 zum Erwerb von Liegenschaften zugezählten Darlehen, welche die F Ges.m.b.H. in Höhe von S 26,3 Mio der D ges.m.b.H. gewährte, dem Auftrag entsprechend S 15,922.529,41 zum Erwerb der Liegenschaften in Wien, Klosterneuburg und in Schwechat und zwar für Kaufpreise, Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühr, Notariatskosten und dergleichen verwendet, jedoch auftrags- und widmungswidrig einen Betrag von S 10,377.470,59 teils über Weisung des Liquidators der B ges.m.b.H.i.L. und Geschäftsführers der

D ges.m.b.H., Dipl. Volkswirt F F, teils aus eigenem anderweitig disponiert, ohne hiezu die Ermächtigung der Darlehens- und Treugeberin F Ges.m.b.H. einzuholen, sodaß es weiters geschehen konnte, daß die F Ges.m.b.H. diesen Betrag am 27.9.1985 beim Landesgericht für ZRS Wien zu 8 Cg 245/85 von ihm einklagte."

Der Beschwerdeführer wurde hiefür gemäß §12 Abs1 litc DSt zur Disziplinarstrafe der Einstellung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer von zwei Monaten verurteilt.

Hingegen wurde der Beschwerdeführer von den Anschuldigungen, er habe

"1) die grundbücherliche Besicherung der A Bank hinsichtlich eines Teilbetrages von S 150.000,-- nicht im vereinbarten Rang vorgenommen;

2) ab Dezember 1981 von Dr. R die Bezahlung eines überhöhten Honorars gefordert und keine detaillierten Abrechnungen gelegt;

3) als in der Firmenregistrierungssache 'W ges.m.b.H.'

bevollmächtigter und beauftragter Anwalt trotz Kenntnis des Vorliegens eines negativen Firmenregistrierungsgutachtens am 9.10.1980 einen Kaufvertrag über die EZ 95 KG O errichtet, die nicht registrierungsfähige W ges.m.b.H. als Käufer in den Vertrag aufgenommen und diesen Vertrag von der Darlehensgläubigerin B M beglaubigt unterfertigen lassen, sowie weiters dem Handelsregister Wien am 13.11.1980 wahrheitswidrig die telefonische Mitteilung gemacht, er sei nun im Besitz eines positiven Registrierungsgutachtens;

4) dem Bankhaus D gegenüber mit Fernschreiben vom 21.10.1982 den Baufortschritt und die Auszahlung der offenen Kaufpreisreste an ihn bestätigt, ohne gleichzeitig auf die ihm bereits damals bekannten Schwierigkeiten in der Baufertigstellung hinzuweisen, wodurch die von D erwartete und gewünschte Sicherstellung ihrer Kredite zumindest in Zweifel zu ziehen war,"

freigesprochen.

Den gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen des Beschwerdeführers, des Kammeranwaltes und des Leitenden Oberstaatsanwaltes wurde mit Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) vom 10. Dezember 1990, Zl. Bkd 57/88-19, keine Folge gegeben und dem Beschuldigten die Kosten des Berufungsverfahrens aufgetragen. In den Entscheidungsgründen wird dem für das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren entscheidungswesentlichen Schuldspruch folgender, die Feststellungen des Disziplinarrates zusammenfassender Sachverhalt zugrundegelegt:

Hinsichtlich der Punkte 1 und 2 des Schuldspruches geht die OBDK davon aus, daß

"der Beschuldigte für seinen Klienten, Dr. E R, ab etwa Jänner 1980 bis Ende 1981 tätig und u.a. mit der Verwertung der Liegenschaft EZ 95, KG O, Gerichtsbezirk G, befaßt war. Die A Bank sagte Dr. E R mit Schreiben vom 18.7.1980, mit dem sich der Beschuldigte vollinhaltlich einverstanden erklärte, einen Kredit in der Höhe von S 4,500.000,-- mit einer Laufzeit von maximal 5 Jahren unter der Voraussetzung zu, daß dieser Kredit im Nachrang eines zugunsten der R verbleibenden Pfandrechtes in der Höhe von S 2,350.000,-- durch eine Höchstbetragshypothek in der Höhe von S 5,400.000,-- dergestalt grundbücherlich sicherzustellen ist, daß mit Ausnahme des Pfandrechtes für die R alle anderen Pfandrechte zu löschen sind. Der Beschuldigte hat mit diversen Schreiben vom 21.7.1980 Teilbeträge dieses Kredites abgerufen, mit Schreiben vom gleichen Datum der R die Überweisung eines Betrages von S 2,500.000,-- avisiert, um Übermittlung einer Teillöschungsquittung ersucht und um Kenntnisnahme gebeten, daß er die gegenständliche Zahlung von S 2,5 Mio. unter Forderungseinlösung gem. §1422 ABGB leiste, sich aber vorsichtshalber eine Rückforderung dieses Betrages vorbehalte, falls aus irgendeinem Grund von Verkäuferseite nicht innerhalb eines Monats grundbuchsfähig unterfertigt sein sollte. Die gegenständliche Liegenschaft stand damals im grundbücherlichen Eigentum einer in Konkurs und Liquidation befindlichen Gesellschaft m.b.H., für welche RA Dr. P zum Masseverwalter bestellt war. Der ursprünglich auf den Namen des Kreditnehmers, Dr. R, als Käufer ausgefertigte Kaufvertrag sollte über Veranlassung des Beschuldigten auf die in Gründung befindliche W gesellschaft m.b.H. als Käuferin abgeändert werden und wurde schließlich am 23.12.1980 mit der beim Handelsgericht Wien registrierten Dr. E R GesmbH. am 25. bzw. 26.3.1981 abgeschlossen. Nachdem über Veranlassung des Beschuldigten aufgrund dessen Schreibens vom 21.7.1980 zu Lasten des von der A Bank gewährten Kredites ein Teilbetrag von S 1,308.000,-- als Kaufpreisteilzahlung an den Masseverwalter überwiesen wurde (und zwar zu einem Zeitpunkt, als noch die in Gründung befindliche W gesellschaft m.b.H. als Käuferin vorgesehen war), beauftragte der Beschuldigte mit Schreiben vom 1.4.1981 den Masseverwalter mit der Durchführung der Verbücherung des Kaufvertrages und der Anmerkung einer Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung bezüglich eines Höchstbetrages von S 5,250.000,--, was insofern dem Treuhandauftrag widersprach, als die Vorhypothek der R im Ausmaß der Teilzahlung von S 2,5 Mio. zu löschen gewesen und das Pfandrecht (und nicht bloß eine Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung) im Höchstbetrag von S 5,4 Mio. einzutragen gewesen wäre. Laut einer vom Beschuldigten verfassten Aktennotiz vom 14.8.1981 anerkannten Dr. R und Frau R die Honorarforderung des Beschuldigten im Betrag von S 522.972,52 und erklärten sich damit einverstanden, hiefür eine angemessene Hypothek zu bestellen. Dr. R hat den Inhalt dieser Aktennotiz bestritten. Nachdem das Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschuldigten einerseits und Dr. R und der Dr. R GesmbH. andererseits Ende 1981 aufgelöst wurde, begehrte der Beschuldigte von seinen ehemaligen Mandanten unter Verrechnung eines Guthabens einen restlichen Honorarbetrag von rund S 273.690,-- und erklärte sich bereit, nach Einlangen dieses Betrages die eingelöste Hypothek der R seinerseits freizugeben. Nach Auflösung des Vollmachtsverhältnisses, nämlich mit Schreiben vom 6.4.1982 begehrte der Beschuldigte von der R die Ausstellung einer Übertragungserklärung im eingelösten Umfang bezüglich der von ihm im eigenen Namen eingelösten Hypothekarforderung. Der Beschuldigte erhielt diese mit 13.4.1982 datierte Hypothekar-Übertragungserklärung, doch wurde in der Zwischenzeit von Dr. R eine Rangordnung über einen Höchstbetrag von S 3 Mio. erwirkt. Der Beschuldigte bemühte sich vergeblich um die Ausfolgung dieser Rangordnung und berichtete auch seiner Treugeberin, der A Bank, über diese Bemühungen. Im Zuge der darauffolgenden Korrespondenz begehrte die A Bank die dem Treuhandauftrag entsprechende Herstellung der Grundbuchsordnung, zu der es jedoch schließlich deswegen nicht mehr kam, weil der Kredit der A Bank durch ein anderes Kreditinstitut umgeschuldet und das Konvertierungsdarlehen unter Ausnützung der vorhandenen Rangordnungen pfandrechtlich sichergestellt wurde. Bevor es jedoch im Herbst 1983 zur Umschuldung kam, belief sich die Gesamtschuld des Dr. R auf rd. S 6,180.000,--, sodaß die A Bank zur vergleichsweisen Bereinigung eine offene Zinsforderung von S 1,8 Mio. nachließ. Der bis zur Umschuldung im Herbst 1983 andauernde Schwebezustand führte auch zu einer Reihe von zivilgerichtlichen Verfahren, in welchen u.a. die A Bank vom Beschuldigten die Rückzahlung des Treugutes in der Höhe von S 2,650.000,--, der Beschuldigte von der Dr. R GesmbH. die Bezahlung seines Honorars von ca. S 560.000,--, Dr. R und die Dr. R GmbH. vom Beschuldigten die Bezahlung eines Schadenersatzbetrages sowie Feststellung (Streitwert zusammen S 3,264.000,--), die Dr. R GmbH. von der R die Bezahlung eines Schadenersatzbetrages von rd. S 9,360.000,-- und die A Bank von Dr. R und der Dr. R GesmbH. die Rückzahlung eines Teilbetrages von S 500.000,-- begehrten. In all diesen Verfahren trat jedoch - offenbar bedingt durch die wenngleich mit finanziellen Verlusten verbundene Umschuldung - Ruhen ein; ein Verfahren kam nach dem Ableben von Dr. R zum Stillstand."

Zu Punkt 3 des Schuldspruches hält die OBDK zusammenfassend fest, daß

"dem Beschuldigten als Vertragsverfasser des Kaufvertrages vom 29.3./8.4.1982 betreffend den Kauf eines Reihenhauses auf der Liegenschaft EZ 2039, KG V, um den vereinbarten Fixkaufpreis von S 1,400.000,-- nicht nur der Grundbuchsstand, sondern auch nähere Umstände über den Ablauf des Baugeschehens und der Finanzierung der Baukosten sowie der von der Käuferin als für sie wesentlich bezeichnete Umstand einer Fertigstellung dieses Reihenhauses bis 30.6.1982 bekannt waren. Insbesondere war dem Beschuldigten seit 1979 bekannt, daß in der Durchführung des Projektes Schwierigkeiten aufgetreten waren und bereits zwei Generalunternehmer im Herbst 1981 bzw. im Frühjahr 1982 insolvent wurden. Ebenso war bekannt, daß ein Gläubiger 1979 gegen die Verkäuferin

(B gesellschaft m.b.H.) einen Antrag auf Konkurseröffnung gestellt hatte, welcher aber mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde. Gegen die amtswegig verfügte Löschung dieser Gesellschaft hat der Beschuldigte erfolgreich Rekurs erhoben, worauf am 1.7.1981 Dipl.Vw F zum Liquidator bestellt wurde. Obwohl bei den Kaufvertragsverhandlungen der Liquidator namens der Verkäuferin in Gegenwart des Beschuldigten der Käuferin den Übergabstermin 30.6.1982 zusagte, hat der Beschuldigte die Käuferin weder auf die Fragwürdigkeit dieses Termines hingewiesen, noch diesen zugesagten Termin als Vertragspunkt mit entsprechenden Rechtsfolgen in den Kaufvertrag aufgenommen. Der Beschuldigte übernahm vielmehr die Treuhandschaft für den Kaufpreis, der mit einem Teilbetrag von S 1,200.000,-- bei Vertragsunterfertigung und mit dem Restbetrag von S 200.000,-- 'vor Übergabe' bei ihm erlegt werden sollte, ohne daß er den Treuhandauftrag bezüglich des Kaufpreisteiles von S 200.000,-- in einer vor allem für die Käuferin ausreichenden Form näher umschrieben hätte. Nachdem sich die Fertigstellung des Reihenhauses tatsächlich wesentlich verzögerte, beschaffte der Liquidator der Verkäuferin beim Bankhaus D einen weiteren Kredit, welcher über die D gesmbH. als Kreditnehmerin gewährt und durch den Beschuldigten als Treuhänder abgewickelt wurde. Im Zuge dieser Abwicklung verpflichtete sich der Beschuldigte mit Schreiben vom 8.10.1982 gegenüber dem Bankhaus D, die von der Verkäuferin zedierten Kaufpreisreste, darunter auch den bei ihm bereits im Depot erliegenden Betrag von S 200.000,-- (das ist der restliche Kaufpreis für das von G M gekaufte Reihenhaus B5) bei Eingang bzw. Freiwerden nach Übergabe sofort an das Bankhaus D zu überweisen. Von der Zession ihres Sicherungsdepots wurde G M nicht verständigt, sie erfuhr davon erst anläßlich einer Besprechung mit dem Beschuldigten am 23.2.1983, bei welcher der Beschuldigte laut einer von ihm am 25.2.1983 verfaßten Aktennotiz in Aussicht stellte, aus dem Kaufpreisrestdepot von S 200.000,-- Auszahlungen an Professionisten vorzunehmen, die von G M entsprechend ihrem Kaufvertrag berechtigtermaßen mit Ersatzvornahmen beauftragt wurden. Da es in weiterer Folge zwischen dem Bankhaus D und G M zu einem Streit kam, wem das Depot gehört, hinterlegte der Beschuldigte den Depotbetrag von S 200.000,-- bei Gericht. Das zivilgerichtliche Verfahren zwischen G M und dem Bankhaus D endete mit einem Vergleich, wonach jeder Streitteil die Hälfte des Depots erhielt. G M führte dann die Fertigstellungsarbeiten auf eigene Rechnung zu Ende und bezifferte ihren endgültigen Schaden mit rd. S 376.000,--. Die Einbringlichkeit dieses Betrages erschien wegen Vermögenslosigkeit sowohl der Verkäuferin als auch der D GmbH. sowie des Dipl.Vw. F - zumal dieser eine mehrjährige Haftstrafe zu verbüßen hatte - aussichtslos."

Zu Punkt 4 des Schuldspruches nimmt die OBDK an, daß

"die F Ges.m.b.H. (kurz F) interessiert war, als Generalunternehmer Bauaufträge durchzuführen, wobei geplant war, daß die F der D ges.m.b.H. (kurz D) Darlehen zum Ankauf von Liegenschaften gewährt und damit ihr Interesse am jeweiligen Bauauftrag wahrnimmt. Die Modalitäten wurden für die F von deren Geschäftsführer Dr. H und für die D von deren Geschäftsführer Dipl.Vw. F ausgehandelt. Von der D wurde als Treuhänder für die gesamte Abwicklung der Beschuldigte namhaft gemacht. Die F richtete an die D zu Handen des Beschuldigten drei gleichlautende Schreiben vom 21.10.1981 (betreffend eine Wohnhausanlage in Wien), vom 14.12.1981 (betreffend eine Wohnhausanlage in Schwechat) und vom 22.12.1981 (betreffend eine Wohnhausanlage in Klosterneuburg), mit welchen sie sich zur Gewährung von Darlehen zur Finanzierung der Kaufpreise samt Nebenkosten (Aufschließungsbeiträge, Projektablösen und Erwerbsnebenkosten) bereit erklärte. Bedungen war die bücherliche Sicherstellung auf erstem Rang auf der jeweils kaufgegenständlichen Liegenschaft bis zum Verkauf der zu errichtenden Wohnungen bzw. Eigenheime, wobei der Gesamtkredit jedoch spätestens nach 4-jähriger Laufzeit rückzuführen ist. Nach dem Inhalt der Anbotschreiben sollte - abgesehen von der maximalen Laufzeit des Kredites - die Rückführung des Kapitals und der Zinsen aus den beim Beschuldigten als Treuhänder eingehenden Verkäufserlösen gegen Freigabe der aliquoten Liegenschaftsanteile erfolgen. In den Anbotschreiben wurde ferner festgehalten, daß die D der F zugesagt hat, es werde die Planung dieser Bauvorhaben im Einvernehmen mit der F durchgeführt werden, um die Erstellung eines fertigteilgerechten Projektes sicherzustellen. Sollte der genannte Bauauftrag an ein anderes Bauunternehmen oder nicht an die F als Generalunternehmer vergeben werden, so wird der Kredit unverzüglich fälliggestellt. Die Anbote wurden von der D angenommen und die Kredite an den Beschuldigten als Treuhänder überwiesen. Der Beschuldigte detaillierte mit seinem an die F gerichteten Schreiben vom 3.6.1982 seine Treuhandfunktion und führte aus, daß die Käufer (von Wohnungen oder Eigenheimen) ausschließlich auf sein Treuhandkonto zu zahlen haben, sodaß durch diese Abwicklung die Kreditrückführung in zweifacher Weise gesichert ist: einerseits durch die Kaufpreisentgegennahme ausschließlich durch den Beschuldigten selbst mit seiner Verpflichtung den Käufern und der F gegenüber, aus den Kaufpreisen die aliquoten Rückzahlungen an F zu leisten und andererseits durch hypothekarische Sicherstellung der F, die es mit sich bringt, daß aus jedem einzelnen Kaufvertrag zwingend die entsprechende Lastenfreistellung durch Zahlung an die F vorzunehmen ist, wobei diese Vorgänge die Projektvorfinanzierung und deren Abdeckung aus den in den Kaufpreisen mit normalerweise 30 bis 35 % enthaltenen und bei Vertragsabschluß fälligen Kaufpreisteilen betreffen. Tatsächlich aber hat der Beschuldigte von dem entsprechend den Kreditvereinbarungen von der F zu seinen treuen Handen überwiesenen Betrag von insgesamt S 26,3 Mio., für die drei Projekte entsprechend den Kreditvereinbarungen nur S 15,922.529,41 verwendet, während er über den Restbetrag von S 10,377.470,59 ohne Ermächtigung der F anders disponierte. Diese Dispositionen erfolgten über Weisung des Dipl.Vw. F in dessen Eigenschaft als Liquidator der B ges.m.b.H. und als Geschäftsführer der D bzw. nach eigenem Ermessen des Beschuldigten als Treuhänder und betreffen mit einem Teilbetrag von S 4,423.241,-- das Projekt R, mit einem Teilbetrag von S 5,203.080,-- direkte Zahlungen an Dipl.Vw. F bzw. D, während der verbleibende Restbetrag von S 751.169,59 in der übrigen Fremdgeldgebarung des Beschuldigten aufgegangen ist (S. 58 des Teil-Sachverständigengutachtens Dkfm. Dr. J S, erstattet im Akt 27 e Vr 8482/83 des LG für Strafsachen Wien, wobei sich aus einer Gesamtübersicht dieses Gutachtens, S. 47, ergibt, daß die gesamte Fremdgeldgebarung des Beschuldigten in den Jahren 1980 bis 1983 einen Ausgabenüberschuß per 17.8.1983, dem Datum der Befundaufnahme, von S 1.730,61 ausweist.). Eine von der F gegen Dipl.Vw. F erstattete Strafanzeige führte zu dessen Verurteilung in dem beim LG für Strafsachen Wien zu 27 e (später 12 a) Vr 8482/83 anhängigen Strafverfahren, während das gegen den Beschuldigten geführte Strafverfahren im Frühjahr 1987 mit Einstellung gem. §90 StPO beendet wurde. Die F klagte vom Beschuldigten den Betrag von S 10,377.470,59 beim LG für ZRS Wien zu 8 Cg 245/85 am 27.9.1985 ein; in diesem Verfahren, welches nach Erstattung der Klagebeantwortung unterbrochen und von der F nach Einstellung des Strafverfahrens fortgesetzt wurde, trat am 26.11.1987 Ruhen ein."

Der Sachverhalt war vom Disziplinarrat, dem sich die OBDK anschloß, wie folgt rechtlich gewürdigt worden:

"4.1) Dem gesamten Disziplinarverfahren liegt im wesentlichen das Nichtverständnis des Disziplinarbeschuldigten über die Funktion des Vertragsverfassers und Treuhänders zugrunde. Dies ist der Kern aller drei angelasteter Disziplinarverfahren D 8/84, D 82/84 und D 226/84. Vor dem Eingehen auf die einzelnen Fakten ist daher eine alle gegenständliche Sachverhalte umfassende rechtliche Erörterung vorauszuschicken."

Dies wird sodann im einzelnen getan, wobei auf zahlreiche Stellen in der Literatur hingewiesen und die Rechtsprechung des OGH sowie die Spruchpraxis der OBDK im Detail dargestellt wird. Im Zuge dessen wird unter anderem ausgeführt:

"Zur Frage der Pflichten des Rechtsanwalts als Treuhänder hat weiters die OBDK in ihrer Entscheidung vom 8. März 1982, Anwaltsblatt 1984 Seite 18 unter Nummer 1898 sehr deutlich abgesprochen. Der Rechtsanwalt als Treuhänder - somit als Beauftragter zweier Parteien von mitunter gegensätzlichen Interessen - hat mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, daß keinem der beiden Beteiligten allein aus dem Treuhandvertrag Nachteile erwachsen. Er hat bei Errichtung der Treuhandvereinbarung diese so zu verfassen, daß ihr Inhalt dem Parteienwillen entspricht und er mit der ihm als Treuhänder auferlegten Gewissenhaftigkeit ausreichend dafür Sorge trägt, daß die Sicherung der beiderseitigen Ansprüche gewährleistet ist. Er darf als Treuhänder durch die inhaltliche Fassung des Treuhandvertrages die Vermögensrechte einer der Parteien nicht gefährden. Schon die mögliche differierende Auslegung stellt eine Gefährdung dar. Mißverständliche, möglicherweise auch nur fahrlässig zum Nachteil eines Vertragsteils konzipierte Treuhandvereinbarungen sind vom Treuhänder mit zu verantworten. Ebenso hat die OBDK in ihrer Entscheidung vom 4.5.1987, abgedruckt in Anwaltsblatt 1988, Seite 90 unter Nummer 2780 erkannt und ausgesprochen, daß der Rechtsanwalt, der eine Treuhandfunktion übernommen hat, nicht nur gegenüber der eigenen Partei Pflichten gem. §9 RAO hat, sondern auch gegenüber dem Treugeber. Dieser hat ihm im Sinne von §11 RAO die Ausführung des Treuhandgeschäftes anvertraut. Die Aussagen dieses Erkenntnisses sind für den vorliegenden Fall besonders hervorzuheben, wenn dort ausgeführt wird, daß der Vorwurf darin bestand, einen übernommenen Treuhandauftrag - unabhängig von den sich allenfalls ergebenden oder nicht ergebenden Folgen - nicht erfüllt zu haben. Wenn ein Treuhandauftrag verschiedene Deutungen zuläßt, wird weiter ausgeführt, hätte sich der Beschuldigte zumindest des allseitigen Einverständnisses der Parteien zur Freigabe des Treuhanddepots versichern müssen. Abschließend stellt die OBDK fest, daß Treue und Gewissenhaftigkeit in Geldangelegenheiten zu den Säulen des Vertrauens der rechtsuchenden Bevölkerung in die Rechtsanwaltschaft zählen.

Zu den allgemeinen Ausführungen ein konkretes Beispiel, nämlich der Disziplinarbeschuldigte als Vertragsverfasser in Sachen M: Der Disziplinarbeschuldigte war rechtsfreundlicher Vertreter jener Firma, welche das Reihenhaus verkaufen wollte. Er hat mit der Errichtung des Kaufvertrages aber gleichermaßen ein Mandat der G M übernommen. Er wurde von ihr auch honoriert. Er hatte als Vertragsverfasser die Interessen beider Mandanten gleichmäßig zu erfassen und gleichmäßig zu berücksichtigen. Geht man davon aus, daß kein Vertragsverfasser beauftragt worden wäre, dann wären zwei Rechtsanwälte bestellt gewesen, die jeder die Interessen ihres Mandanten vertreten hätten und sich dann zu einigen gehabt hätten. Der Vertragsverfasser muß dabei immer davon ausgehen, daß jeder der beiden Rechtsanwälte über das gesamte Wissen verfügt, über das auch er verfügt. Führt man sich am Beispiel M ins Bewußtsein, was der Disziplinarbeschuldigte gewußt hat, nämlich daß M einen Fertigstellungstermin 30.6.1982 als wesentlich wünscht, weiters gewußt, daß die von ihm vertretene Firma, seine zweite Mandantin, im Liquidationsstadium ist und nur noch Abwicklungsgeschäfte macht, daß die Baustelle deshalb mit Vorsicht zu beobachten ist, weil bereits eine Firma in ein Insolvenzverfahren getreten ist und die zweite Firma wirtschaftlich unsicher wurde - sie ist ja später ebenfalls in Insolvenz getreten - dann hätte ein alleiniger Vertreter der G M, der all dieses weiß, an den Vertrag andere Anforderungen gestellt, wenn er ihn überhaupt abgeschlossen hätte. Er hätte jedenfalls die Anforderung gestellt, daß der Fertigstellungstermin enthalten ist, daß Konsequenzen - Pönale oder dergleichen oder das Recht der Ersatzvornahme - bei Versäumung des Termines in den Vertrag aufgenommen werden. Sieht man all das, müßte der Disziplinarbeschuldigte doch verstehen, welche Pflichten der Vertragsverfasser hat.

Ähnliches Unverständnis hat der Disziplinarbeschuldigte zu den Pflichten des Rechtsanwaltes als Treuhänder gezeigt. Bei einer Treuhandschaft könnte es so sein, daß jede Partei von einem Anwalt vertreten ist, diese formulieren den Treuhandauftrag. Dann wird der Dritte als Treuhänder wohl nur mehr darauf zu achten haben, daß der Treuhandauftrag vollständig ist und seine Pflichten wiedergibt. Er wird aber nicht die Interessen der einzelnen Vertretenen zu berücksichtigen haben. In den vorliegenden Fällen war es immer wieder so, daß der Disziplinarbeschuldigte gleichzeitig Vertreter eines Vertragsteils war. Er war Vertreter des Bauführers gegenüber M, er war Vertreter des Kreditwerbers gegenüber der A Bank und er war Vertreter des Kreditwerbers gegenüber der F. Ein Anwalt, der als Vertreter seiner Mandantschaft gegenüber dem Vertragspartner Treuhandschaften übernimmt, muß besonders vorsichtig sein und darf sich auch nicht dem Anschein aussetzen, daß die Ausübung seiner Treuhandschaft dermaßen geschieht, daß seinem Mandanten Vorteile zukommen oder den anderen Teilen Nachteile entstehen. Das ergibt sich eben hier insbesondere aus der Doppelfunktion Anwalt eines Vertragspartners und Treuhänder für den anderen Teil des Vertrages zu sein. Wenn hier der Treuhänder den Treuhandvertrag selbst zu formulieren hat, oder er zwar Parteienentwürfe erhält, hat er dennoch darauf zu bestehen, daß in dem Treuhandvertrag seine Treuhandfunktion präzise umschrieben ist. Die Unterlassung, sei sie auch fahrlässig, kann im Einzelfall disziplinär zu ahnden sein.

4.2) Zu I 1) und 2) des Erkenntnisses (D 8/84):

Zunächst ist auf die umfassenden allgemeinen rechtlichen Erörterungen unter 4.1) zu verweisen.

Daß der Disziplinarbeschuldigte als Treuhänder der A Bank und des Dr. R zu deren Nachteil gehandelt hat, ergibt sich nach Ansicht des Disziplinarrates daraus, daß er einen präzisen schriftlichen Treuhandauftrag erhalten hat, in dem die A Bank ihm die Kreditmittel zur Verfügung stellte, damit er eine Teillöschung der Vorhypothek vornehme. Weiters hatte er die A Bank grundbücherlich zu besichern, und aus dem Kredit genau bestimmte Zahlungen zu leisten (I 1) a) des Schuldspruches). Der Disziplinarbeschuldigte hat - dafür wurde er schuldig erkannt - einen Teilbetrag zu einer - wie sich in der Folge herausstellte inhaltlich und nicht nur formal - persönlichen Teileinlösung des Pfandrechtes verwendet. Er war nicht deshalb zu verurteilen, weil die Einlösung ein so schwerwiegender Kunstfehler gewesen wäre, daß dies disziplinär ist, sondern deshalb, weil er damit einem klar ausgesprochenen Treuhandauftrag nicht nachgekommen ist, aber auch nicht in der Folge um Zustimmung beider Mandanten zur Abänderung des Treuhandauftrages angefragt hat. Punkt I 1) b) des Schuldspruches lautet, daß der Disziplinarbeschuldigte nicht für genügende grundbücherliche Besicherung gemäß dem Treuhandauftrag vorgesorgt hat. Wie war die A Bank tatsächlich besichert? Es gab keine Teillöschung, keinen errichteten Kaufvertrag und keine Pfandbestellungsurkunde zu jenem Zeitpunkt, als der Disziplinarbeschuldigte über die Mittel effektiv verfügt hat. Er war gedeckt durch die Überzeugung, die ihm nicht zum Vorwurf gemacht wird, daß Dr. P als Masseverwalter und als Anwalt ordnungsgemäß vorgehen wird. Er konnte diese Überzeugung für das Vorgehen seines Klienten schon nicht mehr haben, er mußte außerdem mit dem Ableben des Klienten rechnen - beim Konkursmasseverwalter wird ein anderer, vielleicht wieder ein Anwalt bestellt - aber bei Dr. R durfte er nicht so sicher sein, wie sich in der Folge auch bewahrheitet hat, denn Dr. R hat dann nicht zugehalten, was seinen ursprünglichen Zusagen entsprochen hätte. Der Disziplinarbeschuldigte hat aber auch nicht Dr. R als Vertragspartner, wie es im Treuhandauftrag steht, installiert, sondern zunächst eine W GmbH, dann eine R GmbH, was nicht nur zu Verzögerungen führte, sondern auch gegen den Treuhandauftrag war. Letztlich hat die A in ihren Darlehensverträgen immer noch Dr. R als Schuldner angesehen und mußte die Sachhaftung der R GmbH in Anspruch nehmen, um im Grundstück gedeckt zu sein. Auch hier liegt ein Verstoß gegen die ausdrückliche Treuhandverpflichtung vor. Der Vorwurf des Einleitungsbeschlusses, daß der Disziplinarbeschuldigte die pfandrechtliche Besicherung der A Bank verspätet vorgenommen hat, ist in dem Schuldspruch I 1) litb enthalten, und konnte daher nicht neuerlich ausgesprochen werden. Daß der Disziplinarbeschuldigte die Besicherung hinsichtlich eines Teilbetrages von S 150.000,-- nicht im vereinbarten Rang vornahm, konnte noch mit Freispruch beurteilt werden. Es liegt zweifellos ein Kunstfehler vor, aber Kunstfehler sind nicht grundsätzlich disziplinär sondern nur, wenn besondere Umstände dafür sprechen. Der Disziplinarbeschuldigte hat sich hier ein entschuldbares Versehen zuschulden kommen lassen, das möglicherweise zivilrechtliche Haftungen hätte begründen können, aber disziplinarrechtlich nicht zu einer Verurteilung führen mußte.

Zu I 1) litc des Schuldspruches, die verschuldeten Verzögerungen hätten Dr. R und der Dr. R GmbH Schaden zugefügt, da die geänderte Grundbuchsordnung erst im September 1983 hergestellt werden konnte: Zweifellos waren R und die R GmbH an dieser verspäteten Grundbuchsherstellung mitschuldig, wenn sie Unterschriften verzögerten. Aber die Verzögerung ist auch vom Disziplinarbeschuldigten mit zu verantworten. Hätte er sofort Dr. R als Darlehensnehmer ins Grundbuch eingetragen, wäre keine Verzögerung eingetreten. Hätte er zumindest die R GmbH prompt eingetragen, wäre eine solche Verzögerung auch nicht entstanden. Der Disziplinarbeschuldigte hat daher die eingetretene Verzögerung mit zu verantworten (vgl. JBl. 1954, 461 und JBl. 1972, 426). Welcher Schaden dadurch entstanden ist, brauchte der Disziplinarrat nicht ziffernmäßig festzustellen, weil ein Zuspruch zivilrechtlicher Forderungen im Disziplinarverfahren nicht stattfindet. Dem Disziplinarrat erscheint es unzweifelhaft, daß durch eine Verzögerung der Grundbuchsordnung durch so lange Zeit eine Erschwernis im Abverkauf von Liegenschaften an Wohnungswerber eintreten mußte. Es trifft sicherlich zu, daß vermehrte Zinsen aufgelaufen sind, wenn die Darlehen durch möglichst frühzeitigen Verkauf von Wohnungen abzustatten waren. Es führte der verspätete Verkauf eben dazu, daß die Darlehen verspätet abgedeckt wurden und damit auch Zinsennachteile entstanden. Weiters erscheint es dem Disziplinarrat unzweifelhaft, daß Verzögerungen in der lastenfreien Übertragung von Liegenschaftsanteilen an Käufer andere Interessenten abhalten können, ihre Kaufabsichten weiter zu verfolgen. Der Disziplinarrat ist daher von einer Schadensverursachung ausgegangen, ohne daß er deren ziffernmäßigen Umfang feststellen mußte, um zu einem Schuldspruch zu gelangen. Aus der nicht ordnungsgemäßen Treuhandabwicklung ergab sich dann noch die für den Disziplinarbeschuldigten, aber auch für die Anwaltschaft als solche, bedauerliche Folge dreier Prozesse beim Landesgericht und Handelsgericht Wien, wodurch dem Ansehen des Standes erheblich geschadet wurde.

Als besonders schwerwiegend hat der Disziplinarrat aber die disziplinäre Verfehlung des Disziplinarbeschuldigten zu I 2) des Schuldspruches erkannt, daß nämlich Dr. R gegenüber die Weitergabe der Besicherung mit Honoraransprüchen zu verquicken versucht wurde (s. Lohsing-Braun, aaO (Österreichisches Anwaltsrecht) 90). Wäre der Disziplinarbeschuldigte mit Teillöschung auftragsgemäß vorgegangen, wäre er gar nicht in diese Situation oder Versuchung gekommen. Welchen Eindruck muß es auf den Treugeber - die Bank - aber auch auf den eigenen Mandanten machen, wenn der Disziplinarbeschuldigte eine Gestaltungsform, die er selbst anstelle der verabredeten gewählt hat, dazu gebraucht und mißbraucht, um eigene Honorarforderungen besichern zu lassen. Die Androhung, die Besicherung zur Belehnung weiterzugeben, auch wenn der Disziplinarbeschuldigte den inneren Vorbehalt gehabt hätte, er werde dies nicht ohne Einverständnis der A tun, diese Androhung dem eigenen Klienten gegenüber ist eine schwere Berufspflichtenverletzung und gefährdet Ehre und Ansehen des Standes sehr entschieden (vgl. RZ 1967, 202 und Anw. 1988, 90). Auch die Forderung, die Urkunde, die ihm treuhändig zugekommen ist, nur gegen Bezahlung des Honorars herauszugeben und auch das Ansinnen an die A, eine Gestaltung zu finden, die die A nicht benachteiligt, aber ihn selbst beim Honorar in eine bessere Situation bringt, kann doch bei einer Bank nicht den Eindruck erwecken, daß die Anwaltschaft als Treuhänder ihre Pflichten vollkommen objektiv und nicht mit einem Seitenblick auf eigene finanzielle Vorteile ausübt. Daher liegt ein besonders schwerwiegendes Verschulden des Disziplinarbeschuldigten vor.

4.3) Zu I 3) a) und b) des Erkenntnisses (D 82/84):

Zunächst ist auf die allgemeinen rechtlichen Erörterungen unter

4.1) zu verweisen.

Dieses Faktum - Vertragsverfasser bei G M - ist hier nicht mehr besonders auszuführen, da dies an Hand des eingangs unter 4.1) erwähnten Beispiels getan wurde. Hätte der Disziplinarbeschuldigte mit seinem tatsächlichen Wissen nur G M vertreten, wäre der Vertrag entweder nicht zustande gekommen, oder unter solchen Auflagen, daß G M bestmöglich geschützt wird. Sie war aber tatsächlich schlechtestmöglich geschützt (vgl. NZ 1973, 120), sie ist die einzige, die nicht wie die anderen Käufer unter dem Schutz der Bausparkassen gestanden ist. Daß der Disziplinarbeschuldigte einen Vermittlungsversuch zwischen den Interessen von G M und dem Bankhaus D vorgenommen hat ist verdienstvoll, wenn auch vielleicht von dem Bemühen bestimmt, sich aus der von ihm selbst zu verantwortenden Benachteiligung der G M zu befreien. Er hat wieder in großzügiger Auslegung seiner Möglichkeiten als Treuhänder mehr zugesagt (Abgeltung von Ersatzvornahmen zu Lasten des Depots von S 200.000,--) als er durfte (vgl. JBl. 1975, 329). Er hat sich in der mündlichen Disziplinarverhandlung dahin verantwortet, nicht er selbst sondern F habe gesagt, daß das Bankhaus seinen Vorschlag gutheißen werde, doch enthält sein Aktenvermerk vom 25.2.1983 keine solche Einschränkungen. G M mußte annehmen, daß ihr jetzt der von ihr honorierte Anwalt wenigstens diese Zusage zuhält. Im Vertrauen darauf hat sie beispielsweise Kosten und Mühen aufgewendet, indem sie Professionistenaufstellungen eingeholt hat. Der Disziplinarbeschuldigte durfte derartige Zusagen aber nicht ohne Zustimmung seines weiteren Treugebers, des Bankhauses D geben. Wenn G M in der Disziplinarverhandlung am 11.12.1987 aussagte, sie habe sich gedacht, der Disziplinarbeschuldigte wird das Bankhaus D fragen, so ändert dies nichts an der vom Disziplinarbeschuldigten geschaffenen Erwartungslage (JBl. 1952, 152 zur Pflicht des Rechtsanwalts, den Sachverhalt klarzustellen und auch dem Geschäftspartner seines Klienten Rechtsbelehrung zu erteilen, insbesondere wenn dieser die Kosten trägt).

...

4.4) Zu I 4) des Erkenntnisses (D 226/84):

Es bleibt sohin die Handhabung gegenüber der F zu beurteilen. Hier hat sich der Disziplinarbeschuldigte dahin verantwortet, seine Treuhandfunktion habe ja nur darin bestanden, oder im wesentlichen darin bestanden, dafür vorzusorgen, daß eingehende Gelder von Wohnungswerbern zur Abstattung der Kredite verwendet werden. Das stimmt keinesfalls. Der Disziplinarrat vermeint vielmehr, daß aus den in den Akten erliegenden Urkunden, insbesondere den drei Kreditverträgen gestützt durch den Zeugen Dr. H, sich der Umfang und Inhalt des Treuhandauftrages (s. auch JBl. 1962, 322) aus dem dem Beauftragten bekannten Zweck des Geschäfts wie folgt ergibt:

Die Kreditverträge beinhalten, daß der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises samt Nebenkosten eines bestimmten Projektes zu dienen hat und die Kreditmittel auf das künftige Bauvorhaben bezogen zu verwenden sind. Diese Zweckbestimmung ergibt sich nach Ansicht des Disziplinarrates schon aus diesen Krediturkunden selbst völlig klar. Sie ergibt sich weiters aus dem Schreiben des Disziplinarbeschuldigten vom 3.6.1982 an die F, in dem eine detaillierte Darstellung der Treuhandfunktion umrissen ist, die nur hinsichtlich der Verwendung der Kreditmittel unpräzise ist. Aber alles spricht auch in diesem Schreiben dafür, daß auch die Kreditmittel zweckgebunden zu verwenden waren, wenn ausgeführt wird, daß die Kreditrückführung zweifach gesichert sei, nämlich einmal durch den Mittelrückfluß durch Wohnungswerber, und einmal durch die hypothekarische Besicherung. Wie konnte eine hypothekarische Besicherung eine volle Kreditsicherung bewirken, wenn die Hypothek in einzelnen Fällen wesentlich höher war als der Kaufpreis samt Nebenkosten, wenn nicht durch Verwendung der Kreditmittel für die bestimmte Liegenschaft, um diese durch Baureife wertvoller zu machen. Es wird dem Disziplinarbeschuldigten nicht zum Vorwurf gemacht, daß er den Begriff Kauf-Nebenkosten nicht präzise umschrieben hat, es wird ihm nicht zum Vorwurf gemacht, daß er die Kaufpreisnebenkosten nicht geprüft hat, aber er war schon nach diesen beiden Urkunden nicht berechtigt, aus dem Kredit Beträge zu verwenden, die nicht auf das Objekt bezogen waren, sondern anderweitig verwendet wurden. Der Disziplinarbeschuldigte hätte in diesem Fall zumindest rückfragen und dazu eine Genehmigung des Treugebers einholen müssen. Wenn Dr. H in der Disziplinarverhandlung am 11.12.1987 ausgesagt hat, daß die F eine Plausibilitätsrechnung aufgestellt hat, daß der Kreditbetrag im Wert der Liegenschaft gedeckt sei, so ist dies eine durchaus kaufmännische Überlegung der F. Dem Disziplinarbeschuldigten als Treuhänder steht eine solche Erwägung weder zu, noch konnte er sie nach- oder vorvollziehen. Der Treuhandauftrag ist endlich auch noch umschrieben durch jenen Brief vom 23.9.1981, in dessen Anlage es ausdrücklich heißt, daß Dr. G als Treuhänder für die ordnungsgemäße Verwendung und Abwicklung garantiert. Nun erklärt der Disziplinarbeschuldigte, er habe dieses Schreiben nicht erhalten. Wäre ihm dieses Schreiben von seinem Klienten vorenthalten worden, so wäre dies eine bewußte Irreführung, gleichsam ein Betrug an ihm. Das Verfahren hat in keiner Weise Verdachtsmomente ergeben, daß sein Klient ihn in irgendeinem der Fälle derart hintergangen hätte. Der Disziplinarrat ist daher im Rahmen seiner Beweiswürdigung zur Ansicht gelangt, daß der Disziplinarbeschuldigte auch die Anlage zum Schreiben erhalten hat. Hätte er sie nicht erhalten, wäre der Treuhandauftrag aus den übrigen beiden erwähnten Urkunden ebenfalls ersichtlich gewesen. Der Disziplinarrat hat darüberhinaus aber auch noch überlegt, daß für den Disziplinarbeschuldigten gar nichts gewonnen wäre, wenn der Disziplinarrat im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht zum Ergebnis gekommen wäre, daß die Treuhandaufträge präzise sind und die objektbezogene Verwendung der Mittel bereits beinhalten. Wäre der Disziplinarrat zu einer anderen Ansicht gekommen, daß nämlich die Treuhandaufträge nicht präzise sind und hinsichtlich der Mittelverwendung nicht genügend abgesprochen wären, dann müßte sich der Disziplinarbeschuldigte den inhaltlich gleich schweren Vorwurf gefallen lassen, daß er nicht für genügende Klarstellung des Treuhandauftrages gesorgt hat, sodaß es geschehen konnte, daß die Mittelverwendung gegen den Willen des Kreditgebers erfolgt ist (vgl. JBl. 1958, 122 S 124 reSp; Lehner NZ 1986, 122 und insb. Anw. 1988, 90).

4.5) Soweit der Spruch des Erkenntnisses mit dem Wortlaut der Einleitungsbeschlüsse nicht vollständig übereinstimmt, hat der Disziplinarrat nur eine präzise Formulierung des den Einleitungsbeschlüssen zugrunde liegenden und in der mündlichen Verhandlung erarbeiteten Sachverhaltes vorgenommen. Mit Freisprüchen war nur dort vorzugehen, wo hinsichtlich eines gesamten Sachverhaltes eine Schuld des Disziplinarbeschuldigten nicht festgestellt werden konnte. Wenn dagegen hinsichtlich eines Tatbestandes, bei dem mit Schuldspruch vorgegangen wurde, ein einzelnes Tatbestandsmerkmal nicht als gegeben angenommen wurde, wurde dies im Schuldspruch dadurch berücksichtigt, daß dieses Tatbestandsmerkmal nicht zum Nachteil des Disziplinarbeschuldigten in den Schuldspruch aufgenommen wurde. So beispielsweise die Tatbestandsmerkmale im Einleitungsbeschluß zu D 8/84 in I) d), daß die Urkunde über die Teileinlösung des Pfandrechtes noch nach Beendigung des Vollmachtsverhältnisses vom Disziplinarbeschuldigten begehrt und entgegengenommen wurde. Der Disziplinarrat hat dies als Konsequenz der unrichtigen Durchführung des Treuhandauftrages erachtet und daher kein zusätzliches Fehlverhalten ersehen, wenn natürlich auch nicht mit einem Freispruch vorgegangen werden konnte, weil es sich eben im Zusammenhang mit der verfehlten Durchführung des Treuhandauftrages insgesamt um ein Fehlverhalten gehandelt hat. Ebenso hat der Disziplinarrat dem Disziplinarbeschuldigten zwar den in Punkt III) dieses Einleitungsbeschlusses umfaßten Sachverhalt angelastet, im Zweifel aber nicht das (weitere) Tatbestandsmerkmal, daß der Honoraranspruch, mit dem der Disziplinarbeschuldigte aufzurechnen versucht hat, auch noch bestritten und nicht anerkannt gewesen sei. Zu den Sachverhalten, die im Schuldspruch unter 3) lita) und b) umfaßt sind, wurde dem Disziplinarbeschuldigten in der Disziplinarverhandlung vom 16.10.1987 vorgehalten, daß der gesamte Sachverhalt einer disziplinären Würdigung zu unterziehen sein wird und wurde der Disziplinarbeschuldigte aufgefordert, sich hiezu zu verantworten, was er auch getan hat."

Ergänzend dazu führt die OBDK zu Punkt 1 und 2 des Schuldspruches aus, daß

"es dem Beschuldigten auf Grund seiner Berufspflichten als Rechtsanwalt verwehrt war, als Treuhänder den klaren und eindeutigen Treuhandauftrag in einer solchen Weise auszulegen und auszuführen, welcher für die Treugeber mit finanziellen Nachteilen verbunden war. Es widerspricht den in §9 Abs1 und §10 Abs2 RAO normierten Berufspflichten, wenn der Rechtsanwalt einen übernommenen Treuhandauftrag entgegen dem klaren Wortlaut desselben ohne ausdrückliche Ermächtigung des Treugebers anders als bedungen ausführt und dabei überdies noch den - im gegenständlichen Fall durchaus nicht unberechtigten - Eindruck erweckt, er habe sich bei der von ihm gewählten Form der Ausführung des Treuhandauftrages nicht nur von den Interessen der Treugeber, sondern auch von seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen leiten lassen. Dazu fällt überdies noch auf, daß sich der Beschuldigte bei seiner gesamten Gestion nahezu wie ein Geschäftsherr in eigenen Angelegenheit und nicht wie ein Bevollmächtigter und Treuhänder fremder Geschäftsherren verhalten hat. So hat der Beschuldigte nicht nur ohne ausdrückliche Ermächtigung seiner Auftraggeber einen Teil des Treugutes statt, wie bedungen, zur Teillöschung einer pfandrechtlich besicherten Forderung zur Teileinlösung dieser Forderung verwendet, sondern auch statt der ausdrücklich bedungenen Einverleibung nur die Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung mit der zumindest ursprünglich erklärten Absicht bewirkt, die vom Treugeber bedungene pfandrechtliche Sicherstellung seiner Forderung gar nicht im gesamten bedungenen Umfang durchzuführen, weil nach der Absicht des Beschuldigten die pfandrechtlich sicherzustellende Schuld unter Verwendung der für die zu erwartenden Abverkäufe einzelner Grundstücksteile eingehenden Kaufpreise hätte verringert werden können, womit auch eine Reduzierung der Eintragungsgebühr verbunden gewesen wäre. Der Beschuldigte hat dabei offenbar übersehen, daß er sich damit in einen Bereich der wirtschaftlichen Gestion begibt, welche ihm als Bevollmächtigtem und Treuhänder nicht zusteht, zumal er die damit verbundenen Risken - wie der Ablauf der Ereignisse ja zeigte - nicht auszuschließen vermochte. Daß dabei der Beschuldigte zum Teil auch von einer unrichtigen Einschätzung der Rechtslage bei der Frage der Einlösung der Vorhypothek ausging, wird noch im Zuge der Begründung dieser Entscheidung über die Strafberufungen ausführlicher dargelegt werden. Insgesamt ist zu diesem Komplex (I., 1.) und 2.) des Schuldspruches) festzuhalten, daß der Beschuldigte den übernommenen Treuhandauftrag, wenngleich ohne die Absicht einer bewußten Schädigung der Treugeber, dergestalt ausführte, daß durch sein fahrlässiges Verhalten den Treugebern ein Schaden entstanden ist, wobei überdies zumindest der Eindruck erweckt wurde, der Beschuldigte habe zumindest versucht, seine eigene Honorarforderung in einer dem Treuhandauftrag nicht entsprechenden Form zu besichern. Dies widerspricht jedoch den in §9 Abs1 und §10 Abs2 RAO normierten Verpflichtungen sowie den gefestigten Standesauffassungen, weshalb der Beschuldigte für dieses Verhalten disziplinär verantwortlich ist."

Die rechtliche Beurteilung zu Punkt 3 des Schuldspruches wird von der OBDK wie folgt ergänzt:

"Der Beschuldigte hat als Vertragserrichter und Treuhänder seine Berufspflichten mehrfach verletzt und dadurch Ehre und Ansehen des Standes beeinträchtigt, weil er trotz Kenntnis der maßgeblichen Umstände die Beteiligten nicht mit gleicher Sorgfalt behandelte und sie vor einer Gefährdung ihrer Interessen nicht bewahrt hat. Dieser Vorwurf trifft den Beschuldigten sowohl bezüglich der Errichtung des Kaufvertrages (der für die Käuferin maßgebliche Übergabstermin wurde in den Kaufvertrag nicht aufgenommen und daher wurden auch für den Fall des Verzuges keine Säumnisfolgen vorgesehen) als auch für die Formulierung und Durchführung des Treuhandauftrages."

Schließlich wird noch zu Punkt 4 des Schuldspruches in der rechtlichen Beurteilung der OBDK festgehalten:

"Der Beschuldigte vermeint, daß er in Ermangelung eines Auftrages, die von der F überwiesene Kreditvaluta bestimmungsgemäß zu verwenden, auf den ihm bekanntgewordenen wirtschaftlichen Zweck des Kreditvertrages nicht Bedacht zu nehmen hatte und daher die Kreditvaluta nicht nur für die drei von der F bezeichneten Projekte, sondern auch für andere Zwecke der D als Kreditnehmerin verwenden durfte. Diese Rechtsansicht des Beschuldigten erscheint jedoch im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt nicht nur verfehlt, sondern geradezu widersinnig. Der Beschuldigte kannte ja nicht nur den Wortlaut der Kreditverträge, sondern auch zugegebenermaßen deren wirtschaftlichen Zweck, und mußte solcherart erkennen, daß eine bloß hypothekarische Sicherstellung der F als Kreditgeberin völlig unzureichend war, weil es sich um unbebaute Grundstücke handelte, die erst durch die geplante Bebauung ein ausreichendes Pfandobjekt dargestellt hätten. Da er es als Treuhänder - den jedenfalls (insbesondere hier auch im Hinblick auf die besondere Garantenstellung als Rechtsanwalt) sachbezogene Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten treffen (OGH 12.7.1990, 7 Ob 592/90 in RdW 1990, Heft 12, S. 443 f) - übernommen hatte, die nach Maßgabe des Baufortschrittes bei ihm eingehenden Kaufpreise für die zu errichtenden Eigentumswohnungen an die F abzuführen, durfte er keinesfalls ohne ausdrückliche Ermächtigung der F einen Teil des Treuhandgeldes für andere Projekte der D verwenden. Auch hier zeigt sich neuerlich die grundsätzliche Verkennung des Beschuldigten über seine Aufgaben als Treuhänder. Auch in diesem Zusammenhang gilt, was bereits vorher abschließend zum Faktum M ausgeführt wurde. Der Beschuldigte hat daher auch im Faktum F seine Berufspflichten verletzt und Ehre und Ansehen des Standes beeinträchtigt."

2.1. Gegen den Bescheid der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm, nämlich §10 Abs2 RAO und §2 DSt, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses begehrt wird.

2.2. Die OBDK als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher beehrt wird, der Beschwerde keine Folge zu geben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer behauptet, der angefochtene Bescheid stütze sich auf verfassungswidrige Bestimmungen des §10 Abs2 RAO und des §2 DSt. Diese stellten formalgesetzliche Delegationen dar und seien als Strafnormen mangels hinreichender Bestimmtheit wegen Vestoßes gegen Art18 B-VG und Art7 MRK verfassungswidrig.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist in ständiger Rechtsprechung von der Unbedenklichkeit des §10 Abs2 RAO und des §2 DSt 1872 (vgl. nunmehr §1 DSt 1990, BGBl. 474/1990) ausgegangen (VfSlg. 5967/1969, 7905/1976, 11.776/1988, 12.032/1989). Auch aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles sind bei ihm keine Bedenken gegen diese Rechtsvorschriften entstanden. Der Beschwerdeführer ist deshalb nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

2.1. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter führt die Beschwerde aus, daß im Schuldspruch die Wortfolge "teils aus eigenem anderweitig disponiert" im Einleitungsbeschluß des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Oktober 1986, Zl. 226/84-26a, keine Deckung finde, somit die für eine strafrechtliche Verurteilung erforderliche Anschuldigung des berechtigten Anklägers fehle.

2.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird unter anderem verletzt, wenn die Behörde eine Zuständigkeit zur Entscheidung über eine Sache in Anspruch nimmt, die ihr nicht zusteht. Mit Rücksicht auf die allgemein gehaltene Fassung des §2 DSt 1872 ist Sache eines Disziplinarverfahrens nur die im Einleitungsbeschluß konkret umschriebene Tat (vgl. VfSlg. 5523/1967). Spricht die Behörde über Anschuldigungen ab, die nicht Gegenstand des Einleitungsbeschlusses waren, so wird eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die der Behörde nicht zukommt. Läge ein solcher Fall vor, wäre der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (VfSlg. 11.350/1987, VfGH 10.6.1991, B323/90).

Dies trifft jedoch im vorliegenden Fall nicht zu, weil die für eine disziplinäre Ahndung vorausgesetzte Konkretisierung der gegen den Beschwerdeführer erhobenen Anschuldigung mit Punkt 2 des genannten Einleitungsbeschlusses jedenfalls vorlag und in den Schuldspruch nur mit der Wortfolge "teils aus eigenem" Eingang gefunden hat (vgl. dazu auch unten 3.2.3.).

3.1. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz bringt der Beschwerdeführer zu Punkt 4 des Schuldspruches vor, daß der Vorwurf, auftrags- und widmungswidrig über einen Betrag von S 10,377.470,59 teils aus eigenem anderweitig disponiert zu haben, nicht näher ausgeführt worden sei. Die Ordnungsgemäßheit der Fremdgeldgebarung des Beschwerdeführers für die Firma D gesmbH (im folgenden: D) sei von einem Buch-Sachverständigen bestätigt worden. Alle Verfügungen des Beschwerdeführers hätten auf einem Auftrag dieser Firma beruht. Hinsichtlich des Auftragsumfanges habe das Straferkenntnis gegen Dipl.-Vw. F F die zahlreichen Beweise für einen weiteren wirtschaftlichen Zweck als die bloße Anschaffung der Liegenschaften dahingehend gedeutet, daß "bei dieser Sachlage die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, daß die Darlehen bewußt weit über den Ankaufskosten der Liegenschaften festgesetzt wurden, um der D den weiteren wirtschaftlichen Bestand und die Realisierung der von ihr in Aussicht genommenen Projekte, damit der F aber Aufträge zu sichern ... Es ist nicht auszuschließen, daß durch die Gewährung von Darlehen, die Kaufpreise bei weitem überschritten, die D am Leben erhalten sollte ..." (so wörtlich das Vorbringen der Beschwerde S. 6).

Das Strafurteil stelle weiters fest, daß die F GesmbH (im folgenden: F) von dem Umstand, daß die Darlehen überhöht gewesen seien, gewußt hätte.

Die belangte Behörde setze sich dagegen in willkürlicher Weise nicht mit den Argumenten, die einen weiteren Geschäftszweck der Kredite beweisen würden, auseinander. Es sei evident, daß die Textierung der von Dr. H verfaßten Krediturkunden nicht die tatsächliche Differenz zwischen Gestehungskosten und den Kreditbeträgen erkennen ließe. Alle Beweise und die Aussage Dris. H im Disziplinarverfahren würden für eine Kenntnis der Diskrepanz sprechen. Es fehle jegliche Begründung dafür, daß Dr. H eine Rückfrage vor Verfügung über die Mehrbeträge erwartet oder gar einen diesbezüglichen Auftrag gegeben hätte.

Die belangte Behörde habe zur Beurteilung des Auftragsumfanges auch nicht das Schreiben des Beschwerdeführers vom 3. November 1981 an die F herangezogen, sondern sein Schreiben vom 3. Juni 1982. Ersteres bestätige den Auftragsumfang, wie er von Dipl.-Vw. F an den Beschwerdeführer herangetragen worden sei, während das Schreiben vom 3. Juni 1982 ausschließlich eine Detaillierung der Aufgaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verwendung der (erwarteten) Kaufpreiseingänge enthalte. Das zweite Schreiben habe auch nicht dem Zweck einer rechtsgeschäftlichen Bestätigung gedient, sondern sei über Ersuchen Dipl.-Vw. F für die Verantwortung Dris. H gegenüber dessen Aufsichtsrat ausgestellt worden. Auch das Strafurteil sei bei dieser Sachlage zur klaren Beurteilung gekommen, daß der Beschwerdeführer keine Verpflichtung über die Hypothekarverbücherung hinaus übernommen hätte. Die Disziplinarbehörde hätte bei ihrer abweichenden Beurteilung mindestens ebenso sorgfältig die Argumente und Gegenargumente abwägen müssen. Daß neue Beweise hervorgekommen wären, sei aber nicht behauptet worden. Ebenso willkürlich und auf einer grob unrichtigen rechtlichen Beurteilung beruhend sei die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte eine "besondere Garantenstellung" mit "sachbezogenen Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten", sodaß ihm schon aus einer angeblich nicht gegebenen wirtschaftlichen Deckung der Liegenschaften für die Hypothekarkredite ein Vorwurf zu machen wäre. Es sei nicht festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer bei den Geschäftsverhandlungen anwesend gewesen wäre, geschweige denn irgendwie beigetragen hätte. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall. Auch der Verweis auf das Faktum M, bei dem der Beschwerdeführer tatsächlich gemeinsamer Vertragserrichter gewesen sei, zeige ein völliges Außerachtlassen des maßgeblichen Sachverhaltes.

Zu Punkt 3 des Schuldspruches bringt der Beschwerdeführer vor, daß Frau M hinsichtlich der Auszahlung der S 200.000,-- in der Disziplinarverhandlung vom 11. Dezember 1987 selbst angegeben hätte, daß sie sich gedacht hätte, "er wird D fragen". Diese klare Erwartungslage resultiere insbesondere aus der Besprechung mit dem Beschwerdeführer vom 23. Februar 1983, bei der ihr dieser erklärt hätte, daß der Beschwerdeführer "das Geld nicht ohne weiteres an Frau M ausfolgen kann, weil ja der Sinn des Depots auch in einer Absicherung der Verkäufergesellschaft liegt". Ohne eine gefestigte Standesauffassung etwa durch Zitierung zeitlich vor den Fakten liegender Standesjudikatur darzutun, sehe die belangte Behörde eine Standeswidrigkeit offensichtlich darin, daß Frau M den Eindruck gehabt hätte, das Depot jedenfalls zurückzubekommen, was aber angesichts der eben zitierten Aussage eine willkürliche Behauptung darstelle.

Ebenso willkürlich sei der Vorwurf des Disziplinarrates, daß Frau M erwarten hätte können, daß der Beschwerdeführer wenigstens diese Vereinbarung zuhalte, weil keine Feststellungen über eine vorherige nicht zugehaltene Vereinbarung vorliegen würden.

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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